Nr. 5779924

Richtlinienentwurf der EU-Kommission „VAT in the Digital Age“ (ViDA)

Diese Konsultation wurde bereits abgeschlossen, die nachfolgende Veröffentlichung ihres Inhalts hat daher nur dokumentatorischen Charakter!

Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung eines bundesweiten einheitlichen Meldesystems zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen vor. Auf EU-Ebene werden derzeit Rechtsetzungsvorschläge zur „Value Added Tax (VAT) in the Digital Age (ViDA)“ diskutiert, mit denen unter anderem ein transaktionsbezogenes Meldesystem für EU-Umsätze verbunden mit einer E-Rechnungspflicht eingeführt werden soll; die Stellungnahme der Deutschen Industrie- und Handelskammer (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 220 KB) (DIHK) dazu ist beigefügt. Wir bitten um Übermittlung Ihrer Anregungen bis Freitag, 12. Mai 2023, 12:00 Uhr.

Dieses Angebot richtet sich, entsprechend dem gesetzlichen Auftrag der Industrie- und Handelskammern, an Unternehmen mit Sitz in der Region Bodensee-Oberschwaben (Bodenseekreis, Landkreis Ravensburg und Landkreis Sigmaringen). Interessenten anderer Regionen bitten wir, sich an Ihre zuständige IHK vor Ort zu wenden.

Das Wichtigste in Kürze:

Als erster Schritt hin zur späteren Einführung eines transaktionsbezogenen Meldesystems beabsichtigt das Bundesministerium der Finanzen (BMF), dem Gesetzgeber die obligatorische Verwendung von elektronischen Rechnungen (e-Rechnungen) für inländische Business- to-Business-Umsätze (B2B-Umsätze) vorzuschlagen.

Kernpunkte des vorgelegten Diskussionsentwurfs

  • Beschränkung der eRechnung auf inländische B2B-Umsätze,
  • eine neue Definition der eRechnung angelehnt an den ViDA-Rechtsetzungsvorschlag und basierend auf der Norm CEN 16931 (Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014, ABl. L 133 vom 6. Mai 2014, S. 1),
  • die Zusammenfassung von Papierrechnung und elektronischer Rechnung, die nicht die Anforderungen an die neue eRechnung erfüllt, unter dem neuen Begriff „sonstige Rechnung“,
  • die Streichung des Vorrangs der Papierrechnung in § 14 Abs. 1 Satz 7 Umsatzsteuergesetz (UStG),
  • die Neustrukturierung der Rechnungsausstellungsverpflichtung in § 14 Abs. 2 UStG, um zukünftig B2B-Rechnungen beschreiben zu können, und
  • die Überführung der Aussagen zur Echtheit der Herkunft der Rechnung, der Unversehrtheit des Inhalts und ihrer Lesbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 bis 6 nach § 14 Abs. 3 Satz 1 bis 4 UStG.
Auf dieser Grundlage wären redaktionelle Folgeänderungen in § 14a Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG, § 14b Abs. 1 Sätze 2 und 5 UStG, § 26a Nr. 1 UStG, § 27 Abs. 15 und 18 UStG und § 27b Abs. 2 Satz 3 UStG erforderlich.
Das BMF ist insbesondere an einer Einschätzung zu folgenden Eckpunkten interessiert:
  • Zeitplan: Derzeit ist geplant, dem Gesetzgeber die Einführung der obligatorischen e-Rechnung für inländische B2B-Umsätze zum 1. Januar 2025 vorzuschlagen.
  • Staffelung: Ist eine zeitlich befristete Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen mit Blick auf den Einführungszeitpunkt zum 1. Januar 2025 erforderlich und wie könnte diese ausgestaltet werden? Beispielsweise könnte die obligatorische eRechnung zeitlich gestaffelt eingeführt werden. Für eine Staffelung könnte sich eines der folgenden Modelle anbieten:
    • Staffelung nach der Unternehmensgröße:
      Es wäre denkbar, dass im ersten Jahr der Regelung kleine und mittlere Unternehmen dem Empfang der eRechnung wie unter der aktuellen Regelung noch zustimmen müssten. Im zweiten Jahr wäre eine Zustimmung nur noch von kleinen Unternehmen erforderlich. Ab dem dritten Jahr sollte die eRechnung flächendeckend eingeführt sein.
    • Staffelung nach dem Rechnungsbetrag:
      Die Pflicht zur Verwendung einer eRechnung würde erst ab einem bestimmten Rechnungsbetrag (Grenzbetrag) gelten, der nach und nach verringert würde (denkbar wäre zum Beispiel ein Grenzbetrag von 50.000 Euro im ersten Jahr, von 30.000 Euro ab dem zweiten Jahr und ein Wegfall des Grenzbetrages ab dem dritten Jahr).
    • Weitere Alternative:
      Der Empfang einer eRechnung könnte ab dem ersten Tag der Einführung für alle Unternehmen verpflichtend sein. Zur Ausstellung von eRechnungen wären kleine und mittlere Unternehmen erst zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtet.
  • Ausnahmen: Besteht ein Bedarf dafür, bestimmte Rechnungen (zum Beispiel Kleinbetragsrechnungen im Sinne von § 33 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und/oder Fahrausweise im Sinne von § 34 UStDV) zunächst bei der Einführung oder dauerhaft von der obligatorischen eRechnung auszunehmen?

Rechtlicher Hintergrund zum vorgelegten Diskussionsvorschlag

Auf Basis der geltenden Regelungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) ist die Einführung einer verpflichtenden eRechnung nicht möglich. Die Bundesrepublik Deutschland hat deshalb im November 2022 einen Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung nach Art. 395 MwStSystRL gestellt, über den bislang nicht entschieden wurde. Parallel finden Beratungen zum Rechtsetzungsvorschlag „VAT in the digital age“ (ViDA) der EU-Kommission statt, der auch harmonisierte Regelungen für die eRechnung und ein Meldesystem vorsieht. Derzeit ist nicht klar, auf welche Basis die geplante Gesetzesänderung gestützt werden wird.

Ausblick Meldesystem (aktuelle Überlegungen von Bund und Ländern in Abhängigkeit von den weiteren Beratungen auf europäischer Ebene)

Die obligatorische eRechnung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einführung eines elektronischen Systems zur transaktionsbezogenen Meldung von B2B-Umsätzen an die Finanzverwaltung zu sehen. Sie soll Voraussetzung für das Meldesystem sein, dessen Einführung nicht Gegenstand des vorliegenden Diskussionsentwurfs (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 711 KB) ist. 
Wegen des engen Zusammenhangs gibt das BMF den nachfolgenden kurzen Überblick über den Stand der Überlegungen eines nationalen Meldesystems:
  • Der vorliegende ViDA-Vorschlag sieht für innergemeinschaftliche B2B-Umsätze ein verpflichtendes, transaktionsbasiertes Reporting und gleichzeitig die Abschaffung der Zusammenfassenden Meldungen zum 1. Januar 2028 vor. Das BMF strebt an, sowohl für die nationalen als auch die grenzüberschreitenden B2B-Umsätze ein einheitliches elektronisches System für die transaktionsbezogene Meldung vorzusehen, um die Belastungen für die Wirtschaft möglichst gering zu halten. Bei den laufenden nationalen konzeptionellen Arbeiten zur Ausgestaltung dieses Meldesystems berücksichtigt das BMF daher die laufenden Erörterungen auf EU-Ebene beziehungsweise bringt auch fachliche Anforderungen aus den nationalen Erörterungen in die Beratungen ein. Die derzeitigen Überlegungen zur Einführung eines nationalen Meldesystems orientieren sich an den Entwürfen zu Artikel 271a und 271b MwStSystRL, nach denen Steuerpflichtige den Steuerbehörden auf elektronischem Weg bestimmte Rechnungsdaten (sogenannte Meldedaten) zu ihren im Inland steuerbaren Umsätzen übermitteln sollen. Eine Übermittlung der vollständigen Rechnung an die Steuerbehörden zur inhaltlichen Überprüfung vor der Weiterleitung oder Unterbrechung der Weiterleitung im Rahmen des einzurichtenden Systems ist nach dem Rechtsetzungsvorschlag und nach den aktuellen nationalen Überlegungen nicht vorgesehen.
  • Vielmehr soll nach derzeitigen Überlegungen von Bund und Ländern bei Einführung des Meldesystems der Rechnungsaustausch wahlweise entweder über eine staatliche eRechnungs-Plattform oder über private eRechnungs-Plattformen, die die Anforderungen der Verwaltung zur sicheren Übermittlung erfüllen, erfolgen. Die eRechnungs-Plattform des Rechnungsausstellers führt Plausibilitätsprüfungen durch (zum Beispiel ob alle Pflichtangaben enthalten sind beziehungsweise ob der Aufbau und die Syntax der eRechnung dem Format CEN 16931 entspricht), extrahiert die Meldedaten aus der eRechnung, übermittelt diese an das staatliche Portal (Annahme-Portal) und übermittelt die eRechnung im Auftrag des Unternehmers an die eRechnungs-Plattform des Rechnungsempfängers. Im Moment des Rechnungsaustausches werden somit zeitgleich die Meldedaten an die Finanzverwaltung übermittelt, so dass der Unternehmer nur eine und nicht zwei sukzessive Übermittlungen in Gang setzen muss.