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Top im Norden: Digitalisierung und Dekarbonisierung
Die Digitalisierung und die mit dem Klimawandel verbundene Dekarbonisierung stellen die Wirtschaft vor große Herausforderungen, bieten aber gleichzeitig große Chancen – auch im nationalen und internationalen Wettbewerb. Im Energiewendeland Nr. 1 wollen wir bei der Dekarbonisierung weiter vorn segeln und bei der Digitalisierung den Anschluss an die Spitzengruppe mindestens halten.
Digitalisierung
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Schon längst hat die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft einen umfassenden Transformationsprozess angestoßen. Neue Technologien und datengetriebene Geschäftsmodelle verändern den Handlungsrahmen für Unternehmen. Dienstleistungen und Services können in Echtzeit mobil, global und multimedial angeboten und wahrgenommen werden. Die Digitalisierung wird ein immer stärkerer Wachstumstreiber und zugleich grundlegender Stützpfeiler für die Wirtschaft.
Unternehmen und Beschäftigte in Schleswig-Holstein profitieren so gleichermaßen. Denn Digitalisierung ist die Grundlage für zukünftige Wertschöpfung sowie Sicherung von Einkommen und Wohlstand.
Digitalisierung:
- stärkt gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein die Kooperation von Unternehmen untereinander,
- gestaltet Verkehrs- und Logistikströme effizienter und sicherer,
- stellt die Weichen für eine smarte und nachhaltige Energieversorgung „made in Schleswig-Holstein“,
- stärkt vor allem in Schleswig-Holsteins ländlichen Gebieten die regionale Wertschöpfung und
- bietet Chancen für mehr betriebliche Flexibilität und eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wirkt damit dem Fachkräftemangel entgegen und leistet einen Beitrag zur Produktivitätssteigerung des Landes.
Um die Wirtschaft bei der Digitalisierung zu unterstützen, ist die zukünftige Landesregierung aufgerufen, folgende drei Handlungsfelder in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen.
- Standortfaktor Digitale Infrastruktur
Flächendeckenden Glasfaserausbau abschließen
Trotz der Fortschritte in den vergangenen Jahren und der guten Position im Bundesländervergleich hinkt Schleswig-Holstein bei der Glasfaseranbindung im internationalen Vergleich immer noch deutlich hinterher. Eine moderne und leistungsfähige digitale Infrastruktur bildet aber das Rückgrat für jegliche Digitalisierungsbestrebungen und ist somit essenziell für die wirtschaftliche Entwicklung. Der flächendeckende Glasfaser- und 5G-Ausbau muss daher forciert und schnellstmöglich abgeschlossen werden.Pragmatismus – Gewerbegebiete first!
Der Ausbau des schnellen Internets in Gewerbe- und Mischgebieten sollte Priorität haben, damit die Unternehmen im Wettbewerb mit anderen Regionen bestehen können. Ziel muss sein, den schleswig-holsteinischen Unternehmen schnellstmöglich eine optimale und garantierte Gigabit-Versorgung mit niedrigen Latenzzeiten und symmetrischen Übertragungsraten im Up- und Downloadbereich zur Verfügung zu stellen – sowohl im Glasfaser- als auch im 5G-Netz.Planungshürden beseitigen
Um den Ausbau zu beschleunigen, muss das Land bestehende Planungshürden aus dem Weg räumen sowie Synergien identifizieren und heben. Hierbei gilt, die bestehende Planungspraxis kritisch zu hinterfragen. Die Vereinfachung, Digitalisierung und Verschlankung der bestehenden behördlichen Genehmigungsprozesse birgt erhebliche Beschleunigungspotenziale.Redundante Anbindung an internationale Datentrassen
Um den zukünftigen Anforderungen eines modernen, KI-geprägten Standortes gerecht zu werden, benötigt Schleswig-Holstein mehr Zugänge zu den internationalen Internetknotenpunkten. Nur eine direkte und redundante Anbindung an die internationalen Datentrassen ermöglicht es, eine ausreichende Rechenzentrumsinfrastruktur zu schaffen, die die Verarbeitung großer Datenmengen mit geringer Latenz ermöglicht und dabei die Standortvorteile Schleswig-Holsteins (Energie) vollumfänglich nutzt.Mobilfunk ertüchtigen für unterbrechungsfreie Kommunikation
Eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Mobilfunkversorgung gilt zwar als „Standard“. Sie ist in Schleswig-Holstein aber immer noch nicht überall Realität. Um sie zu gewährleisten, genügt eine rein flächenmäßige Betrachtung nicht, denn in den Randbereichen der Funkzellen führen Hindernisse und Abschattungen zu schwachen Funksignalen. Auch der Wechsel zwischen den Funkzellen hat häufig Kommunikationsabbrüche zur Folge.5G-Ausbau beschleunigen
Unternehmen sind auf ein flächendeckendes schnelles Internet mit geringen Latenzzeiten angewiesen. Dabei spielt eine leistungsfähige Mobilfunkversorgung mit 5G besonders für technologisch getriebene Bereiche und deren Innovationen eine zunehmend wichtige Rolle. Der Ausbau der Glasfaser- und 5G-Infrastruktur mit Fokus auf die Prozesse der Unternehmen des Landes zählt somit zu den zentralen wirtschaftspolitischen Aufgaben, die das Land mit Nachdruck verfolgen muss. - Kompetenzen und Anreize für das digitale Zeitalter schaffen
- Transformationsprozess besonders kleiner KMU stärker begleiten.
- Veränderung und Vernetzung der KMU-Prozesse in den Fokus der Förderung stellen.
- Entwicklung und Unterstützung eines innerbetrieblichen Digi-Assistenten fördern (vergleichbar dem Innovationsassistenten für KMU).
- Mit Blick auf die Sicherung der Fachkräfte muss die Vermittlung digitaler Basiskomponenten bereits in den Schulcurricula und in der Lehrerbildung verstärkt werden.
- Stärkung der MINT-Berufe weiterhin in den bildungspolitischen Fokus rücken.
- Zügige Nutzung der Fördermittel des Bundes zur digitalen Ausstattung von Schulen.
- Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen müssen sich enger austauschen, um die Vermittlung digitaler Kompetenzen sicherzustellen.
- Ermöglichung und Förderung von Weiterbildungen zur Veränderung des digitalen Mindsets in Politik, Verwaltung und Unternehmen.
- Förderkulisse für digitale Innovation und Investitionen beibehalten, schaffen oder ausbauen. Die Förderung sollte neben reiner Invest-Förderung auch begleitende Beratung und Schulung beinhalten sowie zusätzlich auf effiziente SaaS- oder Mietmodelle anwendbar sein, um modernen Cloud-Anwendungen gerecht zu werden und das Eigenkapital der Unternehmen zu schonen. Der Fokus sollte dabei nicht nur auf Kleinstunternehmen gerichtet werden, sondern auch den kleineren Mittelstand (bis 50 Beschäftigte) umfassen.
- Freiraum statt Regelungsdichte: Herausforderungen der digitalen Welt verlässlich lösen
- Das Onlinezugangsgesetz (OZG) ist mit Mut und Konsequenz umzusetzen und das OZG 2.0 vorzubereiten und auf den Weg zu bringen. Aufgrund der besonderen Bedeutung für die regionale Wertschöpfung sind unternehmens-relevante OZG-Leistungen noch stärker zu priorisieren. Prozesse und Verwaltungsleistungen sollten digital effizienter gestaltet werden und für die Unternehmen und die Menschen in Schleswig-Holstein zukunftsorientiert, vereinfacht und besser vernetzt ablaufen. Die besonderen Chancen einer nutzerfreundlichen Umsetzung des OZG müssen bestmöglich genutzt werden. Dazu bedarf es zusätzlicher, umfassender Unterstützung der Kommunen durch das Land, damit OZG-Verwaltungsleistungen einheitlich, flächig und verbindlich auf kommunaler Ebene abrufbar werden.
- Digitalisierung für proaktive Verwaltung, vereinfachte Verwaltungsprozesse und effizientere Kommunikation mit Unternehmen und Bürgen nutzen. Über das OZG hinaus müssen in Schleswig-Holstein digitale Methoden genutzt werden, um Services online anzubieten und wahrzunehmen. Bisherige Prozesse sollten proaktiv geprüft und an moderne Lebenswelten angepasst werden.
- Voraussetzungen dafür schaffen, dass wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenziale eines Open-Data-Modells gehoben werden können. Öffentliche Daten sollten verbindlich bereitgestellt werden und kostenfrei nutzbar sein. Dazu bedarf es allgemein gültiger Standards. Sofern private oder unternehmerische Daten bereitgestellt werden können, sollte dies im Gegenzug mit einem Anreiz unterlegt werden, etwa durch eine Entlastung von ohnehin bestehenden, vergleichbaren Meldevorschriften.
- Bestehende Gesetze auf Aktualität und Angemessenheit im Hinblick auf das digitale Zeitalter regelmäßig prüfen und anpassen.
- Für die Umsetzung neuer Verordnungen und Gesetze digitale Prozesse zum Regelfall erklären und analoge Verfahren als Workaround beschreiben, denn so ist es einfacher. Das Prozessdesign neuer oder geänderter Gesetze oder Verordnungen sollte zunächst mit einem rein digitalen Prozess zwischen Verwaltung und Unternehmen oder Bürgern erfolgen. Parallel dazu kann für eine Übergangszeit ein analoges Verfahren vorgehalten werden.
Onlinezugangsgesetz (OZG)Bis Ende 2022 sollen Bund, Länder und Kommunen alle Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anbieten und diese Portale zu einem Verbund verknüpfen. So verlangt es das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen, kurz Onlinezugangsgesetz (OZG), das am 18. August 2017 in Kraft getreten ist.In der Praxis bedeutet das: Über 6.000 Verwaltungsleistungen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, zusammengefasst in 575 OZG-Leistungsbündeln, müssen digitalisiert werden. Darüber hinaus muss eine IT-Infrastruktur entstehen, die Bürger und Unternehmen einfachen Zugriff auf diese Leistungen ermöglicht. Der IT-Planungsrat ist maßgeblich an der Umsetzung dieser Vorhaben beteiligt.Die OZG-Umsetzung beinhaltet drei zentrale Umsetzungsaktivitäten, welche zueinander in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen:- Portalverbund
Intelligente Verknüpfung der Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen - Unternehmens- / Bürgerkonten und Postfächer
Konten für Bürger und Organisationen beziehungsweise Unternehmen zur Nutzung von Verwaltungsleistungen - Digitalisierungsprogramme
Digitalisierung der Verwaltungsleistungen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Hier müssen auch durch Gesetzesanpassungen – wie dem Digitalisierungsgesetz SH – die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden.
Dekarbonisierung: Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit
Damit Schleswig-Holstein das Energiewendeland Nr. 1 bleiben kann, müssen heute weitere Spitzentechnologien für morgen entwickelt werden. Dabei erfordert der Klimawandel eine Politik, die die Innovationsdynamik deutlich beschleunigt. Grundlegend für ein zukünftiges Energieversorgungssystem ist die konsequente Fortführung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Nur mit einer komplett CO2-neutralen Stromerzeugung können wir auch weitere energieintensive Sektoren nachhaltig aufstellen. In diesem Zuge muss eine wertschöpfende grüne Wasserstoffwirtschaft etabliert werden.
- Klimaschutz gemeinsam mit der Wirtschaft
Klar ist, dass die Folgen des Klimawandels Schleswig-Holstein besonders hart treffen können. Allein die Verstärkung der Deiche würde Investitionen in enormer Höhe mit sich bringen. Im Sinne unserer regionalen Wirtschaft sind Maßnahmen des Klimaschutzes deshalb rasch einzuleiten und dauerhaft zu verankern. Dabei kommt unseren Unternehmen eine besondere Rolle zu: Sie sind zum einen vom Klimawandel direkt betroffen, zum anderen auch Teil der Lösung. Der Ausbau erneuerbarer Energien, innovative Anwendungen der Sektorenkopplung mit globaler Strahlkraft und nachhaltige Infrastrukturkonzepte zeigen bereits ihre Wirkung.Initiativen und Konzepte unserer Betriebe sind als Weg aus der Klimakrise weiter zu stärken. Die Prämisse dabei sollte sein, dass sich Klimaschutz auch wirtschaftlich lohnt. Etliche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren schon große Beiträge geleistet und erkennen mehr und mehr die wirtschaftlichen Chancen im Zuge des Klimaschutzes, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir regen an, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung erhalten, wenn sie bereits heute eine Agenda zum Klimaschutz aufstellen und nicht erst im Jahr 2045 CO2-neutral wirtschaften. Neben dem Klimaschutz muss auch das Thema Klimafolgenanpassung zunehmend in das Unternehmensmanagement integriert werden, um auf Veränderungen und Ereignisse proaktiv reagieren zu können.
- Energiekosten senken – Reform des Energiemarktdesigns einleiten
Eine marktwirtschaftliche Reform der staatlich induzierten Preisbestandteile im Strom- und im gesamten Energiesektor ist notwendig. Die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten sollten sich in allen Energieträgern wiederfinden. Erneuerbarer Strom wird derzeit in seiner Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Energieträgern im Verkehrs- und Wärmebereich deutlich benachteiligt. Diese ungleiche Behandlung verhindert, dass Strom aus erneuerbaren Energien weitere Sektoren durchdringt. Hinzu kommt, dass die derzeitigen Marktgegebenheiten verhindern, dass die gesamten Kosten der jeweiligen Energieträger inklusive Klimafolgekosten berücksichtigt werden.Eine Reform muss ein transparentes und effizientes System schaffen. Es müssen flexible und kostenneutrale Übergänge zwischen den Sektoren Industrie/Gewerbe, Mobilität/Verkehr und Wärme mit den Energieträgern Strom, Naturgas und Wasserstoff gestaltet werden, die neben einer gerechten Verteilung der Be- und Entlastungen gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. Mit der Reform sollten Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung ermöglicht werden.
- Erneuerbare Energien an Land und auf See konsequent ausbauen
Der Ausbau erneuerbarer Energien muss deutlich forciert werden, damit das nationale EE-Ausbauziel auf mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 erreicht werden kann. Anzustreben ist der Einsatz aller Technologieansätze, um einen ausgewogenen Energiemix auf Basis regenerativer Energiequellen zu verwirklichen. Der steigende Strombedarf für Mobilität und den Wärmemarkt aufgrund der Sektorenkopplung muss dabei berücksichtigt werden.Dies ist eine bundesweite Aufgabe – und eine Aufgabe unserer Bundesregierung. Für den weiteren Ausbau sollten für alle die gleichen Rahmenbedingungen gelten. Wichtig dabei ist, dass der Zubau kontinuierlicher und vor allem verlässlicher erfolgen muss als bisher, um der Wirtschaft eine angemessene Planungssicherheit zu geben. Wichtig ist ebenfalls, dass der produzierte Strom dem Markt zu jeder Zeit zur Verfügung steht. Ein Engpassmanagement durch Abschaltungen ist nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen zu verhindern; es gefährdet auch die Akzeptanz des Zubaus in der Bevölkerung. Der Speicherung erneuerbarer Energie kommt bei der Erreichung der Klimaziele eine Schlüsselrolle zu.
- Speicher- und Wasserstofftechnologien in den Markt bringen – Sektorenkopplung ermöglichen
Im Zuge einer Reform des Energiemarktdesigns müssen Netzstabilisierungsmaßnahmen und Systemdienlichkeit belohnt werden. Dafür bedarf es neben Flexibilitätsoptionen wie Speichern, Elektrolyseuren und weiteren zuschaltbaren Lasten auch einer agilen Notstromversorgung. Die zukünftige Energieversorgung stellt somit unterschiedlichste Anforderungen an die Marktakteure. Strom sollte im besten Fall genau dann verbraucht werden, wenn der Wind weht und/oder die Sonne scheint. Befindet sich viel regenerativer Strom bei gleichzeitig geringer Nachfrage im System, sinken die Börsenstrompreise. Gerade dann könnten Verbraucher von niedrigen Preisen an der Börse profitieren. Bei einem besonders großen Angebot an erneuerbarem Strom und bei niedrigen Börsenstrompreisen sollte sich eine zusätzliche Nachfrage lohnen, wenn sie der Stabilisierung des Energieversorgungssystems dient. Laufzeitbegrenzende Limits mit maximal erlaubten Benutzungsstunden behindern den effizienten Betrieb technischer Anlagen und sollten daher grundsätzlich vermieden werden.Grüner Wasserstoff spielt hierbei sicherlich eine herausragende Rolle. Schleswig-Holstein eignet sich in besonderem Maße für alle Rollen eines entstehenden Wasserstoffmarktes, was Verbraucher und Produzenten, aber auch Transport, Logistik und Speicherung einschließt. Daher steht für die Wirtschaft eine umfassende Unterstützung zum Ausbau jeglicher wasserstoffgetriebener Markt- und Geschäftsmodelle im Mittelpunkt. Eine Wasserstoffinfrastruktur muss mit den anderen Sektoren Strom, Gas, Wärme und Mobilität vernetzt und als Sektorenkopplung gemeinsam entwickelt werden. Dafür sollten mindestens fünf Wasserstoffstichleitungen (Niebüll, Heide, Kiel, Lübeck, Flensburg) entwickelt und an den Wasserstoffbackbone angeschlossen werden, da diese in den bundesweiten Plänen fehlen und derzeit nur der Backbone im Fokus steht. Darüber hinaus kann beispielsweise auch der Strom in Form von Wärme genutzt beziehungsweise gespeichert werden; oder die Batterien in Pkw, Lkw und Bussen reagieren flexibel, indem sie zum Zeitpunkt des hohen Angebots laden und den Strom wieder abgeben, wenn er benötigt wird. Gerade die Potenziale des Wärmemarktes und der Mobilitätswende mit mobilen Batteriespeichern gilt es zu nutzen. Ohne Deckung der Mehrkosten zur Bereitstellung netzdienlicher Flexibilitäten wird sich jedoch kein Verbraucher an Maßnahmen beteiligen. Hierbei ist es wichtig, dass die Unternehmen durch die Schaffung von Anreizsystemen wie beispielsweise variablen Energiepreisen oder Netzentgelten unterstützt werden müssen.
- Netzkosten bundesweit gerecht verteilen
Aktuell müssen die Verbraucher in Schleswig-Holstein eine unverhältnismäßig hohen Anteil der Netzkosten tragen. Stark ins Gewicht fällt, dass viele Erzeuger erneuerbarer Energien dezentral an die Flächennetze angeschlossen sind und weiter angeschlossen werden. Um diesen Strom aufnehmen zu können, mussten und müssen die regionalen Netze weit über ihre frühere lieferungsorientierte Versorgungsaufgabe hinaus ausgebaut werden. Die Kosten dafür werden innerhalb der betroffenen Netzgebiete vor Ort umgelegt; der produzierte Strom jedoch wird nicht nur bei uns, sondern auch im Westen und Süden Deutschlands verbraucht. Die Energiewende ist ein deutschlandweites Projekt. Es ist nicht zu akzeptieren, dass ausgerechnet die Region, die einen großen Beitrag zur Energieversorgung im Sinne der bundesweiten Klimaziele leistet, die höchsten Netz- und Ausbaukosten trägt. Die Netzentgelte müssen dort günstig sein, wo erneuerbarer Strom erzeugt wird. So wird den Regionen ein Anreiz gegeben, erneuerbare Erzeugungskapazitäten weiter auszubauen.Die hohen Netzentgelte können darüber hinaus ökologische und volkswirtschaftliche Fehlanreize hervorrufen. Sie schrecken verbrauchsintensive Gewerbe und Industrieunternehmen ab und können sogar eine Abwanderung ansässiger Unternehmen zur Folge haben. Netzausbaukosten sind Infrastrukturkosten und damit vergleichbar der staatlichen Daseinsvorsorge im Straßen- oder Bahngüterverkehr. In der Konsequenz sollten auch Netzkosten als bundeseinheitliche Infrastrukturkosten gestaltet sein. Es bedarf somit einer Anpassung der Netzentgeltsystematik im Sinne einer angemessenen und für die Bewältigung des Klimawandels zielführenden Kostenverteilung.
- Ansiedlungsstrategie: Energieintensive Unternehmen willkommen
Mit den richtigen Weichenstellungen kann in Schleswig-Holstein überwiegend grüner und kostengünstiger Strom sowie regional erzeugter Wasserstoff angeboten werden. Dieser Vorteil muss nutzbar sein, um energieintensive Betriebe in unserer Region anzusiedeln. Die jetzigen Rahmenbedingungen eignen sich nicht dafür, energieintensive Betriebe wie zum Beispiel Daten- oder Rechenzentren, Unternehmen der Rohstoff-, der chemischen und der Glasindustrie oder Gießereien für die Ansiedlung in einer Region zu gewinnen, die grünen Strom im Überschuss bietet. Doch in der Vergangenheit haben sich Großverbraucher gerade genau dort platziert, wo Energie in hohem Maße verfügbar war. Diese Diskrepanz gilt es aufzulösen.Der Einspeisevorrang erneuerbarer Energien in Verbindung mit Herkunftsnachweisen ist eine erste Voraussetzung. So kann beispielsweise der Bezug von Ökostrom belohnt werden. Zudem können Direktlieferverträge, sogenannte PPAs (Power Purchase Agreements), zwischen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern Abhilfe schaffen. Darüber hinaus bedarf es einer Anpassung der Regelung in Bezug auf die Eigenerzeugung beziehungsweise -versorgung von Unternehmen mit erneuerbarer Energie. Des Weiteren sollte darauf hingewirkt werden, dass auch der Verbrauch durch verbundene Unternehmen auf einem Betriebsgelände als Eigenverbrauch zählt.
- Vereinfachen: Vermarktung von Ökostrom
Erneuerbare Energien profitieren von ihrem grünen Image. Umfragen zeigen, dass die Nachfrage nach grünem Strom hoch ist und weiter steigt. Aufgrund des im EEG verankerten Doppelvermarktungsverbots kann das „grüne Label“ in Form von Herkunftsnachweisen bei geförderten Anlagen jedoch nicht an den Abnehmer des Stroms weitergegeben werden. Der grüne Strom muss grau verkauft werden. Aus diesem Grund ist regionaler Grünstrom so gut wie nicht am Markt verfügbar. Stattdessen bilden norwegische Wasserkraftzertifikate bislang das Rückgrat der meisten Ökostromtarife hierzulande. Der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland erfährt auf diesem Wege keinen Anreiz.Die Gründe für die Einführung des Doppelvermarktungsverbots sind überholt. Zum einen finanzieren sich immer mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen bereits über eine geförderte Direktvermarktung und somit nicht mehr vollständig über die EEG-Umlage, die der Verbraucher zahlt. Zum anderen wird diese zukünftig teilweise durch Bundesmittel finanziert. Hinzu kommt eine wachsende Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas, da in anderen EU-Staaten Herkunftsnachweise für geförderte regenerative Erzeugungsanlagen ausgegeben werden dürfen. Herkunftsnachweise für grünen Strom müssen auch in Deutschland eingeführt werden. Dafür ist das Doppelvermarktungsverbot außer Kraft zu setzen.
- Notwendig: Nachfolgeregelungen für Post-EEG-Anlagen
Das Repowering alter Anlagen vor Ort sollte stets erste Wahl sein, wenn deren Betrieb am Standort akzeptiert und die Infrastruktur vorhanden ist. Sofern ein Repowering nicht möglich ist, bedarf es Nachnutzungskonzepten für die unterschiedlichen regenerativen Erzeugungsformen, um funktionsfähige Anlagen weiterhin in der Erneuerbare-Energien-Bilanz halten zu können.Ausgeförderte Anlagen bieten Möglichkeiten zur Geschäftsmodellentwicklung für Flexibilisierungsoptionen und Netzentlastung. Hierzu zählen beispielsweise die Erzeugung von grünem Wasserstoff, weitere Power-to-X-Lösungen, Mieterstrommodelle, Smart-City-Ansätze oder auch PPAs als Vermarktungsmöglichkeit. Helfen können ebenfalls individuelle Nachnutzungsprogramme mit angepasster Rohstoffnutzung (wie beispielsweise Power-to-Heat(PtH)-fähige Öl-Hybridheizungen zur Verringerung des Ölverbrauchs), Wärmekonzepten und Einspeisung in die Erdgasnetze, teilweise gemeinsam mit Nachbarerzeugungsanlagen. Dafür muss der Rahmen geschaffen werden.
- Zukunftsfähig: Infrastruktur für Energietransport
Eine zukunftsfeste Energieversorgung braucht Vielfalt bei der Energieinfrastruktur. Neben modernen und leistungsfähigen Infrastrukturen für den Transport von grünem Strom werden deshalb auch Transportstrukturen für den Im- und Export anderer nachhaltiger und möglichst emissionsarmer Energieträger benötigt. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann dauerhaft Versorgungssicherheit gewährleistet werden.Eine Schlüsselrolle wird deshalb absehbar grüner Wasserstoff einnehmen. Neben dem Aufbau und der Nutzung der heimischen Erzeugungspotenziale ist auch die notwendige Importinfrastruktur für Wasserstoff oder Derivate aufzubauen und es sind verlässliche internationale Partner für die Produktion und den Transport von Wasserstoff zu finden. Für den nationalen Binnenexport bedarf es entweder leitungsgebundener Infrastruktur oder temporärer mobiler Konzepte (zum Beispiel mit Binnenschiffen). Oberste Priorität sollte dennoch nach wie vor die regionale Wertschöpfung, die durch die Produktion von heimischem grünem Wasserstoff entsteht, haben. Neben Erdgas, synthetischen Kraftstoffen, blauem und türkisem Wasserstoff wird auch LNG (Liquefied Natural Gas) einer der „Brückenenergieträger“ der Energiewende sein. Diese Energieträger können damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung und zugleich zur Stabilisierung des Energieversorgungssystems leisten, da im Zuge der Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren übergangsweise der Bedarf an gasförmigen Energieträgern weiter steigen wird. Hierfür wird eine entsprechende Importinfrastruktur benötigt, über die Deutschland aktuell in weiten Teilen (außer Erdgasinfrastruktur) nicht verfügt und die deshalb aufgebaut werden muss. Teile dieser Infrastruktur können perspektivisch auch für den Transport von Wasserstoff nutzbar gemacht werden.Schleswig-Holstein verfügt mit Brunsbüttel über einen universalen Seehafen, der prädestiniert ist, in Zukunft mit einem Energieimport- und Distributionsterminal für LNG und Wasserstoff(derivate) als Logistik- und Wirtschaftszentrum zu fungieren und eine zentrale Funktion für Energie im- und -exporte sowie die Verteilung von nachhaltigen Energieträgern ins Hinterland einzunehmen. Notwendig sind jetzt Investitionen in die Energieimport- und Transportinfrastrukturen vor Ort.
- Ausbauen: Digitalisierung der Energieversorgung
Die Energiewirtschaft muss umfassend digitalisiert werden: Erneuerbare Energie wird immer dezentraler erzeugt. Zugleich muss der Volatilität der Stromproduktion durch einen flexibel anpassbaren Verbrauch unter Einbeziehung der Sektorenkopplung entsprochen werden. Dazu ist eine spartenübergreifende Vernetzung von Infrastrukturen und Marktteilnehmern notwendig. Besonderes Augenmerk verdienen unter anderem bessere Prognosen von Verbrauch, Erzeugung, Netzengpässen und Lastspitzen sowie die Anlagenüberwachung und das Lastmanagement. In Zukunft können Produktion und Verbrauch erneuerbarer Energien dank digitaler Technik besser aufeinander abgestimmt werden. Hier kann künstliche Intelligenz dabei helfen, Netzkapazitäten und Erzeugungsleistungen deutlich effizienter auszulasten. Größte politische Hemmnisse für eine weitere Digitalisierung sind nach wie vor unklare Zuständigkeiten sowie zersplitterte Kompetenzen bei den Behörden, uneindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen und aufwendige Datenschutzauflagen.Administrative und gesetzliche Hürden müssen durch die Politik weiter abgebaut werden – Datenschutz und Datensicherheit müssen dabei gewährleistet werden. Ziel sollte es sein, diesen Mehraufwand durch Vereinfachung der Prozesse und zusätzlichen Kundennutzen auszugleichen. Die Anwendung bereits existierender digitaler Technologien (einschließlich Smart Metering) sollte forciert werden und zügiger vorankommen. Um alternative Antriebskonzepte, Energiespeicher und dezentrale Energiekonzepte, insbesondere Batterien und Wasserstoff, stärker in die Netze einzubinden, bedarf es einer dynamischen integrierten Netzplanung sowie einer fortlaufenden digitalen Netzsteuerung und Marktentwicklung, damit Strom-, Gas- und Wärmeinfrastrukturen immer enger zusammenwachsen können.
- Wirken lassen: CO2-Bepreisung
Investitionen in Klimaschutz müssen sich langfristig lohnen – dafür fehlt allerdings der rechtliche Rahmen. Die CO2-Bepreisung wird neben einer CO2-Emissionsvermeidung faire Wettbewerbsbedingungen herstellen müssen. Dabei muss sich die Umstellung auf erneuerbare Energien für die Wirtschaft positiv auswirken und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigt werden.Ein schneller, reibungsloser Wechsel von einem Festpreissystem hin zu einem Emissionshandelssystem, einhergehend mit einer transparenten Preisstruktur inklusive eines nachvollziehbaren Steigerungspfads, ist dabei ebenso wichtig wie die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Unternehmen. Darüber hinaus müssen das europäische und das nationale System reibungslos aufeinander abgestimmt werden. Die Mittel aus der CO2-Bepreisung sollten nicht nur für die Senkung der EEG-Umlage, sondern langfristig möglichst zweckgebunden und für die Erreichung der Klimaschutzziele eingesetzt werden. Insgesamt darf die schleswig-holsteinische Wirtschaft nicht zusätzlich belastet werden.
Umwelt
Umweltschutz bietet Chancen und ist zugleich eine wirtschaftliche Herausforderung. Die Unternehmen nehmen Umweltschutz als einen Teil ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wahr, der zu attraktiven Standortbedingungen beiträgt und Risiken minimieren kann. Das Land Schleswig-Holstein sollte Unternehmen in folgenden Bereichen zur Seite stehen.
- Weitere Unterstützung des Landes beim Thema Munition im Meer
Von Munition in Nord- und Ostsee gehen vielfältige Gefahren für Mensch und Umwelt aus. Das Risiko ergibt sich aus der Art und Dichte der Kampfmittelbelastung und der Form der Nutzung von Meeresgebieten, Ufern und Stränden.Aus Forschungsergebnissen ist abzuleiten, dass im Bereich munitionsbelasteter Meeresgebiete von einem erhöhten Gefährdungspotenzial für die Meeresumwelt auszugehen ist. Unter Berücksichtigung der erheblichen Munitionsmengen sowie der fortschreitenden Korrosion sind Beeinträchtigungen der Meeresumwelt einschließlich des marinen Nahrungsnetzes nicht mehr auszuschließen und müssen weiter untersucht werden.Vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Meeresnutzung besteht eine besondere Gefährdung für Personengruppen, die im marinen Bereich mit Grundberührung tätig sind.In der Konsequenz sollten Forschung und Technologieentwicklung verstärkt werden, um die von den Kampfmitteln tatsächlich ausgehenden Risiken rechtzeitig zu erfassen. Darüber hinaus besteht erkennbarer Bedarf an sachgerechten Optionen zur Vorsorge und zum Umgang mit Munitionsaltlasten bis hin zu ihrer Bergung und umweltgerechten Entsorgung.Im Koalitionsvertrag 2021–2025 der Bundesregierung ist für die Bergung und Vernichtung von Munitionsaltlasten in der Nord- und Ostsee ein Sofortprogramm sowie ein Bund-Länder-Fonds für die mittel- und langfristige Bergung vorgesehen. Die zukünftige Landesregierung sollte sich bei der Bundesregierung für eine zügige Umsetzung des Sofortprogramms einsetzen und die Kompetenzen der schleswig-holsteinischen maritimen Wirtschaft im Bereich der Bergung von Munitionsaltlasten gezielt einbringen.
- Förderung des Einsatzes von Recyclingbaustoffen im Hoch- und Tiefbau
Der Einsatz von Recyclingbaustoffen im Hoch- und Tiefbau ist derzeit unzureichend. Dies führt dazu, dass die Deponien für Bau- und Abbruchabfälle zunehmend verfüllt werden und die im Land vorhanden Deponiekapazitäten früher erschöpft sind. Daher ist dafür zu sorgen, dass die Akzeptanz des Einsatzes von Recyclingbaustoffen erhöht wird. Die gemeinsamen Aktivitäten der IHK-Organisation und der Landesregierung zur Verbesserung der Akzeptanz von Recyclingbaustoffen sind daher auch in der zukünftigen Legislaturperiode fortzusetzen. Mit Pilotprojekten wie zum Beispiel dem Projekt „Einsatz von Recyclingbaustoffen im Landesstraßenbau“ kann die Akzeptanz weiter verbessert werden.
- Verstärkung des Rezyklateinsatzes (Vollendung der Kreislaufwirtschaft)
Die Versorgung mit Rohstoffen und ein sparsamer Umgang mit Ressourcen sind wichtige Säulen wirtschaftlicher Tätigkeit. Für zahlreiche Produkte müssen Rohstoffe importiert werden. Der Ausbau der Kreislaufwirtschaft bietet große Chancen für mehr Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit. Dies ist für alle Akteure der Wertschöpfungskette essenziell, insbesondere in Krisenzeiten.Gesetzgebung und technischer Fortschritt haben in Deutschland eine leistungsfähige Kreislauf- und Recyclingwirtschaft entstehen lassen. Für viele Bereiche der produzierenden Wirtschaft ist sie heute schon wichtiger Lieferant von Energieträgern und Rohstoffen und kann zudem zum Klimaschutz beitragen. In ihrer Weiterentwicklung liegen große Chancen für mehr Ressourceneffizienz. So können viele Produkte besser recycelt, mehr wertvolle Sekundärrohstoffe erfasst oder die Nachfrage nach Recyclingprodukten gesteigert werden. Allerdings stehen dem Einsatz von Sekundärrohstoffen in vielen Bereichen rechtliche Hindernisse oder Akzeptanzprobleme entgegen.Um die Potenziale der Kreislaufwirtschaft für eine ressourceneffiziente Produktion zu erschließen, sollte die zukünftige Landesregierung zuerst auf Unterstützungsmaßnahmen für Forschung und Entwicklung sowie auf Stimulierung von Investitionen in Umwelttechnologien setzen und freiwillige Instrumente weiterentwickeln. Wo Defizite bei der Umsetzung bestehender Regelungen zur Produktgestaltung, bei der Sammlung oder dem Recycling bestehen, sollten diese praxisgerecht angepasst und der Vollzug effektiver gestaltet werden.Das Recycling von Stoffen wird in Zukunft einen immer höheren Stellenwert einnehmen, jedoch wird die Entsorgung auch weiterhin ein Element der Kreislaufwirtschaft bleiben. Es werden auch zukünftig nicht verwertbare Stoffe zur Beseitigung verbleiben, die sicher und schadlos deponiert werden müssen. Hier sollten zuverlässige Rahmenbedingungen sichergestellt werden.
- Zugang zu heimischen Rohstofflagern langfristig sichern
Gestiegene Bauaktivitäten und Nutzungskonflikte um Flächen können regional zu Versorgungsengpässen mit heimischen Rohstoffen wie Sand, Kies oder Natursteinen führen. Importe aus dem Ausland führen aufgrund der hohen Transportkosten zu erheblichem Mehraufwand und auch entsprechenden Verkehrsemissionen. Zwar kann das Recycling von mineralischen Bauabfällen den zukünftigen Bedarf an Rohstoffen teilweise decken, für manche Verwendungen ist jedoch der Einsatz von Primärrohstoffen essenziell. Deshalb ist die Erschließung zusätzlicher Rohstofflagerstätten eine wichtige Voraussetzung für die schleswig-holsteinische Bauwirtschaft.Neue Lagerstätten für diese Rohstoffe können bisher aufgrund der langen Planungs- und Genehmigungszeiträume nicht zeitnah erschlossen werden. Das Raumordnungsrecht spielt bei der Vorbeugung gegen Nutzungskonflikte durch die Ausweisung von Flächen zum Rohstoffabbau eine zentrale Rolle.Die zukünftige Landesregierung muss daher dafür sorgen, dass die Versorgung mit mineralischen Rohstoffen langfristig gesichert wird. Dazu ist es erforderlich, die seit vielen Jahren in der Abstimmung befindlichen Raumordnungspläne umgehend in das abschließende Beteiligungsverfahren zu geben und zu verabschieden. Nur so wird es gelingen, den rohstoffgewinnenden Unternehmen Rechtssicherheit zu verschaffen und die Versorgung der Wirtschaft mit heimischen Rohstoffen sicherzustellen.
- Herstellerverantwortung und Wettbewerb fair gestalten
Hersteller und Handel in Deutschland stehen zu ihrer Verantwortung für die nachhaltige Gestaltung und hochwertige Verwertung ihrer Produkte über die gesamte Lebensdauer. Viele Regelungen zur Registrierung, Rücknahme oder Kennzeichnung führen allerdings in der betrieblichen Praxis zu Problemen und hohen Bürokratiekosten.Zu einer innovativen und leistungsfähigen Kreislaufwirtschaft tragen sowohl private als auch kommunale Unternehmen bei. Der Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen wird durch rechtliche Überlassungspflichten oder Auflagen teilweise beeinträchtigt.Um Anreize für die falsche Entsorgung von Abfällen zu vermeiden, sollte die finanzielle und organisatorische Verantwortung zur Entsorgung und Reinigung nicht einseitig bei den Herstellern und Vertreibern liegen (wie insbesondere von der Entsorgungswirtschaft vorgeschlagen), sondern alle Akteure der Wertschöpfungskette – auch kommunale Unternehmen – einbeziehen. Diese Leistungen sollten transparent und marktwirtschaftlich vergeben werden können. Die Reichweite der Herstellerverantwortung sollte sich in einem für die Hersteller kalkulierbaren Rahmen halten. Bei der Rücknahme, Kennzeichnung und Entsorgung sollte die Landesregierung die Bundesregierung dabei unterstützen, auf vergleichbare Belastungen der Handelsunternehmen (stationär und online) zu achten. Zur Verbrauchsminderung von bestimmten Einwegkunststoffprodukten sollte die Politik zuerst auf Selbstverpflichtungen zurückgreifen, statt auf zusätzliche Abgaben oder weitere Vermarktungsbeschränkungen zu setzen.Private Unternehmen und kommunale Entsorgungsbetriebe sollten gleiche Wettbewerbschancen im Markt erhalten. Sind für Dienstleistungen bei Recycling oder Abfallentsorgung beide gleichermaßen geeignet, sollte der Wettbewerb nicht eingeschränkt werden.