Standortpolitik

Wirtschaft wächst - aber nicht nachhaltig genug

Eine starke Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft aber anhaltende demografische Herausforderungen: Das sind Kernbotschaften der erstmals erstellten Studie „Wirtschaftsprofil und Gewerbeflächengutachten 2025 – Landkreis Prignitz“ der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Die Arbeitslosenzahlen haben sich seit dem Jahr 2008 nahezu halbiert, wobei die Bevölkerung fast stabil geblieben ist und die Zahl der Beschäftigten leicht stieg. Bei der Bruttowertschöpfung hat die Industrie gut 40 Prozent zugelegt, die Dienstleister um fast ein Fünftel. Das Gewerbeflächen reichen aus, um den voraussichtlichen Bedarf bis zum Jahr 2025 zu decken.
Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam, sagt:

„Die Wirtschaft im Landkreis ist stabil, wächst jedoch nicht - wie in anderen Landkreisen Brandenburgs – nachhaltig. Um zukunftsfähig zu bleiben, benötigt die Prignitz deshalb weitere Impulse, wie zum Beispiel die Unterstützung der vorwiegend mittelständischen Unternehmen im Bereich Wissensmanagement, -transfer und Innovationen. Letztere können sich unter anderem entlang der Wertschöpfungskette Landwirtschaft und dem starken Ernährungsgewerbe ergeben. Die weitere Profilierung als familienfreundliche Region würde zudem zur Fachkräftesicherung beitragen. Durch innovative Vermarktungsstrategien könnten auch neue Unternehmen in den Landkreis gelockt werden, denn schließlich verfügt die Prignitz über ausreichende und attraktive Gewerbeflächen.“
Basierend auf den Untersuchungsergebnissen werden nun von der IHK Potsdam beispielhafte Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Landkreises Prignitz vorgeschlagen. Dazu gehören die Förderung von Innovationspotenzialen der Land- und Ernährungswirtschaft, die Einsetzung von Innovationsscouts für kleine und mittlere Unternehmen, vorausschauende Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel im Zusammenspiel mit der Stabilisierung der demografischen Entwicklung über die Weiterentwicklung des Standortfaktors Familienfreundlichkeit. Ebenso sollten neue Perspektiven für den Logistikstandort Prignitz entwickelt werden und unbedingt die Flächenvorsorge im Rahmen des Weiterbaus der A 14 getroffen werden. Eine Ansiedlungsstrategie für die Zukunft des Gewerbeparks Prignitz sowie der rasche und lückenlose Ausbau der Breitbandinfrastruktur zumindest in den großen Gewerbegebieten sind dringend geboten.

Arbeitslosigkeit in 10 Jahren halbiert

Der Landkreis Prignitz zählte zum Jahresende 2017 insgesamt 77.263 Einwohner. Seit dem Zensus 2011 ist die Einwohnerzahl um 2,9 Prozent zurückgegangen, maßgeblich durch den Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung. Im gleichen Zeitraum stieg die Einwohnerzahl auf Landes- und Bundesebene um 2,1 bzw. 3,1 Prozent an. Die Zuwanderung der letzten Jahre hat sich positiv auf die demografische Entwicklung ausgewirkt. Der Landkreis profitiert vor allem von Zuzug aus Berlin und dem Ausland.
Der regionale Arbeitsmarkt entwickelte sich in den vergangenen Jahren stabil. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Prignitzer Unternehmen (am Arbeitsort) lag zuletzt um 0,5 Prozent über dem Ausgangsniveau im Jahr 2008. Im Jahr 2017 gab es insgesamt 26.800 Beschäftigte. Landes- und bundesweit stieg die Zahl der Beschäftigten hingegen deutlich stärker an (+11,5 bzw. +16,5 Prozent).
Die Arbeitslosigkeit hat sich im selben Zeitraum nahezu halbiert (-45,6 %). Die Arbeitslosenquote sank im Jahresdurchschnitt von 15,0 Prozent auf 9,1 Prozent. Zum Jahresende 2018 sank die Arbeitslosenquote im Landkreis Prignitz weiter auf 7,5 Prozent. Auf Landes- und Bundesebene lag die Quote bei 5,9 bzw. 4,9 Prozent.

Jeder 3. Arbeitsplatz gewerbeflächenrelevant

Die Wirtschaftsstruktur im Landkreis Prignitz ist vor allem durch kleine und mittelständische Betriebe geprägt. Branchencluster bestehen in den Bereichen Verkehr/Mobilität/Logistik sowie Kunststoffe und Chemie. Besonders auffällig ist, dass die Beschäftigung in der Landwirtschaft und im Ernährungsgewerbe im Vergleich zum Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich hoch ausfällt.
Die sogenannte gewerbeflächenrelevante Beschäftigung (Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Verkehr und Lagerei) hatte einen Anteil von 32,1 Prozent an der Gesamtbeschäftigung. Bundesweit fiel der Anteil ebenso hoch aus, während es in Brandenburg 29,1 Prozent waren. Das Verarbeitende Gewerbe macht knapp zwei Drittel der gewerbeflächenrelevanten Beschäftigung aus. Das Baugewerbe zählte zuletzt 2.156 Beschäftigte, im Bereich Verkehr und Lagerei waren es 1.035 Beschäftigte.
Einerseits zeichnete sich das Qualifikationsniveau der Beschäftigten im Landkreis Prignitz im Jahr 2017 durch einen hohen Anteil an Fachkräften von 77,5 Prozent aus. Landes- und bundesweit lag der Anteil mit 68,7 bzw. 62,2 Prozent deutlich darunter. Andererseits gab es vergleichsweise wenige Beschäftigte mit einem akademischen Berufsabschluss (7,4 %). Auf Landes- und Bundesebene liegt der entsprechende Anteil bei 13,0 bzw. 15,6 Prozent.

Produktivitätszuwächse im Landkreis Prignitz

Die Bruttowertschöpfung im Landkreis Prignitz erhöhte sich im Zeitraum 2008 bis 2016 um 20,7 Prozent auf rund 1,72 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Landes- und Bundesdurchschnitt (+22,1 bzw. +22,9 %) erhöhte sie sich etwas weniger dynamisch. Wachstumstreiber war vor allem die Industrie (+40,9 %).
In den Dienstleistungsbereichen wuchs die Bruttowertschöpfung um 17,1 Prozent. Die Produktivitätszuwächse (Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen) in der Wirtschaft lagen jedoch im Landkreis Prignitz (+23,7 %) über der landes- und bundesweiten Entwicklung (+18,0 bzw. +15,0 %). Produktivitätsunterschiede zum Landes- und Bundesniveau konnten dadurch verringert werden. Im Jahr 2016 erreichte die Produktivität mit 49.633 Euro 90,7 Prozent des Landes- (54.724 Euro) und 76,5 Prozent des Bundesniveaus (64.896 Euro).

Nachfrage auf drei amtsfreie Städte konzentriert

Im Landkreis Prignitz wurden zwischen 2008 und 2017 knapp 92 Hektar an Gewerbeflächen vermarktet. Das entspricht einem jährlichen Flächenumsatz von rund 9,2 Hektar pro Jahr. Im Hinblick auf die Gewerbeflächenvermarktung zeigt sich eine Konzentration auf die drei amtsfreien Städte Wittenberge (36,9 ha), Perleberg (17,9 ha) und Pritzwalk (14,5 ha) und die Gemeinde Karstädt (6,5 ha). Auf sie entfielen 82,7 Prozent des kreisweiten Gesamtumsatzes von rund 92 Hektar. Im Betrachtungszeitraum sind keine Grundstückskäufe für großflächige Logistikansiedlungen bekannt.

Nachfrage knapp 70 Hektar bis 2025

Nach Berechnungen von Georg Consulting würde sich die Gewerbeflächennachfrage für den Zeitraum 2018 bis 2025 auf voraussichtlich 66 bis 68 Hektar (netto) bzw. bei 88 bis 90 Hektar (brutto) belaufen. Bei einer Betrachtung bis zum Jahr 2030 summiert sich dieser auf 108 bis 110 Hektar (netto) bzw. 144 bis 146 Hektar (brutto).
Das Gewerbeflächenangebot summierte sich zum Jahresende 2018 kreisweit auf rund 244 Hektar (netto). Es konzentriert sich auf wenige, meist größere Standorte. Über 60 Prozent dieser Flächen entfällt allein auf den Gewerbepark Prignitz (ca. 150 ha). Weitere größere Verfügbarkeiten gibt es im Industriegebiet Süd (ca. 45,0 ha) in Wittenberge und im Gewerbe- und Industriegebiet Quitzow/Industriegebiet Nord (ca. 30,0 ha) in Perleberg. Das Gewerbeflächenangebot ist insgesamt ausreichend, um den voraussichtlichen Bedarf bis zum Jahr 2025 zu decken.
Es zeigt sich jedoch, dass mit rund 45,5 Hektar, davon 27 Hektar im Gewerbepark Prignitz, nach aktuellem Stand nur ein geringer Anteil kurzfristig zur Verfügung steht. Bezogen auf einen voraussichtlichen Flächenumsatz von durchschnittlich rund 8,3 bis 8,5 Hektar sollte das erfasste kurzfristig verfügbare Angebot voraussichtlich bis zum Jahr 2023 ausreichen. Um den Flächenbedarf darüber hinaus bedienen zu können ist eine zeitnahe Umsetzung geplanter Standorterweiterungen notwendig.
Erstellt wurde die Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Potsdam vom Hamburger Beratungsinstitut Georg Consulting Immobilienwirtschaft | Regionalökonomie.