Recht und Gesetz
Lieferkettengesetze auf einen Blick
Deutsche Unternehmen sind eng in internationale Lieferketten eingebunden. Doch ist vor allem bei weitverzweigten Lieferketten nicht immer sicher, ob Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. Nicht nur der Gesetzgeber achtet auf nachhaltige Beschaffungswege, auch Kunden, Mitarbeiter oder Investoren. Was bedeutet dazu nun noch die EU-Richtlinie für Unternehmen? Hier gibt es alle Infos auf einen Blick:
Der Deutsche Bundestag hat am 11. Juni 2021 das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beschlossen. Das Gesetz hält Firmen dazu an, Maßnahmen zu ergreifen, um Verstößen gegen grundlegende Menschenrechtsstandards vorzubeugen und einen Beschwerdemechanismus für Betroffene einzuführen.
Was sind die Eckpunkte des deutschen Gesetzes?
Welche Unternehmen sind betroffen?
- Das Lieferkettengesetz (LkSG) ist seit dem 1. Januar 2023 in Kraft und verpflichtete zunächst Unternehmen mit in der Regel mehr als 3.000 Arbeitnehmenden und Sitz in Deutschland.
- Seit dem 1. Januar 2024 wurde der Anwendungsbereich des Sorgfaltspflichtengesetzes auf alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden ausgeweitet. Dazu zählen auch ins Ausland entsandte Mitarbeitende sowie Leiharbeitnehmer, die mindestens sechs Monate im Unternehmen beschäftigt sind.
- Kleine und mittlere Unternehmen sind zwar nicht unmittelbar von dem Gesetz betroffen, müssen aber damit rechnen, dass die Sorgfaltspflichten weitergereicht werden und Großbetriebe entsprechende Informationen von ihren Zulieferbetrieben einfordern werden.
Welche Anforderungen stellt das Lieferkettengesetz?
Die Bundesregierung erwartet von den Unternehmen die Einführung eines unternehmerischen Sorgfaltsprozesses in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich und unmittelbare Zulieferer. Für mittelbare Zulieferer gilt eine anlassbezogene Sorgfaltspflicht, d.h. Unternehmen müssen nur dann tätig werden, wenn sie substantiierten Hinweisen auf mögliche Rechtsverletzungen in der Lieferkette haben.
Die Sorgfaltspflichten begründen explizit eine Bemühens- und keine Erfolgspflicht. Unternehmen müssen also nachweisen können, dass sie die im Gesetz beschriebenen Sorgfaltspflichten umgesetzt haben, die vor dem Hintergrund ihres individuellen Kontextes machbar und angemessen sind (vgl. hierzu auch Handreichung des BAFA zum Prinzip der Angemessenheit). Dabei gilt: je größer die Einflussmöglichkeit eines Unternehmens ist, je wahrscheinlicher und schwerwiegender die zu erwartende Verletzung der geschützten Rechtsposition und je größer der Verursachungsbeitrag eines Unternehmens ist, desto größere Anstrengungen können von einem Unternehmen zur Vermeidung oder Beendigung einer Verletzung zugemutet werden.
Was ist der politische Hintergrund?
Die im Gesetz definierten Sorgfaltspflichten leiten sich aus den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ab. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte wurden 2011 von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie sehen die Staaten in der Verantwortung, die Menschenrechte zu schützen, weisen aber ausdrücklich auch den Unternehmen eine Verantwortung im Sinne menschenrechtlicher Sorgfalt zu. Mit der Verabschiedung der UN-Leitprinzipien haben sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verpflichtet, diese auf nationaler Ebene umzusetzen. Verschiedene europäische Staaten (u.a. UK, NL, FR) haben in den Folgejahren bereits gesetzliche Regelungen zur Stärkung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht in globalen Wertschöpfungsketten verabschiedet.
Auch das deutsche Gesetz gilt als Vorreiter für eine europäische Regelung. Die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Richtlinienentwurf zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen in der Lieferkette vorgelegt, der deutlich über das deutsche Gesetz hinausgeht. Die Verabschiedung der Richtlinie wird im 1.HJ 2024 erwartet.
Auch das deutsche Gesetz gilt als Vorreiter für eine europäische Regelung. Die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Richtlinienentwurf zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen in der Lieferkette vorgelegt, der deutlich über das deutsche Gesetz hinausgeht. Die Verabschiedung der Richtlinie wird im 1.HJ 2024 erwartet.
Was sind die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt?
- Einrichtung eines Risikomanagements: Kern der unternehmerischen Sorgfalt ist ein Verfahren, das (mögliche) negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte identifiziert. Unternehmen müssen zudem die betriebsinterne Zuständigkeit festlegen und die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen sicherstellen. Das BAFA hat im August 2022 eine Handreichung zur Umsetzung einer Risikoanalyse nach den Vorgaben des LkSG veröffentlicht.
- Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte: Die von der Unternehmensleitung verabschiedete Grundsatzerklärung soll deutlich machen, dass das Unternehmen seine Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte wahrnimmt.
- Die Verankerung von Präventionsmaßnahmen und Ergreifen von Abhilfemaßnahmen: Basierend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse sollen Maßnahmen zur Vermeidung potenzieller und tatsächlicher negativer Auswirkungen identifiziert und in die Geschäftstätigkeit integriert werden. Diese können beispielsweise die Schulung von Mitarbeitern und Lieferanten, die Anpassungen von Managementprozessen und den Beitritt zu Brancheninitiativen umfassen.
- Das Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens: Ein unternehmensinterner oder externer Beschwerdemechanismus soll es jedem ermöglichen, auf (mögliche) negative menschenrechtliche Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf die Menschenrechte hinzuweisen. Auch hier unterstützt das BAFA mit einer entsprechenden Handreichung Beschwerdeverfahren.
- Dokumentation und Berichterstattung: Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist unternehmensintern fortlaufend zu dokumentieren. Das Unternehmen hat jährlich einen Bericht über die Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten im abgelaufenen Geschäftsjahr zu erstellen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.
Wie soll das Gesetz durchgesetzt werden?
Das Gesetz sieht eine bußgeldbewehrte behördliche Überwachung mit Bußgeldern vor. Als zuständige Aufsichtbehörde wurde das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet. Verweigert ein Unternehmen seine Mitwirkung, kann das BAFA ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 Euro verhängen. Verstößt ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten, so kann das BAFA ein Bußgeld verhängen, das sich am Gesamtumsatz des Unternehmen orientiert (bis zur 8 Mio. Euro oder 2% des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit mehr als 400 Mio. Euro Umsatz). Bei schweren Verstößen kann das Unternehmen auch für bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Sie haben weitere offene Fragen zum Lieferkettengesetz? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Katalog der meist gestellten Fragen und Antworten zum LkSG veröffentlicht.
Was bedeutet das Lieferkettengesetz für KMU?
Kleine und mittlere Unternehmen sind zwar nicht unmittelbar von dem LkSG betroffen, es hat sich aber gezeigt, dass die Sorgfaltspflichten weitergereicht werden und größere Unternehmen entsprechende Informationen und Vereinbarungen von ihren Zulieferbetrieben einfordern. Denn verpflichtete Unternehmen müssen ihre Zulieferer in die Risikoanalyse einbeziehen.
Rechnen Sie
- mit einer angepassten Vertragslandschaft und neuen oder überarbeiteten Verhaltenskodizes,
- mit vermehrten Kundenanfragen zu Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsthemen in Ihrem Unternehmen und Ihrer Lieferkette.
- Auch die Weitergabe der Anforderungen an die vorgelagerte Lieferkette kann von Ihnen (vertraglich) verlangt werden.
Wichtig:
- Wenn Daten von Ihnen verlangt werden, ist es wichtig, auf die Begründung zu achten. Es muss explizit ein Zusammenhang mit dem LkSG hergestellt werden.
- KMU sollten darauf achten, ihre Geschäftsgeheimnisse zu wahren.
- Verpflichtete Unternehmen dürfen ihre Pflichten nicht auf den Zulieferer abwälzen, also beispielsweise verlangen, dass der Zulieferer eine eigene Risikoanalyse durchführt.
- Verpflichtete Unternehmen dürfen auch nicht verlangen, dass der Zulieferer pauschal versichert, dass es in seiner Lieferkette keine menschenrechtlichen Probleme gibt.
Wie sollten sich KMU verhalten?
- Sie sollten vertraglich nicht pauschal zusichern, dass alle Vorgaben des LkSG im Unternehmen eingehalten werden.
- Verlangt ein verpflichtetes Unternehmen Maßnahmen von Ihnen, sollte eine konkrete Begründung vorliegen.
- Dies gilt auch, wenn Maßnahmen zur Abhilfe verlangt werden. Auch hier sollte dafür eine konkrete Begründung mit Bezug zum Lieferkettengesetz vorliegen.
- Ebenso sollte das verpflichtete Unternehmen einen Vorschlag vorlegen, wie mit den Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen umgegangen werden soll.
Ausführliche Informationen über die Zusammenarbeit mit verpflichteten Unternehmen stellt das BAFA in der Handreichung "Zusammenarbeit in der Lieferkette - Fragen und Antworten für KMU" zur Verfügung.
Viele weitere Infos finden Sie auch im "Vorbereitungs-Check LkSG". Hier erläutert das Bayrischen Landesamts für Umwelt, was kleine und mittlere Unternehmen über das neue Gesetz wissen sollten und was sie als Zulieferer tun können, um sich darauf vorzubereiten.
Instrumente zur Risikoanalyse, Vergleich von Qualitätssiegeln und Nachhaltigkeitsberichterstattung
Weiterbildungsangebot „Nachhaltiges Lieferkettenmanagement"
Mit dem Weiterbildungsangebot “Nachhaltiges Lieferkettenmanagement (IHK)” wird für MitarbeiterInnen aus den Bereichen Einkauf, Produkt- / Unternehmensentwicklung, Nachhaltigkeit/CSR, Geschäftsführung einen Qualifizierung angeboten. Absolventen lernen die breite Landschaft bestehender Nachhaltigkeits- bzw. Sorgfaltsanforderungen kennen und analysieren vor diesem Hintergrund Chancen und Herausforderungen der Wertschöpfungskette des eigenen Unternehmens. Ziel ist die Identifikation von Ansatzpunkten für konkretes Handeln.
Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte
Der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) bietet interessierten Unternehmen u.a. eine individuelle, vertrauliche und kostenfreie Beratung durch seine Experten zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt in den Unternehmensprozessen an.
Darüber hinaus stellt der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte Unternehmen, die menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse in ihr Kerngeschäft integrieren möchten, zwei kostenlose Tools zur Verfügung:
Darüber hinaus stellt der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte Unternehmen, die menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse in ihr Kerngeschäft integrieren möchten, zwei kostenlose Tools zur Verfügung:
Risikoanalyse
Das kostenlose Info-Portal für KMU navigiert Sie Schritt für Schritt durch die fünf Säulen der Sorgfalt basierend auf dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Mit Hilfe des kostenfreien Online-Tools können kleine und mittlere Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken erkennen und managen. Er unterstützt dabei, Geschäftsprozesse und Lieferkette genau(er) unter die Lupe zu nehmen. Das Tool enthält neben einem Leitfaden auch einen Siegel-Kompass.
Das kostenlose Online-Tool unterstützt Unternehmen bei der Einschätzung der lokalen Menschenrechtssituation sowie Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen entlang ihrer Liefer-und Wertschöpfungskette.
Weltkarte
Die Weltkarte stellt übersichtlich bestehende Länderrisiken (insb. Umwelt, Menschenrechte, Arbeitsrecht, Faire Geschäftspraktiken) dar.
Portale zum Vergleich von Siegeln zu Sozial- und Umweltstandards
Siegelklarheit
Das Portal Siegelklarheit ist eine Initiative der Bundesregierung. Das Portal dient Verbrauchern, Regierungen und Unternehmen Umwelt- und Sozialsiegel besser zu verstehen. Durch den Vergleich der Siegel haben die standardsetzenden Organisationen außerdem einen Anreiz, stetig an der Verbesserung ihrer Systeme zu arbeiten.
Standards Map des International Trade Center
Die Standards Map des International Trade Center ist ein Onlineportal zur Recherche von Standards und Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit -mit dem Schwerpunkt auf Lieferketten. Das neutrale Instrument unterstützt bei der Identifizierung und beim Vergleich der inhaltlichen Anforderungen verschiedener Standards. Die Standards Map vereint über 210 Standards, Code of Conducts und Audit-Protokolle.
Leitfäden für Nachhaltigkeitsberichterstattung
Global Reporting Initiative (GRI)
Bereit für den Nachhaltigkeitsbericht? Nachhaltigkeitsberichte für KMU: Die englischsprachige Broschüre der Global Reporting Initiative (GRI) bietet eine einfache Einführung in die Nachhaltigkeitsberichterstattung unter Verwendung der GRI G4-Leitlinien. Der erste Teil der Broschüre erläutert Nutzen und Vorteile der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im zweiten Teil wird beschrieben, wie in fünf Schritten ein Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden kann.
Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK)
Leitfaden zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) – Orientierungshilfe für mittelständische Unternehmen. Der Rat für nachhaltige Entwicklung und die Bertelsmann Stiftung wollen mittelständischen Unternehmen mit diesem Leitfaden den Einstieg in den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) erleichtern. In den vier Kapiteln Strategie (Wesentlichkeit, Vision und Ziele), Prozessmanagement (Regeln und Strukturen), Umwelt (ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit) und Gesellschaft (soziale Aspekte der Nachhaltigkeit) werden Inhalt und Kriterien des DNK erklärt.
In sieben Schritten zum Nachhaltigkeitsbericht (BDI)
In 7 Schritten zum Nachhaltigkeitsbericht. Ein praxisorientierter Leitfaden für mittelständische Unternehmen in Anlehnung an die G4-Leitlinien der Global Reporting Initiative: Der Leitfaden von econsense und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) beschreibt in sieben Schritten den Weg zum Nachhaltigkeitsbericht nach GRI. Dabei werden Struktur und Inhalte für den Bericht vorgeschlagen, und es wird gezeigt, warum es sich lohnt, einen Bericht zu verfassen. Zudem stellt der Leitfaden praktische Tipps von mittelständischen Unternehmen zur Verfügung, die bereits Erfahrung mit dem Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten gesammelt haben.
Leitfaden: Nachhaltigkeit in der Lieferkette (Global Compact)
Nachhaltigkeit in der Lieferkette – Ein praktischer Leitfaden zur kontinuierlichen Verbesserung: Basierend auf den Grundsätzen des Global Compact, skizziert der Leitfaden konkrete Schritte zur nachhaltigeren Gestaltung von Lieferketten. Mit Tipps und Praxisbeispiele zu Zielsetzungen, zum Monitoring von und zur Kommunikation mit Lieferanten unterstützt er Unternehmen dabei, die richtigen Schwerpunkte für Maßnahmen zur kontinuierlichen Verbesserung zu setzen. Herausgeber sind das Deutsche Global Compact Netzwerk und die Non-Profit-Organisation Business for Social Responsibility.
Was bedeutet das EU-Lieferkettengesetz?
Am 24. Mai 2024 hat der Rat der EU die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen (CSDDD) verabschiedet. Damit ist der Gesetzgebungsprozess zu einem EU-Lieferkettengesetz nun abgeschlossen. Die Frist für die Umsetzung in nationales Recht beträgt zwei Jahre.
Welche Unternehmen sind direkt betroffen?
-
Direkt betroffen sind Unternehmen mit Sitz in der EU mit mindestens 1000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mindestens 450 Millionen Euro weltweit. Für sie gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren, also ab 2029.
-
Um ein Level-Playing-Field mit ausländischen Unternehmen zu schaffen, sind auch Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten von dem EU-Gesetz erfasst: Unternehmen mit entsprechenden Nettoumsätzen in der EU fallen ebenfalls unter die EU-Richtlinie.
-
Franchiseunternehmen mit einem weltweiten Nettoumsatz von 80 Millionen Euro, wenn mehr als 22,5 Millionen Euro durch Lizenzgebühren erwirtschaftet werden, fallen nach fünf Jahren, also ab 2029, ebenfalls unter das Gesetz.
Zeitrahmen der Umsetzung
Es gilt ein stufenweiser Ansatz:
-
Das Gesetz soll nach einer dreijährigen Frist zunächst für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro weltweitem Nettoumsatz gelten.
-
Nach vier Jahren sollen dann Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und 900 Millionen Euro Umsatz in den Anwendungsbereich fallen.
-
Nach fünf Jahren sind Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro weltweitem Nettoumsatz erfasst.
Welche Unternehmen sind indirekt betroffen?
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, Sorgfaltspflichten praktisch entlang der gesamten Aktivitätskette auszuüben. Unternehmen sollen soweit wie möglich sicherstellen, dass in ihren Aktivitätsketten keine Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltpflichten stattfinden. Dabei müssen bei den vorgelagerten Tätigkeiten zur Herstellung des Produktes oder Erbringung der Dienstleitung sowohl direkte als auch indirekte Geschäftspartner in den Blick genommen und kontrolliert werden. Bei nachgelagerten Tätigkeiten beschränkt sich die Kontrolle auf Vertrieb, Transport und Lagerung im Auftrag des Unternehmens.
Besondere Unterstützung für KMU
Ist der Tier1-Lieferant eines direkt betroffenen Unternehmens ein KMU, muss dieses “gezielte und angemessene Unterstützung” durch den Auftraggeber erhalten, um die vertraglichen Bestimmungen zur Sicherung der Sorgfaltspflichten einhalten zu können. Denkbar ist die Kostenübernahme für den Beitritt zu einer geeigneten Industrie-Initiative oder für die Überprüfung durch unabhängige Dritte.
Was kommt auf Unternehmen zu?
-
Die Richtlinie begründet einen risikobasierten Ansatz und eine Bemühenspflicht: Unternehmen können zunächst die Risiken identifizieren, die am schwerwiegendsten sind oder am wahrscheinlichsten eintreten werden. Unternehmen können auch die Reihenfolge, in der sie diese Risiken abmildern, nach Schwere und Wahrscheinlichkeit ordnen. Unternehmen müssen sich angemessen bemühen, negative Auswirkungen zu verhindern/abzustellen.
-
Die Unternehmensleiter der betroffenen Unternehmen sind für die Einführung und Beaufsichtigung der genannten Sorgfaltspflichten verantwortlich; dafür soll ein Sorgfaltspflichtenprozess etabliert werden.
-
Mindestens einmal pro Jahr müssen alle etablierten direkten oder indirekten Geschäftsbeziehungen überprüft werden, sofern sie dauerhaft sind und einen bedeutenden Teil der Wertschöpfungskette darstellen.
-
Betroffene Unternehmen sollen regelmäßig über die Einhaltung und Umsetzung der Sorgfaltspflichten berichten.
-
Zu beachtende Menschenrechts- und Umweltabkommen: Die Liste der Abkommen und geschützten Rechtspositionen (z. B. Verbot von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, angemessene Löhne, Verbot der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung) ist umfassender als die des deutschen Lieferkettengesetzes.
-
Unternehmen sollen einen Meldemechanismus und ein Beschwerdeverfahren implementieren. So können direkt betroffene Personen sowie Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NGO) eine Verletzung oder den Verdacht einer Verletzung der Sorgfaltspflichten melden.
-
Es muss ein Verhaltenskodex erstellt werden.
Berichtspflichten
Die Richtlinie sieht keine zusätzlichen Berichtspflichten für Unternehmen vor, die in den Anwendungsbereich des Umsetzungsgesetzes der Corporate Sustainability Reporting Richtlinie (CSRD) fallen. Das bedeutet, die Berichtspflicht nach der CSDDD wird mit der Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichtes nach den Vorgaben der CSRD-Umsetzungsgesetzes erfüllt.
Alle anderen Unternehmen müssen jährlich, spätestens zwölf Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres über ihre Aktivitäten berichten und eine Erklärung auf ihrer Webseite veröffentlichen.
Sanktionen
Jeder Mitgliedstaat muss eine nationale Aufsichtsbehörde benennen, die überwacht, ob die Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen. Finanzielle Sanktionen können bis zu fünf Prozent des globalen Nettoumsatzes eines Unternehmens betragen.
Zivilrechtliche Haftung
- Der Gesetzentwurf sieht eine zivilrechtliche Haftung bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der Sorgfaltspflicht vor, wenn ein Schaden eingetreten ist.
- Unternehmen sollen aber nicht für Schäden haften, die ausschließlich von Geschäftspartnern verursacht wurden.
- Klagen können mindestens fünf Jahre nach Eintreten der negativen Auswirkungen erhoben werden.
- Gewerkschaften und NGOs können für Geschädigte klagen.
- Ausschließliche Anwendung des nationalen Rechts durch Gerichte in der EU unabhängig davon, wo der Schaden eingetreten ist.
Klimaübergangspläne
Unternehmen müssen außerdem einen Plan festlegen und umsetzen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. Wenn der Klimawandel als ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit ermittelt wurde, müssen Unternehmen Emissionsreduktionsziele in ihrem Plan aufnehmen.
Den verabschiedeten Gesetzestext für die CSDDD finden Sie auf der Webseite der Europäischen Union: CSDDD (in deutsch)