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Kultur als Wirtschaftsmotor
Schleswig-Holsteins Kulturbranche hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt – und tut es immer noch. Das kommt dem Image des Landes und der lokalen Wirtschaft zugute. Drei Kulturbetriebe berichten über ihre Fortschritte und Pläne.
Anfangs gab es eine Petition gegen den geplanten Erweiterungsbau am Schloss Gottorf: „Solche Widerstände bei einem Projekt dieser Größe sind normal, aber erfordern gute Öffentlichkeitsarbeit“, erklärt Dr. Ralf Bleile. Er leitet das Projekt Masterplan Schloss Gottorf, bei der ein Anbau mit Empfangsbereich, ein Haus der Landesgeschichte und neu konzipierte Ausstellungen für Kunst, Kulturgeschichte und Archäologie geplant sind. Inklusion und Barrierefreiheit werden dabei eine zentrale Rolle spielen.
Es ist wichtig, die Menschen aus der Region beständig zu begeistern und mitzunehmen, damit sie sich mit dem Masterplan identifizierenRalf Bleile
„Es ist wichtig, die Menschen aus der Region beständig zu begeistern und mitzunehmen, damit sie sich mit dem Masterplan identifizieren“, erklärt der Direktor des Museums für Archäologie. Deshalb halten die Verantwortlichen der Stiftung Schloss Gottorf um Vorstand Dr. Thorsten Sadowsky und Dr. Ralf Bleile Vorträge, geben Interviews, zeigen den Projektfortschritt in einem Infocenter auf dem Gelände und informieren auf der Homepage.
Ralf Bleile vor der Ostseite des Schlosses, an dem der Erweiterungsbau entstehen soll.
© IHK/Boye
Bei der Modernisierung stehen die Gäste im Fokus. „Vorher gab es keine museale Infrastruktur“, so der Projektleiter. „Keine Toilette im Gebäude, kein konsistenter Rundgang.“ Der Erweiterungsbau, der an der Ostseite hinter dem Gebäude entsteht, soll ein Startpunkt und Ort zum Verweilen sein. Ticketverkauf, Museumsshop, WC, Garderobe, Veranstaltungsraum, Gastronomie, Fahrstuhl – all das befindet sich dort.
Die Kosten des Masterplans belaufen sich auf 45 Millionen Euro. Für den Umbau wird das Schloss schließen müssen. Im Herbst 2025 soll der Umbau beginnen und 2028 abgeschlossen sein. „Durch den Masterplan wird Schloss Gottorf fit fürs 21. Jahrhundert gemacht“, so die Vision des Projektleiters. Schließlich kommen jährlich rund 100.000 Besucherinnen und Besucher hierher.
Südfassade des Schlosses mit dem geplanten Erweiterungsbau
© Holzer Kobler Architekten
Ein ähnliches Ziel verfolgt auch das Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf. „Wir möchten nicht nur eine Schlechtwetteroption, sondern ein Besuchermagnet sein“, bekräftigt Alexander Eggert, stellvertretender Museumsleiter. Das Museum hat im Oktober 2023 nach dreijähriger Umbauphase neu eröffnet.
Die Eröffnung im Oktober ist hervorragend gelaufen, wir möchten aber nicht nur über den Neuheitsfaktor, sondern über Inhalte die Besucher anziehen.Alexander Eggert
Was Schloss Gottorf noch bevorsteht, hat Meldorf also bereits hinter sich, wenn auch im kleineren Maßstab: Ein Neubau mit Foyer, Veranstaltungsraum, museumspädagogischen Räumen, Garderobe, WC, Ticketschalter, Fläche für Sonderausstellungen und Fahrstuhl machen das Museum zu einem modernen Standort. Auch der historische Museumsbau von 1896 wurde neu konzipiert. Zwölf Millionen Euro kostete das ganze Unterfangen.
„Die Eröffnung im Oktober ist hervorragend gelaufen, wir möchten aber nicht nur über den Neuheitsfaktor, sondern über Inhalte die Besucher anziehen“, sagt Eggert. Früher folgte die Dauerausstellung einer chronologischen Reihenfolge vom ältesten zum neuesten Objekt. Jetzt geht es in der multimedialen Ausstellung darum: Was ist Dithmarschen? So gibt ein Film über Land und Leute zu Beginn des Rundgangs den Besucherinnen und Besuchern ein Gefühl für die Region.
Alexander Eggert in einem Highlight der neu konzipierten Ausstellung im Dithmarscher Landesmuseum: der Wunderkammer
© IHK/Boye
Mit der Modernisierung, Veranstaltungen und Sonderausstellungen sollen mehr Gäste den Weg nach Meldorf finden und die heimische Bevölkerung für ihre Kultur und Geschichte begeistert werden. Bisher waren es 7.000 bis 8.000 jährlich. Eggerts Ziel: „Meldorf mit dem Landwirtschafts- und Landesmuseum als relevanten Museumsstandort an der Westküste zu etablieren.“
Christian Kuhnt, Intendant vom Schleswig-Holstein Musik Festival (SMHF), sagt, dass Kultur ein knallharter Wirtschaftsfaktor sei. „Wir sind zwar gemeinnützig, setzen aber rund zwölf Millionen Euro unternehmerisch um. Mit 185.000 verkauften Karten in diesem Jahr bewegt sich das Festival in einer nicht unwesentlichen Dimension.“ Denn die Besucherinnen und Besucher kaufen nicht nur Eintrittskarten, sondern kurbeln durch Übernachtungen und Restaurantbesuche die regionale Wirtschaft an.
Kuhnt, der seit 2013 beim SHMF als Intendant arbeitet, ist stolz auf die Entwicklung seit seinem Amtsantritt: „Die Besucheranzahl hat sich seitdem verdoppelt. Bis zu meinem Antritt war SHMF ein reines Klassik-Festival, heute schließen wir auch Musikrichtungen wie Pop, Jazz oder Folk ein.“ Das Festival habe den Anspruch, Musik möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.
Das SHMF, aber auch Wacken oder JazzBaltica tragen dazu bei, dass Schleswig-Holstein heute ein viel bunteres Land ist.Christian Kuhnt
Vor 40 Jahren sei Schleswig-Holstein vor allem für seine Strände, die Landwirtschaft und die Werften bekannt gewesen, so Kuhnt weiter. „Das SHMF, aber auch Wacken oder JazzBaltica tragen dazu bei, dass Schleswig-Holstein heute ein viel bunteres Land ist.“
Aenne Boye
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