Recht und Steuern
Vergütungsregeln für Sachverständige
Zum 1. Januar 2021 wurde die Sachverständigenvergütung im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) neu geregelt. Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sachverständige zusammengefasst.
Stundensätze erhöht, Justizrabatt gesenkt
Die Honorargruppen und Stundensätze in Anlage 1 des Gesetzes wurden seit 2013 nicht angepasst und haben die Marktentwicklung nicht mehr adäquat abgebildet. Auf Grundlage einer 2018 durchgeführten Marktanalyse wurden die Stundensätze nun um durchschnittlich 10 Prozent erhöht. Der als Justizrabatt bekannte Abschlag sollte nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf entfallen, wurde auf Druck der Länder aber beibehalten und von 10 Prozent auf 5 Prozent gesenkt. Anstelle von Honorargruppen sind die Stundensätze künftig nach Sachgebiet aufgeschlüsselt. Sie finden die neuen Sätze im Vergleich zu den aktuellen Zahlen als PDF unter Weitere Informationen.
Umfangreiche Gesetzesänderungen
Das Erlöschen des Anspruches auf Vergütung oder Entschädigung in § 2 JVEG wurde abgemildert. Wenn ein Vorschuss nach § 3 JVEG gewährt wurde, erlöscht der Anspruch künftig nur noch insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.
Der Vorschuss nach § 3 JVEG, der für erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen bewilligt werden kann, wird künftig bereits bewilligt, wenn die die zu erwartende Vergütung für bereits erbrachte Teilleistungen 1.000 Euro (bisher 2.000 Euro) übersteigt. Damit soll die Vorfinanzierungsverpflichtung der Sachverständigen reduziert werden.
Der Fahrtkostenersatz in § 5 JVEG wurde von 0,30 Euro auf 0,42 Euro pro Kilometer erhöht.
Der Ersatz für Farbkopien in § 7 JVEG wurde an die Regeln für Rechtsanwälte und Notare angepasst und um eine Klarstellung für gemischte Farb- und Schwarz-weiß-Kopien ergänzt. Zukünftig werden Farbkopien und -ausdrucke bis zu einer Größe von DIN A3 mit 1 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,30 Euro für jede weitere Seite, in einer Größe von mehr als DIN A3 mit 6 Euro je Seite ersetzt. Auch wird nun klargestellt, dass der Ersatz für die ersten 50 Seiten für Schwarz-weiß-Kopien und Farbkopien jeweils einzeln berechnet wird.
Der Wegfall des Vergütungsanspruches bei mangelhafter Leistung in § 8a JVEG wurde neu geregelt. In Absatz 2 Nummer 2 wurde die Tatbestandsvoraussetzung "eine mangelhafte Leistung erbracht hat" ergänzt mit "und er die Mängel nicht in einer von der heranziehenden Stelle gesetzten angemessenen Frist beseitigt". Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn die Leistung grundlegende Mängel aufweist oder wenn offensichtlich ist, dass eine Mängelbeseitigung nicht erfolgen kann. Die Frist soll nach den Umständen des Einzelfalls gewählt werden. Ein grundsätzlicher Mangel liegt zum Beispiel vor, wenn die Leistung nicht dem Auftrag der heranziehenden Stelle entspricht, die Gedankengänge des/der Sachverständigen nicht nachvollziehbar sind oder wenn nur das Ergebnis mitgeteilt wird. Eine Mängelbeseitigung kann nicht erfolgen, wenn der zu begutachtende Gegenstand zum Beispiel untergegangen ist oder so verändert wurde, dass eine erneute Begutachtung unmöglich ist. Für eine Mängelbeseitigung nach dieser Regelung wird keine Vergütung gewährt.
§ 9 JVEG wurde zu großen Teilen neu gefasst. So wird die Honorargruppierung der einzelnen Sachgebiete entfernt, stattdessen sind die Stundensätze in Anlage 1 zukünftig direkt bei den Sachgebieten einsehbar. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen, so richtet sich die Vergütung regelmäßig nach dem höchsten Stundensatz, es sei denn, dies würde zu unbilligen Ergebnissen führen. Zusätzlich wurde das Honorar von Sachverständigen, die die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt, vornehmen, bei gleichzeitiger Tätigkeit als Insolvenzverwalter reduziert. Neu eingeführt wurde ein Zuschlag von 20 Prozent für die Arbeit an Sonn- oder Feiertagen oder zur Nachtzeit (23 bis 6 Uhr). Der Zuschlag wird jedoch nur gewährt, wenn die heranziehende Stelle vor oder nach der Leistungserbringung feststellt, dass die Arbeit zu dieser Zeit notwendig war.
Ursprünglich sollten vom besonderen Aufwendungsersatz nach § 12 JVEG im Referentenentwurf Aufwendungen für Fotos ausdrücklich ausgeschlossen werden. Mit der Beibehaltung des Justizrabatts wurde als Kompromiss der gesonderte Ersatz von Fotos aufrecht erhalten, sprich für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2 Euro und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind (§ 7 Absatz 2 JVEG), 0,50 Euro für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos. Schließlich wird durch den neuen § 12 Satz 2 Nummer 5 JVEG dem/der Sachverständigen ermöglicht, wahlweise eine Post- und Telekommunikationspauschale von 20 Prozent des Honorars, jedoch höchstens 15 Euro zu verlangen oder weiter die tatsächlichen Aufwendungen abzurechnen.
In den Regelungen zur besonderen Vergütung wurde in § 13 JVEG der Halbsatz und wenn sich zu dem gesetzlich bestimmten Honorar keine geeignete Person zur Übernahme der Tätigkeit bereit erklärt gestrichen. Dem Gericht bleibt aber weiterhin ein Ermessen bei der Erteilung der gerichtlichen Zustimmung erhalten, zum Beispiel zur Frage, ob im Einzelfall eine hinreichend qualifizierte Leistung binnen einer angemessenen Frist auch zum einschlägigen gesetzlichen Honorarsatz verfügbar ist.
Übergangsvorschrift regelt Anwendbarkeit neuen Rechts
Nach § 24 JVEG sind Entschädigung nach bisherigen Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Berechtigte vor diesem Zeitpunkt herangezogen worden ist. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2021, muss der Sachverständige nach altem Recht abrechnen.
Für gerichtliche Aufträge gilt der Zeitpunkt des Erstauftrags, regelmäßig also der Zustellung des Beweisbeschlusses an den Sachverständigen. Ob die Annahme erst später oder das Gutachten erst später erstellt wird, spielt keine Rolle. Nachbesserungen des Gutachtens gelten als Fortsetzung des Erstauftrags, sodass auch eine Nachbesserung im Jahr 2021 nach altem Recht abgerechnet werden muss, wenn der Erstauftrag vor Inkrafttreten erfolgt ist. Zusatz- oder Ergänzungsgutachten gelten hingegen als neue Aufträge.
Die Erläuterung des Gutachtens vor Gericht gilt nach herrschender Auffassung als separater Auftrag. Wird zum Beispiel das Gutachten nach altem Recht berechnet, der Termin findet aber 2021 statt, wird diese Leistung nach neuem Recht abgerechnet. Auf den Zeitpunkt der Ladung kommt es hierbei nicht an.
Eine andere Regel gilt, soweit das JVEG auf andere gesetzliche Vorschriften verweist, zum Beispiel auf das Bundesreisekostengesetz in § 6 Absatz 2 JVEG (Übernachtungsgeld) oder das Einkommenssteuergesetz in § 6 Absatz 1 JVEG (Tagegeld). Hier kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die erstattungsfähige Tätigkeit erbracht wurde. Auch die Höhe der Umsatzsteuer hängt vom Zeitpunkt der erbrachten Leistung ab, nicht vom Datum der Rechnungsstellung.
Quelle: IHK zu Schwerin