Standortpolitik
Viel kleinteilige Wirtschaft und große ungenutzte Chancen
Ein dynamischer Arbeitsmarkt, der von der Nähe zu Berlin, Potsdam und Brandenburg an der Havel profitiert, sowie immer weniger freie Gewerbeflächen: Das sind unter anderem wesentliche Ergebnisse unserer Studie „Wirtschaftsprofil und Gewerbeflächengutachten 2025 – Potsdam-Mittelmark“. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich im Landkreis in den vergangenen Jahren nahezu halbiert. Dieser positive Trend hängt mit einem deutlichen Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum zusammen.
- Immer mehr Menschen wohnen und arbeiten im Berliner und Potsdamer Umland
- Logistik und Baugewerbe stark, Verarbeitendes Gewerbe wenig vertreten
- Trotz Anstieg unterdurchschnittliches Produktivitätsniveau in der Industrie
- Jährlicher Gewerbeflächenumsatz von durchschnittlich 14,2 Hektar
- Gewerbeflächennachfrage knapp 70 Hektar bis 2025
© Europarc Dreilinden GmbH/ ADQ All Digital Quality GmbH
Sowohl Wertschöpfung als auch Produktivität stiegen hier überdurchschnittlich stark, auch wenn die Industrie daran nur verhältnismäßig gering beteiligt war. Zur Zeit gibt es noch genügend Gewerbeflächen, um den erwartetend Bedarf bis zum Jahr 2025 zu decken. Doch schon jetzt zeigen sich punktuelle Engpässe.
Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam, sagt dazu:
„In unserer Studie fällt das geringe Gewerbesteueraufkommen im Landkreis Potsdam-Mittelmark auf, das weit unter dem Landesdurchschnitt liegt. Das mag an der kleinteiligen Wirtschaft liegen, die durch eine echte Ansiedlungsinitiative in Richtung mittelständischer Unternehmen ergänzt werden sollte. Angesichts seiner hochentwickelten Verkehrsinfrastruktur, der großartigen Lebensqualität und der Nähe sowohl zu Berlin wie zu Potsdam sollte dies dem Landkreis leichtfallen. Dafür müssen nun konkrete Schritte in Angriff genommen werden, zum Beispiel über ein Gesamtkonzept zur Ausweisung attraktiver Gewerbeflächen durch die Weiterentwicklung traditioneller und die Schaffung neuer Standorte.
Wer aus der Hauptstadtregion nach Süden oder Westen fährt, muss durch Potsdam-Mittelmark. Diese exzellente Lage als Teil der Hauptstadtregion sollte sich in der Neuausweisung innovativer Angebote wie Mittelstandsparks und New-Work-Formate widerspiegeln. Dafür braucht es die richtige finanzielle und personelle Ausstattung der wichtigen regionalen Wirtschaftsförderung, denn sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen können in wachsenden Kommunen wieder in die Standort- und Lebensqualität wie Kitas, Schulen, Breitband und Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Das verarbeitende Gewerbe, smarte Industrien und die Logistikbranche liefern hierfür ein großes Potenzial, das bisher zu sehr vernachlässigt wurde.“
Immer mehr Menschen wohnen und arbeiten im Berliner und Potsdamer Umland
In keinem anderen Landkreis von Brandenburg wohnen so viele Menschen wie in Potsdam-Mittelmark. In den vergangenen Jahren ist hier die Zahl kontinuierlich auf 214.664 Einwohner (Stand: 31.12.2018) angestiegen. Insgesamt um 5,5 Prozent seit dem Zensus im Jahr 2011, was weit über dem Zuwachs auf Landes- und Bundesebene mit 2,4 bzw. 3,4 Prozent liegt. In absoluten Zahlen sind das 11.273 neue Potsdam-Mittelmärker, die es raus aus Berlin und Potsdam zog.
Ebenfalls ordentlich zugelegt hat auch der regionale Arbeitsmarkt um 16 Prozent. Seit dem Jahr 2008 entstanden 8.473 zusätzlichen Arbeitsplätze. Das sind durchschnittlich rund 850 Stellen pro Jahr. Damit schneidet Potsdam-Mittelmark besser ab als die anderen Brandenburger Landkreise, ist aber noch immer schlechter als der Bundesdurchschnitt (18,7 Prozent).
Durch die Nähe zu Berlin, Potsdam und Brandenburg an der Havel gibt es deutlich mehr Pendler, die zur Arbeit den Landkreis verlassen – nämlich 85.926 Beschäftigte – als umgekehrt nach Potsdam-Mittelmark zu ihrem Arbeitsplatz fahren.
Dennoch hat sich die Arbeitslosigkeit nahezu halbiert (-45,4 Prozent) und die Arbeitslosenquote sank im Jahresdurchschnitt von 8,3 Prozent auf 4,3 Prozent. Auf Landes- und Bundesebene lag die Quote hingegen bei 6,3 bzw. 5,2 Prozent
Logistik und Baugewerbe stark, Verarbeitendes Gewerbe wenig vertreten
Die wirtschaftlich stärksten Branchen im Landkreis sind die Landwirtschaft und der Dienstleistungssektor. Der Anteil an Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe fällt hingegen mit 22,5 Prozent im Vergleich zum Bundes- und Landesschnitt (24,5 bzw. 28,4 Prozent) gering aus.
Regionale Branchenspezialisierungen, gemessen an einem im Vergleich zur Bundesebene überdurchschnittlich hohen Beschäftigtenanteil, gab es u. a. in der Landwirtschaft, im Bereich Logistik sowie im Bau- und Gastgewerbe.
In den direkt gewerbeflächenrelevanten Wirtschaftszweigen (Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Verkehr und Lagerei) waren 18.692 bzw. 30,4 Prozent der Beschäftigten tätig – gegenüber 29,5 Prozent in Brandenburg und 32,2 Prozent in Deutschland. Das Verarbeitende Gewerbe ist in der Region im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich weniger stark vertreten (11,5 bzw. 21,1 Prozent). Dennoch wurde von diesem Niveau aus ein deutlich überdurchschnittliches Wachstum erzielt (+19,2 bzw. +6,2 Prozent).
Das Baugewerbe und der Bereich Verkehr und Lagerei sind hingegen deutlich überrepräsentiert. Ihr Anteil fiel mit 9,4 bzw. 9,6 Prozent jeweils fast doppelt so hoch wie auf Bundesebene aus (5,6 bzw. 5,4 Prozent).
Die regionale Wirtschaft ist vor allem durch kleine und mittelständische Betriebe geprägt. Dies gilt insbesondere für das Verarbeitende Gewerbe.
In den Unternehmen im Landkreis Potsdam-Mittelmark gab es im Vergleich zum Bundesdurchschnitt viele Beschäftigte mit einem anerkannten Berufsabschluss. Der Anteil der Akademiker entsprach in etwa dem Landesdurchschnitt (13,4 bzw. 13,2 Prozent). Bundesweit lag der Anteil bei 16,2 Prozent. Dementsprechend lag auch der Beschäftigtenanteil in den sogenannten wissensintensiven Industrien und Dienstleistungen im Landkreis mit 20,7 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt (32,2 Prozent). Positiv zu bewerten ist, dass die Beschäftigung in den wissensintensiven Branchen mit 22,5 Prozent stärker angestiegen ist als auf Landes- und Bundesebene.
Trotz Anstieg unterdurchschnittliches Produktivitätsniveau in der Industrie
Die Bruttowertschöpfung im Landkreis Potsdam-Mittelmark erhöhte sich im Zeitraum 2008 bis 2017 um 43,4 Prozent auf rund 4,78 Milliarden Euro und damit deutlich dynamischer als auf Landes- und Bundesebene (+29,9 bzw. +28,2 Prozent). Auffällig ist, dass das Baugewerbe und das Verarbeitende Gewerbe in ähnlich hohem Maße zur Bruttowertschöpfung im Landkreis beitrugen (7,9 bzw. 7,6 Prozent). Bundesweit liegt das Verhältnis bei etwa eins zu fünf (21,1 bzw. 4,4 Prozent). Insgesamt trug die Industrie 19,7 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Landes- und bundesweit waren es 27,1 bzw. 31,0 Prozent. Die Landwirtschaft und Dienstleistungen hatten dem entsprechend einen überdurchschnittlich hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung.
Das Produktivitätsniveau der regionalen Wirtschaft entsprach 94,1 Prozent des Landes- und 81,2 Prozent des Bundesdurchschnitts. Im Vergleich zum Jahr 2008 erhöhte sich die Produktivität im Landkreis aber stärker um 25,0 Prozent, während es in Brandenburg 24,1 und in Deutschland 18,3 Prozent waren. Im Produzierenden Gewerbe fiel der Abstand des Produktivitätsniveaus zum Landes- und Bundesdurchschnitt noch deutlicher aus (75,4 bzw. 62,3 Prozent. Im Verarbeitenden Gewerbe entsprach das Niveau sogar nur 55,8 Prozent des Bundesdurchschnitts.
Jährlicher Gewerbeflächenumsatz von durchschnittlich 14,2 Hektar
Im Landkreis Potsdam-Mittelmark wurden zwischen 2009 und 2018 knapp 142 Hektar an Gewerbeflächen vermarktet. Das entspricht einem jährlichen Flächenumsatz von rund 14,2 Hektar pro Jahr. Auf kommunaler Ebene erzielten das Amt Brück (20,1 ha), Werder (Havel) (17,8 ha), Kleinmachnow (16,9 ha), Stahnsdorf (15,6 ha) und Groß Kreutz (10,2 ha) einen Flächenumsatz von jeweils mehr als zehn Hektar. Die erworbenen Gewerbegrundstücke umfassten im Durchschnitt 4.512 Quadratmeter, wobei über zwei Drittel der Kauffälle weniger als 5.000 Quadratmeter groß waren. In den berlinnahen Kommunen fiel die durchschnittliche Grundstücksgröße dabei nur halb so hoch aus wie in den berlinfernen Kommunen.
Gewerbeflächennachfrage knapp 70 Hektar bis 2025
Nach aktuellen Berechnungen von Georg Consulting würde sich die Gewerbeflächennachfrage für den Zeitraum 2019 bis 2025 auf voraussichtlich 91 bis 94 Hektar (netto) bzw. bei 118 bis 122 Hektar (brutto) belaufen. Bei einer Betrachtung bis zum Jahr 2030 summiert sich dieser auf 156 bis 161 Hektar (netto) bzw. 203 bis 209 Hektar (brutto).
Die durch Industrie und Gewerbe genutzte Fläche im Landkreis Potsdam-Mittelmark summierte sich im Jahr 2018 auf insgesamt 2.058 Hektar und machte etwa 15 Prozent der Siedlungsfläche aus. In Brandenburg variierte der Wert auf Kreisebene zwischen elf bis 23 Prozent. Im Rahmen des Gutachtens wurden 24 Standorten mit einem Flächenangebot von rund 91,8 Hektar (netto) Gewerbebauland identifiziert.
Im Abgleich mit dem voraussichtlichen Flächenbedarf zeigt sich, dass die Summe des Flächenangebotes auf Kreisebene in etwa dem Bedarf bis zum Jahr 2025 entspricht, wobei das aktuelle Angebot in den nachfragestarken Kommunen im Berliner und Potsdamer Umland mit 19 Hektar sehr gering ausfällt. Die restlichen 73 Hektar entfallen auf die berlinfernen Kommunen. Daraus ergeben sich in bestimmten Teilräumen des Landkreises deutliche Engpässe in der Gewerbeflächenversorgung. Dort gilt es mögliche Flächenpotenziale schnellstmöglich dem Markt zur Verfügung zu stellen, da ansonsten Bestandsunternehmen mit Erweiterungsbedarf sowie ansiedlungsinteressierte Unternehmen nicht bedient werden können.
Erstellt wurde die Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Potsdam vom Hamburger Beratungsinstitut Georg Consulting Immobilienwirtschaft | Regionalökonomie.