„Jede Menge Chancen“ für Wiesbaden und die Region
Region Frankfurt RheinMain ist World Design Capital 2026. Wie wird sich die Wirtschaftsregion Wiesbaden einbringen?
© Daniel Baldus
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7. Mai 2024 – Frankfurt und die Region RheinMain sind zur World Design Capital 2026 (WDC) ernannt worden – und das verspricht auch für Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden jede Menge Chancen. Die Industrie- und Handelskammer Wiesbaden (IHK) hatte zu einer ersten Kick-off-Veranstaltung unter dem Motto „Wiesbaden Deine Chance“ in den „Großen Saal“ geladen und rund 60 Gäste machten sich ein Bild von der Strahlkraft, die die Ernennung mit sich zu bringen verspricht. „Design for Democracy. Atmospheres for a better life“ heißt das Thema, mit dem sich Frankfurt RheinMain beworben hatte und sich gegen den weiteren Finalisten Riad (Saudi-Arabien) durchsetzen konnte.
IHK-Präsident Brömer: „Mit Weitblick die richtigen Entscheidungen treffen“
Der aktivierende Appell der WDC-Kampagne „Gestalten wir, wie wir leben wollen“ ist als Einladung und Aufforderung nicht allein an Design und Architektur zu verstehen, richtet sich vielmehr an jeden Einzelnen der Stadtgesellschaft. „Wie gestalten wir unsere Lebens- und Wirtschaftsräume und damit auch unsere Gesellschaft“, brachte Jörg Brömer, neuer Präsident der IHK Wiesbaden, die komplexe Thematik, die es mit Leben zu füllen gilt, auf den Punkt. Brömer dankte dem „maßgeblichen Antreiber“ der Bewerbung, Professor Matthias Wagner K (Direktor des Museums Angewandte Kunst, Frankfurt), der am IHK-Event nicht teilnehmen konnte, für dessen Initiative. „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, unterstrich Brömer mit Verweis unter anderem auf die Transformation der Wirtschaft, auf Wohnungsmangel, den Klimaschutz, aber auch die Erschütterungen der Demokratie: „Politik und Wirtschaft müssen mehr denn je mit Weitblick die richtigen Entscheidungen treffen, um zukunftsfähig und resilient zu werden“, betonte der IHK-Präsident, der eine besondere Verantwortung auch bei der Architektur, der Stadtplanung und dem Design sieht. „Durch das, was wir planen, entwerfen und bauen, formen wir auch gesellschaftliche Strukturen, Entwicklungen und Abläufe“, so Brömer, der für eine stärkere Vernetzung und einen größeren Zusammenhalt in der Region plädierte.
Diskussionsrunde beleuchtet „Positionen, Perspektiven, Potenziale“
Durch die Veranstaltung führte Stephan Fink. Der Kommunikationsexperte hatte den IHK-Ausschuss Kreative Wirtschaft ins Leben gerufen und ist stellvertretender Leiter des Ausschusses. Sein Ziel ist es, den Titel WDC 2026 bekannt zu machen und Menschen dafür zu begeistern, sich einzubringen. „Jetzt liegt es an uns, etwas daraus zu machen“, betonte er bereits zu Beginn seiner Einführung. Fink moderierte auch die Talkrunde, in der „Positionen, Perspektiven, Potenziale“ diskutiert wurden. Vielfältig besetzt war das Diskussionspanel mit Wiesbadens Bürgermeisterin und Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger, Rolf Krämer (Referatsleiter Start-ups, Kultur- und Kreativwirtschaft im hessischen Wirtschaftsministerium), Dieter Brell (Designbüro 3de-luxe), Gerhard Schulz (Vorstand Kulturzentrum Schlachthof) und Kai Rosenstein (Rosenstein Designkultur, Darmstadt).
Von Kai Rosenstein, der in seiner Eigenschaft als „Chief Experience Officer and Director Government Relations für World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026” in Vertretung von Professor Wagner K mit einem Kurzvortrag ins Thema einführte, wurden unter anderem die zehn Handlungsfelder skizziert, in denen der Aufforderung „Mach mit“ nachgekommen werden kann. Sie reichen von Bauen und Wohnen über Architektur und Bildung bis hin zu Kultur und Medien, Gesundheit, Konsum und Mobilität. Kurzum: Projekte in nahezu sämtlichen Lebensbereichen, die ab sofort für das WDC-Jahr 2026 eingereicht werden können. Wiesbadens Bürgermeisterin Hinninger hofft auf eine öffentlichkeitswirksame Werbung für das World Design Capital 2026-Jahr, um viele Menschen fürs Mitmachen zu begeistern. „Wir wollen fairer, nachhaltiger und innovativer werden“, skizziert sie die Ziele der Stadt, die das etwa durch Bürgerbeteiligungen bei der Gestaltung des öffentlichen Raums erreichen möchte. Die Hoffnung: „Wenn alle mitgemacht und mitgestaltet haben, wird auch Verantwortung übernommen.“ Rolf Krämer bedauert das „noch sehr diffuse Image“ der WDC 2026 und beklagt, dass der Weg von Frankfurt nach Wiesbaden als länger wahrgenommen werde als der von Frankfurt nach Berlin. Für das Jahr 2026 erwartet er allerdings „großartige Chancen“. Dieter Brell und Gerhard Schulz sehen vor allem die Stadtgesellschaft gefordert: „Der Handlungsdruck wird größer, wir alle müssen Veränderungen herbeiführen“, meint Brell, und Schulz beschwört die Identität der Menschen in Wiesbaden und der Region, die es herzustellen respektive zu verändern gelte. „Wir müssen unsere Entscheidungsverfahren überdenken, müssen wegkommen von rein ökonomischen Kriterien.“ Ähnlich wie andere Gäste der Gesprächsrunde verspricht sich auch Kai Rosen-stein von der Ernennung einen „Booster“ für viele neue, aber auch Projekte, die derzeit bereits am Entstehen seien. „Damit wird die Aufmerksamkeit auf Innovationen gelenkt“, unterstreicht er. Anhand der Bespiele der World Design Capital des Jahres 2012 und 2022, Helsinki und Valencia, machte er deutlich, dass die Strahlkraft der Ernennung durch die World Design Organization (WDO), die ihren Sitz in Montreal (Kanada) hat, anhaltend sei. So habe es beispielsweise in Valencia einen positiven return of investment gegeben, es seien zusätzliche Jobs geschaffen und der Markenwert gesteigert worden.
Finanzierung des Projektes
Das einjährige Vorhaben World Design Capital Frankfurt Rhein-Main 2026 soll insgesamt 21 Millionen Euro kosten. Der Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main hat die Bewerbungsphase bereits mit mehr als einer Million Euro unterstützt. Das Land Hessen hat sechs Millionen Euro an Unterstützung zugesagt, weitere sechs Millionen sollen von der Stadt Frankfurt kommen. Den Rest des benötigten Budgets sollen die Kommunen und Kreise der Region aufbringen, zusätzlich ruhen die Erwartungen auf Sponsoren, von denen man sich weitere rund zweieinhalb Millionen Euro erhofft.
„Wir können nur einen Teil der Projekte finanziell unterstützen“, machte Kai Rosenstein deutlich, der damit die Frage nach der Finanzierbarkeit von Vorhaben, wie sie auch von Bürgermeisterin Hinninger gestellt worden war, beantwortete. Welches Projekt Gelder in welcher Höhe erhält, entscheidet eine interdisziplinär besetzte Jury des in Frankfurt beheimateten Organisationsbüros.
„Wir können nur einen Teil der Projekte finanziell unterstützen“, machte Kai Rosenstein deutlich, der damit die Frage nach der Finanzierbarkeit von Vorhaben, wie sie auch von Bürgermeisterin Hinninger gestellt worden war, beantwortete. Welches Projekt Gelder in welcher Höhe erhält, entscheidet eine interdisziplinär besetzte Jury des in Frankfurt beheimateten Organisationsbüros.
Jetzt mitmachen!
Der „Open Call 2024“ jedenfalls ist eröffnet. Ab sofort (und auch im kommenden Jahr noch) können in Eigenregie oder im Team erarbeitete Projekte eingereicht werden, Unterstützung erfahren die Entwicklerinnen und Entwickler in den Design for Democracy-Sprechstunden. Die finanzielle Unterstützung von Projekten, zu deren Initiierung vor allem auch die Jüngeren unter dem Credo „Gestalten wir, wie wir leben wollen“ animiert werden, ist das eine – die „Unterstützung durch das Netzwerk“ eine andere Seite, so Chief Experience Officer Rosenstein. Vom Netzwerken verspricht sich auch das Organisationsteam selbst etwas, beispielsweise Erfolge bei der Suche nach Veranstaltungsorten und Büroräumen in den Städten der Region Frankfurt RheinMain. „Am liebsten möchten wir in allen Städten der Region Botschaften einrichten“, sagt er. Ob und wie genau sich dieser Wunsch realisieren lässt, ist derzeit noch ungewiss.
Wrap up und Ausblick
Wir stehen noch ganz am Anfang“, hatte Bürgermeisterin Hinninger eingangs der Talk-Runde festgestellt. Was sie sich, wie alle anderen Teilnehmer der Runde, von der World Design Capital 2026 Region Frankfurt RheinMain erhofft? Eine „verbesserte Lebensqualität“, wünscht sich die Grünen-Politikerin. Dieter Brell sieht durch die Ernennung „große Chancen“ für Wiesbaden und die Region, ähnlich wird dies auch von Rolf Krämer gesehen. Für Schlachthof-Vorstand Gerhard Schulz ist der Projektzuschlag gleichbedeutend mit der Aufforderung, „am eigenen Charakter“ zu arbeiten. Dokumentiert wurde die Veranstaltung von der Graphic Recorderin Peggy Norbisrath aus Frankfurt. Sie bündelte die Kernpunkte der Veranstaltung und bannte sie kreativ und einprägsam auf ein großes Plakat, dass auch in Zukunft wieder herangezogen werden soll. Dass es in Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis jede Menge Ideen gibt, ebenso etliche in der Entstehung begriffene oder bereits kürzlich realisierte Projekte, die den Anspruch an Design for Democracy durchaus erfüllen, wurde auch bei einem abschließenden Get-Together deutlich. Es bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung, von denen sich einige bereits im Bewerbungsprozess engagiert hatten, Gelegenheit zum lebhaft-informativen Austausch. Zum so wichtigen Netzwerken eben.
Weitere Informationen finden Sie hier: World Design Capital 2026 (wdc2026.org)