Arbeitsrecht

Vibrator aus der Mülltonne - Kündigung möglich?

Vibratoren aus der Mülltonne als “Geschenk” an Arbeitskollegen kann eine sexuelle Belästigung oder grobe Beleidigung sein, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.
Werden Vibratoren in der Originalverpackung neben der Mülltonne abgestellt und anschließend von einem Müllabfuhrmitarbeiter anlässlich einer Entsorgungsfahrt an sich genommen, anstatt sie zu entsorgen, stellt dies keine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, sofern ein Vorsatz bzgl. einer Straftat nicht nachweisbar ist.
Werden die aufgefundenen Vibratoren jedoch anschließend an Betriebsratsmitglieder als “Geschenk“ übergeben, ist dieses Verhalten an sich als sexuelle Belästigung und grobe Beleidigung zu bewerten und kann zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Die Umstände des Einzelfalls sind jedoch zu berücksichtigen.
Der Kläger war Mitarbeiter eines Entsorgungsunternehmens und hatte im Rahmen einer Entsorgungsfahrt bei dem zur Abholung bereitgestellten Müll zehn originalverschweißte Vibratoren entdeckt. Mindestens drei dieser Pakete hatte der Kläger an sich genommen, anstatt sie der Vernichtung zuzuführen.
Wenig später kam es zu einem Streit zwischen dem Kläger und einem Arbeitskollegen über die Parkberechtigung an einem Stellplatz auf dem Betriebsgelände. Im Zuge dessen soll der Kläger den Kollegen als „Bastard“ bezeichnet haben und auf dessen Auto gespuckt haben.
Der betroffene Kollege schaltete daraufhin den Betriebsrat ein. Im Zuge dessen sah sich der Kläger veranlasst, den Besprechungsraum des Betriebsrates aufzusuchen und dort drei originalverpackte Vibratoren auf den Tisch zu legen mit der Erklärung, dass es sich um ein Geschenk handle.
Im weiteren Verlauf erklärte der Arbeitgeber des Klägers diesem die fristlose Kündigung.
Die Arbeitsleistungen des Klägers waren bis dahin beanstandungsfrei.
Grundsätzlich gilt: Sowohl der nachgewiesene Diebstahl von Eigentum des Arbeitgebers als auch der dringende Verdacht einer solchen Tat können eine außerordentliche Kündigung begründen. Der Arbeitnehmer verletzt damit seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 II BGB und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen.
Verhaltensbedingte Gründe bilden jedoch nur dann einen wichtigen Grund, wenn der Gekündigte nicht nur objektiv, sondern auch rechtswidrig und schulhaft seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat. Dies konnte im vorliegenden Fall nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden. Dem Kläger dürfte nicht bewusst gewesen sein, dass es sich bei den neben den Mülltonnen abgestellten Vibratoren nicht um herrenlose Sachen handelt.
Im Übrigen gilt, dass es sich bei der Übergabe der Vibratoren als „Geschenk“ um eine sexuelle Belästigung und grobe Beleidigung handelt. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Betroffenen auch tatsächlich sexuell belästigt gefühlt haben. Grundsätzlich kann dieses Verhalten daher einen Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Jedoch sind auch immer die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Beispielsweise kann sich eine zeitnahe Entschuldigung aus eigenem Antrieb oder ein langfristiges, bisher beanstandungsloses Arbeitsverhältnis zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken (Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. Dezember 2023 – 3 Sa 210/23).
Veröffentlicht am 19. August 2024