Standort- und Wirtschaftspolitik

Gewerbe zwischen Flächendruck und Sparzielen

Der Bund möchte bis 2030 den täglichen “Flächenverbrauch“ in Deutschland auf unter 30 Hektar pro Tag begrenzen. 2018 lag die Neuinanspruchnahme von Fläche für Siedlungen und Verkehrsinfrastruktur noch bei 58 Hektar am Tag. Für Niedersachsen liegt der Zielwert auf Basis seines Flächenanteils am gesamten Bundesgebiet bei 4 Hektar am Tag. Mit 6 Hektar am Tag ist der Flächenverbrauch im selben Jahr aber auch dem Zielwert auch noch nicht nah genug.
Bis 2030 verbleiben nur noch wenige Jahre, um entsprechende Fortschritte zu erzielen. Durch vielerlei Nutzungsansprüche (Naturschutz, Landschaft, Infrastruktur, Siedlung und Gewerbe) an den begrenzten Raum besteht bereits im Elbe-Weser-Raum ein gewisser „Flächendruck“, welcher durch die dargestellten Ziele noch zunehmen wird. Dabei ist aus Sicht der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum für die gewerbliche Wirtschaft entscheidend, dass auch zukünftig den Anforderungen gerecht werdende Industrie- und Gewerbeflächen möglich bleiben.

Politische und gesetzliche Grundlagen

Die Vereinten Nationen legen in ihrer 2015 verabschiedeten Agenda 2023 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Delevopment Goals, kurz SDGs) fest. Unter dem Ziel „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ (SDG Nr. 11) beschäftigt sich die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung mit dem Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche, der die bereits dargestellten Zielwerte bis 2030 unterschreiten soll.  Das Land Niedersachsen schreibt das Thema und die Ziele für den eigenen Hoheitsbereich entsprechend in der „Nachhaltigkeitsstrategie für Niedersachsen“ fort.
Gesetzlich ist der sparsame Umgang mit Grund und Boden bereits an vielerlei Stellen verankert. Das Raumordnungsgesetz (ROG) legt in § 2 Abs. 2 Nr. 6 zum Beispiel fest, dass die „erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke zu verringern“ ist und dass Potenziale für die Innenentwicklung sowie Nachverdichtung auszuschöpfen sind. Die Brachflächenentwicklung wird zudem durch § 2 Abs. 2 Nr. 1 ROG ebenfalls in ähnlicher Weise priorisiert. Ebenso verpflichtet das Baugesetzbuch (BauGB) die Kommunen über § 1 Abs. 5 dazu, die Bauleitpläne auf eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung auszurichten, welche „vorrangig durch die Maßnahmen der Innenentwicklung“ erfolgen soll. Ferner sind aufgrund von § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) BauGB die Auswirkungen auf Boden und Fläche bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen. Ebenso sind dies Schutzgüter im Sine des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG).

Statistik und Messgrößen

Erhoben wird in den amtlichen Statistiken die sogenannte „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ (SuV) sowie deren Veränderungen. Wenn es darum geht, die oben genannten Zielwerte zu erreichen, wird stets der Wert der täglichen Neuinanspruchnahme in Hektar herangezogen, den die Statistik für den Anstieg der SuV ausweist. Allerdings ist dabei unbedingt zu berücksichtigen, dass dies nicht mit dem Anstieg der tatsächlichen Bodenversiegelung gleichzusetzen ist. Zur SuV gehören auch Flächen, die nicht überbaut sind. Die tatsächliche Bodenversiegelung hat je nach Bundesland nur einen Anteil von 40 bis 49 % an der SuV. Für die Zielerreichung wird dennoch auf die SuV abgestellt, da laut der Länderinitiative Kernindikatoren davon ausgegangen wird, dass der Flächenverbrauch „indirekt weitere Umweltbelastungen, die über die in Anspruch genommen Flächen hinausgehen“, induziert.

Position und Tätigkeiten der IHK

Mit den Positionen der Raumordnung hat die Vollversammlung der IHK Stade den hohen Stellenwert der Reduktion des Flächenverbrauchs anerkannt, aber gleichzeitig klargestellt, dass weiterhin die Notwendigkeit besteht, attraktive Gewerbe- und Industriegebiete, die den Standortanforderungen moderner Unternehmen entsprechen, auszuweisen. Denn bestehende Standorte können an ihre räumlichen oder immissionsschutzrechtlichen Grenzen stoßen und Brachflächen sind nicht immer geeignet. 
Als Träger öffentlicher Belange wird die IHK an vielen in der Aufstellung befindlichen Raumordnungs- und Bauleitplänen beteiligt und setzt sich für attraktive Gewerbestandorte ein. In unserem Bezirk wirken wir darauf hin, dass moderne Gewerbeflächen entstehen, zum Beispiel auch über die Mitwirkung in der Metropolregion Hamburg, die über das Gewerbeflächeninformationssystem (GEFIS) die Flächensuche erleichtert. In Zukunft wird eine Gewerbefläche nicht nur dann als modern wahrgenommen, wenn die infrastrukturelle Ausstattung stimmt (z. B. eine adäquate Breitbandverbindung). Modern wird auch bedeuten, dass mehr und mehr nachhaltige Gewerbegebiete entstehen. Über die Deutsche Industrie und Handelskammer (DIHK) in Berlin wirkt die IHK zudem an Gesetzesvorhaben mit.