Arbeitsrecht
Arbeitsrechtliche Grundlagen des Homeoffice
Durch den digitalen Wandel in der Arbeitswelt und die Corona-Krise gewinnt Homeoffice immer stärker an Bedeutung. Mit Hilfe von Laptops, Tablets, Smartphones und Internettelefonie ist es möglich, von nahezu überall aus zu arbeiten.
Die Arbeit im Homeoffice kann Beschäftigten lange Pendelzeiten ersparen und damit zu ihrer Gesunderhaltung beitragen. Außerdem kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden. Für den Arbeitgeber hat es mitunter den Vorteil, dass Büroflächen eingespart werden können. Politisch wird die räumliche und zeitliche Entgrenzung von Arbeit unter dem Stichwort “Arbeiten 4.0“ diskutiert. Bei der Einführung von Homeoffice sind, ebenso wie bei der Arbeit vor Ort im Betrieb, gewisse rechtliche Spielregeln zu beachten. Insbesondere sind arbeits-, arbeitsschutzrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben von Bedeutung.
1. Begriff und Erscheinungsformen des Homeoffice
Schwierigkeiten bereitet häufig die Abgrenzung zwischen Homeoffice, Mobiler Arbeit, Telearbeit und Heimarbeit. Im Sprachgebrauch wird zwischen diesen Begrifflichkeiten häufig nicht differenziert. Die rechtlichen Folgen – vor allem die arbeitsschutzrechtlichen Erwägungen – gestalten sich aber dennoch unterschiedlich.
Eine gesetzliche Definition des Begriffes Homeoffice gibt es (noch) nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man hierunter das gelegentliche oder ständige Arbeiten von zu Hause aus.
Demgegenüber ist der Begriff des mobilen Arbeitens durch wechselnde Arbeitsorte gekennzeichnet. Der Flexibilitätsgrad ist hier weitaus höher und die Arbeitnehmenden können ihre Tätigkeit von überall dort ausführen, wo notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stehen (z.B. im Café oder in der Bahn).
Wird auf den Begriff der Telearbeit Bezug genommen, so ist darunter ein fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich der Arbeitnehmenden zu verstehen (§ 2 Abs. 7 ArbStättV).
Schlussendlich ist mit Heimarbeit nach § 2 Abs. 1 und 2 HAG (Heimarbeitsgesetz) die erwerbsmäßige Arbeit an selbstgewählter Arbeitsstätte (eigene Wohnung oder selbstgewählte Betriebsstätte) im Auftrag von Gewerbetreibenden gemeint.
Es ergeben sich also durchaus Schnittmengen zwischen den einzelnen Begrifflichkeiten. Dennoch ist die Regelungsrichtung jeweils verschieden. Die sich daraus ergebenden verschiedenen Rechtsfolgen sind daher zwingend vor Anwendung zu berücksichtigen.
2. Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice
Ein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice besteht in Deutschland derzeit nicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) arbeitet an einem Gesetzentwurf, der das Recht auf Homeoffice vorsehen soll. Ob Arbeitnehmende von zuhause aus arbeiten dürfen, liegt prinzipiell in der Entscheidung der Arbeitgebenden. In manchen Fällen regelt dies bereits ein Tarifvertrag, eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag. Arbeitgeber/ Arbeitgeberinnen sind jedoch nicht berechtigt, Tätigkeiten im Homeoffice einseitig anzuordnen.
3. Anordnung von Homeoffice
Wenn keine Vereinbarung zum Homeoffice besteht, können Arbeitgebende Arbeit im Homeoffice nicht einseitig einführen oder Arbeitnehmende gar dazu zwingen. Nur im absoluten Notfall, wenn etwa sonst ein völlig unverhältnismäßiger Schaden droht, ist vorstellbar, dass Arbeitnehmende auch ohne eine Vereinbarung zum Homeoffice zu einzelnen Tätigkeiten von zu Hause aus verpflichtet werden können. Aufgrund der grundgesetzlich geschützten Unversehrtheit der Wohnung wird man eine solche Verpflichtung aber nur in absoluten Ausnahmefällen annehmen können.
4. Beendigung der Tätigkeit im Homeoffice
Die Vereinbarung kann von Arbeitgebenden durch Ausspruch einer Änderungskündigung beendet werden. Dies wird erforderlich sein, wenn sich Arbeitgebende den Widerruf nicht vertraglich vorbehalten haben. Durch schriftlichen Aufhebungsvertrag kann auch das Arbeitsverhältnis und damit auch die Tätigkeit im Homeoffice beendet werden.
5. Regelungsgegenstände einer Homeoffice-Vereinbarung
Falls der Arbeitsvertrag oder die Betriebsvereinbarung keinen Passus zum Homeoffice enthält, ist es sinnvoll, einen Zusatz zum Arbeitsvertrag abzuschließen, in dem dann auch weitere Details geregelt werden können. Es ist aber auch denkbar, dass Arbeitnehmende das Einverständnis stillschweigend erklären, indem sie beispielsweise das nötige Equipment in Empfang nehmen und die Arbeit von zu Hause aus aufnehmen. Die Homeoffice-Vereinbarung muss Regelungen über den Arbeitsort, Art der zu leistende Tätigkeit, Arbeitszeit und Arbeitsmittel treffen.
a) Arbeitsort
Der Arbeitsort ist dann konkret festzulegen, wenn es keine physische Betriebsstätte gibt oder ein Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers/ er Arbeitgeberin nicht zur Verfügung steht. Besteht keine vertragliche Regelung über den Arbeitsort, können Arbeitgebende die Arbeitnehmenden über das Direktionsrecht an unterschiedlichen Orten einsetzen. Im Regelfall werden Arbeitgebende den Arbeitsort festlegen und gleichzeitig eine Versetzungsklausel vereinbaren.
b) Arbeitszeit
Auch für die Tätigkeit im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz. Arbeitnehmende müssen daher auch bei der Arbeit von zu Hause die Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit einhalten. Arbeitgebende sollten auf die Einhaltung dieser Vorschriften hinweisen und zudem ein Regelungsmodell für die Zeiterfassung finden, während die Mitarbeitenden nicht im Betrieb sind. Arbeitnehmende können verpflichtet werden, Umfang und Lage der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen und auf Verlangen der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
c) Kosten der Arbeitsmittel
Liegt das Tätigwerden der Arbeitnehmenden im Homeoffice im überwiegenden Interesse der Arbeitgebenden, sind die Kosten für die Einrichtung des Homeoffice, z.B. Anschaffung der Büroeinrichtung, Anschaffung und Wartung der Kommunikationseinrichtungen, Beleuchtung, Heizung, dienstlicher Anteil der Raummiete etc. von den Arbeitgebenden zu tragen. Liegt kein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers/ der Arbeiterin vor, sind die Kosten grundsätzlich von den Arbeitnehmenden zu tragen. Ggf. können sie diese dann steuerlich geltend machen. Abweichende Vereinbarungen sind jedoch immer möglich und empfehlenswert.
Die Privatnutzung von Arbeitsmitteln des Arbeitgebers/ der Arbeitgeberin sollte ausgeschlossen werden. Ebenso ist der Einsatz von privaten Arbeitsmitteln zur Erbringung der Arbeitsleistung, sogenanntes BYOD (Bring YOUR Own Device) mit zahlreichen Problemen verbunden, insbesondere was den Datenschutz anbelangt. Sollte dennoch eine Nutzung privater Arbeitsmittel vorgesehen sein, steht den Arbeitnehmenden i.d.R. ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB zu.
6. Datenschutz
Die Bestimmungen des Datenschutzrechts sind auch bei einer Tätigkeit im Homeoffice zu beachten. Als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO haben Arbeitgebende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass alle personenbezogenen Daten rechtmäßig verarbeitet werden. Arbeitgebende müssen daher geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, die den Zutritt zu im Homeoffice befindlichen Datenanlagen, Nutzung der Datenverarbeitungsanlagen und den Zugriff auf Daten im System durch unbefugte Dritte verhindern. Die Anforderungen an die rechtskonforme Verarbeitung personenbezogener Daten im Homeoffice können als Zusatz zum Arbeitsvertrag oder ggf. in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat geregelt werden. Zum Schutz betrieblicher Daten empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen aufzunehmen.
7. Arbeitsschutz
Im Homeoffice gelten dieselben Arbeitsschutzvorschriften wie an einem Arbeitsplatz im Unternehmen. Arbeitgebende haben daher für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Arbeitnehmenden Sorge zu tragen. § 618 BGB enthält eine Generalklausel bzgl. der Verpflichtung der Arbeitgebenden zu Schutzmaßnahmen. Der Inhalt der Schutzpflicht wird insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) konkretisiert. Zur Ermittlung erforderlicher Maßnahmen des Arbeitsschutzes haben Arbeitgebende gemäß § 5 ArbSchG eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Arbeitnehmende müssen gemäß § 15 Abs. 1 ArbSchG gemäß den Weisungen des Arbeitgebers/ der Arbeitgeberin am häuslichen Arbeitsplatz für die eigene Sicherheit und Gesundheit sorgen und die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel nach § 15 Abs. 2 ArbSchG bestimmungsgemäß verwenden.
8. Versicherungsschutz
Stark verallgemeinernd lässt sich sagen: Hat der Unfall unmittelbar etwas mit der Arbeit zu tun, gilt der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Doch die Abgrenzung, was der Arbeit unterfällt und wo der private Bereich beginnt, ist schwierig. Bricht sich zum Beispiel ein Beschäftigter das Bein auf dem Weg zum Drucker im heimischen Bürozimmer, bewerten Juristen diesen Unfall anders, als wenn er auf dem Weg zum Kühlschrank ein Stockwerk tiefer geschehen wäre. Eine rechtsverbindliche Bewertung hängt letztlich aber immer von den konkreten Umständen jedes einzelnen Falles ab. Ähnliches gilt für Gesundheitsgefährdungen, die zu einer Berufskrankheit führen könnten.
9. Homeoffice im Ausland
Ob im Hinblick auf Arbeitnehmende, die im Homeoffice im Ausland tätig werden, Besonderheiten gelten, ist danach zu beurteilen, ob der gewöhnliche Arbeitsort trotzdem weiterhin in Deutschland liegt.
Dies ist immer dann der Fall, wenn Arbeitnehmende weiterhin ihre Arbeit gewöhnlich in Deutschland verrichten und hier der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt.
Arbeitnehmende, die beispielsweise dauerhaft an mehr als 3 Tagen im Homeoffice im Ausland arbeiten, fallen nicht darunter. Weitere Indizien sind unter anderem das Interesse des Arbeitgebers/ der Arbeitgeberin an der Tätigkeit im Homeoffice im Ausland und ggf. dort stattfindende Kundenakquise.
Sollten Arbeitgebende und Arbeitnehmende eine schwerpunktmäßige Tätigkeit im Homeoffice im Ausland dennoch vereinbart haben, werden sich insbesondere in steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht Besonderheiten ergeben. Diese richten sich dann nach dem innerstaatlichen Recht des jeweiligen Auslandes oder ggf. bestehenden zwischenstaatlichen Übereinkommen (zum Beispiel Doppelbesteuerungsabkommen). Es empfiehlt sich in solch einem Fall eine vorherige umfassende Prüfung der Rechtslage und zudem eine Aufnahme der entsprechenden Melde- und Dokumentationspflichten in den Arbeitsvertrag.
Zwar kann die Anwendung deutschen Rechts im Sinne einer Rechtswahl auch vertraglich vereinbart werden. Jedoch können zwingende arbeitnehmerschützende Bestimmungen des Auslandes, wie z.B. Regelungen zum Arbeitsschutz, Urlaub, Mindestlohn, etc., grundsätzlich nicht abbedungen werden.
Im Hinblick auf Arbeiten im Homeoffice in Dänemark ist zu berücksichtigen, dass Dänemark nicht an Maßnahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in der EU teilnimmt. Vorschriften, die im restlichen EU-Ausland gelten, gelten daher unter Umständen nicht in Dänemark. Zumeist existieren jedoch alternative zwischenstattliche Abkommen mit ähnlichem Regelungsgehalt.
Aktualisiert am 15. Juli 2024