Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot

Einleitung

Unter Nebentätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, in der der Arbeitnehmer (AN) außerhalb seines Hauptarbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dies kann bei demselben Arbeitgeber (AG) oder bei einem Dritten geschehen.
Teilzeitbeschäftigte unterfallen ebenfalls den Nebentätigkeitsregelungen, auch wenn die Beanspruchung durch die Teilzeittätigkeit zusammen mit der Nebentätigkeit die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten AN nicht übersteigt.
Nebentätigkeiten sind also z. B. Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber, ein zweiter Job beim Hauptarbeitgeber, selbständige Tätigkeiten im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags oder unentgeltliche und / oder ehrenamtliche Tätigkeiten.
Auch in einer arbeitsrechtlichen Nebenbeschäftigung haben die Arbeitsvertragsparteien dieselben Rechte und Pflichten wie in einem normalen Arbeitsverhältnis. Der AN hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Außerdem ist bei Beendigung des Nebenarbeitsverhältnisses der allgemeine und besondere Kündigungsschutz zu beachten.

1. Genehmigungserfordernis

a) Grundsätzliche Genehmigungsfreiheit
Im Allgemeinen sind Nebentätigkeiten erlaubt, und zwar auch ohne eine ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers. Der AN hat seinem AG bei Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht seine ganze Arbeitskraft, sondern nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung gestellt. Daraus folgt, dass es dem AN grundsätzlich frei steht, eine Nebenbeschäftigung ohne Genehmigung des AG aufzunehmen.
Gesetzlich angeordnet ist eine generelle Genehmigungspflicht nur für die Nebentätigkeit von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst.
b) Anzeigepflicht des AN bei Interessenverletzung des AG
Auch wenn keine generelle Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit besteht, ist der AN zumindest verpflichtet, dem AG eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit hiervon die Interessen des AG tangiert werden können. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein pauschal versicherter geringfügig beschäftigter AN (sog. "400-Euro-Kräfte") eine weitere geringfügige Beschäftigung aufnimmt und damit die Grenzen der Geringfügigkeit gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschritten werden (siehe Merkblatt "Geringfügige Beschäftigung").

c) Vorbehalt eines Widerrufs
Wird eine bestimmte Nebentätigkeit ausdrücklich durch den AG genehmigt, stellt sich stets die Frage, ob die Genehmigung wieder "zurückgenommen" werden kann. Dies kann immer dann in Betracht kommen, wenn im Verlauf der Ausübung der Nebentätigkeit unvorhersehbare Konflikte mit der Haupttätigkeit auftreten, die bei weiterer Beibehaltung der Nebentätigkeit berechtigte Interessen des AG beeinträchtigen können. Hier bleibt dem AG lediglich die Möglichkeit der Änderungskündigung. Bei einer Änderungskündigung gibt es für den AN wie bei der "normalen" Kündigung die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage.
Daher folgender Tipp: Um diesen Konflikten bereits im Vorfeld aus dem Weg zu gehen, besteht die Möglichkeit des AG, bei Genehmigung der Nebentätigkeit ausdrücklich einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren.
Bei (nachträglicher) Beeinträchtigung der Interessen des AG ist durch diesen nur ein Widerruf der Genehmigung erforderlich, keine Änderungskündigung.

2. Grenzen der Nebentätigkeit

a) Gesetzliche Grenzen
In einigen Fällen sind Nebentätigkeiten grundsätzlich unzulässig. So z. B.:
  • Der AN macht dem AG durch seine Nebentätigkeit in rechtlich unzulässiger Weise Konkurrenz. Gesetzliche Grenzen ergeben sich u. a. gemäß § 60 Handelsgesetzbuch (HGB) für den kaufmännischen Angestellten, dem es untersagt ist, im Rahmen einer Nebenbeschäftigung eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Für sonstige AN ergibt sich ein vergleichbares Wettbewerbsverbot aus der allgemeinen Treuepflicht.

    Hinweis: Hinsichtlich eines Wettbewerbsverbotes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es ein Merkblatt zum Thema "Nachtvertragliches Wettbewerbsverbot".
  • Die Arbeitszeit von Haupt- und Nebentätigkeit übersteigt zusammengerechnet die nach § 3 Arbeitszeitgesetz zulässige werktägliche Höchstgrenze von 8 Stunden bzw. von max. 10 Stunden bei entsprechendem Zeitausgleich.
  • § 8 Bundesurlaubsgesetz untersagt dem Arbeitnehmer, während des gesetzlichen Mindesturlaubs eine dem Urlaubszweck (Erholung!) widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich auch für dei Nebentätigkeit, wenn der Arbeitnehmer sich bei seiner Haupttätigkeit im Erholungsurlaub befindet.
  • Der AN übt während krankheitsbedingter Abwesenheit eine Nebentätigkeit aus, die den Heilungsprozess verzögert.
  • Die Nebentätigkeit unterfällt dem Begriff der Schwarzarbeit.
  • Beachte: Für Auszubildende gibt es kein Verbot der Nebentätigkeit. Zu berücksichtigen ist, dass die Lernpflicht des Auszubildenden umfassender ist als die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Wird die Lernpflicht durch die Nebenbeschäftigung beeinträchtigt, ist die Nebenbeschäftigung als unzulässig anzusehen. Im Übrigen sind hier die genannten Grundsätze auch auf das Ausbildungsverhältnis anwendbar.
  • Bei Altersteilzeit: Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung durch einen Altersteilzeit-AN, die neben seine Teilzeitbeschäftigung tritt, kann dann zum Ruhen des Erstattungsanspruchs des AG gegen die Bundesagentur für Arbeit führen, wenn

    - es sich bei der Nebentätigkeit um eine selbstständige Tätigkeit, oder wenn

    - es sich bei der Nebentätigkeit um eine mehr als geringfügige Beschäftigung handelt (vgl. § 5 Abs. 3 AltersteilzeitG).

    Hinweis:
    Bei geförderter Altersteilzeit durch den Arbeitgeber besteht für diesen ein berechtigtes Unterlassungsinteresse also immer schon dann, wenn die Nebentätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet (weitere Infos finden Sie unter auf der Homepage der Arbeitsagentur).
  • Bei Elternzeit: Soll während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit von maximal 30 Wochenstunden (vgl. § 15 Abs. 4 BEEG) bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden, wird die Zustimmung des Hauptarbeitgebers benötigt.

    Beachte:
    - Die Zustimmung kann innerhalb einer Frist von vier Wochen versagt werden, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Betriebs- und Geschäftsinteressen oder Wettbewerbsinteressen beeinträchtigt werden.

    - Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen und währenddessen in Teilzeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber arbeiten wollen, sollten auf dessen Nachfrage ihren Teilzeitwunsch hinsichtlich Beginn und Umfang präzisieren, um damit dem Arbeitgeber eine zeitnahe Reaktion, etwa durch Einstellen einer Ersatzkraft zu ermöglichen.
b) Vertragliche Grenzen
Einzelvertraglich kann ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden, soweit der AG hieran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses besteht immer dann, wenn durch die Nebentätigkeit die vertraglich geschuldete Leistung beeinträchtigt wird. Die oftmals in den Arbeitsverträgen vereinbarten Bestimmungen folgenden Inhalts:
"Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede unentgeltliche oder entgeltliche Nebenbeschäftigung unzulässig.”
oder
"Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung des AG.”
beschränken den AN unangemessen in seiner Berufsfreiheit und sind unzulässig.
Formulierungsvorschlag einer zulässigen Nebentätigkeitsklausel:
"Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigung nur mit schriftlicher Zustimmung der Firma zulässig. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn berechtigte Interessen der Firma nicht beeinträchtigt werden. Die Firma hat die Entscheidung über den Antrag von Herrn/Frau –.. auf Zustimmung zur Nebentätigkeit innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht gefällt, gilt die Zustimmung als erteilt.”
Ob in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden kann ist umstritten. Zum Teil wird eine solche Regelung grundsätzlich als zulässig erachtet, zum Teil aber mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um die Regelung von Individualrechten der AN und insoweit fehle den Betriebs- und Tarifpartnern eine Normsetzungsbefugnis.
c) Allgemeine arbeitsvertragliche Pflichten im Hauptarbeitsvertrag als Grenze
Soweit weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Nebentätigkeitsverbot besteht, ergeben sich gleichwohl Schranken der Ausübung von Nebentätigkeiten aus den allgemeinen arbeitsvertraglichen Pflichten im Hauptarbeitsvertrag. So hat der AN jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die zu einer Vernachlässigung seiner Arbeitspflicht im Hauptarbeitsverhältnis führen würde.

Beispiel: Der AN wird durch die anstrengende Nebentätigkeit so sehr beansprucht, dass er seinen (Haupt-)Arbeitsvertrag nicht oder nicht ausreichend erfüllen kann, weil er ständig müde ist.
Unter besonderen Umständen hat der AG nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch einen Auskunftsanspruch, soweit er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und der AN unschwer Auskunft erteilen kann. Es ist dem AN zuzumuten, den AG über etwaige Nebentätigkeiten zu informieren bzw. diese anzuzeigen. Solche weitgehenden Beschränkungen der Privatsphäre des AN können zulässig sein, nämlich z. B. dann, wenn der AN den Betrieb des AG nach außen hin „repräsentiert”, dementsprechend bezahlt wird und der AG daher nicht nur die gesamte Arbeitskraft des AN beanspruchen kann, sondern auch bei der Gestaltung der Freizeit des AN ein Wort mitzureden hat.
Die Anzeige- bzw. Informationspflicht des AN dient dem Schutz des AG. Dieser kann auf Grund der Anzeige des AN prüfen, ob die Nebenbeschäftigung die eigenen betrieblichen Interessen beeinträchtigt. Ein solcher Vorbehalt ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zu beanstanden. Die Rechtfertigung eines Interesses des AG an einem vorliegenden Genehmigungsvorbehalt liegt u. a. darin, dass es Aufgabe des AG ist, die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften zu kontrollieren. Er hat deshalb einen Anspruch auf Auskunft über das Ob und den Umfang einer Nebentätigkeit. Der AG muss dafür Sorge tragen, dass die Vorschriften des ArbZG, die nicht nur dem Schutz des Beschäftigten, sondern auch dem Schutz der anderen AN dienen, tatsächlich beachtet werden.
Ergebnis:
Der AN hat grundsätzlich dann Anspruch auf Zustimmung des AG, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit betriebliche Interessen nicht beeinträchtigt (BAG Urteil vom 11.12.2001). Dieser Anspruch kann einzelvertraglich auch nicht abgedungen werden.
Wenn eine Informationspflicht nicht vertraglich vereinbart wurde, muss eine Nebentätigkeit nur dann angezeigt werden, wenn durch diese berechtigte Interessen des AG bedroht sind. Der AN muss in diesem Fall selbst entscheiden, ob eine solche Interessenkollision möglich erscheint und eine Anzeigepflicht daher gegeben ist.

3. Auswirkungen der unzulässigen Nebentätigkeit

Die Frage, ob eine Nebentätigkeit zulässig ist bzw. einer Genehmigung des AG bedarf, stellt sich in der Praxis zumeist erst dann, wenn der AG die Nebentätigkeit zum Anlass nimmt, den AN abzumahnen oder sogar zu kündigen.Verletzt der AN durch die Ausübung einer Nebentätigkeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis in erheblichem Umfang, so kann – im Regelfall nach Abmahnung – eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.Eine fristlose Kündigung kann im Ausnahmefall gerechtfertigt sein, insbesondere bei der Ausübung von Konkurrenztätigkeit oder bei Missbrauch von AG-Eigentum für die Nebentätigkeit. Soweit der AN infolge der Nebentätigkeit schlechte Arbeit leistet, kommt für den AG die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht.Fazit:Die Frage, welche Sanktionen eine unzulässige Nebentätigkeit nach sich zieht, lässt sich daher nicht allgemein beantworten, sondern ist abhängig von der durch die Nebentätigkeit im Einzelfall verletzten Rechtspflicht.Wenn der AG unzulässiger Weise eine Nebentätigkeit untersagt hat, kann der AN trotz dieses Verbots eine Nebentätigkeit ausüben, ohne dass der Arbeitgeber auf diesen Verstoß eine Kündigung stützen kann. Eine Kündigung ist ebenfalls ausgeschlossen, soweit der AG irrtümlich von einem gesetzlichen Nebentätigkeitsverbot ausgeht.Ob eine Nebentätigkeit steuerrechtlich als AN oder selbständig ausgeübt wird, ist nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu prüfen (siehe Merkblatt „Scheinselbständigkeit”).4. Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflichta) Geringfügig entlohnte Beschäftigung bis 400 Euro
Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bei nichtselbständiger Tätigkeit lässt sich folgendes sagen: sofern eine Hauptbeschäftigung mit einer daneben geringfügigen Beschäftigung ausgeübt wird, findet keine Zusammenrechnung statt, so dass die geringfügige Nebenbeschäftigung von max. 400,00 Euro für den AN sozialversicherungsfrei bleibt.
Die Beitragspflicht des AG besteht weiterhin. Die Beitragshöhe in der Rentenversicherung beträgt 15 %, die Krankenversicherung 13 % und hinzu kommen 2 % des Entgelts als Pauschalsteuer mit Abgeltungswirkung (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Dies bedeutet, dass der AG pauschal 30 % Beiträge und Steuern an die Bundesknappschaft/ Verwaltungsstelle Cottbus zu entrichten.

b) Gleitzone von 400,01 Euro bis 800,00 Euro

Für Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt zwischen 400,01 Euro und 800,00 Euro monatlich (die sogenannte Gleitzone) steigt der AN-Beitrag zur Sozialversicherung gestaffelt von ca. 4 % bei 400,01 Euro bis auf den vollen Betrag von 21 % bei 800,00 Euro an.

Der AG-Beitrag bleibt gegenüber dem bisherigen Recht unverändert bei ca. 21 %. Die Besteuerung erfolgt in diesem Einkommensbereich individuell.
c) Entlohnte Nebentätigkeit über 800,00 Euro
Bei einem Nebenverdienst über 800,00 Euro hinaus gelten die grundsätzlichen Regelungen wie in einem normalen Hauptarbeitsverhältnis.