Rechtsinformation

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Unternehmen werden verstärkt in die Pflicht genommen, die Menschenrechte, die Umwelt und eine gute Unternehmens­führung in ihren internationalen Aktivitäten zu respektieren. Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich entsprechend dem neuen Gesetz auf die gesamte Lieferkette, abgestuft nach Einflussmöglichkeiten.Unternehmen werden verstärkt in die Pflicht genommen, die Menschenrechte, die Umwelt und eine gute Unternehmens­führung in ihren internationalen Aktivitäten zu respektieren. Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich entsprechend dem neuen Gesetz auf die gesamte Lieferkette, abgestuft nach Einflussmöglichkeiten.

Zweck des Gesetzes

Die Pflichten müssen durch die Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie gegenüber ihren unmittelbaren Zulieferern umgesetzt werden. Mittelbare Zulieferer werden einbezogen, sobald das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen auf dieser Ebene substantiierte Kenntnis erhält. Das Gesetz konkretisiert, in welcher Form die Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen. Dies beinhaltet, dass sie menschenrechtliche Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten berichten müssen.
Auch der Umweltschutz ist im Gesetz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem sollen umweltbezogene Pflichten etabliert werden, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben.

Wer überwacht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll überwachen, dass die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Zudem bekommen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit, bei Menschenrechtsverletzungen und Schäden durch Umweltverschmutzung durch ausländische Zulieferer vor deutschen Gerichten zu klagen – wenn die Betroffenen zustimmen. Bisher konnten nur Geschädigte selbst klagen, was aber in der Praxis oftmals an den Lebensumständen scheiterte.

Inkrafttreten

Der Bundestag hat das neue Gesetz am 11. Juni verabschiedet und es tritt wie folgt in Kraft:
  • ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern
  • ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern

Anwendungsbereich

Ab 2023 gilt das neue Gesetz in der ersten Stufe für Unternehmen, die mehr als 3.000 Beschäftigte und Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland haben. Mitgezählt werden auch Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind.
In einer zweiten Stufe ab 2024 wird es alle Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern betreffen.
Die Sorgfaltspflichten gelten auch für deutsche Niederlassungen ausländischer Unternehmen. Bis 2026 soll der erreichte Schutz der Menschenrechte in Lieferketten evaluiert werden, um die Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, das kann beispielsweise auch eine mögliche Absenkung des Schwellenwertes der Größenklassen erfasster Unternehmen oder aber die Höhe der Bußgelder betreffen. Zudem bleibt auch die Verabschiedung eines EU-Rechtsaktes abzuwarten.

Worauf sich deutsche Unternehmen einstellen sollten

Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen erstreckt sich auf den eigenen Betrieb und die unmittelbaren und direkten Zulieferer. Dennoch ist das Gesetz ebenso für Unternehmen von Bedeutung, die nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen. Denn diese können mittelbar betroffen sein, etwa als Zulieferer eines in der gesetzlichen Verantwortung stehenden Unternehmens. Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches sind jedoch nicht direkte Adressaten von Bußgeldern oder gesetzlichen Verpflichtungen.
  • Die (Groß-)Unternehmen sind verpflichtet, einen Verantwortlichen innerhalb ihres Betriebes festzulegen, der die Einhaltung der Sorgfaltspflichten überwacht. Die Geschäftsleitung hat sich regelmäßig über die Arbeit der zuständigen Person/en zu informieren.
  • Gemäß dem neuen Sorgfaltspflichtengesetz müssen Unternehmen ein angemessenes Risikomanagement entlang der gesamten Lieferkette einführen, das menschenrechtliche Risiken in allen maßgeblichen unternehmensinternen Geschäftsabläufen analysiert. Als relevante Risikofelder benennt das Gesetz dabei insbesondere Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit, problematische Anstellungs- und Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen.
  • Sie müssen insbesondere eine Risikoanalyse durchführen, das heißt, dass sie zunächst die Teile ihrer Produktions- und Lieferkette identifizieren müssen, die besonders hohe menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bergen. Dazu zählen auch die Geschäftsbereiche der Zulieferer.
  • Anschließend müssen geeignete Abhilfe- oder präventive Maßnahmen getroffen werden, um Verstößen vorzubeugen. Das kann zum Beispiel die Vereinbarung entsprechender vertraglicher Menschenrechtsklauseln mit dem Zulieferer sein. Ebenso müssen angemessene Maßnahmen zur Beendigung oder Minimierung einer bereits eingetretenen Verletzung (Abhilfemaßnahmen) getroffen werden. Auch Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, also in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen analysiert, beachtet und angegangen werden, wenn Unternehmen darüber Kenntnis erlangen und tatsächliche Anhaltspunkte haben - etwa aufgrund von Hinweisen durch Behörden, aufgrund von Berichten über eine schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion oder aufgrund der Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen Risiken.
  • Zudem müssen Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einrichten, das direkt Betroffenen ebenso wie denjenigen, die Kenntnis von möglichen Verletzungen haben, ermöglicht, auf menschenrechtliche Risiken und Verletzungen hinzuweisen.
  • Über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten müssen die Unternehmen jährlich einen Bericht bei der zuständigen Behörde einreichen.

Grad der Betroffenheit als Lieferant

Der Grad der Betroffenheit für Lieferanten von Unternehmen mit mindestens 3.000 oder ab 2024 mindestens 1.000 Beschäftigten wird unterschiedlich sein. Beim unmittelbaren Zulieferer muss das Unternehmen einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann. Bei mittelbaren Zulieferern gilt die Sorgfaltspflicht nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt.
In dem Fall hat das Unternehmen unverzüglich:
  • Eine Risikoanalyse durchzuführen.
  • Ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umzusetzen.
  • Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern. Die Umsetzung von Brancheninitiativen ist hierbei eine Möglichkeit.

Vertragliche Vereinbarungen

Im Vorfeld könnten beispielsweise Lieferantenvereinbarungen geschlossen werden, die auf einen verbindlichen Verhaltenskodex verweisen oder es könnten Lieferantenverpflichtungen festgelegt werden, die dafür sorgen, dass Compliance-Standards entlang der Lieferkette eingehalten werden. Als Folge ist die vertragliche Fixierung von Sanktionen wie Kündigungsrechten und Schadensersatzansprüchen ebenso denkbar wie der Nachweis von Schulungen. Neben der Wirksamkeit muss das Risikomanagement angemessen sein, wobei unklar ist, was die Angemessenheit im Einzelfall bedeutet. Jedenfalls richten sich die in der Lieferkette zu ergreifenden Maßnahmen nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen des Unternehmens auf Verletzende, der Wahrscheinlichkeit einer Verletzung und der Schwere eines möglichen Schadens.

Was geschieht bei Verstößen?

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht kann das BAFA Bußgelder verhängen, um die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen. Kommen Unternehmen ihren Pflichten zur Risikoanalyse, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, Präventionsmaßnahmen und dem wirksamen Abstellen von bekannten Menschenrechtsverstößen nicht nach, drohen schmerzhafte Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2% des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Ebenso können Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, ab einem verhängten Bußgeld von einer bestimmten Mindesthöhe (Schwellenstufe je nach Schwere des Verstoßes 175.000 EUR beziehungsweise 1.500.000, 2.000.000, 0,35 % des Jahresumsatzes) bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Was bedeutet das Gesetz für kleine und mittlere Unternehmen?

Es ist zu erwarten, dass nicht nur Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe direkt betroffen sind, die Auswirkungen des Lieferkettengesetzes auf ihre unternehmerischen Abläufe spüren werden. Die Tendenz, dass größere Unternehmen Nachweise auch von ihren kleineren Vertragspartnern einfordern, was deren menschenrechtlich und umweltbezogenes verantwortungsbewusstes Handeln betrifft, gibt es seit Längerem. Diese Tendenz dürfte durch das Gesetz bestärkt werden. Viele Unternehmen setzten sich schon seit geraumer Zeit gezielt damit auseinander, wie sie dem Prinzip unternehmerischer Sorgfalt nachkommen können und wie sie entsprechende Nachweise ihren größeren Geschäftspartnern bei Bedarf vorlegen können. Nicht selten ist das gerade für kleinere Unternehmen mit erheblichem Aufwand verbunden.
Da der Regelungsansatz des Sorgfaltspflichtengesetzes in der jetzigen Form anspruchsvoll ist, bleibt zu hoffen, dass kleine und mittelständische Betriebe durch ihre übersichtlichen Strukturen Vorteile ziehen können und dadurch in die Lage versetzt werden, auf ihr Geschäft bezogene Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Diese - wie die gesamte gewerbliche Wirtschaft - sind sich ihrer Verantwortung des Ehrbaren Kaufmanns durchaus bewusst.

Das Europäische Lieferkettengesetz

Am 10. März 2021 hat das Europäische Parlament mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 504 (von 695) Stimmen den „Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen“ verabschiedet. Rechtlich handelt es sich bei dem Legislativbericht um eine Empfehlung an die Europäische Kommission, ein europäisches Lieferkettengesetz einzuführen. Das ausschließliche Initiativrecht für die Gesetzgebung liegt bei der Kommission. Im Juni 2021 soll der Legislativvorschlag der EU-Kommission fertig sein und Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und der Umwelt beinhalten.

Hintergrundinformation

Im Juni 2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Sie sollen die Verletzung von Menschenrechten durch Wirtschaftsunternehmen verhindern und definieren die staatliche Schutzpflicht und die unternehmerische Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in globalen Lieferketten. Um diese Leitprinzipien in Deutschland umzusetzen, hat die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. Im Dezember 2016 hat sie den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet und einen Über­prüfungs­mechanis­mus eingerichtet. Nachdem die Bundesregierung die Selbstregulierung der Wirtschaft als gescheitert angesehen hatte, erarbeitete sie das LkSG, veröffentlicht am 22. Juli 2021.

Handreichungen

Das Gesetzt verpflichtet Unternehmen zu einer Berichtspflicht gegenüber des BAFA. Das BAFA konkretisiert die Anforderungen an die Berichtspflicht der Unternehmen in seinem Fragekatalog.
Die Handreichungen des BAFA sind in § 20 LkSG ausdrücklich vorgesehen und haben daher einen offiziellen Charakter. Sie sollen Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten unterstützen.
Stand: Juli 2024
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