SH: Innenstadtentwicklung

Ortszentren nachhaltig beleben

Innenstadtentwicklung: Die BIG Städtebau GmbH unterstützt rund 40 Kommunen im Rahmen des Innenstadtprogramms Schleswig-Holstein bei der Belebung ihrer Zentren. Im Interview berichtet Innenstadtkoordinatorin Tanja Nagelsmeier, worauf es bei lebendigen Innenstädten und Zentren ankommt.
IHK-Magazin
Wie unterstützt die BIG bei der Transformation von Innenstädten und Ortszentren?
Tanja Nagelsmeier
Die BIG Städtebau berät seit rund 70 Jahren Städte und Gemeinden bei allen Fragen der zeitgemäßen Stadt- und Quartiersentwicklung. Als treuhänderischer Sanierungsträger betreut die BIG die Umsetzung städtebaulicher Gesamtmaßnahmen, egal in welcher Programmkulisse der Städtebauförderung. Immer im Fokus: die Stärkung der Innenstädte, Zentren und Quartiere in ihrer Funktion als identitätsstiftende Mitte des kommunalen Lebens. Bei Sanierungsmaßnahmen geht es in erster Linie um die Umsetzung von großen baulichen Maßnahmen, etwa die Umgestaltung des Marktplatzes oder der Hauptdurchfahrtsstraße. Durch individuellen Dialog und bedarfsgerechte Beratung werden die lokalen Stakeholder, wie Immobilieneigentümer und Gewerbetreibende, in die Entwicklungsprojekte eingebunden. Dabei übernimmt die BIG auch die Funktion des Zentrums- oder Quartiersmanagers, um Bevölkerung wie lokale Akteure mitzunehmen und für die Umsetzung einzelner Projekte zu aktivieren.
Wie läuft ein Prozess zur Aktivierung der Innenstadt oder der Ortsmitte ab?
Am Anfang steht eine zielgerichtete Analyse der Ausgangsbedingungen vor Ort: Was sind die jeweiligen Herausforderungen, was die Potenziale? Was macht die DNA der Innenstadt aus? Gemeinsam mit Verwaltung, Politik und den Stakeholdern wird ein realistischer Rahmen für die zukünftige Entwicklung abgesteckt. Wir prüfen dabei, welche Maßnahmen und Projekte umgesetzt werden können, um zum einen schnell wahrnehmbare sogenannte „Quick Wins“ zu erzielen, und zum anderen die Innenstadt in ihren vielfältigen Funktionen nachhaltig zu stärken. Die Erfahrung zeigt: Es ist gut einen Plan zu haben. Er ist Voraussetzung dafür, dass sich auch private Mitstreiter gewinnen und Gelder für die Umsetzung einwerben lassen.
Innenstadtkoordinatorin Tanja Nagelsmeier
Innenstadtkoordinatorin Tanja Nagelsmeier © Nadine Grenningloh
Was sind die Aufgaben der BIG Städtebau GmbH beim Innenstadtprogramm?
Als Begleitbüro im Auftrag des Ministeriums für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport unterstützen wir rund 40 Programmkommunen bei der Umsetzung des Innenstadtprogramms Schleswig-Holstein. Neben individueller Beratung haben wir ein landesweites Netzwerk zum Erfahrungsaustausch unter den Kommunen aufgebaut. Im digitalen „Innenstadttalk“ treffen sich die Programmkommunen und weitere Innenstadtinteressierte regelmäßig. Dabei werden die spannendsten Projekte präsentiert und Fachbeiträge zu brennenden Themen, beispielsweise zum Leerstands- und Flächenmanagement oder zur Aktivierung lokaler Akteure, geben wertvolle Hilfestellung. Die Programmbeteiligten nutzen in diesem Format die Möglichkeit, sich schnell und unbürokratisch über erfolgreiche Projekte zu informieren und können voneinander lernen.

Gute Lösungen werden im Best Practice Pool auf der Programm-Webseite Innenstadt & Ortszentren (forumstadtundland.sh) gesammelt und allen Interessierten zur Verfügung gestellt. Damit alle von den Erkenntnissen über die Effektivität von Investitionen und Projekten zur Stärkung der Innenstädte und Zentren profitieren können, führen wir eine programmbegleitende Evaluation durch.
Wie lassen sich mehr Menschen für die Innenstädte begeistern?
Der Mix macht´s – Einzelhandel ist nach wie vor Hauptgrund, in die Zentren zu kommen. Aber eine Innenstadt funktioniert nur, wenn sie neben einem abwechslungsreichen Einzelhandelsbesatz mit einem vielfältigen, gastronomischen Angebot bei den Besuchern punkten kann. Wichtig sind außerdem ein niedrigschwelliges, kulturelles Leben genauso wie Arztpraxen, Freizeit- und Sportangebote oder der Beach Club im Sommer. Aber auch Büros und Wohnungen gehören in die Innenstadt und tragen zur täglichen Belebung bei. Bequeme Sitzmöbel im Schatten beispielsweise oder WLAN, Spielmöglichkeiten für Kinder, Aufenthaltsorte für Jugendliche oder ein gutes Beleuchtungssystem helfen, die Aufenthaltsqualität zu steigern.

Mit Hilfe des Innenstadtprogramms wurden viele solcher schnell wahrnehmbarer Investitionen in die Innenstädte getätigt und damit die Aufenthaltsqualität spürbar verbessert. Mit Märkten, Konzerten oder Open-Air-Kinos mit lokalen Künstlern wurden neue Impulse gesetzt. Pop-Up-Stores mit regionalen Produkten und Mixed-Use Konzepte für ehemalige Warenhäuser, wie in Lübeck oder Neumünster, tragen zur Vielfalt der Innenstädte bei. Neue Coworking-Angebote stehen den Unternehmen jetzt zunehmend auch in den Innenstädten zur Verfügung, um nur einige Bespiele zu nennen.
Wie lässt sich das Thema Innenstadtentwicklung in der Zukunft angehen?
Erfolgreiche Innenstadtentwicklung kann nicht nebenbei bewältigt werden. Der notwendige Transformationsprozess ist als Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen. Nur im Schulterschluss mit den Akteuren aus Verwaltung, Politik, Immobilieneigentümern, lokalen Initiativen und Gewerbe lassen sich wirkungsvolle Maßnahmen umsetzen. Allen voran ist die Verwaltung gefordert, als Initiator und Prozesssteuerer aufzutreten. Dabei braucht es einen Kümmerer, der Netzwerke pflegt, Projekte vorantreibt und die Kommunikation zwischen Verwaltung und lokalen Stakeholdern sicherstellt. Gut zwei Drittel der Programmkommunen haben dazu die Position des Innenstadt- oder Flächenmanagers geschaffen. Auch das übergreifende Zusammenspiel zwischen Stadtverwaltungen, Bauämtern und Wirtschaftsförderungen ist essenziell. Mit Blick auf die Finanzierung von Maßnahmen wird in Zukunft entscheidend sein, wie es gelingen kann, lokale Partnerschaften aufzubauen und die Profiteure einer attraktiven Innenstadt an den Projekten zu beteiligen.

Als erfahrener städtebaulicher Dienstleister unterstützt die BIG Städtebau die Kommunen dabei, lokale Netzwerke aufzubauen, bestehende Kooperationen zu stärken sowie konkrete Handlungsgrundlagen zu erarbeiten und deren Umsetzung zu begleiten. Unter der Prämisse einer möglichst ganzheitlichen Herangehensweise binden wir auch die großen Themen der Stadtentwicklung wie die Mobilitätswende oder Klimafolgeanpassung mit ein.
Interview: Benjamin Tietjen
Veröffentlicht August 2024