Die Präsidenten der IHK Wiesbaden seit 1865
Diese Männer hätten zum Großteil wohl nicht gedacht, dass ihre Fotos eines Tages im Internet stehen würden: unsere 18 ehemaligen IHK-Präsidenten seit 1865 ... + unser aktueller Präsident.
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Theodor Dilthey (1865-1867) war Mitbegründer und erster Präsident der IHK Wiesbaden. Der Rüdesheimer Weinhändler war bereits 1861 in den „Centralvorstand des Gewerbevereins“ in Wiesbaden gewählt worden. Er gehörte zu den nassauischen Deputierten, die dem damaligen preußischen Ministerpräsidenten Bismarck im Jahr 1866 die liberalen Forderungen nach der Besetzung des Landes durch Preußen vorbrachten – dabei ging es unter anderem um den Erhalt der nassauischen Gewerbefreiheit. Die Weingroßhandlung hatte er von seinem Vater übernommen. Dilthey galt als hervorragender Redner. Er verfasste auch Gedichte zum Lobe des Weines. Bei zahlreichen Geschäftsreisen nach England und Russland förderte er den Export von deutschen Weinen und Schaumweinen. |
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C. A. Lotichius (1867-1882) war Lederfabrikant in St. Goarshausen und im Jahr 1875 Vorsitzender der ersten Eisenbahnkonferenz in Wiesbaden. Ab 1882 waren diese Konferenzen gesetzlich geregelt; die Handelskammer schickte jeweils einen Vertreter. Während seiner politischen Tätigkeit war der Vater von fünf Kindern 1848/1849 als Linker und Liberaler Mitglied im Landtag von Nassau. Im Jahr 1882 stellte sich Lotichius im Alter von 63 Jahren nicht mehr zur Wahl. |
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Karl Glaser (1882-1887) war Inhaber der von seinem Vater gegründeten Material- und Farbwarenhandlung Gottfried Glaser in Wiesbaden. Er war in der Stadt hoch angesehen und erhielt 1871 das Ehrenamt eines „Stadtvorstehers“. Das Amt des Präsidenten übte er bis zu seinem Tod aus. |
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Rudolph Koepp (1888-1897) war Gründer und Inhaber der chemischen Fabrik Koepp & Co. in Oestrich und Mitglied des Deutschen Reichstags. Der Chemiker produzierte als Erster in Deutschland industriell Oxal- und Ameisensäure. Von 1893 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Deutschen Reichstags für den Wahlkreis Regierungsbezirk Wiesbaden. Ebenfalls bis zu seinem Tod war er Präsident der Handelskammer. |
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Franz Fehr-Flach (1897-1920) stammte aus Mühlheim an der Ruhr und übernahm 1877 die Wiesbadener Staniol- und Metallkapselfabrik. Dass der Wiesbadener Hauptbahnhof gebaut wurde, ist auch seiner Energie zu verdanken, ebenso wie die Verbesserung des Zugverkehrs in der Region. Zudem war er Mitgründer des Mittelrheinischen Fabrikantenvereins sowie der Deutschen Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime. |
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Adolf Haeuser (1921-1924) war deutscher Industrieller und Stifter und stammte aus einer nassauischen Offiziersfamilie. Von 1916 bis 1932 war er Generaldirektor der Farbwerke Hoechst AG. Zudem war er von 1915 bis 1918 im Preußischen Abgeordnetenhaus vertreten. Politisch stand er danach dem zerstrittenen Parteiensystem der Weimarer Republik ablehnend gegenüber. Haeuser setzte sich für den Ausbau sozialer Leistungen der Farbwerke ein. In der Handelskammer war er wegen seiner Kenntnisse im Patent- und Urheberrecht geschätzt, ebenso wegen seines langjährigen Engagements im Verkehrsausschuss der Ständigen Eisenbahn-Tarifkommission. |
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Carl Mertz (1924-1925) betrieb eine Kolonialwarenhandlung in Wiesbaden. Das Amt des Präsidenten der Handelskammer übte er nur einige Monate aus. |
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Hugo Asbach (1925-1933) war Inhaber der Weinbrennerei Asbach & Co. in Rüdesheim und hatte mit seinem Wissen großen Einfluss auf die Gesetzgebung bis in die 1920er Jahre. Als Weinexperte nahm der Unternehmer und Erfinder der Weinbrandpralinen an Verhandlungen in Paris über einen Handelsvertrag des Deutschen Reiches mit Frankreich teil. Im September 1930, nachdem die NSDAP bei der Reichstagswahl zur stärksten Partei im Stadtkreis Wiesbaden gewählt worden war, schilderte er der Vollversammlung seine Besorgnis in drastischer Weise. Das verziehen ihm seine politischen Gegner nicht: Sie sorgten dafür, dass er sein Amt als IHK-Präsident abgeben musste. |
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Hermann Schulze (1933-1939), Direktor der Wiesbadener Bank, gehörte 1933 zu den vielen neu gewählten Mitgliedern in der Vollversammlung. Viele Unternehmer hatten das Gremium verlassen, weil sie unter den neuen politischen Verhältnissen keine Verantwortung mehr übernehmen wollten oder weil man sie nach der Machtübernahme der NSDAP für untragbar hielt. Das Amt des Präsidenten übte Schulze bis zu seinem Tod aus. |
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Karl Henkell (1939-1944) war Inhaber der Sektkellerei Henkell & Co. in Biebrich und galt als erfahrener Industrieller. Er war Präsident beim 75-jährigen Jubiläum der IHK. Seine Auffassung: Neben der Routine-Arbeit müsse auch der „gute Geist der freien Wirtschaft“ in der Geschäftsführung der IHK zum Durchbruch kommen. 1944 starb er bei einem Bombenangriff auf sein Werk zusammen mit mehreren Mitarbeitern. |
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Dr. Heinrich Anderhub (1944-1945) war bei der Firma Kalle & Co. in Wiesbaden beschäftigt und seit 1940 Mitglied der Vollversammlung. 1944 wurde das IHK-Gebäude in der Adelheidstraße bei einem Luftangriff schwer beschädigt, nur noch im Keller konnte man sich einigermaßen sicher aufhalten. Deshalb richtete Anderhub vorübergehend in seinem Privathaus ein Büro für seine Mitarbeiter ein. Im März 1945, nach Ende des Krieges, musste er von seinem Amt in der IHK zurücktreten, ebenso wie viele andere Unternehmer und IHK-Abteilungsleiter. |
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Dr. August Amann (1945-1947) wurde von der neuen Militärregierung als IHK-Präsident eingesetzt. Er war bei den Chemischen Werken Albert AG beschäftigt. Die Militärregierung war an einer raschen Wiederaufnahme der Kammertätigkeit interessiert – weniger wegen der Reorganisation der freien Wirtschaft, sondern eher als Versuch, diese zu beherrschen. Der Hessische Wirtschaftsminister verkündete 1946 ein neues Kammerrecht. Danach gab sich die IHK 1947 eine neue Satzung und wählte einen neuen Präsidenten. |
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Siegfried Erbslöh (1947-1954) war Inhaber der Geisenheimer Kaolinwerke GmbH und Sohn des Unternehmensgründers Carl Hugo Erbslöh. Er studierte Chemie, Volkswirtschaft und Bergbau an der Technischen Hochschule Darmstadt. Um sich praktische kaufmännische Kenntnisse anzueignen ging er in die Vereinigten Staaten und nach Kanada. Als erster wieder frei gewählter Präsident nutzte er jede Gelegenheit, um den Geschäftsleuten im IHK-Bezirk Mut zuzusprechen. 1947 konnte er über die Wiederbelebung der Industrie berichten. Er kritisierte aber auch die kostspielige Misswirtschaft in Deutschland. 1953 wurde er mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. |
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Dr. Hans Dyckerhoff (1954-1967) leitete die Portland-Zementwerke in Wiesbaden-Amöneburg. Am 12. September 1955 tat er den ersten Spatenstich zum Bau der Rhein- Main-Hallen. 1957 lud er zum ersten Neujahrsempfang der Handelskammer ins Taunus-Hotel ein. In seine Präsidentschaft fiel die Neuorganisation der Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt er 1959 das Große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. |
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Diether Hummel (1967-1985) war Sektproduzent, Verbandspräsident und Fastnachter. Hummel beeinflusste entscheidend den Wiederaufbau der deutschen Sektindustrie nach 1945 und ihren Aufstieg nach 1952. Als IHK-Präsident unterschrieb er den Kaufvertrag für das Erbprinzenpalais. Diether Hummel war eine von allen Mainzer Vereinen und fastnachtlichen Korporationen anerkannte Leitfigur der Mainzer Fastnacht. Im März 1968 wurde Hummel Honorarkonsul des Fürstentums Monaco. In seiner Heimatstadt Hochheim wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Er erhielt für seine ehrenamtliche Tätigkeit das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. |
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Udo Passavant (1985-1990) trat nach seinem Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule München 1951 in die Geschäftsführung der Passavant-Werke in Aarbergen ein. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1959 übernahm er das Unternehmen. Der Vollversammlung gehörte Udo Passavant ab 1953 an und war damit in seiner Amtszeit als Präsident eines der dienstältesten Mitglieder des Gremiums. „Damit die ‚große‘ Politik das Augenmaß behält“ – unter dieser Überschrift steht sein Wirken für die IHK Wiesbaden, die er als Selbstverwaltungskörperschaft der Wirtschaft stärkte. Passavant ist Ehrenbürger von Aarbergen und hat die Udo-Passavant-Kulturstiftung gegründet. |
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Gerd Henneveld (1990-1994) ist Vorstandsvorsitzender der TIM AG, die er 1985 gründete, sowie Vorstand der von ihm 1993 gegründeten OpenStorage AG. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Wiesbaden. Der Diplomkaufmann war 1975 zunächst in das Unternehmen seiner Eltern eingetreten, bevor er seine Betriebe aufbaute. Im Jahr 1990 wurde er im Alter von 39 Jahren zum IHK-Präsident gewählt. Dann sagte er: „Vier Jahre sind genug“, denn er wollte sich auf sein Unternehmen konzentrieren, das er gerade umstrukturiert hatte. Seine Themen waren die Gewerbesteuer und die innerstädtische Verkehrspolitik und damals auch schon Computer-Kriminalität – in der IHK hatte man sich gefreut, dass der Präsident „beim Verkünden der politischen Ansichten durchdrang“. |
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Dr. Gerd Eckelmann (1994-2014) gründete nach seinem Studium 1977 die Dr.-Ing. Eckelmann GmbH. Diese verschmolz im Jahr 2001 mit der Elmetic Computer + Steuerungen GmbH zur Eckelmann AG, deren Vorstandsvorsitzender Eckelmann bis 2016 war. Danach wechselte er dort in den Aufsichtsrat. In seine Amtszeit fällt die Fortentwicklung der IHK zu einem modernen und kundenorientierten Dienstleister. Es gelang Eckelmann, acht Mal den Beitrag zu senken. Er trat als glaubwürdige Stimme der Wirtschaft gegenüber Politik und Verwaltung für gute Standortbedingungen ein – ob es um die Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden oder die Rheinbrücke zwischen Rüdesheim und Bingen ging. Am Ende seiner 20-jährigen Amtszeit entstand der Bildungscampus im Hof der IHK. 2011 wurde Eckelmann für sein großes ehrenamtliches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.
Die Laudatio auf Dr. Gerd Eckelmann bei seinem Abschied am 2. April 2014 |
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Dr. Christian Gastl (2014-2024) ist promovierter Diplom-Kaufmann, Geschäftsführer der B + G Revisions- und Beratungsgesellschaft mbH und Inhaber der Kanzlei GASTL – Wirtschaftsprüfer – Steuerberater in Wiesbaden. Er setzte sich als Präsident der IHK unter anderem für das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ ein, ebenso war es ihm ein Anliegen, junge Menschen noch besser auf das Berufsleben vorzubereiten. Als Familienvater und Arbeitgeber setzte er mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen weiteren Schwerpunkt. Der IHK-Vollversammlung gehört Gastl seit 2009 an. Mit seiner Wahl war er der bundesweit jüngste amtierende IHK-Präsident aller 79 Industrie- und Handelskammern. |