Verkürzung oder Verlängerung der vertraglichen Ausbildungszeit


1. Verkürzung der vertraglichen Ausbildungszeit

Grundsatz gem. § 8 Abs. 1 BBiG :
“… auf gemeinsamen Antrag des Ausbildenden (Ausbildungsbetrieb) und des Auszubildenden an die zuständige Stelle (IHK), kann die Ausbildungszeit verkürzt werden wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird”.

Eine Ausbildungszeitverkürzung kann bereits im Berufsausbildungsvertrag vereinbart werden. Soll die Ausbildungszeit erst nach Beginn der Ausbildung verkürzt werden, ist ein Antrag auf Ausbildungszeitverkürzung zu stellen. Den Antrag finden Sie im IHK-Bildungsportal. Der Antrag muss so rechtzeitig gestellt werden, dass mit der beantragten Verkürzung noch mindestens ein Jahr Ausbildungszeit verbleibt. Bei einer Verkürzung von beispielsweise 6 Monaten muss der Antrag also spätestens 18 Monate vor dem eigentlichen vertraglichen Ausbildungsende gestellt werden.
Ist der Auszubildende zum Zeitpunkt der Verkürzungsvereinbarung nicht volljährig, so müssen auch die gesetzlichen Vertreter dieser Änderungsvereinbarung zustimmen.
Mögliche Anrechnungsanlässe für eine vertragliche Verkürzung:
Mittlere Reife oder gleichwertiger Abschluss
bis zu 6 Monate
Nachweis der Fachhochschulreife
bis zu 12 Monate
Allgemeine Hochschulreife
bis zu 12 Monate
Abgeschlossene Berufsausbildung
bis zu 12 Monate
Fachlich einschlägige Lernleistungen hochschulischen Ursprungs im Umfang von mind. 30 ECTS
bis zu 6 Monate
Einschlägige berufliche Grundbildung (Berufsgrundschuljahr)
6 Monate oder 12 Monate (je nach Dauer)
Einschlägige Berufstätigkeit oder Arbeitserfahrung im Berufsfeld
6 Monate oder 12 Monate (je nach Dauer)
Einstiegsqualifizierung (EQ)
max. 6 Monate (bei 12 Monaten EQ)
Lebensalter über 21 Jahre (zum Ausbildungsbeginn)
bis zu 12 Monate

Der Verkürzungsanlass muss durch entsprechende Zeugnis-Kopien nachgewiesen werden!
Bei einer nachträglichen Änderungsvereinbarung zur Verkürzung der Ausbildungszeit, müssen die Antragsteller zusätzlich glaubhaft machen, dass das Ausbildungsziel tatsächlich noch erreicht werden kann, beispielsweise durch Vorlage eines aktuellen Berufsschulzeugnisses oder einer Leistungsbeurteilung durch den Ausbildenden.
Folgende Mindest-Ausbildungszeiten dürfen bei einer Verkürzung grundsätzlich nicht unterschritten werden:
  • bei einer Regelzeit der Ausbildung von 42 Monate:
    mindestens 24 Monate Ausbildungsdauer erforderlich
  • bei einer Regelzeit der Ausbildung von 36 Monate:
    mindestens 18 Monate Ausbildungsdauer erforderlich
  • bei einer Regelzeit der Ausbildung von 24 Monate:
    mindestens 12 Monate Ausbildungsdauer erforderlich


Was sollte vor der Entscheidung über eine vertragliche Verkürzung geklärt werden?

Der Ausbildungsbetrieb ist bei einer Verkürzung der Ausbildungszeit weiterhin verpflichtet, alle im Ausbildungsrahmenplan aufgeführten Ausbildungsinhalte gleichermaßen und ohne Qualitätseinbußen zu vermitteln. Deshalb sollte vor einer Entscheidung immer erst mit dem verantwortlichen Ausbilder sowie den Ausbildungsbeauftragten die betriebliche Umsetzbarkeit einer Verkürzung geprüft und der betriebliche Ausbildungs-/Durchlaufplan auf die kürzere Ausbildungszeit angepasst werden.
Eine Verkürzung wirkt sich aber nicht nur auf den betrieblichen Ablauf sondern auch auf den weiteren Verlauf in der Berufsschule aus. Mit welcher Klassenstufe startet der Auszubildende bei einer Verkürzung? Gib es eventuell eine Sonderklasse für Verkürzer? Welche Schulinhalte werden durch eine Verkürzung versäumt und müssen vom Auszubildenden selbst vorgelernt werden? Kann oder muss der Ausbildungsbetrieb oder Ausbilder die versäumten Schulinhalte vermitteln? Informationen und Empfehlungen erhalten Sie von Ihrer zuständigen Berufsschule.


Wie hoch ist die Vergütung bei einer vertraglich verkürzten Ausbildung?

Eine Verkürzung der Ausbildungszeit führt im Regelfall nicht dazu, dass die Ausbildungsvergütung für das zweite oder dritte Ausbildungsjahr deshalb schon früher bezahlt werden muss. In der Regel startet ein Ausbildungsverhältnis im ersten Ausbildungsjahr (erste Vergütungsstufe) und wechselt nach 12 Monaten in das zweite Ausbildungsjahr. Sofern der Auszubildende aufgrund seiner Vorbildung bereits einschlägige Erfahrung für seine Ausbildung mitbringt, startet er mit der Vergütung des zweiten Ausbildungsjahres. 


2. Antrag auf vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung

Nach § 45 Abs. 1 BBIG können Auszubildende nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf ihrer Ausbildungszeit zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen. Über den Antrag des Auszubildenden auf eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die IHK als zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.
Im Vergleich zu der im Punkt 1 beschriebenen vertraglichen Verkürzung der Ausbildungszeit, die zwischen dem Auszubildenden und seinem Ausbildungsbetrieb vereinbart und bei der IHK zur Anerkennung beantragt wird, ist eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung eine Vereinbarung zwischen dem Auszubildenden und der IHK. Die Vertragslaufzeit mit dem Ausbildungsunternehmen bleibt unverändert, wird jedoch bei einem Bestehen der Abschlussprüfung gem. § 21 Abs. 2 BBiG vorzeitig beendet.
Für die Zulassung ist der aktuelle Leistungsstand entscheidend. Deshalb kann der Antrag erst gestellt werden, wenn das letzte Zeugnis der Berufsschule vor der geplanten vorgezogenen Prüfung vorliegt. Unabhängig davon sind die Anmeldefristen für die Prüfungen zu beachten. 


3. Verlängerung der vertraglichen Ausbildungszeit

Zwei Fälle sind zu unterscheiden ...

3.1. Verlängerung in Ausnahmefällen:

In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle (IHK), auf Antrag des Auszubildenden, die Ausbildungszeit verlängern, sofern die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen (§ 8 Abs. 2 BBiG).
Als Ausnahmefälle können beispielsweise gelten: umfangreiche Lerndefizite, längere Ausfallzeiten oder körperliche, geistige oder seelische Behinderungen des Auszubildenden. Diese müssen durch entsprechende Nachweise / Atteste zusätzlich nachgewiesen werden.
Der Antrag wird über das IHK-Bildungsportal gestellt. Eine vorherige Abstimmung mit der Berufsschule ist zwingend zu empfehlen. 
 

3.2. Verpflichtende Verlängerung bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung:

Besteht ein Auszubildender seine Abschlussprüfung nicht, so hat er einen gesetzlichen Anspruch auf eine Verlängerung der vertraglichen Ausbildungszeit, bis zum nächsten Prüfungstermin, höchstens jedoch um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Die Prüfung kann bei Nichtbestehen bis zu zweimal wiederholt werden.
Beabsichtigt der Auszubildende seine Ausbildungzeit wegen einer nicht bestandenen Abschlussprüfung zu verlängern, so muss muss er hierzu seinem Ausbildungsbetrieb den Wunsch nach einer betrieblichen Ausbildungszeitverlängerung eindeutig und ohne schuldhaftes Verzögern mitteilen (mündlich oder schriftlich). Tut er dies nicht oder beabsichtigt er für die Wiederholungsprüfung keine Verlängerung der Ausbildungszeit, so endet das Ausbildungsverhältnis spätestens zum ursprünglich vereinbarten Ausbildungsvertragsende. Der Antrag auf Ausbildunszeitverlängerung wird über das IHK-Bildunsportal gestellt. 

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