Fachthemen
Belästigende Werbung
Wie findet man neue, wie bindet man alte Kunden? Täglich stellen Unternehmer sich diese Frage und suchen nach Möglichkeiten effektiv zu werben. Aber nicht alles ist erlaubt.
Stand: Januar 2024
Werbung ist im geschäftlichen Verkehr unerlässlich. Ohne Werbung besteht regelmäßig kaum eine Möglichkeit, potenzielle Kunden auf das eigene Waren- oder Dienstleistungsangebot aufmerksam zu machen. Allerdings ist Werbung nicht in jeder Form zulässig. Nicht erst seit Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist insbesondere die sog. unzumutbaren Belästigungen von Marktteilnehmern nach § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wettbewerbsrechtlich verboten.
Dabei ist es wichtig, sich zu verdeutlichen, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang jede unmittelbar oder auch nur mittelbar auf Absatzförderung gerichtete Äußerung als „Werbung“ ansieht. Aus diesem denkbar weiten Verständnis des Begriffs der Werbung folgt, dass nicht nur „klassische“ konkrete Anpreisungen von Waren oder Dienstleistungen, sondern bspw. auch (z. B. Zufriedenheits-)Umfragen, Image-Informationen, Gutscheinsendungen oder sogar die Frage, ob ein Kunde künftig Werbung erhalten möchte, ihrerseits bereits als Werbung anzusehen sind.
1. Werbung per Brief / Wurfsendung
Werbung mit persönlich adressierten Briefen oder adresslosen Werbewurfsendungen (Werbebriefe, Handzettel, Prospekte etc.) ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt lediglich nicht, wenn durch den Empfänger ein entgegenstehender Wille geäußert wurde, sei es bei Wurfsendungen durch eine Aufschrift am Briefkasten oder sei es, dass bei persönlich gestalteter Briefwerbung der Empfänger den Werbenden aufgefordert hat, von Werbesendungen abzusehen. Bei der Werbung mit persönlich adressierten Briefen ist außerdem zu beachten, dass diese als „Werbung“ erkennbar sein sollte. Es könnte irreführend sein, dem Empfänger zu suggerieren, es handle sich nicht um eine werbliche Maßnahme, sondern um „Wichtige Informationen“ oder die persönliche Empfehlung eines Bekannten oder Freundes.
2. Grundsatz: Nachweisbare vorherige Einwilligung erforderlich
Jede andere als die in Ziffer 1 genannte Werbung ist ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers nach § 7 UWG grundsätzlich als belästigende Werbung anzusehen und deshalb unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob damit Verbraucher (B2C) oder sonstige Marktteilnehmer (B2B) angesprochen werden. Irrelevant ist in der Regel auch, ob es sich bei den Werbeempfängern um Neu- oder Bestandskunden handelt.
Eine Einwilligung kann zum Beispiel dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass (etwa auf einer Gewinnspielkarte, einem Auftragsformular oder im Internet) aktiv ein Kästchen ankreuzt wird (Opt-In/„Ja, ich will…“), wonach man Werbung des Erklärungsempfängers erhalten möchte.
Dazu kann (nach individueller Anpassung) beispielsweise die folgende Muster-Formulierung verwendet werden:
„Ja, ich möchte regelmäßig von der Fa. … kostenlos rund um interessante Trends / Angebote / Aktionen / Veranstaltungen /… informiert werden (bitte ankreuzen):
( ) per E-Mail
( ) per Telefon
( ) per SMS
( ) per Telefax und/oder
( ) per Post.
Meine Einwilligung zur entsprechenden Speicherung und Verwendung meiner angegebenen personenbezogenen Daten ist freiwillig und kann von mir jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der Fa. … (z. B. Tel.: ..., Fax: ..., E-Mail: ...) widerrufen werden. Eine weitergehende Nutzung oder Weitergabe meiner Daten findet nicht statt. Weitere Informationen enthält die Datenschutzerklärung.“
Wichtig ist ferner, dass das Vorliegen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung auch nachweisbar ist, entweder, indem ein entsprechendes Schriftstück aufbewahrt wird, oder im Falle einer elektronischen Einwilligung, dass das sog. Double-Opt-In-Verfahren genutzt wird.
3. E-Mail-Werbung
E-Mail-Werbung (z. B. per Newsletter) ohne vorherige ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung des Empfängers wird nach § 7 UWG als belästigende Werbung angesehen und ist deshalb grundsätzlich unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob mit der E-Mail Verbraucher (B2C) oder sonstige Marktteilnehmer (B2B) angesprochen werden. Aber dies gilt nicht nur für E-Mails. Nach der Rechtsprechung benötigt jede Form der elektronischen Post, die im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem angerufen wird, die vorherige Einwilligung. Erfasst sind also neben E-Mails auch SMS, MMS, sowie Nachrichten über Social-Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp.
Ausnahmsweise dürfen allerdings Bestandskunden (B2C/B2B) auch ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung per E-Mail angeschrieben werden, wenn man diese schon bei der Bestellung einer Ware oder Dienstleistung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass man sich vorbehält, die Kunden zur E-Mail-Direktwerbung für ähnliche Waren und Dienstleistungen (und nur dafür) anzumailen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Kunde schon bei der Erhebung der E-Mail-Adresse (und danach bei jeder weiteren Verwendung der E-Mail-Adresse) auch deutlich darauf hingewiesen wird, dass er dieser Nutzung jederzeit widersprechen kann. Für diesen Widerspruch dürfen dann maximal die nach normalen Basistarifen anfallenden Übermittlungskosten entstehen.
Um sich die Ausnahme für Bestandskunden nutzbar zu machen, kann (nach individueller Anpassung) beispielsweise die folgende Muster-Formulierung verwendet werden:
„Die bei der Waren- oder Dienstleistungsbestellung über dieses Auftragsformular erhobenen personenbezogenen Daten werden von der Fa. ... zur Verwaltung Ihres Kundenkontos und zur Erfüllung und Abwicklung Ihrer Bestellung verwendet und nur zu diesem Zweck an Dritte (z. B. an ein mit dem Versand beauftragtes Transportunternehmen) weitergegeben. Außerdem werden diese Daten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen weiterverwendet. Die Fa. ... wird Sie hiernach per E-Mail über interessante Angebote rund um gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen informieren. Wenn Sie solche E-Mail-Informationen nicht wünschen, können Sie dem jederzeit mit Wirkung für die Zukunft formlos gegenüber der Fa. ... (z. B. Tel.: ..., Fax: ..., E-Mail: ...) widersprechen. Durch einen solchen Widerspruch entstehen Ihnen keine über die Übermittlungskosten nach den Basistarifen hinausgehenden Kosten. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte auch unserer Datenschutzerklärung.“
Danach ist dann außerdem in jeder weiteren Werbe-E-Mail, die an die Bestandskunden zur Bewerbung ähnlicher Waren und Dienstleistungen gesendet wird, ein erneuter Hinweis erforderlich.
Dazu kann (nach individueller Anpassung) beispielsweise die folgende Muster-Formulierung verwendet werden:
„Sie erhalten diese E-Mail, weil Sie der Fa. ... Ihre E-Mail-Adresse bei der Bestellung von Waren oder Dienstleistungen mitgeteilt haben. Wenn Sie künftig solche E-Mail-Informationen rund um gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen nicht mehr wünschen, können Sie dem jederzeit mit Wirkung für die Zukunft formlos gegenüber der Fa. ... (z. B. Tel.: ..., Fax: ..., E-Mail: ...) widersprechen. Durch einen solchen Widerspruch entstehen Ihnen keine über die Übermittlungskosten nach den Basistarifen hinausgehenden Kosten. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte auch unserer Datenschutzerklärung.“
Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des angerufenen Fernsprechteilnehmers werden nach § 7 UWG als belästigende Werbung angesehen und sind deshalb grundsätzlich unzulässig. Dies gilt sowohl bei Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern (B2C) als auch gegenüber Gewerbetreibenden (B2B) und unabhängig davon, ob es sich um Neu- oder Bestandskunden handelt.
Gegenüber Verbrauchern ist die Einwilligung in Telefonwerbung zu dokumentieren und ab deren Erteilung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung – also etwa nach jedem Werbeanruf beim Verbraucher – für fünf Jahre aufzubewahren. Somit hat der Unternehmer – da ihn die Beweislast trifft – seine gesamten Werbeanrufe zu dokumentieren. Zur Dokumentation der Einwilligung gibt es Auslegungshinweise der Bundesnetzagentur als zuständiger Aufsichtsbehörde zu § 7a UWG. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann die Bundesnetzagentur mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro ahnden.
Während jedoch bei Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern (B2C) eine ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung vorliegen muss, genügt für Werbeanrufe gegenüber Gewerbetreibenden (B2B) eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen.
Auf das Bestehen einer solchen mutmaßlichen Einwilligung kann beispielsweise geschlossen werden, wenn zu dem Angerufenen eine spezifische Geschäftsbeziehung besteht. Im Übrigen wird sich eine mutmaßliche Einwilligung in aller Regel nur annehmen lassen, wenn der Anruf einen hinreichend spezifischen Sachbezug zum Gewerbe des Angerufenen aufweist. Ein bloß theoretisches allgemeines Interesse des Angerufenen (beispielsweise an einem optimierten Telekommunikationsanschluss) genügt für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses nicht. Gleiches gilt für die bloße Angabe einer Telefonnummer auf einer Webseite oder in einem Telefonverzeichnis. Das Risiko der Fehleinschätzung trägt dabei der Anrufer.
Unzulässig ist es auch, zunächst per Post einen Anruf anzukündigen und im Nachgang zu diesem Schreiben dann ohne Einwilligung anzurufen.
Hinweis: Es ist außerdem unzulässig, wenn bei Werbeanrufen die Rufnummernanzeige unterdrückt ist. Dies gilt sowohl für Anrufe bei Verbrauchern als auch für Anrufe bei Unternehmern. Ein Verstoß kann mit einer Geldbuße bis 10.000 Euro geahndet werden.
5. Telefaxwerbung / SMS-Werbung
Die unverlangte Zusendung von Werbefaxen oder SMS wird gesetzlich als unzumutbare Belästigung des Empfängers und damit als Verstoß gegen § 7 UWG betrachtet. Nur ausnahmsweise ist diese Form der Werbung zulässig, nämlich wenn der Empfänger seine ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung zur Telefax- / SMS-Werbung vorab erklärt hat – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Werbung gegenüber Verbrauchern (B2C) oder um Werbung gegenüber Gewerbetreibenden (B2B) handelt.
6. Konsequenzen wettbewerbswidriger Werbung
Unlautere Werbemethoden können als Ordnungswidrigkeiten bußgeldbewehrt sein. Vor allem begründet unlautere Werbung per Telefon, Telefax, E-Mail, SMS oder Werbewurfsendung (z. B. bei einem entsprechenden Hinweis auf dem Briefkasten) schon bei der ersten Zuwiderhandlung einen Unterlassungsanspruch und u. U. Schadensersatzanspruch gegen den Werbenden. Diese Ansprüche können zunächst im Wege der kostenpflichtigen Abmahnung, in letzter Konsequenz aber auch gerichtlich geltend gemacht werden.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.