Standort stärken
Digitalisierung als Langzeitprojekt
Vor allem während der Corona-Pandemie hatten viele Unternehmen massiv in die Digitalisierung investiert. Und doch sah sich die regionale Wirtschaft in der Oberpfalz und dem Landkreis Kelheim digital nur mittelgut aufgestellt. Das zeigten die Ergebnisse der Digitalisierungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer unter 4.000 Unternehmen – davon rund 100 aus Ostbayern zu Jahresbeginn.
Für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region war der Wunsch nach flexiblerem und agilerem Arbeiten der Hauptgrund für die Digitalisierung in ihrem Betrieb. Das gaben drei von vier Befragten an. Jeder zweite wollte außerdem Kosten einsparen. Im Vergleich zum Vorjahr hatte sich die Zufriedenheit der Unternehmer mit dem eigenen Digitalisierungsgrad allerdings nicht verbessert. Im Durchschnitt gaben sie sich die Schulnote 2,8. Dennoch wurden einzelne digitale Technologien bereits in den ostbayerischen Unternehmen eingesetzt. Besonders häufig, nämlich von zwei Drittel aller Befragten, wurden Cloud-Anwendungen genutzt. Eines von vier Unternehmen setzte auf die Möglichkeiten von Robotik und Sensorik. Technologien wie beispielsweise künstliche Intelligenz, Virtual Reality und 3-D-Druck waren dagegen in der Region noch nicht so weit verbreitet.
Ein positiver Trend ließ sich bei der Breitband-Verfügbarkeit erkennen. In den letzten drei Jahren hatte sich diese deutlich verbessert. Ende 2022 waren 82 Prozent der Unternehmen in der Region mit der Verfügbarkeit von schnellem Internet an ihrem Firmensitz zufrieden. Dennoch war der weitere Ausbau der Breitbandinfrastruktur der dringlichste Wunsch der Unternehmen an die Politik: 58 Prozent wünschten sich politische Unterstützung.
Schneller werden, Hürden abbauen
Diskutierten mit den Mitgliedern des IHK-Industrieausschusses über notwendige Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort (v.l.): Marketing Director Josua Braun, Sales Director Christian Linthaler, CFO Beate Reuschl, Thomas Dallmeier, CEO der Dallmeier electronic GmbH & Co.KG und Ausschussvorsitzendem Stephan K. Fischer.
© Ramona Bayreuther
Was braucht die Industrie in der Region Oberpfalz-Kelheim, um künftig international wettbewerbsfähig zu bleiben? Darüber diskutierten die Mitglieder des Ausschusses Industrie, Umwelt, Energie und Technologie der IHK Regensburg in ihrer Sitzung im Frühjahr zu Gast bei der Dallmeier electronic GmbH & Co.KG. „Die Wirtschaft in der Region hat die jüngsten Krisen gut gemeistert und ist nicht – wie vielfach vorausgesagt – in eine tiefe Rezession gerutscht. Dennoch muss vieles getan werden, damit die heimischen Industrieunternehmen auch weiterhin erfolgreich auf den Weltmärkten sein können“, betonte der Ausschussvorsitzende Stephan K. Fischer. Mit 126 Industriebeschäftigen je 1.000 Einwohner habe die Oberpfalz und der Landkreis Kelheim die mit Abstand höchste Industriedichte in ganz Bayern. „Damit die Industrie auch in Zukunft der Motor für Wachstum und Innovationen in der Region sein kann, braucht es passende Rahmenbedingungen. Hier stoßen Industriebetriebe aber auf zahlreiche Hürden“, betonte Fischer. Vielen sei nicht klar, dass von einer starken Industrie auch viele weitere Branchen profitierten – ein wichtiger Faktor, um generell Wohlstand und Beschäftigung zu sichern. Auch wenn sich die Politik den Bürokratieabbau auf die Fahne geschrieben hat, die Realität sehe anders aus. Die Bürokratielast für die Firmen habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Ausufernde Regulierungen und Meldepflichten belasteten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen.
Die Zukunft des Unternehmens sichern
„Für Unternehmer wird es immer schwieriger, aus einer sinkenden Zahl an potenziellen Nachfolgern die passende Kandidatin oder den passenden Kandidaten zu finden“, beobachtete Daniela Klemm, Referentin Gründung, Finanzierung und Nachfolge bei der IHK Regensburg. Experten informierten im März bei einer Nachfolge-Veranstaltung der IHK, wie der Generationenwechsel möglichst reibungslos vollzogen werden kann und wie wichtig die richtige Strategie für den Unternehmensverkauf ist. „Firmenchefs sollten die Unternehmensnachfolge als strategische Managementaufgabe betrachten“, empfiehlt IHK-Expertin Christina Jobst. Entscheidend für den Erfolg der Übergabe ist auch die Planung des Verkaufs. „Wer einen Nachfolger sucht, soll sich zunächst grundlegende Fragen stellen: Wo finde ich die richtigen Interessenten? Wie kann ich diese ansprechen? Und welche Entscheidungen sollten im Vorfeld schon geklärt sein?“, weiß Prof. Dr. Adrian Hubel, Gesellschafter der Hubel & Partner GmbH und Professor für Finanzen an der TH Deggendorf. Denn wer sich schon frühzeitig Gedanken mache, könne den Erfolg der Firmenübergabe entscheidend beeinflussen und so die Zukunft des eigenen Lebenswerks sichern.
Hat die Fußgängerzone ausgedient?
Spätestens seit der Corona-Pandemie und angesichts der fortschreitenden Digitalisierung scheinen gewohnte Einzelhandelskonzepte überholt. „Die zentrale Fußgängerzone mit großen Filialisten ist ein Auslaufmodell der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Unsere Städte benötigen in ihren Zentren einen Umbau, der dem Zeitgeist entspricht. Als attraktive Handels-, Arbeits-, Wohn- und Freizeitorte sollen sie zum multifunktionalen Wohnzimmer der Menschen in einer Region werden“, betonte Michael Matt, IHK-Präsident, bei der Vorstellung des Aktionsprogramms „Zukunft der Innenstadt und Ortszentren“ in der IHK. Das Strategiepapier zur Innenstadtentwicklung richtete sich an Politik und Verwaltung in der Region und listet Handlungsfelder und Ideen auf. Ohne gemeinsame Strategien, die Verwaltung, Immobilienbesitzer und Händler zusammen erarbeiten, geht es nicht“, appellierte Matt. Vor allem auf die Stimme der lokalen Händlerschaft, ist sich Matt sicher, sollte die Verwaltung mehr hören.
Unternehmen in allen Phasen begleiten
Von der Gründung bis zum florierenden Unternehmen: Die IHK Regensburg baute ihre Leistungen für Unternehmen, Gründerinnen und Gründer weiter aus. Gemeinsam mit 53 weiteren IHKs hat sie die bisherige Gründungswerkstatt, die seit mehr als 14 Jahren besteht, zur „Unternehmenswerkstatt Deutschland“ (www.uwd.de) weiterentwickelt. Diese soll bundesweit die Anlaufstelle für den Bereich Unternehmensgründung und -förderung werden und die Vernetzung von Gründern und Unternehmen in Deutschland stärken. Die IHK begleitet Unternehmen jetzt über alle Phasen – von Gründung über Wachstum und Unternehmenssicherung bis hin zur Nachfolge. Die Unternehmenswerkstatt bildet die Brücke zwischen der Online- und Offline-Welt: Digitale Dienstleistungen werden niedrigschwellig gebündelt und mit persönlicher Beratung kombiniert.
Kommunen gestalten Zukunft
IHK-Präsident Michael Matt (3.v.l.), IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes (3.v.r.), der Oberpfälzer Regierungspräsident Walter Jonas (l.) und die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger (r.) gratulieren den Preisträgern des IHK-Kommunalentwicklungs-Awards 2023 (v.l.): Matthias Beer, Bürgermeister Markt Beratzhausen, Martin Birner, Bürgermeister Stadt Neunburg vorm Wald und Andreas Wopperer, 2. Bürgermeister Große Kreisstadt Schwandorf.
© Antonia Küpferling
Viele Städte möchten ihren Bewohnern eine hohe Lebens- und Arbeitsqualität bieten, gleichzeitig soll der Wirtschaftsstandort für Unternehmen möglichst attraktiv sein. Damit das gelingt, brauche es zwei Dinge, wie IHK-Präsident Michael Matt bei der Verleihung des Kommunalentwicklungs-Awards im Sommer betonte: „innovative Konzepte und eine aktive Kommunalentwicklung mit Blick auf zukünftige Trends und Herausforderungen“. Zum zweiten Mal hatte die IHK solche Ideen und Konzepte ausgezeichnet und Kommunen mit Vorbildcharakter prämiert. Zur Bewerbung konnten Projekte eingereicht werden, die bereits umgesetzt wurden oder die sich noch in der Realisierung befinden. Im Aurelium in Lappersdorf wurde der Award an drei ostbayerische Städte verliehen: Beratzhausen, Neunburg vorm Wald und Schwandorf.
Die Stadt Neunburg vorm Wald wurde in der Kategorie „Kommunen mit mehr als 8.000 Einwohnern“ ausgezeichnet. Bürgermeister Martin Birner und sein Team haben ein Konzept entwickelt, mit dem unter anderem die Altstadt belebt und Baulücken geschlossen werden sollen. Im Ortskern, in der Altstadt sowie in den dörflich geprägten Ortsteilen sollen Potenziale gefunden und entwickelt werden, um den Standort nachhaltig aufzuwerten.
Der Markt Beratzhausen überzeugte mit seinem erfolgreichen Projekt „NEUSTART21“ in der Kategorie „Kommunen mit weniger als 8.000 Einwohnern“. Mit gezielten Maßnahmen und niederschwelligen Investitionsanreizen war es Bürgermeister Matthias Beer gelungen, Leerstände im Ortskern mit Leben zu füllen und attraktive Aufenthaltsräume im öffentlichen Raum zu schaffen. Durch ein Antragsverfahren mit kurzer Laufzeit wurden Investitionsimpulse ausgelöst, um die Kommune wiederzubeleben und zu stärken.
Die Große Kreisstadt Schwandorf wurde für ihre Vorbildfunktion bei kommunalen Zukunftsthemen wie Energiewende, demografischer Wandel und Urban Greening mit dem Sonderpreis „Sozioökologische Stadtentwicklung“ ausgezeichnet. Oberbürgermeister Andreas Feller und sein Team hatten eine Vielzahl an Maßnahmen umgesetzt: Unter anderem ist auf dem Dachgeschoss eines Parkhauses eine Bürgerfreifläche entstanden, die zu einem attraktiven Treffpunkt für alle Generationen werden soll. Auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei wurde Raum geschaffen für Bildung, Kunst, Kultur und Wohnen. Außerdem wird das Rathaus energetisch saniert und die Fassade begrünt, um Nachhaltigkeit und Effizienz zu fördern.
Lösungen für die grüne Transformation
Diskutierten beim Innovationskongress der IHK über die grüne Transformation der Wirtschaft (v.l.n.r.): Richard Röck, Thomas Genosko, Michael Vogel, Gernot Heisler, Dr. Matthias Wilhelm, Christian Reisnecker, Alexander Schirmer, Rita Högl, Giuseppe Sartorio, Prof. Reinhard Büchl, Prof. Dr. Matthias Franke, Konstantin Schamarek, Rainer Mißlbeck, Karsten Leclerque, Simon Schneider, Prof. Dr. Frank Opferkuch, Stefan Dürr.
© Ramona Bayreuther
Was die Zukunftsfelder Kreislaufführung bei Kunststoffen, Green IT und Prozesswärme mit Blick auf die grüne Transformation der Wirtschaft zu bieten haben, diskutierten Experten und Unternehmen aus Bayern beim Innovationskongress der IHK Regensburg vor rund 75 Fachleuten aus Wirtschaft und Wissenschaft Ende Oktober.
„Es ist essenziell, dass Unternehmerinnen und Unternehmer sich bereits heute mit der grünen Transformation intensiv auseinandersetzen“, betonte Rita Högl, IHK-Vizepräsidentin und Geschäftsführerin der Högl Kompost- und Recycling GmbH. Praktische Lösungsansätze für eine nachhaltige Transformation wurden dabei von Unternehmen verschiedener Branchen sowie Vertretern der Wissenschaft präsentiert.
Der Fokus auf neue Technologien, eine branchenübergreifende Zusammenarbeit und die Wiederverwertung alter Produkte müssen zur Pflicht werden, waren sich die Teilnehmer des Kongresses abschließend einig.
Wie stark ist das Immunsystem der Region?
Podiumsteilnehmer und Organisatoren des 4. Bayerisch-Tschechischen Innovationstags (v. l.): Tomáš Cholinský (Stadt Pilsen), Richard Brunner (IHK), Prof. Dr. Tobias Chilla, Michael Zankl (Bezirk Oberpfalz), Linda Šimonová, Dr. Jürgen Helmes, Rudolf Špoták, Franz Löffler, Lucie Valentová (Bezirk Oberpfalz), Lars Engel, Walter Jonas und Tereza Müller (Europaregion Donau-Moldau).
© Isabelle Lemberger
Resilienz ist spätestens seit der Corona-Pandemie nicht mehr aus erfolgreicher Unternehmensführung wegzudenken. Inwiefern die Grenzregion Oberpfalz-Pilsen insgesamt in der Lage ist, auf externe Schocks zu reagieren und sich krisenfest aufzustellen, darum ging es beim 4. Bayerisch-Tschechischen Innovationstag von Bezirk Oberpfalz und IHK Regensburg im Kongresszentrum der BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Weiherhammer mit rund 100 Teilnehmenden im November. Bei Fachvorträgen und Workshops vertieften die Teilnehmenden des Innovationstags ihr Wissen zu Resilienz, IT-Sicherheit, Bildung, Logistik und Unternehmenskultur. Eine Exkursion durch das Logistikzentrum BHS Logistics verband Theorie mit unternehmerischer Praxis. Lars Engel, Geschäftsführer von BHS Corrugated, sieht offene Grenzen auch als Garant für die Resilienz seines Unternehmens.