Recht und Steuern
Arbeitsstättenverordnung
Welche Regelungen enthält die Arbeitsstättenverordnung? Welche Anforderungen an Arbeitsstätten werden dort aufgestellt? Hier finden Sie erste Informationen und nützliche Links.
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verfolgt das Ziel, Beschäftigte in Arbeitsstätten zu schützen und zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten beizutragen. So ist von den angezeigten Unfällen ein nicht unwesentlicher Teil auf die nicht ordnungsgemäße Beschaffenheit, Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten zurückzuführen, zum Beispiel Sturzunfälle auf schadhaften Fußböden und Treppen sowie Transportunfälle auf ungeeigneten oder zu eng bemessenen Verkehrswegen. Aber auch schwere Unfälle durch das Zersplittern von Glaswänden oder Glaseinsätzen in Türen oder Erkrankungen durch gesundheitlich unzuträglichen Betriebslärm sollen vermieden werden. Des Weiteren dient die ArbStättV der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Dies sind vor allem die Forderungen nach gesundheitlich zuträglichen Luft-, Klima- und Beleuchtungsverhältnissen sowie nach einwandfreien sozialen Einrichtungen, insbesondere Sanitär- und Erholungsräumen.
Am 3. Dezember 2016 ist die novellierte Arbeitsstättenverordnung in Kraft getreten, die in der Folgezeit nur marginal geändert wurde. Darin finden sich u. a. Regelungen zu Telearbeitsplätzen, zur Arbeitsschutz-Unterweisung und zum Umgang mit psychischen Belastungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung.
1. Inhalt der Arbeitsstättenverordnung
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) enthält Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Die Verordnung dient der nationalen Umsetzung der EG-Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG und der Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz.
Sicherheit und Gesundheitsschutz
Die ArbStättV besteht aus einem verfügenden Teil mit insgesamt neun Paragraphen und einem in sechs Abschnitte unterteilten Anhang mit Anforderungen an Arbeitsstätten. In der Verordnung werden die Mindestanforderungen der genannten EU-Richtlinien direkt umgesetzt. Es werden in der ArbStättV allgemeine Schutzziele anstatt konkreter Maßzahlen und Detailanforderungen vorgegeben. Dies verschafft dem Arbeitgeber mehr Freiheit bei seinen Entscheidungen zur Gestaltung und dem Betrieb der Arbeitsstätte. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Betriebe die Belange von Menschen mit Behinderungen in Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigen müssen (§ 3a).
Der Paragraphenteil der Verordnung enthält außerdem neben Vorschriften für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (§§ 3a und 4) und der Regelung für den Nichtraucherschutz (§ 5) spezifische Bestimmungen für Arbeits-, Sanitär-, Pausen-, Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume sowie Unterkünfte (Anhang).
Im 1. Kapitel des Anhanges der Verordnung werden allgemeine Anforderungen an die Beschaffenheit der Arbeitsstätte gestellt. Das betrifft unter anderem die Raumabmessungen, Fußböden, Dächer, Fenster, Türen und Verkehrswege, sowie Fahrsteige, die Laderampen und Steigleitern. Hier wird auch auf die Sicherheitskennzeichnung und die allgemeine Forderung nach einer der Nutzungsart entsprechenden Konstruktion und Festigkeit der Arbeitsstätte verwiesen.
Maßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren wie Absturz und Entstehungsbrände sowie die Vorgaben für Flucht- und Rettungswege werden im zweiten Abschnitt genannt.
Maßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren wie Absturz und Entstehungsbrände sowie die Vorgaben für Flucht- und Rettungswege werden im zweiten Abschnitt genannt.
Der dritte Abschnitt regelt die wesentlichen Arbeitsbedingungen wie Bewegungsfläche, Anordnung und Ausstattung der Arbeitsplätze, die klimatischen Verhältnisse mit Raumtemperatur und Lüftung sowie die Beleuchtung und den Lärm.
Die Untersetzung für Sanitär-, Pausen-, Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume sowie Unterkünfte erfolgt im vierten Abschnitt.
Im fünften Abschnitt wird schließlich auf ergänzende Anforderungen für nicht allseits umschlossene und im Freien liegende Arbeitsstätten sowie für Baustellen eingegangen.
Im letzten Abschnitt sind Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen enthalten. Dieser Abschnitt wurde bei der Änderung der ArbStättV im November 2016 eingefügt.
Der Vollzug der Verordnung obliegt den staatlichen Arbeitsschutzaufsichtsbehörden (in Bayern den Gewerbeaufsichtsämter).
2. Die wichtigsten Regelungen im Überblick
Anforderungen an die maßliche Gestaltung von Arbeitsstätten:
- Keine Zahlenangabe für Grundfläche
- Die Grundfläche ist ausreichend zu bemessen, so dass die Beschäftigten ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit ihre Arbeit verrichten können (Anhang – 1, Punkt 1.2 Abs. 1).
- Keine Zahlenangabe für lichte Höhe
- Die lichte Höhe ist in Abhängigkeit von der Größe der Grundfläche der Räume ausreichend zu bemessen, so dass die Beschäftigten ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit ihre Arbeit verrichten können (Anhang – 1, Punkt 1.2 Abs. 1).
- Keine Zahlenangaben für Mindestluftraum
- Die Größe des notwendigen Luftraumes ist von der Art der körperlichen Beanspruchung und der Anzahl der Beschäftigten zu bemessen (Anhang – 1, Punkt 1.2 Abs. 3).
Sichtverbindungen:
- Arbeitsstätten müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und mit Einrichtungen für eine der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten angemessenen künstlichen Beleuchtung ausgestattet sein (Anhang – 3, Punkt 3.4 Abs. 1).
Gestaltung von Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräumen (Anhang – 4):
- Keine konkrete Zahlenangabe, ausreichende Anzahl und ausreichende Ausstattung
- Keine Forderungen nach speziellen Liegeräumen
- Schwangere Frauen und stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können.
Toilettenbenutzung:
- Toilettenräume sind für Männer und Frauen getrennt einzurichten oder es ist eine getrennte Nutzung zu ermöglichen (Anhang – 4, Punkt 4.1 Abs. 1).
- Bei Arbeiten im Freien und auf Baustellen mit wenigen Beschäftigten sind abschließbare Toiletten ausreichend (Anhang – 4, Punkt 4.1 Abs. 1 Satz 4).
Besondere Anforderungen für Bildschirmarbeitsplätze (Anhang – 6):
- Vorgaben für Bildschirmgeräte
- Vorgaben für Benutzerfreundlichkeit von Bildschirmarbeitsplätzen
3. Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)
Ein wesentliches Hilfsmittel für die praktische Umsetzung der ArbStättV sind die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (Arbeitsstättenregeln – ASR). Sie beschreiben Maßnahmen und praktische Durchführungshilfen und legen dar, wie die in der Arbeitsstättenverordnung gestellten Schutzziele und Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten vom Arbeitgeber erreicht werden können.
Die ASR enthalten zum Zeitpunkt der Bekanntgabe den aktuellen Stand der Technik. Sie erleichtern dem Arbeitgeber die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 der ArbStättV und die Festlegung der geeigneten Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten im Betrieb. Wendet der Arbeitgeber die ASR an, kann er davon ausgehen, dass er in Bezug auf den Anwendungsbereich der ASR die Vorgaben der ArbStättV einhält (Vermutungswirkung).
Eine Verpflichtung zur Anwendung der ASR schreibt die Arbeitsstättenverordnung jedoch nicht vor. Der Arbeitgeber kann eigenständig von den Vorgaben der ASR abweichen und die Schutzzielvorgaben der Arbeitsstättenverordnung einschließlich des Anhangs auch auf andere Weise erfüllen. In diesem Fall muss er die ermittelten Gefährdungen, denen die Beschäftigten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, auf andere Weise so beseitigen oder verringern, dass dabei das gleiche Schutzniveau wie in der ASR erreicht wird („Stand der Technik“).
Dort, wo bei der Bekanntgabe der Arbeitsstättenregeln neue Anforderungen aufgrund der Fortentwicklung des Standes der Technik enthalten sind und die Maßgaben nur mit umfangreichen Änderungen oder erheblichen Aufwendungen in den bereits eingerichteten und betriebenen Arbeitsstätten umsetzbar sind, stellt sich die Frage des Bestandsschutzes. Die Prüfung ob der Arbeitgeber die Arbeitsstätte den neuen Regelungen entsprechend anpassen muss oder ob die bestehende Arbeitsstätte auch weiterhin den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung entspricht, lässt sich nur mit der Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung ermitteln.
4. Adressen und Links
Der Vollzug der Verordnung obliegt den staatlichen Arbeitsschutzaufsichtsbehörden. Für die Landkreis Biberach, Alb-Donau-Kreis und Stadtkreis Ulm ist dies das Gewerbeaufsichtsamt beim Regierungspräsidium Tübingen.
Zentrale Stelle für die Vollzugsunterstützung (ZSV)
beim Regierungspräsidium Tübingen
Konrad-Adenauer-Straße 20
72072 Tübingen
beim Regierungspräsidium Tübingen
Konrad-Adenauer-Straße 20
72072 Tübingen
Hier finden Sie den vollständigen Text der Arbeitsstättenverordnung.
Die technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) hat das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlicht.
Informationen zur neuen Arbeitsstättenverordnung finden Sie auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit und Soziales.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Mai 2022