Das Mobilitätsleitbild aus Sicht der Wirtschaft

Wie kommen wir in den nächsten 10 bis 20 Jahren von A nach B? Eine Richtung gibt das Mobilitätsleitbild für Wiesbaden vor. Eine Bewertung aus Sicht der Wirtschaft.

Grundsätzliches

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Neue Mobilitätskonzepte sind nötig, die nicht an den Stadtgrenzen enden dürfen.
Das war ein Input der IHK. Die Wirtschaftsregion Wiesbaden ist Teil der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main, die intensive verkehrliche Verflechtungen geprägt ist. Die Infrastruktur ist überlastet und Mobilität macht nicht an Verwaltungsgrenzen halt. Alle vorhandenen und geplanten Verkehrs- und Stadtentwicklungspläne müssen miteinander verbunden werden. Bei der Umsetzung müssen die Kommunen eng miteinander kooperieren.

ÖPNV

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Der öffentliche Verkehr muss ausgebaut werden, um attraktive Verbindungen zu schaffen: Ausbau der Schienenverbindungen, Ausweitung des Jobticket, Erhöhung der Taktfrequenz im Busnetz. On-Demand-Shuttles sind anzubieten. Mehr Tangentialverbindungen im Busnetz und Direktverbindungen müssen angeboten werden.
Der Ausbau des ÖPNV ist zwingend, um die steigende Pendlerzahl bewältigen zu können. Zugleich muss der ÖPNV attraktiver werden. Maßgabe muss dabei immer sein: Wie kommen Menschen zuverlässig, sauber und unkompliziert von A nach B? ÖPNV-Konzepte müssen auch den ländlichen Raum in den Blick nehmen. Die Wallauer Spange wird ab 2026 die Fahrzeit mit dem Zug zum Flughafen halbieren.
Eine Schienenverbindung ist in Wiesbaden auf eigener Trasse einzurichten (City-Bahn/ Aartalbahn).
Die Vollversammlung der IHK Wiesbaden hat dazu im September 2018 einen Zwischenbeschluss gefasst. Demnach kann die City-Bahn ein Baustein sein, die Mobilitätsbedürfnisse und verkehrlichen Herausforderungen in der Region zu lösen. Allerdings sehen die Unternehmer zahlreiche Fragen noch nicht geklärt.

Wirtschaftsverkehre

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Für die Optimierung der Lieferverkehre sollen mehr Lieferzonen ausgewiesen und intelligent bewirtschaftet werden. Mikrodepots werden benötigt und Gleisanschlüsse sollen an neue Gewebegebiete verlegt werden. Für Quartiere müssen eigene Logistikkonzepte entwickelt werden.
Zur Sicherstellung des Industriestandortes darf es nicht zu Beschränkungen des Warenverkehrs kommen. Unternehmen müssen ihre Kunden mit dem Kfz erreichen können.
Intelligente, digitale Lösungen für innerörtliche Wirtschaftsverkehre können den Lieferverkehr auf der letzten Meile optimieren. Maßgabe muss dabei sein, wie Waren zuverlässig, sauber und unkompliziert von A nach B kommen. Bis Herbst 2020 wird ein Konzept für eine moderne Stadtlogistik (Digi-L) entwickelt. Unternehmen sind in die Erarbeitung eingebunden.

Kfz-Verkehr und Parken

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr (Kfz und LKW) sind zurückzubauen. Auch Mautsysteme sind vorstellbar.
Die Innenstadt muss mit allen vorhandenen Mobilitätsarten und Verkehrsträgern erreichbar sein. Ein Mautsystem schreckt Kunden ab und trifft Pendler.
Durchgängig soll Tempo 30 eingeführt werden.
Durch eine Geschwindigkeitsreduzierung, insbesondere an stark frequentierten Einfall- und Ausfallstraßen, geht die Bündelungsfunktion dieser Straßen verloren und provoziert Ausweichverkehre in umliegende Straßen. Andere Maßnahmen, insbesondere solche, die den Verkehrsfluss verstetigen, sind zwingend vorzuziehen.
Temporeduzierungen erhöhen zudem den Zeitaufwand für geschäftliche Fahrten und steigern die Kosten für Unternehmen. Darüber hinaus führen Tempobeschränkungen zu einer längeren Verweilzeit des Verkehrs und über die zusätzlichen Abbrems- und Beschleunigungsvorgängen zu mehr Abgasen.
Kfz-Stellplätze bei den Arbeitgebern sollen reduziert werden.
Es darf keinen Zwang geben und es braucht attraktive alternative Möglichkeiten, den Arbeitgeber zu erreichen (ÖPNV, Fahrrad).
Kostenfreies Parken in der Innenstadt muss ausgeschlossen werden. Der Parkraum muss wirksam bewirtschaftet sein.
Es braucht ausreichend alternative Parkmöglichkeiten. Besucher von außerhalb dürfen nicht abgeschreckt werden. Bis 2022 wird ein Bewirtschaftungskonzept für Parkraumflächen erarbeitet. Die IHK ist eingebunden.
Durchgangsverkehr kann durch Park-and-Ride-Anlagen an der Stadtgrenze und eine Anbindung mit Shuttles oder ÖPNV zum Arbeitgeber reduziert werden.
Intelligentes Umlenken von Durchgangsverkehren entlastet die Stadt. Die Maßnahmen müssen konkretisiert werden. Wünschenswert wäre eine nahtlose Vernetzung der Mobilitätsangebote der unterschiedlichen Verkehrsträger (z.B. P+R-Ticket, ÖPNV-Ticket und Nutzungsmöglichkeit von Leihfahrzeugen in einem).
Wiesbaden braucht ein verständliches, modernes und digital verknüpftes Parkleitsystem.
Dies ist eine langjährige Forderung der IHK Wiesbaden. Digitale Lösungen erleichtern die Stellplatzsuche. Damit kann der Park-Such-Verkehr auch bei Gästen reduziert werden.

Weitere Maßnahmen aus dem Verkehrsbereich

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Anreizsysteme durch den Arbeitgeber sollen angeregt werden, um das Radfahren für Berufspendler attraktiver zu gestalten. Am Arbeitsplatz müssen Abstellanlagen, Umkleiden und Duschen das Radfahren unterstützen.
Es ist sinnvoller, über Anreize statt über Zwang eine Verhaltensänderung zu erreichen. Genauso muss es Arbeitgebern freistehen, ob und wie sie Anreize für die Mitarbeitermobilität setzen.
Alle Verkehrsmittel müssen dekarbonisiert werde (CO2-frei)
Es darf keinen Zwang geben. Zudem steht gerade für den Wirtschaftsverkehr noch kein hinreichendes Angebot an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zur Verfügung. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur ist noch nicht vorhanden.

Allgemeine Maßnahmen mit Wirtschaftsbezug

Maßnahmen im Mobilitätsleitbild*
IHK-Bewertung
Die Vielfalt von Arbeitsplätzen ist zu fördern (z.B. Co-Working, Homeoffice)
Hier gibt es bereits Angebote, die aktuell ausgebaut werden.
Ein Mindestmaß an Geschäften zur Sicherung des täglichen Bedarfs muss sichergestellt sein.
Hier ist die Frage, inwiefern die Kommune steuernd in den Markt eingreifen soll. Ob an einer bestimmten Stelle ein Geschäft vorhanden ist, regeln in der Regel Angebot und Nachfrage. Kommunen können aber Anreize setzen.
Stärkung lokaler und regionaler Dienstleistungen.
Kommunen können Anreize setzen. Einen Zwang darf es nicht geben.
Stadträume sollen öfter und länger bespielt werden, z.B. mit Veranstaltungen.
Das würde zu einer höheren Frequenz, insbesondere in den Innenstadtlagen führen und ist zu begrüßen. Es braucht außerdem eine unbürokratische Genehmigungspraxis von gewerblichen Initiativen.
*Die Formulierung der Maßnahmen orientiert sich am Originaltext.