Intralogistik im Norden

Die Dinge sind im Fluss

Globalisierung, immer kürzere Produktlebenszyklen, steigende Kundenerwartungen - all diese Entwicklungsstränge treffen sich im Knotenpunkt der Logistik. Damit sie sich dort nicht verheddern, sind Konzepte, Abläufe und Techniken nötig, die den Waren- und Materialfluss verlässlich auch innerhalb eines Unternehmens regeln. Intralogistik entwickelt sich von bloßer Lagerverwaltung zu einer Kernaufgabe - das zeigen drei Unternehmen in Schleswig-Holstein.
Die Intralogistik organisiert, steuert und optimiert den innerbetrieblichen Waren- und Materialfluss - vereinfacht gesagt umfasst sie alle logistischen Vorgänge, die passieren, ehe Waren auf die Straße kommen und zum Kunden gebracht werden. Die Logistik insgesamt ist eine Zukunftsbranche: Etwa 263 Milliarden Euro hat sie 2017 in Deutschland erwirtschaftet, so das Bundesverkehrsministerium. Damit ist sie nach Handel und Automobilindustrie der größte Wirtschaftsbereich.
Wie investieren Unternehmen im digitalen Wandel, in dem Schlagworte wie Industrie 4.0, künstliche Intelligenz und Internet der Dinge allgegenwärtig sind, intelligent in ihre Intralogistik? "Auf jeden Fall sollten sie sich mit kompetenten Partnern austauschen", sagt Professor Dr. Uwe Koch, Leiter des Kompetenzzentrums Logistik und Produktion an der Technischen Hochschule Lübeck. Dort arbeitet ein Team von Wissenschaftlern aus verschiedenen Forschungsschwerpunkten mit Unternehmen zusammen. "Es geht darum, zu analysieren, wo Verbesserungsbedarf in einem Betrieb besteht, was logistische Abläufe betrifft - um dann entsprechend eine Lösung aus Hard- und Software sowie Prozessveränderungen zu entwickeln."

Berührungslos

Auch die SMB International GmbH verfolgt den Gedanken der individuellen Lösung. "Wir bieten Leistungen in der Schiffsbeladung, Abfülltechnik, Palettiertechnik und Lagerlogistik an", erklärt Sales Director Hans-Jörg Steffens.
Im Bereich der Intralogistik hat sich das Unternehmen aus Quickborn auf Kompaktlager, Fördertechnik und Palettierung spezialisiert. Eine der neuesten Techniken hier ist der Lagenpalettierer "Shark": Durch eine integrierte Drehstation, den Kugel-Drehtisch, dreht und verschiebt er Kartons fast berührungslos und produktschonend.
"Dieser Palettierer wurde speziell für die immer höheren Qualitätsansprüche der Verpackungsindustrie und der Lebensmittelbranche entwickelt", erklärt Steffens. Die Bedienung erfolgt über eine intelligente Datenschnittstelle: Hierbei handelt es sich um eine Software zur anpassungsfähigen Steuerung von Palettierrobotern, entwickelt unter der Führung von SMB International. Der Clou: "Der Palettierer lässt sich über ein Laptop oder Tablet steuern, indem man die Karton- und Palettenmaße eingibt - der ‘Shark’ palettiert dann vollautomatisch", so Steffens.
Der Anlagenbediener kann in wenigen Minuten ohne große Vorkenntnisse neue Palettierformate einstellen. Zusammen mit dem Setzbildgenerator sorgen Palettierer und Dreheinheit für eine platz- und kostenoptimierte Beladung der Versandpaletten. Steffens ist sich sicher, dass die Automatisierung immer weiter voranschreiten wird. Man befinde sich nun an einem Punkt, an dem es immer wichtiger werde, dem Gedanken "Mensch gegen Maschine" entgegenzuwirken: "Das machen wir, indem wir sichergehen, dass unsere Anlagen immer einfach bedienbar bleiben. Ziel der Automatisierung ist, die betriebsinternen Prozesse konstant zu halten und eine hohe Betriebssicherheit für den Anwender zu erzielen."

Alles im Blick

Mitten in Flensburg sitzt die Firma von Franziska Grube. Mit Logistik Service Nord e. K. (LSN) hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Fulfillment-Services in allen wichtigen Logistikbereichen anzubieten. Denn gerade auch für sie werde es immer wichtiger, Material- und Warenflüsse zu optimieren, so Koch: "Nebulöse Begriffe wie Cloud-Technologien oder Big Data müssen mit konkreten Inhalten gefüllt werden, damit die Unternehmen einen echten Nutzen haben."
Das ist auch der Gedanke hinter LSN. Hier wird ein Rundum-sorglos-Paket für Kunden aus verschiedensten Branchen geschnürt. Zu den Leistungen zählen etwa Containerdienste, Lagerhotel und Palettenlager, Retourenmanagement, Verpackungslösungen oder die logistische Rundumbetreuung von Webshops. "Der Kunde muss sich nur um Verkauf und Vertrieb kümmern, den Rest übernehmen wir", sagt sie.
So ergäben sich Vorteile wie Effizienz- und Qualitätssteigerung, schnelle Abwicklung, geringe Fehlerquoten und Kosten. Kernstück des Unternehmens - neben dem Team von 50 bis 70 Mitarbeitern - ist das hauseigene Warenwirtschaftssystem, das vom IT-Partner Projekt 77 nach den Bedürfnissen des Unternehmens entwickelt wurde.
Die Kunden kommen unter anderem aus Deutschland und Dänemark. Auch wenn Automatisierung in aller Munde ist, spielen für Grube ihre Mitarbeiter eine ganz besondere Rolle. "Die Dänen fragen zwar schon mal, wo denn die Roboter bleiben", erzählt die Geschäftsführerin schmunzelnd, "aber mir ist es wichtig, auf den Menschen zu setzen." So kooperiert sie etwa mit Behindertenwerkstätten aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg- Vorpommern und Berlin.

Optimaler Datenaustausch

Transportlösungen für die Zukunft der Intralogistik entwickelt die Jungheinrich AG mit Sitz in Hamburg und ihrem großen Werk in Norderstedt: Dazu gehören Flurförderzeuge sowie das gesamte Spektrum moderner Logistiksystemlösungen.
Zu den großen Trends der Branche zählt auch der Einsatz moderner Lithium-Ionen-Batterien. Mehr als 95 Prozent der Fahrzeuge, die Jungheinrich produziert, werden elektrisch angetrieben, erklärt Sprecher Benedikt Nufer: "Der Markt für Stapler mit verbrennungsmotorischem Antrieb wird mittel- bis langfristig durch leistungsfähigere Elektro-Gegengewichtsstapler zusätzlich unter Wettbewerbsdruck kommen."
Aber auch für die intelligente Vernetzung gibt es Lösungen: Ein Beispiel ist das Logistik-Interface von Jungheinrich: "Verschiedene Technologien und Lösungen am Stapler - etwa die eindeutige, kontaktlose Identifizierung von Waren - erfordern einen Datenaustausch mit dem WMS, dem Warehouse Management System", erklärt Nufer. Da diese jedoch meist nicht aufeinander abgestimmt seien, müsse das WMS angepasst werden, um die Kommunikation zu ermöglichen. Hier kommt das Logistik-Interface ins Spiel: "Die Middleware ist auf dem Datenfunk-Terminal installiert und übernimmt die Aufgaben der Kommunikationszentrale", so Nufer. Sie sorge dafür, dass die Informationen zwischen den Komponenten übersetzt werden. Das Logistik-Interface sei in bestehenden wie neuen Systemumgebungen einsetzbar - ohne die Funktionen des WMS zu ändern.
Jutta Lasner
Veröffentlicht am 2. Oktober 2019