Moderne Gewerbeflächen in grün

Nachhaltige Gewerbeflächen - Vorteile für Unternehmen und Natur

Bis 2050 will die Europäische Union klimaneutral werden, denn die Folgen des Klimawandels werden auch in Europa zunehmend spürbar. Häufigere Starkregenereignisse, Hitzewellen mit Dürren sowie steigende Meeresspiegel sind die Vorboten der Veränderungen im klimatischen System der Erde. Mit dem Green Deal, welcher in vielerlei Hinsicht auch die Wirtschaft betrifft, wurde ein Maßnahmenbündel geschaffen, um dieses Ziel zu erreichen und die Folgen des Klimawandels abzumildern.
Was hat das für Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung von Gewerbegebieten? Klar ist, dass die Wirtschaft auf moderne, attraktive und bedarfsgerechte Flächen angewiesen bleibt. Die Frage ist: Wie könnten diese in Zukunft aussehen und wie ihren Beitrag zu Vermeidung von Treibhausgasen leisten und die Umwelt schonen? Gewerbeflächen, die in ökologischer Hinsicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, aber auch gegenüber den klimatischen Entwicklungen möglichst resilient gestaltet sind, werden an Bedeutung gewinnen und zunehmend den Maßstab dafür setzen, was moderne Gewerbegebiete sind. Auch hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme sind neue Wege zu gehen, um den vielfältigen Nutzungsansprüchen an den begrenzten Raum gerecht zu werden. Kommunen und Unternehmen bieten nachhaltige Gewerbegebiete die Möglichkeit ihren Beitrag zu den Klimazielen zu leisten. Bedacht werden sollte aber auch, dass die getroffen Maßnahmen ebenfalls für die Betriebe im ökonomischen Sinne nachhaltig sind und sich finanziell rentieren.
An dieser Stelle geben wir daher einen Überblick über „Nachhaltige Gewerbegebiete“, um die Auseinandersetzung der Kommunen, die für die Bauleitplanung zuständig sind, und den Unternehmen mit dem Thema zu fördern.

Definition, Zertifizierungen & Beispiele

Grundsätzlich sind nachhaltige Gewerbegebiete solche Flächen für Unternehmen, die ökologische Vorteile bieten, aber auch in Bezug auf ökonomische und soziale Aspekte einen über das normale Maß gehenden Nutzen bringen können. Dabei sind individuelle Schwerpunktsetzungen bei der Entwicklung selbstverständlich möglich. Eine allgemeingültige Definition lässt sich daher allerdings schwerlich abschließend festlegen. Häufig steht zunächst der Wunsch im Mittelpunkt möglichst „grüne“ Gewerbestandorte zu schaffen, die einen geringeren ökologischen Fußabdruck haben. Aber nicht nur in sozialer und ökonomischer Hinsicht bieten sich weitere Potenziale, auch die Anpassung an die Folgen des Klimawandels können für Unternehmen ein Vorteil sein.
Die Ausgestaltung eines nachhaltigen Gewerbegebiets kann also individuell auf den eigenen Standort, die eigenen Präferenzen sowie Möglichkeiten zugeschnitten werden. Ein Vorteil bei der Vermarktung bieten möglicherweise unabhängige Zertifizierungen, aber auch wenn keine nötig erscheint oder gewollt ist, können die Kriterien der Zertifizierungsstellen eine mögliche Annährung an die Gestaltung nachhaltiger Gewerbeflächen darstellen. Ein dafür häufig herangezogenes System hat die „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V.“ (DGNB) entwickelt.
An dieser Stelle sind beispielhaft einige Maßnahmen aufgeführt, die Teil eines nachhaltigen Gewerbegebiets sein können und auch das Spektrum umreißen, wie Unternehmen davon profitieren:
  • In Bezug auf den Klimawandel ist die CO2-neutrale Erzeugung von Energie besonders interessant. Durch die Nutzung von Photovoltaik-Anlagen auf meist ohnehin nicht genutzten Dächern, Parkplätzen oder anderen Flächen, können Unternehmen Ihre Energiekosten senken und gleichzeitig Treibhausgasemissionen vermeiden. Bei der Flächenvermarktung können Kommunen zudem darauf achten, ob sich zwischen mehreren Unternehmen Synergien knüpfen lassen, z. B. durch die Nutzung ansonsten überschüssiger Abwärme, und die Betriebe zu vernetzen. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
  • Apropos Dächer: Begrünte Dachflächen ermöglichen zum Beispiel einen verbesserten Wärme- und Schallschutz sowie eine bessere Regenwasserrückhaltung, was zweckmäßig ist, da die Zahl der Starkregenereignisse steigen wird. Gleichzeitig sieht das Gewerbegebiet auch tatsächlich „grün“ aus und die Pflanzen verfüllen ihre Funktion im Ökosystem.
  • Apropos Starkregenereignisse: Je weniger Fläche komplett versiegelt ist, desto mehr Wasser kann direkt versickern. Das reduziert die Gefahr von Überflutungen, schützt so die Betriebsstandorte und hilft gleichzeitig bei der Grundwasserneubildung. Rasengittersteine beispielsweise schaffen zweierlei: Mehr Versickerung und dennoch befahrbare Flächen. Unternehmen profitieren möglicherweise von reduzierten Niederschlagswassergebühren.
  • Auch konkrete Planung von Grünstrukturen ist in nachhaltigen Gewerbegebieten anzutreffen: Diese schaffen bei steigenden Temperaturen lokale Kühlungseffekte und verbessern auf diese Weise das Mikroklima. Zudem tragen diese, wenn standortheimische Gewächse genutzt werden, zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Unternehmen profitieren durch die Anlage von Flächen mit Aufenthaltsqualität von einer gesteigerten Attraktivität der Betriebsstandorte, was für die Bindung von Fachkräften nicht unerheblich ist.

Best practices

Stadt Bocholt – Grünes Vergabe- und Flächenentwicklungskonzept

Die Stadt Bocholt in Nordrhein-Westfalen hat vor dem bereits skizzierten Hintergrund ein ganzheitliches Konzept entwickelt wie dort die Gewerbeflächen zukunftsfähig entwickelt werden sollen und wie diese an interessierte Unternehmen vergeben werden. Dabei spielte die Anpassung an den Klimawandel eine zentrale Rolle, jedoch wurden auch unternehmerische Interessen umfassend mit einbezogen. Die Flächen werden vorzugsweise an Betriebe vergeben, die sich im Gegenzug zu ökologischen Maßnahmen verpflichten. Diejenigen, die den Zuschlag erhalten, profitieren im Gegenzug von reduzierten Kaufpreisen. Die Bewertung erfolgt anhand eines Kriterienkataloges, sodass die Flächenvergabe transparent erfolgt. Ein Leitfaden unterstützt die Unternehmen bei diesem System, aber vor allem bei der ökologischen Aufwertung ihrer Flächen.

Gewerbegebiet Lune Delta in Bremerhaven

Nicht weit von der Nordseeküste entfernt, entsteht in Bremerhaven das „grüne“ Gewerbegebiete „Lune Delta“, das von der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS) entwickelt wird. Die BIS sieht sich als Schrittmacher der Green Economy und plant daher, neben ökologischen Maßnahmen auch wirtschaftliche Synergien zwischen den Unternehmen herzustellen und gemeinschaftlich genutzte Einrichtungen umzusetzen. Die Flächen werden schrittweise unter Begleitung eines Gebietsmanagements erschlossen. Die Entwickler setzen auf Erneuerbare Energien zur Reduktion der CO2-Preise, Sharing-Angebote, soziale Angobte, aber eben auch auf stadtklimatische Optimierung, Regenwasserrückhaltung, Grauwassernutzung usw.

Weitergehende Informationen (Broschüren)