Konjunktur Herbst 2024 für Rheinland-Pfalz: Rezessionstrend verfestigt sich

Koblenz/Ludwigshafen/Mainz/Trier, 25. Oktober 2024 - Der IHK-Konjunkturklimaindex, das Stimmungsbarometer für aktuelle Geschäftslage und zukünftige Perspektiven der gewerblichen Wirtschaft, fällt nach der jüngsten Konjunkturumfrage der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern um 5 Indexpunkte und liegt im Herbst 2024 bei insgesamt 86 Punkten. Damit verbleibt der Wert deutlich unter der 100-Punkte-Marke, die die Grenze zwischen positiver und negativer Gesamtstimmung darstellt.

Kaum Bewegung bei schwieriger Lage und geringen Erwartungen

Aktuell bewerten 21 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Situation als gut, während 30 Prozent von einer schlechten Geschäftslage berichten. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen liegt damit bei -9 Prozentpunkten und hat sich gegenüber der Vorumfrage im Frühsommer 2024 um -2 Prozentpunkte weiter verschlechtert. Die Geschäftsaussichten bleiben verhalten: 57 Prozent und damit über die Hälfte der Unternehmen erwarten für die kommenden 12 Monate eine unveränderte Geschäftslage. 31 Prozent gehen von einer schlechteren Entwicklung aus. Lediglich 12 Prozent rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftstätigkeit. Der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen sinkt somit von -15 Prozentpunkten im Frühsommer 2024 auf derzeit -19 Prozentpunkte.
„Der Rezessionstrend der rheinland-pfälzischen Wirtschaft hat sich weiter verstärkt und droht sich zu verfestigen. Auch für 2025 ist damit kein Wirtschaftswachstum zu erwarten. Es fehlt an grundlegendem Vertrauen in die Wirtschaftspolitik und an wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen“, betont Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.

Weiterhin vielfältiger Risikomix: Wirtschaftspolitik muss entschlossen gegensteuern

Ein Blick auf die Gründe für die gedämpfte Stimmungslage zeigt: Mit jeweils 59 Prozent der Stimmen werden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (plus 4 Prozentpunkte im Vergleich zum Frühsommer 2024) sowie der Inlandsabsatz (plus 3 Prozentpunkte im Vergleich zur Frühjahrsumfrage) als die größten Geschäftsrisiken für die nächsten 12 Monate bewertet. Die Arbeitskosten gewinnen mit 55 Prozent der Unternehmensantworten zunehmend an Bedeutung (plus 6 Prozentpunkte im Vergleich zum Frühsommer 2024). Weitere Herausforderungen sehen die Betriebe im Fachkräftemangel, den 53 Prozent als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung benennen. Insgesamt 45 Prozent der Befragten geben an, derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können.
„Sowohl die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als auch die Arbeitskosten erreichen ihre bisher höchsten Werte der vergangenen sechs Jahre. Auch der Inlandsabsatz nähert sich einem Rekordniveau. Diese Warnsignale kann die Politik nicht länger ignorieren – es braucht jetzt auf allen politischen Ebenen gezielte Maßnahmen, um die Belastungen zu senken und den Vertrauensverlust der Unternehmen in den Standort abbauen zu helfen. Die Maßnahmenvorschläge der IHKs liegen schon lange vor", unterstreicht Rössel.

Von Wachstumsindikatoren gehen keine Impulse zur baldigen Erholung aus

Die Eintrübung des Konjunkturklimas zum Herbst 2024 prägt auch die Investitions- und Beschäftigungsabsichten für die kommenden 12 Monate: 36 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionen reduzieren, 43 Prozent planen mit gleichbleibenden Investitionen und 21 Prozent möchten ihr Investitionsbudget ausbauen. Der Saldo aus höheren und niedrigeren Investitionserwartungen sinkt damit weiter auf -15 Prozentpunkte (Frühsommer 2024: -9 Prozentpunkte).
Die Beschäftigungsplanungen der rheinland-pfälzischen Unternehmen erreichen ebenfalls einen negativen Saldenwert von -15 Prozentpunkten (Frühsommer 2024: -6 Prozentpunkte). Während 26 Prozent einen Personalabbau planen, rechnen nur 11 Prozent mit einer Erhöhung des Mitarbeiterbestandes in den nächsten 12 Monaten. 63 Prozent planen keine Veränderungen.
Auch das Auslandsgeschäft kann nicht für Entlastung sorgen. Es werden viel mehr Rückgänge erwartet. Ein Drittel der befragten Exportunternehmen rechnet in den nächsten 12 Monaten mit einem Rückgang der Ausfuhren (Frühsommer 2024: 23 Prozent). Dem gegenüber stehen 11 Prozent, die höhere Exporte erwarten, so dass sich der Saldenwert auf -22 verschlechtert. Die Mehrheit geht davon aus, dass ihre Exportaktivitäten auf dem bisherigen Niveau bleiben.

Konjunktur gibt in allen Branchen nach

In allen Wirtschaftsbereichen ist ein Rückgang des Konjunkturklimas gegenüber dem Frühsommer 2024 zu verzeichnen. Trotz Verschlechterung zur Vorumfrage erreicht der Dienstleistungssektor mit einem Klimaindikator von 93 Punkten (Frühsommer 2024: 96 Punkte) noch den besten Wert der Hauptbranchen.
Im Handel fällt der Klimaindex um 8 Punkte auf aktuell 76 Punkte und weist damit den niedrigsten Wert im Branchenvergleich auf. Dies ist insbesondere auf die Geschäftserwartungen zurückzuführen, die von den Händlern mit einem Saldo von -32 Prozentpunkten deutlich negativer beurteilt werden als noch zum Frühsommer (-20 Prozentpunkte).
Der Konjunkturklimaindex der Industriebetriebe beträgt im Herbst 2024 86 Punkte, was dem Wert des Vorjahres entspricht (Herbst 2023: 86 Punkte). Während die Hersteller in diesem Jahr ihre aktuelle Lage deutlich schlechter bewerten als im vergangenen Herbst, zeigen sich die Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate mit einem Saldenwert von -13 zwar pessimistisch, jedoch nicht mehr so negativ wie vor einem Jahr. Die Investitions- und Beschäftigungsplanungen sowie die Exporterwartungen der Industriebetriebe liegen sämtlich im negativen Bereich.
„Die aktuellen Auftragsbestände der Industriebetriebe befinden sich mit einem Saldo von -38 Prozentpunkten auf einem Rekordtief. Auch die Entwicklung der Auftragseingänge in den vergangenen 3 Monaten verzeichnet mit einem Saldo von -44 Prozentpunkten einen deutlichen Rückgang. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die tiefe Verunsicherung in der Branche und signalisieren einen dringenden Handlungsbedarf, um einen weiteren Abwärtstrend der Konjunkturlokomotive Industrie zu verhindern“, erläutert Fabian Göttlich, IHK-Konjunkturexperte.
Auch der Konjunkturklimaindex im Baugewerbe (minus 1 Punkt auf 91 Punkte) zeigt im Vergleich zum Frühsommer ebenfalls einen Rückgang.
Insgesamt senden damit alle Branchen weiterhin negative Konjunktursignale.
Die Konjunkturumfrage der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz lief von 9. September bis 8. Oktober 2024. Teilgenommen haben 1.122 Unternehmen mit insgesamt rund 152.000 Beschäftigten.