Konjunkturumfrage

Westbrandenburger Wirtschaft tritt auf der Stelle

Potsdam, 13. Mai 2024 – „Die Westbrandenburger Wirtschaft tritt auf der Stelle. Ein zeitnaher Aufschwung ist nicht in Sicht. Dies zeigen die Rückmeldungen von hunderten Unternehmen im Kammerbezirk Potsdam.“ Das sagt Dr. Manfred Wäsche, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Potsdam, heute zur Veröffentlichung der Ergebnisse aus der Frühsommer-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Potsdam mit einem winzigen Hoffnungsschimmer: Der IHK-Geschäftsklimaindex* für die Region zwischen Prignitz und Fläming steigt spärlich auf 96,9 Punkte, nachdem er zu Jahresbeginn noch bei 94,8 Punkten lag.
Die aktuelle Geschäftslage sei gesamtwirtschaftlich seit Jahresbeginn nahezu unverändert. Nur in der Dienstleistungsbranche gebe es einen leichten Aufwärtstrend. Dafür bereite die Entwicklung in der Industrie große Sorgen, so Wäsche. „Hier verschlechtert sich der Index um 14,2 Punkte und liegt nun sogar im negativen Bereich.“ Etwa ein Drittel der Unternehmen berichte von einer schlechten Geschäftslage, ein solch hoher Anteil finde sich ansonsten in keiner anderen Branche. Als Gründe für diese Entwicklung werden fortwährend insbesondere eine schlechte Auftragslage, zu hohe Energiekosten und insgesamt schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen angeführt. Verbesserungspotenzial nennen die Industrieunternehmen demnach insbesondere für die Bereiche Planungssicherheit und überbordende Bürokratie. Zudem werden fehlende politische Wachstumsimpulse bemängelt. Die insgesamt unzureichenden Rahmenbedingungen sind auch in anderen Branchen ein häufiger Grund für nicht gut laufende Geschäfte. Zusätzlich belasten die märkischen Unternehmen ein weiterhin vorsichtiges Kaufverhalten der Kunden sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel in Kombination mit hohen und weiter steigenden Arbeitskosten.“

Geschäftsaussichten weiterhin pessimistisch

Die Geschäftserwartungen haben sich nur leicht verbessert, liegen aber weiterhin klar im negativen Bereich. Noch immer geht über ein Viertel der Unternehmen von einer sich verschlechternden Geschäftsentwicklung aus. Allerdings gibt es seit der vorigen Befragung zu Jahresbeginn eine wesentliche Veränderung: Der Anteil der Unternehmen, die von einer gleichbleibenden Geschäftslage ausgehen, hat sich erheblich erhöht, auf nunmehr rund 60 Prozent. Gleichzeitig sind sowohl die Angaben zu optimistischen als auch zu pessimistischen Aussichten zurückgegangen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Wirtschaft im Kammerbezirk in ihrer Entwicklung derzeit auf einem Plateau befindet, welches deutlich unterhalb des Niveaus des letzten Jahrzehnts liegt. Besonders pessimistisch sind weiterhin die Einschätzungen aus dem Baugewerbe. Mehr als jedes zweite Unternehmen auf dem Bau rechnet mit einer Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden Monaten.
Als Ursachen für die anhaltend trübe Stimmung werden über alle Branchen zuvorderst eine noch immer große Unsicherheit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Schwierigkeiten bei der Beantragung von Fördermitteln und hohe Kosten benannt. Die Sorge vor der negativen Entwicklung im Baugewerbe wirkt sich auch auf die Geschäftsausschichten jener Unternehmen aus anderen Bereichen aus, die eng mit der Baubranche verbunden sind.

Fachkräftemangel und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen größte Geschäftsrisiken

Wie bereits zu Jahresbeginn bleiben der Fachkräftemangel und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die größten Risiken für die regionale Wirtschaft. Fehlendes Personal macht allen Branchen im Kammerbezirk zu schaffen, große Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten (über 70 Prozent) äußern dieses Problem verstärkt. Auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden branchenübergreifend von über 50 Prozent der Unternehmen als Wirtschaftsrisiko benannt, besonders ausgeprägt in der Industrie (über 70 Prozent) und im Baugewerbe (über 80 Prozent). In den Herausforderungen mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zeigt sich nicht zuletzt die Unzufriedenheit der Unternehmen mit den bürokratischen Belastungen und dem allgemeinen politischen Agieren. Weitere Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen sind Arbeitskosten, Energie- und Rohstoffpreise sowie Inlandsabsatz. Das Risiko eines rückläufigen Inlandsabsatzes droht insbesondere in der Industrie (über 65 Prozent), die Preise für Energie und Rohstoffe sorgen weiterhin ganz besonders im Gastgewerbe für Probleme (über 80 Prozent).

Personalplanungen bleiben zurückhaltend

Die stagnierende wirtschaftliche Lage, die pessimistischen Geschäftsaussichten sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel schlagen sich auch in den Personalplanungen der Unternehmen nieder. Etwa zwei Drittel der Unternehmen rechnen mit einer gleichbleibenden Zahl an Beschäftigten, rund ein Fünftel geht von einer Abnahme aus. Immerhin fast jedes siebte Unternehmen plant zusätzliches Personal einzustellen. Besonders zurückhaltend sind die Planungen in der Industrie. Hier geht mehr als jedes dritte Unternehmen von einer abnehmenden Beschäftigtenzahl aus, die verschlechterte Geschäftslage beeinflusst hier erkennbar die Personalplanungen. Im Mittel gleichbleibende Beschäftigungsaussichten gibt es nur in der Dienstleistungsbranche und im Gastgewerbe. Jeweils etwa ein Sechstel der Unternehmen geht von einer Zu- bzw. Abnahme des Personalbestands aus. Die restlichen Unternehmen erwarten keine Veränderungen.

Investitionsbereitschaft im Inland weiterhin durchwachsen

Auch im Frühsommer 2024 gibt es hinsichtlich der Investitionsbereitschaft der märkischen Unternehmen wenig Hoffnungsvolles zu berichten. Weiterhin sind die Planungen für Investitionen im Inland zurückhaltender als in den Vorjahren, mögliche Impulse für einen zeitnahen wirtschaftlichen Aufschwung bleiben somit auch an dieser Stelle aus. Hauptinvestitionsmotiv bleiben die Ersatzbedarfe, bei über 70 Prozent der investierenden Unternehmen fließt Kapital in diesen Bereich. Weniger Investitionen erfolgen in den Bereichen Rationalisierung, Produktinnovation, Kapazitätsausweitung und Umweltschutz. Diese Kategorien sind jeweils für maximal ein Drittel der Befragten Investitionstreiber.
In der Dienstleistungsbranche sowie in der Industrie werden überdurchschnittlich häufig Investitionen angestrebt. Gerade der Bereich der Rationalisierung spielt in der Industrie eine gewichtige Rolle, jedes zweite investierende Unternehmen nennt diesen Faktor als ein Hauptmotiv für Inlandsinvestitionen. Im Handel ist der Anteil ähnlich, allerdings gibt es insgesamt sehr viel weniger Unternehmen, die überhaupt Investitionen tätigen.

*Geschäftsklimaindex: Geometrisches Mittel der Salden aus positiven und negativen Einschätzungen der aktuellen und der erwarteten Geschäftslage (neutral = 100).