Ausbildung
Beratungsangebot bei Insolvenz von Ausbildungsbetrieben
Auswirkungen auf die Ausbildung
Weder eine drohende Insolvenz noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben direkte Auswirkungen auf den Ausbildungsvertrag. Die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten bleiben weiter bestehen. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt allerdings der Insolvenzverwalter an die Stelle des Ausbildungsbetriebs. Alle aus dem Ausbildungsvertrag bestehenden Ansprüche sind an ihn zu richten.
Pflichten des Ausbildungsbetriebes
Der Ausbildungsbetrieb bzw. der Insolvenzverwalter sind dazu verpflichtet, die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Pflichten weiter zu erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die Zahlung der vereinbarten Ausbildungsvergütung. Grundsätzlich können sich Ausbildungsbetrieb und Auszubildender auf eine Kürzung der Ausbildungsvergütung einigen. Die Ausbildungsvergütung muss jedoch weiterhin angemessen und höher als die gezahlte Vergütung des vorhergehenden Jahres sein, § 17 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Die Änderung ist in den Ausbildungsvertrag aufzunehmen und der Industrie- und Handelskammer anzuzeigen.
Der Ausbildungsbetrieb muss außerdem gem. § 14 BBiG sicherstellen, dass die Ausbildungsinhalte durch geeignete Ausbilder vermittelt werden. Verletzt der Ausbildungsbetrieb diese oder die anderen Pflichten aus § 14 BBiG, kann er sich schadensersatzpflichtig machen (§§ 278, 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 14 BBiG). Außerdem kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die weitere Ausbildung untersagen und die Ausbildungseignung aberkennen (§§ 32, 33 BBiG).
Pflichten der Auszubildenden
Solange das Ausbildungsverhältnis besteht, müssen auch die Auszubildenden ihre Verpflichtungen aus dem Ausbildungsverhältnis erfüllen. Dazu gehört auch das Anbieten ihrer Arbeitskraft, unabhängig davon, ob der Betrieb ihnen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten kann.
Der Auszubildende kann von dem Unternehmen bzw. dem Insolvenzverwalter erst dann freigestellt werden, wenn der Betrieb stillgelegt ist. Solange das Ausbildungsverhältnis besteht, muss der Auszubildende weiter die Berufsschule besuchen, wenn die Auszubildenden berufsschulpflichtig sind oder der Berufsschulbesuch im Ausbildungsvertrag vereinbart worden ist.
Ist das Ausbildungsverhältnis beendet, hängt es von den länderspezifischen Regelungen ab, ob die Teilnahme am Unterricht auf Wunsch des Auszubildenden weiter möglich ist. Durch den Berufsschulbesuch allein kann die Ausbildung allerdings nicht ordnungsgemäß fortgesetzt werden.
Kündigung des Ausbildungsvertrages
Weder eine drohende Insolvenz noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen einen wichtigen Kündigungsgrund nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG dar.
Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt allein die Betriebsstilllegung zur Kündigung. Diese kann gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG fristlos erfolgen.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Kündigung mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist bereits dann möglich, wenn keine Ausbildungsmöglichkeiten mehr bestehen. Die Auszubildenden müssen sich drei Monate vor Ende des Ausbildungsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Erfahren sie erst zu einem späteren Zeitpunkt von der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses, sollten sie die Meldung innerhalb von drei Tagen nachholen. Andernfalls kann eine Sperrung des Arbeitslosengeldes bis zu drei Monaten erfolgen.
Der Ausbildungsbetrieb und die Auszubildenden können grundsätzlich jederzeit schriftlich die Auflösung des Ausbildungsvertrages vereinbaren. Zu beachten ist allerdings, dass dies eine bis zu dreimonatige Sperrfrist des Arbeitslosengeldes für den Auszubildenden zur Folge haben kann. Zudem sollte der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen explizit im Auflösungsvertrag vereinbart werden, damit etwaige gegenseitige Ansprüche nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG ausgeschlossen sind.
Insolvenzgeld für Auszubildende
Kann der Ausbildungsbetrieb die Ausbildungsvergütung nicht zahlen, können die Auszubildenden einen Anspruch auf Insolvenzgeld haben (§§ 165 ff. SGB III). Voraussetzung ist das Vorliegen eines sog. Insolvenzereignisses. Als Insolvenzereignis gelten:
- die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
- die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und mangels Masse auch nicht in Betracht kommt
Insolvenzgeld wird grundsätzlich für die drei Monate, die vor dem Insolvenzereignis liegen, gezahlt. Hat der Auszubildende in Unkenntnis des Insolvenzereignisses gearbeitet, gilt der Tag der Kenntnisnahme als der Zeitpunkt, an dem die drei Monate rückwirkend ausgerichtet werden. Hat vor dem Insolvenzereignis ein Betriebsübergang nach § 613a BGB stattgefunden, endet der Insolvenzgeldzeitraum mit dem Tag vor der Betriebsübernahme. Ist das Ausbildungsverhältnis vor dem Insolvenzereignis geendet, umfasst der Insolvenzgeldzeitraum die letzten drei Monate des Ausbildungsverhältnisses. Das Insolvenzgeld umfasst in der Regel die Höhe der Nettoausbildungsvergütung und wird dem Auszubildenden direkt ausgezahlt. Erhält der Auszubildende im Insolvenzgeldzeitraum Arbeitslosengeld, wird dies auf das Insolvenzgeld angerechnet. Gleiches gilt, wenn eine neue Ausbildung begonnen wird. Auf Antrag der Einzugstelle (Krankenkasse) werden von der Agentur für Arbeit für den Insolvenzgeldzeitraum die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge des Ausbildungsbetriebes gezahlt.
Der Antrag auf Insolvenzgeld ist innerhalb von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu stellen. Die Antragsunterlagen sind bei den Agenturen für Arbeit bzw. im Internet erhältlich.
Förderung für Ausbildungsbetriebe bei Übernahme von Auszubildenden
Auszubildende, deren Ausbildungsvertrag wegen Insolvenz, nicht vorhersehbarer Stilllegung oder Schließung ihres bisherigen Ausbildungsbetriebes, Wegfall der Eignung als Ausbildungsstätte oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten vorzeitig beendet wurde, können ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen.
Betriebe, die diese Fortsetzung der Ausbildung ermöglichen, können eine Förderung aus dem Prämienprogramm „Azubi Transfer – Ausbildung fortsetzen“ des Landes Baden-Württemberg erhalten. Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie der freien Berufe mit Sitz in Baden-Württemberg und weniger als 500 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente ohne Auszubildende). Die Höhe der Prämie beträgt einmalig 1.200 EUR für jeden übernommenen Auszubildenden.
Weitere Informationen und Antragsunterlagen zum Prämienprogramm „Azubi Transfer – Ausbildung fortsetzen“ finden Sie auf der Homepage des Ministeriums für Wirtschaft.