Flensburg, Husum: Digitalisierung + KI

Moderner, schneller, digitaler

Rechnung per Knopfdruck, personalisiertes Online-Shopping, KI-Tools als festes Arbeitswerkzeug – smarte Prozesse machen die Unternehmen effizienter. Zwei Gastronomen und ein Erotik-Unternehmen haben der Wirtschaft berichtet, wie sie das Thema vorantreiben.
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Stefan Basim Berger © Orion
Bei Orion aus Flensburg gehört ein Online-Shop, der datenschutzkonform analysiert, was der Kunde wirklich möchte, zum Standard. Dahinter steckt eine Künstliche Intelligenz (KI), die durch das Kaufverhalten entstandene Daten anonymisiert interpretiert und auswertet. „Selbst ein großes Team könnte diese Masse an Daten nicht durchblicken. Die KI hilft uns, die vielen Bedürfnisse und Entscheidungen unserer Kunden einzuordnen. Dazu gehört etwa, welche Produkte zu welchem Kaufbedürfnis passen“, sagt Stefan Basim Berger, Head of Frontend im Team E-Commerce-Services. Mit der Nutzung von KI ist Orion nicht allein. Laut der Digitalisierungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer aus dem Jahr 2023 setzt die Wirtschaft hierzulande vermehrt auf Künstliche Intelligenz. 61 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, KI bereits zu nutzen oder den Einsatz innerhalb der nächsten drei Jahre zu planen. Im Vorjahr waren es lediglich 37 Prozent.
KI sei besonders hilfreich in der Erotikbranche, da die Kunden hier ihre Bedürfnisse häufig nicht klar benennen können. Dazu erfordern die sensiblen Daten auch hohe Sicherheitsanforderungen. „Alle Informationen liegen ausschließlich auf deutschen Servern. Unsere IT-Standards sind komplex und anspruchsvoll. Deswegen greifen wir immer öfter zu eigenen Lösungen und entwickeln Software selbst. Im Bereich der KI-Tools arbeiten wir zudem an sogenannten Insel-KIs, die nicht nach außen funken können, wodurch keine Kundendaten an Dritte gelangen“, so
Berger.
Digitalisierung ist keine einmalige Aufgabe, sondern eine Haltung, die Wandel und Innovation fordert – nur wer kontinuierlich investiert, vernetzt denkt und gemeinsam neue Wege geht, sichert sich den Erfolg von morgen.

Stefan Basim Berger, Orion

Um Digitalisierung erfolgreich umzusetzen, braucht es laut Stefan Basim Berger sogenannte „Enabler“ unter den Mitarbeitenden. Dahinter stecken Personen, die die Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten im Unternehmen identifizieren und passende Lösungen einführen. „Es kann zudem nur gelingen, wenn auch die Geschäftsleitung dahintersteht und das Thema aktiv fördert“, so der Teamleiter. Das verbessere auch die Akzeptanz unter den Mitarbeitenden. „Die Kolleginnen und Kollegen haben schnell gemerkt, welche Vorteile digitale und KI-Lösungen mit sich bringen. Wir automatisieren wiederholende Tätigkeiten, wodurch mehr Zeit für interessantere und wertstiftende Aufgaben bleibt“, sagt Stefan Basim Berger.
Durch Schulungen und Austauschveranstaltungen wie den „Open Fridays“ identifizieren und analysieren die Mitarbeitenden gemeinsam Maßnahmen und finden so die individuellen Lösungen für die Fachbereiche. „Die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden ist sehr wichtig. Falls ein Tool nicht funktioniert, sollte der Betrieb einen Plan B haben, damit der Frustfaktor möglichst gering bleibt.“ Digitalisierung und der Einsatz von KI ist bei Orion ein stetiger Prozess mit spannenden Herausforderungen. Berger erklärt: „Wir betrachten digitale Tools als normale Arbeitswerkzeuge, welche stets in bestem Zustand und modern sein müssen, um sie effizient im Arbeitsalltag nutzen zu können.“
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Auch die Restaurantkette Alex Kitchen verbessert ihre digitalen Lösungen fortlaufend. „Die Systeme erfordern einen gewissen Pflegeaufwand. Als Nutzer müssen wir stets up to date bleiben und uns über bessere Alternativen informieren“, sagt Inhaber Alex Müller. Bereits seit der Eröffnung des ersten Standorts in Husum im Jahr 2013 lag ein Fokus im Unternehmen auf Digitalisierung. „Wir waren einer der ersten Betriebe mit einem iPad-fähigen Kassensystem.“
Wir haben eine Plattform eingeführt, die uns genau sagt, welche Gerichte zu welchen Zeiten am stärksten nachgefragt sind, damit wir die passenden Lebensmittel bestellen können

Andre Cardell, Alex Kitchen

Für die Neueröffnung in Flensburg arbeiteten Alex Müller und Geschäftspartner Andre Cardell eine digitale Strategie aus. Licht und Musik werden automatisiert gesteuert, die Personalplanung und Zeiterfassung ist digitalisiert und der Warenbestand wird in Echtzeit analysiert. „Dafür haben wir eine Plattform eingeführt, die uns genau sagt, welche Gerichte zu welchen Zeiten am stärksten nachgefragt sind, damit wir die passenden Lebensmittel bestellen können. Das vereinfacht die Warenübersicht und wir verschwenden weniger Lebensmittel. Die Lieferanten können in unserer Systemplattform zudemInformationen wie Nährwerte und Allergene zu ihren Produkten einpflegen. So haben wir in Echtzeit einen Überblick darüber und können diese an unsere Kunden weitergeben“, sagt Andre Cardell.
Das Mittagsangebot bei Alex Kitchen läuft über ein Pager-System, damit Gäste schneller bedient werden und nicht auf das Personal warten müssen. Abends hingegen bedienen Servicekräfte die Kunden. „Unsere Gäste kommen dann, um eine entspannte Zeit miteinander zu verbringen“, sagt Alex Müller. Über einen Bestell-Cube auf dem Tisch können sie abends für Nachbestellungen den Service rufen oder die Rechnung anfordern. Die Mitarbeitenden können auf ihren Tablets oder Smartwatches genau sehen, welcher Tisch welches Anliegen hat. „So stören wir die Gäste nicht, übersehen aber auch niemanden“, erklärt Andre Cardell.

Damit die Angestellten sich im digitalen Berufsalltag zurechtfinden, haben Müller und Cardell ein Onboarding-Tool eingeführt. Über eine App bearbeitet das Personal spielerisch die einzelnen Themenbereiche und bildet sich weiter. „Damit stellen wir sicher, dass alle die gleichen Voraussetzungen haben, denn wir können den Stand jedes Einzelnen einsehen und sie individuell fördern. So fühlen sie sich sicher“, so Alex Müller. Sie setzen auf offene Systeme, um diese individuell miteinander verknüpfen und erweitern zu können. „Wir bekommen Daten in ganz anderen Geschwindigkeiten und müssen schnell auf diese reagieren,“ sagt Andre Cardell. Müller ergänzt: „Gleichzeitig ist es wichtig, eine gewisse Distanz zu bewahren und den Gesamtüberblick zu behalten.“
Geförderte Digitalisierung
Alex Kitchen hat eine Förderung für „Digitalisierungsmaßnahmen in kleinen Unternehmen“ vom Land Schleswig-Holstein und der EU erhalten. Mehr Infos gibt es hier.
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Autorin: Joana Detlefs
Veröffentlicht: Januar 2025