Recht
Kurzarbeit
Befindet sich ein Unternehmen in einer vorübergehenden Krise, etwa durch Auftragsrückgang, stellt sich die Frage, wie dieser Zeitraum überbrückt werden kann. Ein Mittel ist beispielsweise die Senkung von Personalkosten. Allerdings müssen entsprechende Maßnahmen rechtlich korrekt umgesetzt werden. Die vorliegende Information gibt einen Überblick über wichtige Maßnahmen, schwerpunktmäßig die Kurzarbeit.
Bitte beachten Sie insbesondere anwendbare Tarifverträge, bestehende Betriebsvereinbarungen und die individuellen Arbeitsverträge. Hierin können abweichende oder spezielle Regelungen enthalten sein.
1. Kurzarbeit
Unter dem Begriff Kurzarbeit versteht man die vorübergehende Herabsetzung der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit unter entsprechender Minderung des Arbeitsentgelts. Es kommt also grundsätzlich zu einem teilweisen Ruhen der arbeitsvertraglichen Hauptpflichten – der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und der Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers. Die Nebenpflichten bleiben bestehen.
Die Kurzarbeit kann sich auf den gesamten Betrieb oder auch nur auf einzelne, organisatorisch abgrenzbare Betriebsteile beziehen.
Die Kurzarbeit kann sich auf den gesamten Betrieb oder auch nur auf einzelne, organisatorisch abgrenzbare Betriebsteile beziehen.
1.1 Zweck
Durch die Einführung von Kurzarbeit soll bei einer wirtschaftlichen Krise die Möglichkeit geschaffen werden, Personalkosten vorübergehend zu senken, gleichzeitig aber Kündigungen zu vermeiden.
1.2 Einführung von Kurzarbeit
Für die Einführung von Kurzarbeit ist eine rechtliche Grundlage erforderlich. Kurzarbeit kann vom Arbeitgeber nicht einseitig aufgrund seines Direktionsrechtes angeordnet werden. Als Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit kommen in Betracht:
Tarifvertrag:
Sofern ein Tarifvertrag anwendbar ist, finden sich hierin oftmals Regelungen und Voraussetzungen zur Einführung von Kurzarbeit.
Betriebsvereinbarung:
Ist ein Tarifvertrag nicht vorhanden oder nicht anwendbar, kann in Betrieben mit Betriebsrat Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit eine Betriebsvereinbarung sein.
Eine formlose Regelungsabrede zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wahrt zwar das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG), führt aber nicht zu einer entsprechenden Änderung der Arbeitsverträge. In diesem Fall ist dann entweder eine vertragliche Vereinbarung oder eine Änderungskündigung erforderlich.
Individuelle Vereinbarung: Arbeitsvertrag / Zusatzvereinbarung:
Eine Regelung zur Einführung von Kurzarbeit kann bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages getroffen worden sein bzw. für neue Arbeitsverträge getroffen werden. Sofern dies nicht der Fall ist, ist auch eine nachträgliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und dem jeweiligen Arbeitnehmer möglich.
Eine Vereinbarung über Kurzarbeit kann unter Umständen auch stillschweigend geschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer nach den Weisungen des Arbeitgebers widerspruchslos kurzarbeitet. Es empfiehlt sich jedoch dringend eine schriftliche Vereinbarung, in der die genauen Modalitäten der Kurzarbeit geregelt werden. Eine solche Vereinbarung dient nicht zuletzt zu Beweiszwecken oder zur Vermeidung von Streitigkeiten.
gesetzliche Sonderregelung: Massenentlassung, § 19 KSchG
Eine besondere Regelung zur vorübergehenden Einführung von Kurzarbeit stellt § 19 KSchG dar.
Im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Massenentlassung nach §§ 17 ff KSchG kann die Agentur für Arbeit zulassen, dass der Arbeitgeber im Zeitraum der sogenannten Entlassungssperre von grundsätzlich einem Monat Kurzarbeit einführt, sofern er in diesem Zeitraum nicht in der Lage ist, die Arbeitnehmer voll zu beschäftigen.
Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber in diesem Fall der Kurzarbeit zwar berechtigt ist, Lohn oder Gehalt der mit verkürzter Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend zu kürzen; die Kürzung des Arbeitsentgelts wird jedoch erst von dem Zeitpunkt an wirksam, an dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder den vereinbarten Bestimmungen enden würde.
Soweit tarifvertragliche Reglungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit bestehen, gehen diese vor.
Änderungskündigung
Lässt sich auf einer dieser Grundlagen keine Kurzarbeit einführen, ist eine Änderungskündigung erforderlich.
Sofern ein Betriebsrat besteht, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich grundsätzlich auf die Frage, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit geleistet werden soll und wie die verbleibende Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt wird. Dem Betriebsrat steht bezüglich der Einführung von Kurzarbeit auch ein Initiativrecht zu.
Sofern ein Betriebsrat besteht, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich grundsätzlich auf die Frage, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit geleistet werden soll und wie die verbleibende Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt wird. Dem Betriebsrat steht bezüglich der Einführung von Kurzarbeit auch ein Initiativrecht zu.
1.3 Entgelt und Kurzarbeitergeld
Durch die Einführung von Kurzarbeit wird das Arbeitsentgelt entsprechend der Herabsetzung der Arbeitszeit gemindert.
Ist allerdings die Anordnung der Kurzarbeit unwirksam, wird die „normale” Arbeitszeit nicht reduziert und der Lohnanspruch des Arbeitnehmers bleibt in voller Höhe bestehen.
Als Entgeltersatz für die ausgefallene Arbeitszeit kann unter gewissen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit gewährt werden. Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld sind in den §§ 95 ff. SGB III geregelt. Eine der Voraussetzungen hierfür ist, dass die Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der betroffene Betrieb liegt, schriftlich angezeigt wird. Die Anzeige kann nach § 99 Abs.1 SGB III nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung erstattet werden. Der Anzeige des Arbeitgebers ist eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen.
Informationen zu den einzeln Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld, zu dessen Höhe, zum Verfahren etc. finden Sie im Merkblatt "Kurzarbeitergeld-Informationen für Arbeitgeber und Betriebsvertretungen" der Bundesagentur für Arbeit.
Auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit finden Sie darüber hinaus noch weitere Informationen, etwa das Merkblatt „Kurzarbeitergeld – Informationen für Arbeitnehmer”.
Widerruft die Agentur für Arbeit rückwirkend die Zahlung von Kurzarbeitergeld, so hat der Arbeitnehmer einen Lohnanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, allerdings nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
1.4 Sonstiges zur Kurzarbeit
1.4.1 Kündigung
Auch während des Zeitraums, in dem kurz gearbeitet wird, kann der Arbeitgeber grundsätzlich kündigen. Hierfür gelten die üblichen Voraussetzungen.
Auch während der Phase der Kurzarbeit ist eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Allerdings indiziert die Einführung von Kurzarbeit, dass der Arbeitgeber nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen ist, welcher eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigt. Dieses Indiz kann der Arbeitgeber jedoch widerlegen, indem er darlegt, dass über die Kurzarbeit hinaus weitere Gründe für eine Kündigung vorliegen und die Beschäftigungsmöglichkeit für den betroffenen Arbeitnehmer dauerhaft entfallen ist.
Arbeitgeber müssen beachten, dass eine der persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist, vgl. § 98 Abs.1 Nr.2 SGB III.
1.4.2 Kurzarbeit und Ausbildung
Sofern in einem Betrieb Kurzarbeit eingeführt wird oder werden soll, ist hiervon auch die Ausbildung betroffen und es stellt sich die Frage der Vereinbarkeit von Ausbildung und Kurzarbeit.
Dieser Themenbereich ist bisher kaum Gegenstand der Rechtsprechung gewesen, weswegen hier eine gewisse Unsicherheit und damit auch ein gewisses Risiko besteht.
Grundsätzlich ist die Einführung von Kurzarbeit bei Ausbildungsverhältnissen nicht möglich. Aus diesem Grund ist auch die Einführung von Kurzarbeit bei Ausbildern schwierig, denn der Betrieb muss seiner Ausbildungspflicht nachkommen. Andernfalls besteht die Gefahr von Schadensersatzansprüchen.
Der Ausbildungsbetrieb muss von allen Möglichkeiten Gebrauch machen, um seiner Ausbildungspflicht trotz Einführung von Kurzarbeit nachzukommen. So ist der Auszubildende beispielsweise in eine andere Abteilung zu versetzen oder es sind spezielle Veranstaltungen für Auszubildende durchzuführen.
Nur in äußersten Ausnahmefällen, wenn auch alle erdenklichen Maßnahmen zur weiteren Durchführung der Ausbildung ausgeschöpft sind, kann im Ausbildungsverhältnis Kurzarbeit in Betracht kommen. Kurz arbeitende Auszubildende behalten grundsätzlich ihren Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen, § 19 Abs.1 Nr.2 BBiG. Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen. Erst im Anschluss kann Kurzarbeitergeld gezahlt werden.
1.4.3 Ende der Kurzarbeit
Mit Ablauf des hierfür vereinbarten Zeitraums oder mit dem Entfallen einer der Voraussetzungen endet der Kurzarbeitszeitraum.
1.4.4 Besonderheiten
Besonderheiten gelten insbesondere im Baugewerbe. Hierzu gibt es ein Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit.
2. Weitere arbeitsrechtliche Handlungsmöglichkeiten bei einer vorübergehenden Unternehmenskrise
2.1 Abbau von Überstunden
Eine oftmals kurzfristig mögliche Reaktion auf einen vorübergehenden Beschäftigungsmangel ist der Abbau von bereits erbrachten Überstunden. Regelungen zum Procedere des Abbaus finden sich häufig in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Vereinbarungen zu Arbeitszeitkonten. Gibt es in einem Betrieb keine entsprechende Vereinbarung, kann der Arbeitgeber nicht einseitig anordnen, dass Überstunden in Freizeit abgegolten werden. Nach der gesetzlichen Regelung des § 612 BGB sind Überstunden grundsätzlich zu vergüten. Es macht deshalb Sinn, bereits im Arbeitsvertrag eine Regelung zu treffen, ob und zu welchen Bedingungen ein Freizeitausgleich verlangt werden kann.
2.2 Betriebsferien
Auch die Festlegung von Betriebsferien kann ein Mittel sein, um eine schwache Auftragslage zu überbrücken.
Unter dem Begriff Betriebsferien oder Betriebsurlaub versteht man einen Zeitraum in dem allen Arbeitnehmern oder bestimmten Teile der Arbeitnehmerschaft gleichzeitig Urlaub gewährt wird.
In Betrieben mit Betriebsrat bedarf die Einführung von Betriebsferien und deren zeitliche Lage der Mitbestimmung des Betriebsrates, § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.
In Betrieben mit Betriebsrat bedarf die Einführung von Betriebsferien und deren zeitliche Lage der Mitbestimmung des Betriebsrates, § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.
Zu beachten ist, dass die Betriebsferien rechtzeitig eingeführt werden müssen und nicht der gesamte Jahresurlaub im Rahmen von Betriebsferien festgelegt werden kann. Was hierbei als zulässig anzusehen ist, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.
Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Betriebsferien können entstehen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub bereits aufgebraucht hat oder nur einen anteiligen Urlaubsanspruch hat, der den Zeitraum der Betriebsferien übersteigt. Ist der Arbeitnehmer während der Betriebsferien arbeitsbereit und wird nicht beschäftigt, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug und der Arbeitnehmer behält damit seinen Vergütungsanspruch. Gleiches gilt, sofern ein Arbeitnehmer noch keinen Urlaubsanspruch hat. Allerdings hat der Arbeitgeber hier grundsätzlich die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer den Teilurlaub zu gewähren.
2.3 Verzicht auf Sonderzuwendungen
Zahlungen von Weihnachts- oder Urlaubsgeld bzw. andere Sonderzuwendungen können in Zeiten einer Krise äußerst belastend sein. Aus diesem Grund sollte sich der Arbeitgeber mit der Frage auseinandersetzen, ob er derartige Leistungen erbringen muss oder nicht.
Es ist zunächst zu klären, ob eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag besteht, aus der sich ein Anspruch auf Bezahlung der jeweiligen Sonderzuwendung ergibt.
Ein Anspruch kann sich allerdings auch aus einer sogenannten betrieblichen Übung ergeben. Eine solche betriebliche Übung entsteht bei Gratifikationen in der Regel nach mindestens dreimaliger vorbehaltsloser Gewährung. Das Entstehen einer betrieblichen Übung und damit eines Anspruchs kann dadurch verhindert werden, dass die Leistung unter einen wirksamen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt gestellt wird. Unter Umständen kann es in seltenen Einzelfällen auch ausreichend sein, dass der Arbeitnehmer erkennen musste, dass der Arbeitgeber sich nicht binden wollte.
Sofern die Sonderzuwendung unter einem wirksamen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt steht, kann der Arbeitgeber von der Zahlung absehen bzw. die Leistung widerrufen und sie daraufhin nicht erbringen. Andernfalls ist an eine Änderungskündigung zu denken.
Äußerst problematisch ist jedoch oftmals die Wirksamkeit solcher Vorbehalte. Die Rechtsprechung stellt hieran insbesondere bei Formularverträgen hohe Anforderungen, da sie einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegen.
2.4 Beendigung von Arbeitsverhältnissen und weitere Maßnahmen
In schwierigen Zeiten lassen sich als letztes Mittel Kündigungen oftmals nicht vermeiden. Teilweise sind auch Änderungskündigungen denkbar.
Neben der Kündigung führt auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Weiterhin besteht die Möglichkeit, ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht zu verlängern.
In diesem Zusammenhang kann auch in Betracht gezogen werden, die Zusammenarbeit mit Leiharbeitern zu beenden. Von derartigen Verträgen kann man sich oft relativ kurzfristig lösen.
Die IHK Pfalz kann arbeitsrechtliche Erstauskünfte nur an Mitgliedsunternehmen erteilen.