Arbeitsrecht

Schlag auf den Kopf ein Arbeitsunfall?

Ist ein Schlag mit einer Vase auf den Kopf des Betreuers ein Arbeitsunfall? Ja, sagt das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, wenn der Vater im Rahmen seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer angegriffen wurde. Ein Unfallversicherungsschutz besteht nämlich auch dann, wenn kein Handeln im unmittelbar rechtsgeschäftlichen Bereich vorliegt.
Der Kläger ist gesetzlicher Betreuer seines geistig behinderten Sohnes und lebt mit diesem in häuslicher Gemeinschaft.
Im Februar 2016 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen seinem Sohn und ihm. Grund hierfür war eine Begutachtungstermin im Zimmer des Sohnes mit dem Vermieter wegen Schimmelbefall, welchen der Sohn nicht dulden wollte.
Im Zuge der Auseinandersetzung schlug der Sohn zunächst mit einem Zimmermannshammer durch eine Zimmertür. Als der Kläger daraufhin den Notruf verständigen wollte, um den Tobsuchtsanfall seines Sohnes medizinisch behandeln zu lassen, griff ihn sein Sohn erneut an. Der Kläger konnte ihn zunächst in einen Fesselgriff nehmen. Jedoch konnte sich dieser daraus befreien und schlug dem Kläger anschließend mit einer großen Vase auf den Kopf. Der Kläger erlitt eine große Platzwunde am Kopf. Zudem hatte der Schlag auf den Kopf einen Schlaganfall ausgelöst, weshalb sein linker Arm gelähmt sei.
Die zuständige Unfallkasse lehnte im Nachgang die Anerkennung des Vorfalls als Versicherungsfall ab. Ihrer Meinung nach sei kein Zusammenhang zwischen dem Vorfall und der Betreuertätigkeit erkennbar.
Dies sah das Landessozialgericht anders. Nach Auffassung des Gerichts stand die Verrichtung des Klägers zum Unfallzeitpunkt in sachlichem Zusammenhang mit seiner Betreuertätigkeit. Die Tätigkeit eines Betreuers kann nämlich nicht auf reine Rechtsgeschäfte reduziert werden. Um die subjektive Sicht des Betreuten festzustellen, sind Gespräche unverzichtbar. Auch gehört zu den Aufgaben des Betreuers die Überprüfung der Wohnverhältnisse des Betroffenen zur Vermeidung von Vermüllung und Gesundheitsgefahren, wenn bekannt ist, dass der Betreute zur Verwahrlosung neigt. Im Übrigen ist entscheidend, dass sich der Angriff „infolge“ der versicherten Tätigkeit als Betreuer ereignete. Auslöser für das Verhalten des Sohnes war hier nicht das Leben in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger, sondern das Betätigen des Notrufes durch diesen. Der Kläger wurde dabei im Bereich der Gesundheitssorge für den Betreuten tätig, wofür er als Betreuer auch verantwortlich ist (Quelle: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Juni 2024, Az.: L 6 U 19/23).
Veröffentlicht am 23. September 2024.