Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG)

Mit dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) und der damit verbundenen Änderung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) gibt es in der Aus- und Weiterbildung seit dem 1. August 2024 einige Neuerungen:
  • die einheitliche Regelung zur Freistellung für den Berufsschulunterricht wird um Regelungen zur Anrechnung der Wegezeit erweitert,
  • Regelungen zum mobilen Ausbilden wurden in das Gesetz aufgenommen,
  • weitere Erleichterungen im Prüfungsbereich, wie Online-Prüfungen, wurden eingeführt,
  • die Validierung (Anerkennung) von informell erworbenen beruflichen Kompetenzen ist neu eingeführt worden und
  • es gibt Anpassungen bei der Datenerfassung zu den Ausbildungsverträgen.
Hier können Sie sich über die wichtigsten Neuerungen informieren.

Ab wann gelten die Regeln und für wen?

Die neuen Regeln gelten seit dem 1. August 2024 für alle Ausbildenden und Auszubildenden. Auf gesetze-im-internet.de finden Sie das ausführliche neue Berufsbildungsgesetz (BBiG).

Freistellung vor und nach der Berufsschule

Die Regelungen für die Freistellung und Anrechnung des Berufsschulunterrichtes auf die Arbeitszeit wurden für Jugendliche und Erwachsene vereinheitlicht.
Die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen und Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte wird seit 01. August 2024 auf die Ausbildungszeit angerechnet. Die Regelung ist zusätzlich auf die Teilnahmen an Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen erweitert worden.
  • Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.
  • Erwachsene und Jugendliche sind dabei an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, unter Anrechnung der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit, freizustellen.
  • Die Berufsschulunterrichtszeit am zweiten Berufsschultag oder an Tagen mit bis zu fünf Unterrichtsstunden ist einschließlich der Pausen und der notwendigen Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte auf die tägliche Arbeitszeit anzurechnen.
  • In Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden (an mindestens fünf Tagen) muss der Auszubildende, unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit, freigestellt werden.

Freistellung vor der Abschlussprüfung

Seit 2020 haben alle Auszubildenden Anspruch auf einen freien Tag vor der schriftlichen Abschlussprüfung.

Möglichkeiten der digitalen und mobilen Ausbildung wurden aufgenommen

Ausbildungsteile können nun unter bestimmten Voraussetzungen digital und mobil durchgeführt werden, was größere Flexibilität und Anpassung an moderne Technologien ermöglicht.
Der Ausbildungsbetrieb entscheidet, ob er digitales mobiles Ausbilden anbietet oder nicht. Art und Umfang des mobilen Ausbildens legt der Ausbildungsbetrieb im betrieblichen Ausbildungsplan fest. Die Auszubildenden dokumentieren diese Phasen im schriftlichen (auch elektronischen) Ausbildungsnachweis.
Benötigen Auszubildende für die mobile Ausbildung zum Beispiel Laptops, Tablets oder anderes Ausbildungsmaterial, dann ist der Ausbildende verpflichtet, diese den Auszubildenden kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Verbesserung der Anerkennung beruflicher Handlungskompetenzen (ValiKom-Transfer)

Berufliche Handlungsfähigkeit kann nun unabhängig von einer formalen Ausbildung anerkannt werden, was insbesondere Quereinsteigern und Menschen mit informellen Lernerfahrungen neue Möglichkeiten eröffnet.

Möglichkeit digitaler Prüfungen

Das Gesetz erlaubt die virtuelle Teilnahme von Prüfenden und die Einführung von digitalen Prüfungsverfahren, um den Prüfungsprozess zu modernisieren.

Anpassungen bei der Datenerfassung und Digitalisierung

Die Erfassung und Verarbeitung von Ausbildungsdaten wurde überarbeitet, um eine effizientere Verwaltung und bessere Analyse des Ausbildungsmarkts zu ermöglichen.

Erweiterte Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung

Wer den betrieblichen Teil seiner Ausbildung in Teilzeit absolvieren möchte, musste dafür bislang einen besonderen Grund nachweisen. Das ist seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr erforderlich. Mit dem BVaDiG können ab dem 01.08.2024 Verkürzungsmöglichkeiten mit der Verlängerung der Ausbildungszeit bei Teilzeitausbildung berücksichtigt werden.
Mit dem Einverständnis des Ausbildungsbetriebes, kann die Ausbildung teilweise oder komplett mit verringerter Stundenzahl durchgeführt werden. Ein Anspruch auf Teilzeitausbildung besteht jedoch nicht. Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung nicht übersteigen.
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum 1,5-fachen der regulären Ausbildungsdauer. Das bedeutet: Bei einer regulär dreijährigen Ausbildung darf die Teilzeitvariante maximal 4,5 Jahre in Anspruch nehmen.
Die Berufsschule ist an eine im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeit nicht gebunden. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in das Modell muss deshalb zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.

Entlastung und Freistellung des Prüferehrenamtes

Das neue Berufsbildungsgesetz hat Regelungen erlassen, die das Prüferehrenamt entlasten. Zukünftig dürfen beispielsweise zwei anstelle von drei Prüfungsausschussmitgliedern die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung bewerten, wenn der gesamte Prüfungsausschuss dies im Vorfeld gemeinsam beschließt. Für die praktischen Prüfungen gilt dieses Verfahren nur dann, wenn es sich um sogenannte „flüchtige“ Prüfungsleistungen handelt. Flüchtige Prüfungsleistungen sind die erbrachten Leistungen, die nicht mehr rekonstruiert werden können wie z.B. eine Fahrprüfung.
Mit der Neufassung des BBiG wurde auch die Freistellung von Prüfern für ihre ehrenamtliche Tätigkeit geregelt. Künftig sind Prüfungsausschussmitglieder freizustellen, wenn keine wichtigen betrieblichen Grunde einer Ausübung des Prüferehrenamtes entgegenstehen.
Weitere Informationen zum novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden Sie beim DIHK sowie beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dort sind auch die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gesetzesnovelle zusammengefasst.

Mindestausbildungsvergütung

Die neue Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab dem 1. Januar 2020. Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023.
Danach passt sich ihre Höhe ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.
Wichtig: Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung. Ist der Ausbildungsbetrieb nicht tarifgebunden, darf er den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.
Die Ausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt. Folgende Mindestausbildungsvergütungen gelten ab 2020 und werden jährlich angepasst :
Ausbildungsbeginn
2021
Ausbildungsbeginn
2022
Ausbildungsbeginn
2023
Ausbildungsbeginn
2024
1. Ausbildungsjahr 550,00 € 585,00 € 620,00 € 649,00 €
2. Ausbildungsjahr 649,00 € 690,30 € 731,60 € 766,00 €
3. Ausbildungsjahr 742,50 € 789,75 € 837,00 € 876,00 €
4. Ausbildungsjahr 770,00 € 819,00 € 868,00 € 909,00 €
Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023. Danach passt sich ihre Höhe ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.
Was ändert sich mit der Gesetzesnovelle für die Ausbildungsvergütung? Ein Erklärfilm bringt die wichtigsten Neuerungen verständlich auf den Punkt.
Um dieses Video ansehen zu können, müssen Sie Ihre Cookie-Einstellungen anpassen und die Kategorie „Marketing Cookies" akzeptieren. Erneuern oder ändern Sie Ihre Cookie-Einwilligung

Elektronische Ausbildungsnachweise

Die elektronischen Ausbildungsnachweise sind bereits mit der Novellierung zum 1. Oktober 2017 in das BBiG aufgenommen worden.