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Talentschmiede für Hotelprofis
Ab September 2024 werden in der neuen Staatlichen Hotelfachschule in Cham künftige Führungskräfte zum „Staatlich geprüften Hotelbetriebswirt/-in“ ausgebildet. Das Angebot stärkt die gesamte Tourismusregion Ostbayern.
Rund um die große, anthrazitfarbene Theke prüfen Servicekräfte mit geschultem Auge Weingläser und kreativ angerichtete Köstlichkeiten, bevor sie in modernem Ambiente mit Blick auf den Regen serviert werden. Wenn sich die Glasschiebetür zur großen Küche nebenan öffnet, herrscht lebhaftes Treiben. Ein normaler Restaurantbetrieb – nicht ganz. In dieser Szenerie lernen angehende Gastround Hotelfachkräfte, was sie für ihren anspruchsvollen beruflichen Alltag benötigen. Auf knapp 750 Quadratmeter erstreckt sich der Fachbereich Gastronomie am Beruflichen Schulzentrum Werner-von- Siemens in Cham. Darunter befinden sich zwei Küchen auf 185 Quadratmetern – eine Hauptküche mit 16 voll ausgestatteten Arbeitsplätzen und eine kleinere Küche für praktische Anschauungsprojekte – besagtes Restaurant, ein Mehrzweckraum sowie verschiedenste integrierte Unterrichtsräume und Multifunktionsräume.
Am Puls der Zeit
2020 wurde der Neubau der 1907 gegründeten Berufsschule am Ende der Badstraße eröffnet. Über 2.300 Schülerinnen und Schüler lernen dort rund 55 verschiedene Ausbildungsberufe.
Vier Staatliche Fachschulen sind in das Schulzentrum eingebunden: die Technikerschulen für Regenerative Energien, Maschinenbautechnik und Elektrotechnik sowie eine Staatliche Hotelfachschule. Diese ging aus einer Neuordnung des regionalen Schulsprengels im Gastronomiebereich vergangenes Jahr hervor und ist erst die zweite staatliche Hotelfachschule in ganz Bayern. Daneben gibt es nur noch den Standort Bad Kissingen. „In der Hotelfachschule können künftige Führungskräfte in der Region für die Region ausgebildet werden“, betont Schulleiter Siegfried Zistler.
Zudem können ab dem Schuljahr 2024 angehende Köche ihre komplette Berufsschulzeit in Cham absolvieren und müssen nicht nach dem ersten Jahr in die Hotelberufsschule Viechtach wechseln. Für diese Lösung hatten sich die IHK Regensburg, der DEHOGA Bayern und der Landkreis Cham erfolgreich eingesetzt. Auch das Thema Integration und sprachliche Förderung werde für die vielen Schülerinnen und Schüler aus dem Ausland mitgedacht, die eine wichtige Säule in der touristischen Fachkräfte-Strategie bilden. „In Gastronomie und Hotellerie arbeiten schon immer Menschen aus vielen Nationen zusammen. Wenn nicht hier, wo sonst sind die Möglichkeiten für eine nachhaltige Integration gegeben?“, sagt Ulrich Fischer, stellvertretender Schulleiter und Abteilungsleiter Gastronomie.
Karrieresprungbrett Tourismus
Der Mangel an Fachkräften ist ein Dauerbrenner für die Unternehmen. Was für viele Branchen gilt, trifft insbesondere den Tourismus, der den Wirtschaftsstandort Cham entscheidend prägt. 2023 zählte der Bayerische Wald fast 1,9 Mio. Gästeankünfte und rund 6,7 Mio. Übernachtungen. In ganz Ostbayern waren es im vergangenen Jahr knapp 5,3 Mio. Gästeankünfte mit etwa 16,7 Mio. Übernachtungen – die Tendenz zum Vorjahr war steigend.
Die Neuordnung und Modernisierung der Hotel- und Gastronomieberufe im Jahr 2022, die der DEHOGA und die IHKs vorangetrieben haben, machte die Branche mit sehr guten Karriere- und Qualifikationsmöglichkeiten für junge Menschen wieder attraktiv. Die Ausbildungszahlen gehen seitdem rasant nach oben – so auch an der Berufsschule Cham. Der Fachbereich Gastronomie zählt aktuell bereits mehr als 95 Schülerinnen und Schüler. Vor diesem Hintergrund seien die wohnortnahe, dreijährige Beschulung der Köche an der Berufsschule sowie die neue staatliche Hotelfachschule zukunftsweisend für die Bildungs- und Wirtschaftsregion, sagt auch DEHOGAVizeprasident und IHK-Vollversammlungsmitglied Andreas Brunner.
Hotelfachschule als Qualitätsgarant
Ab September 2024 werden an der Hotelfachschule künftige Führungskräfte zum „Staatlich geprüften Hotelbetriebswirt/- in“ ausgebildet. Die Anmeldephase für die maximal 32 Plätze läuft bereits.
„Die steigende Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften im mittleren Management der Hotelbranche kann durch die neue Fachschule in Cham optimal gedeckt werden – und das für den gesamten ostbayerischen Raum“, sagt Brunner. „Viele Betriebe haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und benötigen Experten in der mittleren Führungsebene, um gewachsene Strukturen aufzubrechen und neu zu ordnen.“
Der Besuch der staatlichen Fachschule ist nach einer abgeschlossenen Ausbildung in einem gastgewerblichen Beruf und einer anschließenden einjährigen Berufspraxis möglich. Alternativ müssen ohne abgeschlossene Lehre mindestens fünf Jahre Berufspraxis nachgewiesen werden. „Die zweijährige Weiterbildung in Vollzeit gibt den angehenden Hotelbetriebswirten das kaufmännische Rüstzeug für gehobene Tätigkeiten und Führungsaufgaben in den Betrieben“, erläutert Ulrich Fischer. Dabei setzt er auch auf den Austausch mit anderen Fachschulen und privaten Anbietern. Fächer wie Betriebswirtschaftslehre, Rechnungswesen und EDV, Hotelorganisation, Personalwirtschaft oder Arbeitsrecht seien Teil des Stundenplans. Zu den späteren Aufgaben gehören die Organisation des Personal- und Rechnungswesens oder das Marketing.
„Die Qualität steht dabei an oberster Stelle. Fachkräfte können sich nun gezielt weiterbilden, um den Anforderungen in den stark wachsenden Hotelbetrieben in der Region gerecht zu werden“, betont DEHOGA-Vize Brunner. „Das neue Angebot ist ein Mehrwert sowohl für die Unternehmen als auch für die jungen Menschen vor Ort, die jetzt eine Karriere-Perspektive nach ihrer Ausbildung in der Branche haben.“