04. September 2024
Der Bürokratieberg wächst: IHK fordert mehr Mut beim Abbau
„Wir ersticken im Formalismus: Bürokratieabbau jetzt!“ Unter diesem Motto versammelten sich rund 1.000 Personen aus über 200 Firmen Anfang November 2023 in Ulm. Organisiert hatte die Aktion die IHK Ulm. Doch was ist seither in Sachen Bürokratieabbau passiert? IHK-Präsident Dr. Jan Stefan Roell nutzt die politische Sommerpause, um eine Bilanz zu ziehen. Das Fazit: Die Politik hat Schritte in die richtige Richtung eingeleitet. Diese gehen aber längst nicht weit genug. Es braucht dringend mutigere und größere Schritte!
Trotz Abbau keine Nettoentlastung
Mit dem 4. Bürokratieentlastungsgesetz, der Bürokratieabbauverordnung oder auch dem Pakt zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, hat die Bundesregierung in den letzten Monaten einige Anstrengungen zum Abbau von Bürokratie unternommen.
„Diesen respektablen Willen Bürokratie abzubauen, erkennen wir an. Unter dem Strich kommt aktuell aber dennoch mehr Bürokratie durch neue Vorschriften und Regelungen dazu, als abgebaut wird“, sagt Roell.
So würden das 4. Bürokratieentastungsgesetzt und die Bürokratieabbauverordnung zwar ein Entlastungsvolumen von ca. 1 Milliarde Euro mit sich bringen, was sehr zu begrüßen sei. Im Gegenzug erhöhe aber alleine die von der EU zu verantwortende Nachhaltigkeitsberichterstattung die Bürokratiekosten um ca. 1,4 Milliarden Euro.
„Woher bzw. von wem die Bürokratie aufgebaut wird, ist für Unternehmen dabei völlig irrelevant. Im Ergebnis muss über alle politischen Instanzen hinweg eine Entlastung stehen“, fordert der IHK-Präsident.
Mehr Mut und mehr Vertrauen gefordert
Bei jährlichen Bürokratielasten von 65 Milliarden Euro würden die Unternehmen zudem Entlastungen erwarten, die im Unternehmensalltag als spürbarer Befreiungsschlag wahrgenommen werden können.
„Angesichts der enormen Bürokratielast ist ein radikaler Abbau mit mehr Mut bei den Entscheidungen erforderlich. Das leider oftmals spürbare Misstrauen gegenüber der Wirtschaft muss wieder einem Vertrauen weichen. Das kann viele Gesetze und Regelungen unnötig machen oder zumindest deren Regelungstiefe einschränken“, schlägt Roell vor.
Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die zahlreichen Vorschläge, die von Seiten der Wirtschaft bereits zum Bürokratieabbau eingebracht wurden.
Sorgen um den Wirtschaftsstandort
Aus Sicht der IHK sind Bürokratie und Regulatorik zu einem echten Gefährdungspotential für den Wirtschaftsstandort geworden. In einer aktuellen Umfrage der IHK Stuttgart schätzen sechs von zehn Betrieben, dass sie ihre Wertschöpfung um mindestens zehn Prozent steigern könnten, wenn sie von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Zudem werden die bürokratischen Belastungen von Unternehmen mit Standorten im EU-Ausland zu 78 Prozent und von denen mit Standorten außerhalb der EU sogar zu 91 Prozent als niedriger bzw. viel niedriger angegeben.
„Es geht nicht darum den Standort Deutschland schlecht zu reden. Wir müssen aber realistisch festhalten, dass die Herausforderungen groß und die Liste der Standortprobleme lang sind. Zu der überbordenden Bürokratie kommen zum Beispiel noch überdurchschnittliche Energiekosten und Steuerbelastungen sowie ein Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel. Das verdeutlicht, dass ein Bürokratieabbau mit Einzelfallerleichterungen und in kleinen Schritten nicht ausreicht. Mutige und große Schritte könnten hingegen als echtes und kostengünstiges Konjunkturprogramm wirken“, sagt Roell abschließend.
Hinweis: Die inhaltlichen Aussagen in den Pressemeldungen der IHK Ulm basieren auf den erarbeiteten Positionen der demokratisch legitimierten Gremien der IHK Ulm, Befragungen oder Angaben aus statistischen Auswertungen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es zu den dargestellten Aussagen innerhalb der Mitgliedsunternehmen der IHK Ulm auch abweichende Meinungen geben kann.