Produktsicherheitsgesetz

Herstellung und Inverkehrbringen von Produkten

Sie stellen Produkte her, die unter dem Namen eines Dritten verkauft werden? Oder Sie importieren Ware aus Asien, welche Sie unter Ihrer eigenen Marke vertreiben? Häufig kommt es in solchen Fällen zu Unklarheiten, wer letztlich als Hersteller eines Produkts gilt und wann die Ware als „in Verkehr gebracht“ gilt. Im Folgenden bieten wir Ihnen hierzu einen Überblick zu häufigen Konstellationen.
Wichtiger Hinweis: Die folgenden Passagen enthalten keine rechtsverbindliche Interpretation einzelner Begrifflichkeiten. Für Hersteller, „Inverkehrbringer“, Importeure und weitere Wirtschaftsakteure ergeben sich aus verschiedensten Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen Pflichten und Risiken, welche jeweils individuell und teilweise recht komplex zu bewerten sind – insbesondere sind identische Begriffe in unterschiedlichen Gesetzen teilweise auch unterschiedlich definiert. Die folgenden Beispiele dienen daher lediglich als erste Orientierung im Umgang mit den Begrifflichkeiten aus dem Produktsicherheitsgesetz.

Definitionen gemäß Produktsicherheitsgesetz

  • Hersteller:
    „... jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet...“
    Stark vereinfacht gilt in vielen Fällen: „Wer draufsteht, ist Hersteller.“
  • Inverkehrbringen:
    „... die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt; die Einfuhr in den Europäischen Wirtschaftsraum steht dem Inverkehrbringen eines neuen Produkts gleich.“
  • Bereitstellung:
    „... jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Markt der Europäischen Union im Rahmen einer Geschäftstätigkeit ...“
    Vereinfacht: „Jede Vertriebstufe innerhalb der EU entspricht einer Bereitstellung.“
Von großer praktischer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, unter anderem im Blue Guide, wonach sich die Begriffe „Bereitstellung“ und „Inverkehrbringen“ nicht auf eine Produktart beziehen, sondern auf jedes einzelne Produkt (einer Serie). Aus diesem Grund müssen zum Beispiel ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens neuer bzw. geänderter Vorschriften (wie etwa CE-Richtlinien) alle in Verkehr gebrachten (einzelnen) Produkte deren Anforderungen erfüllen, auch wenn die Produktart („Modell/Serie“) vor dieser Änderung eingeführt worden war.
Zur Orientierung in der CE-Landschaft haben die baden-Württembergischen IHKs jetzt drei CE-Landkarten für Unternehmen veröffentlicht. In einfacher Form geben diese einen Überblick zum Verfahren der CE-Kennzeichnung, über relevante Akteure und zum gesetzlichen Rahmen.

Herstellereigenschaft: Häufige Konstellationen

In der Praxis treten folgende Szenarien relativ häufig auf:
  • „Produzent = Hersteller“
    Ein Unternehmen stellt Produkte her und vertreibt diese unter eigenem Namen oder eigener Marke. Das Unternehmen tritt somit als Hersteller auf.
  • „Quasi-Hersteller“
    Ein Unternehmen bezieht Ware (zum Beispiel von einem asiatischen Produzenten) und bringt an dieser seinen Namen bzw. seine eigene Marke an. Das Unternehmen tritt somit als Hersteller im Sinne des ProdSG auf, obwohl es die Ware nicht selber produziert hat.
  • „Importeur“
    Ein Unternehmen außerhalb der EU stellt Produkte her und bringt seinen eigenen Namen / seine Marke an. Ein deutsches Unternehmen importiert diese Ware und vertreibt sie.
    In diesem Fall ist das deutsche Unternehmen nicht der Hersteller. (Bei Import aus dem außereuropäischen Raum können sich jedoch besondere Sorgfaltspflichten und Risiken ergeben, welche im Einzelfall zu prüfen sind. Auch besteht je nach Konstellation evtl. die Pflicht zur Angabe von Name und Anschrift des Einführers auf dem Produkt.)

Konsequenzen für Hersteller: Beispiel

Je nach Art des Produktes ergeben sich verschiedene Pflichten und Risiken für Hersteller bzw. Quasi-Hersteller. Am Beispiel der Produktgruppe Spielzeug bieten wir einen Überblick zu deren Ermittlung:

Inverkehrbringen: Häufige Konstellationen

  • „Produzent = Hersteller“
    Mit der ersten Bereitstellung durch den Hersteller innerhalb der EU (zum Beispiel bei Verkauf an einen Händler oder Kunden) gilt die Ware als in Verkehr gebracht.
  • „Quasi-Hersteller“
    Zahlreiche Quellen interpretieren den Bezug der Ware durch den Quasi-Hersteller noch nicht als Inverkehrbringen. Erst durch Anbringen des Namens / der Marke des Quasi-Herstellers und mit der Bereitstellung durch diesen (zum Beispiel durch Verkauf an einen Händler oder Kunden) gilt die Ware demnach als in Verkehr gebracht.

    Für analoge Lieferketten (also Produktion und Weitergabe an Quasi-Hersteller) ausschließlich innerhalb der EU oder Deutschland gilt diese Interpretation entsprechend.
  • „Importeur“
    Mit Übergabe an den Importeur ist in der Regel davon auszugehen, dass die Ware in Verkehr gebracht wird.

Konsequenzen für Inverkehrbringer: Beispiel

Am selben Beispiel der Produktgruppe Spielzeug erhalten Sie einen Überblick zur Ermittlung der Pflichten in Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen:
  • 2. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz: In Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen werden insbesondere Zeitpunkte bzw. Zeiträume definiert, unter anderem die Pflicht zur Aufbewahrung technischer Unterlagen für 10 Jahre ab Inverkehrbringen des letzten Stücks der Spielzeugserie.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2017 ein weitreichendes Urteil zur Kennzeichnung von Verbraucherprodukten gefällt. Demnach umfasst die Mitwirkungspflicht von Händlern im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes auch die Prüfung des Vorhandenseins von Name und Anschrift des Herstellers. Diese Informationen müssen – häufig neben weiteren Angaben – direkt auf dem Produkt angebracht werden. Ein Anbringen an der Verpackung oder in Begleitunterlagen ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, etwa bei sehr kleinen Produkten (zum Beispiel RFID-Chips) oder technischer Unmöglichkeit (zum Beispiel Knetmasse). Eine besondere Tragweite erfährt das BGH-Urteil, da dem Händler explizit eine Verpflichtung zur Kontrolle des Vorhandenseins o. a. Angaben auferlegt wird.

Abgrenzung zur Produkthaftung

Unter Produkthaftung versteht man die Haftung gegenüber Verbrauchern für Folgeschäden an deren Person oder Sachen, die ein fehlerhaftes Produkt verursacht hat. Dafür muss das Produkt bereits beim Inverkehrbringen fehlerhaft gewesen sein. Hierfür haftbar gemacht werden können Hersteller (im Sinne des § 4 ProdHaftG), also Hersteller des Endprodukts oder des Teilprodukts, Quasi-Hersteller, Importeure sowie Händler. Der Haftungsumfang richtet sich nach der Art des Schadens. Jedoch kommt es zur Enthaftung nach § 1 ProdHaftG, wenn der Fehler zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach dem damaligen Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte.

Was ist konkret zu tun?

  • Klären Sie anhand der oben genannten Informationen und weiterführender Informationsquellen, ob Sie Hersteller sind oder als Hersteller auftreten.
  • Klären Sie, an welcher Stelle der Lieferkette das Produkt erstmalig in Verkehr gebracht wird und ob Sie möglicherweise als Inverkehrbringer auftreten. Verschiedene gesetzliche Anforderungen gelten ab Zeitpunkt des Inverkehrbringens bzw. beziehen sich auf diesen Zeitpunkt.
  • Recherchieren Sie alle für Ihr Produkt relevanten Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Beachten Sie insbesondere auch das Produktsicherheitsgesetz.
  • Setzen Sie die für Ihre Rolle (zum Beispiel als Hersteller, Importeur, …) beziehungsweise für Ihre Produkte relevanten Vorgaben um.
Quelle: IHK Bodensee-Oberschwaben