24.05.24

Argentinien: Alles neu im Außenhandel?

Die neue argentinische Regierung unter Javier Milei hat bereits kurz nach dem Amtsantritt im Dezember 2023 das Importsystem geändert und einen Großteil der komplexen Bürokratie zur Beantragung von Importlizenzen abgeschafft. Überweisungen ins Ausland werden aber weiterhin streng kontrolliert und limitiert. Was hat sich geändert? Was bleibt gleich?

Neues Statistiksystem für Einfuhren (SEDI)
 

Ende Dezember 2023 hat ein neues Statistiksystem für Einfuhren (SEDI) das vorherige Einfuhrsystem der Argentinischen Republik (SIRA) ersetzt und das Anmelde- und Genehmigungsverfahren für Importe erheblich vereinfacht. Zwar müssen nach wie vor alle geplanten Importe vorab eingetragen werden, dies dient aber laut Beschluss zu statistischen Zwecken. Die automatischen und nicht-automatischen Importlizenzen wurden abgeschafft, ebenso wie alle bürokratischen Kontrollen, die das SIRA beinhaltete. Im SEDI werden Importvorgänge in der Regel innerhalb von 48 Stunden genehmigt. Weitere, am Importprozess beteiligte Behörden, können innerhalb einer Frist von 30 Kalendertagen Einspruch erheben.
Der Devisenmarkt wird jedoch weiterhin streng kontrolliert und Zahlungen ins Ausland limitiert. Auch die im vergangenen Jahr auf Handelseinfuhren ausgeweitete Solidarabgabe Impuesto PAIS i.H.v. 17,5% wird weiterhin erhoben. Hintergrund dieser Kontrollen ist der Versuch, die immer noch knappen Devisenreserven des Landes zu schützen. Diese sind seit Jahren niedrig und können trotz einer guten Ernte und weiterer günstiger Entwicklungen, wie der Verbesserung der Energiebilanz des Landes, bisher nur langsam stabilisiert und aufgefüllt werden.

Neue Zahlungsfristen


Die argentinische Zentralbank BCRA hat für alle Einfuhren ab dem 13. Dezember 2023 neue Zahlungsfristen festgelegt. Diese sehen als allgemeine Regel die Zahlung von vier gleichen aufeinanderfolgenden Raten nach 30, 60, 90 und 120 Tagen vor. Es gibt einige Ausnahmen, darunter Kohlenwasserstoffe und pharmazeutische Produkte, die schneller bezahlt werden können. Leistungen per Vorkasse sind generell nicht vorgesehen.
Nach Berichten unserer Mitglieder werden diese Zahlungsfristen weitgehend eingehalten und neue Einfuhren können bezahlt werden. Wenn es zu Schwierigkeiten kommt, handelt es sich i.d.R. um Fehler bei den Banken oder widersprüchlichen Kalkulationen in den verschiedenen Systemen. Aus diesem Grund ist der bürokratische Aufwand der Transaktionen weiterhin umfangreich.
Seit dem 15. April 2024 gelten außerdem neue Sonderregelungen für den Zugang zum Devisenmarkt für KKMU. Diese können Importe 30 Tage nach der Nationalisierung bezahlen und profitieren weiterhin bei der Einfuhr von Investitionsgütern von der Möglichkeit, für bis zu 20% des Wertes Vorkasse zu leisten.

Handelsschulden für Importe vor dem 13. Dezember 2023


Mit dem Antritt der neuen Regierung wurde jedoch die Zahlung von Handelsschulden für Importe vor dem 13.12.2023 gestoppt. Die bis dahin aufgelaufenen Außenstände wurden in einem Register erfasst, welches am 24.01.2024 mit einer Summe von 42,6 Mrd. USD eingetragener offener Außenstände schloss. Das offizielle Instrument zur Begleichung dieser Schulden sind die Schuldverschreibungen BOPREAL (Bonos para la Reconstrucción de una Argentina Libre). Diese Anleihen für den Wiederaufbau eines freien Argentiniens sind Wertpapiere, die von der argentinischen Zentralbank in US-Dollar an Importeure mit Schulden für die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen, die vor dem 13. Dezember 2023 verzollt wurden, ausgegeben werden.
Bisher wurden drei Serien der BOPREAL-Anleihen mit Laufzeiten zwischen Mitte 2025 und Ende 2027 zu unterschiedlichen Konditionen angeboten. Die Zeichnung erfolgt in argentinischen Pesos während die Auszahlung nach Ablauf der entsprechenden Frist in USD erfolgt. Es besteht die Möglichkeit, sich durch die Einziehung von Zinsen, die Einziehung des Kapitals bei Fälligkeit oder den Verkauf der Anleihe auf dem Sekundärmarkt im Ausland Devisen zu beschaffen, um Handelsschulden zu bezahlen. Teile der dritten Serie erlauben erstmals auch die Verwendung der Devisen für die Ausschüttung von Gewinnen oder der Zahlung von Dividenden an Gläubiger im Ausland. Der Verkauf der Anleihen auf dem Inlandsmarkt berechtigt dagegen nicht zur Schuldentilgung im Ausland.
Der Verkauf der Anleihen auf dem Sekundärmarkt schränkt den Zugang zum offiziellen Devisenmarkt z.B. für die Bezahlung aktueller Importe nicht ein, solange die Wertpapiere im Rahmen der Primärausschreibungen erworben wurden. Wenn der Gläubiger zustimmt, können die BOPREAL-Anleihen auch direkt übertragen werden, um Importschulden zu begleichen. Der Gläubiger kann entweder die in der Anleihe festgelegte Laufzeit abwarten, um den Betrag zu erhalten oder die Anleihe auf dem Sekundärmarkt verkaufen. Der Sekundärmarkt für diese Anleihen entwickelt sich derzeit. Die Verkäufer müssen allerdings Einbußen von ca. 30 – 40% des Wertes hinnehmen und können die Differenz durch bestimmte andere Finanzgeschäfte ausgleichen.
Auf Seiten der Gläubiger ist es empfehlenswert sich vor dem Erwerb anwaltlich oder durch Finanzfachleute beraten zu lassen, damit diese Geschäfte nicht mit Vorgaben zur Vermeidung von Geldwäsche oder anderen rechtlichen Vorschriften in ihrem Land in Konflikt geraten.
Importschulden für die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen, die vor dem 12. Dezember 2023 getätigt wurden, können auch mit Devisen beglichen werden, die im Ausland gehalten werden oder über andere Wertpapiere bzw. Devisengeschäfte. Letzteres hat allerdings zur Folge, dass die argentinischen Importeure für mehrere Monate den Zugang zum offiziellen Devisenmarkt, z.B. für die Zahlung aktueller Importe, verlieren.
Auch im Bereich der Tilgung von Handelsschulden gibt es Sonderregelungen für KKMU, sofern die Außenstände im oben beschriebenen Schuldenregister eingetragen sind und 500.000 USD nicht übersteigen.
Die Hauptsorge der Importeure im aktuellen Szenario ist vor allem das weitere Auflaufen von Schulden, die durch das Ratensystem generiert werden, während ältere Außenstände nur teilweise getilgt werden können. Viele ausländische Unternehmen sind zu Recht vorsichtig beim Erwerb der BOPREAL-Anleihen und deren komplexen Handhabung.
Auch der bürokratische Aufwand für Zahlungen ins Ausland ist weiterhin hoch. Die Einhaltung aller Regulierungen und Vorgaben stellt sowohl die Importeure als auch die Banken vor die Herausforderung ständiger Anpassungen der Systeme und der Behebung von Fehlern (Quelle: AHK Argentinien).

Ansprechpartnerin bei der Auslandshandelskammer

Haben Sie Fragen zu den aktuellen Veränderungen im Import- und Devisenkontrollsystem? Zögern Sie nicht uns direkt anzusprechen.

Kontakt: Christina Keim / ckeim@ahkargentina.com.ar