17.04.2024
Warenverkehr zwischen der EU und UK: Zoll und Steuer
Zoll
Seit 2021 sind die hier auf den Seiten der deutschen Zollverwaltung beschriebenen Informationen relevant:
Ausfuhr nach Großbritannien
Ungeachtet des Handels- und Kooperationsabkommens (Trade and Cooperation Agreement, TCA), das seit dem 1.5.2021 endgültig zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (VK) in Kraft ist, sind seit dem Ende der Übergangsphase (31.12.2020) bei der Ausfuhr von Waren aus der Deutschland / der EU nach Großbritannien die folgenden zollrechtlichen Formalitäten zu beachten:
- Beantragung einer EORI-Nummer, falls Ihr Unternehmen bislang nur mit Waren innerhalb Deutschlands oder der EU handelt. EORI-Nummern aus dem Vereinigten Königreich (beginnend mit GB) sind in der EU ungültig.
- Recherche der zutreffenden 8-stelligen Zolltarifnummern für Ihre Produkte
- wenn es sich um EU-Ursprungsware handelt und in Großbritannien Einfuhrzölle für die Ware gelten: Abgabe einer Erklärung zum Ursprung als Präferenznachweis nach dem Handels- und Kooperationsabkommen, um die zollfreie Einfuhr in Großbritannien zu ermöglichen
- Beachtung etwaiger exportkontrollrechtlicher Genehmigungspflichten
- Gestellung der Ware und Abgabe einer Ausfuhranmeldung
- Importeur in Großbritannien: Erledigung der Zollformalitäten, Entrichtung von Einfuhrumsatzsteuer (siehe mehr Details im Abschnitt “Umsatzsteuer”), ggf. Entrichtung von Einfuhrzöllen, wenn es sich nicht um EU-Ursprungsware handelt (sowohl die Zollsätze für EU- als auch für Nicht-EU-Ursprungswaren finden sich in der Zolltarifdatenbank der britischen Behörden).
Einfuhr aus Großbritannien
Beim Import von Waren aus Großbritannien nach Deutschland / in die EU ist ungeachtet des Handelsabkommens zwischen der EU und dem VK an diese Aspekte zu denken:
- Beantragung einer EORI-Nummer, falls Ihr Unternehmen bislang nur mit Waren innerhalb Deutschlands oder der EU handelt. EORI-Nummern aus dem Vereinigten Königreich (beginnend mit GB) sind in der EU ungültig.
- Ermittlung der 11-stelligen Zolltarifnummern für Ihre Produkte für die Einfuhr
- Angabe des Warenwerts
- Abgabe der summarischen Eingangsanmeldung und Ankunftsmeldung durch den Beförderer mit den Fristen nach Art. 105-111 UZK-DA
- Abgabe einer Einfuhranmeldung
- Entrichtung von Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Einfuhrzöllen, wenn es sich nicht um VK-Ursprungsware handelt
- Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren wie Alkohol (z.B. Schaumwein), Tabak und Kaffee Entrichtung von Verbrauchsteuern
- Bei Waren, die Verboten und Beschränkungen unterliegen, werden zusätzliche Lizenzen, Nachweise oder Zertifikate erforderlich (z.B. Veterinärdokumente, Pflanzenschutzbescheinigung). Bestimmte Waren dürfen dann nur noch an speziellen Zollstellen abgefertigt werden (z.B. veterinäre Grenzkontrollstellen).
Warenursprung und Präferenzen
Präferenzstatus
Das seit dem 1.1.2021 anwendbare TCA wirkt sich nur auf den direkten Warenverkehr zwischen der EU und dem VK aus, nicht aber auf den Warenverkehr zwischen der EU und ihren übrigen präferenziellen Partnerstaaten. Daher gilt für den Warenverkehr mit den übrigen Partnerstaaten:
- Waren aus dem Vereinigten Königreich sind seit dem Ablauf der Übergangsphase keine EU-Waren mehr und folglich nicht mehr präferenzbegünstigt. Vormaterialien aus dem Vereinigten Königreich gelten damit als Vormaterialien ohne Ursprung und Be- und Verarbeitungen im Vereinigten Königreich sind nicht (mehr) ursprungsbegründend.
- Waren, die bereits vor dem Ende der Übergangsphase im Vereinigten Königreich produziert wurden, aber erst nach dem Ende der Übergangsphase in die EU27 transportiert werden, gelten als Waren ohne Ursprung.
- Waren, die bereits vor dem Ende der Übergangsphase in der EU produziert wurden, zudem vor dem Ende der Übergangsphase ins Vereinigte Königreich transportiert wurden und nach dem Ende der Übergangsphase wieder in die EU27 gelangen, gelten als Waren ohne Ursprung.
- Waren aus EU-Präferenzländern, die vor dem Ende der Übergangsphase ins Vereinigte Königreich transportiert wurden und erst nach dem Ende der Übergangsphase in die EU27 importiert werden, gelten als Waren ohne Ursprung im Präferenzland. Eine Verwendung dieser Waren im Rahmen bilateraler oder diagonaler Kumulierung ist nicht möglich.
- Waren mit EU-Präferenzursprung, die nach dem Ende der Übergangsfrist über das Vereinigte Königreich ohne durchgehende Frachtpapiere in ein Präferenzland geliefert werden, sind in der Regel dort nicht präferenzbegünstigt. Gleiches gilt für aus Präferenzländern stammende Waren beim Transport über das Vereinigte Königreich in die EU27. Ursache sind Direktbeförderungsklauseln in den meisten Freihandelsabkommen, die eine unmittelbare Beförderung von Präferenzwaren zwischen den Abkommenspartnern vorsehen.
Lieferantenerklärungen
- Lieferantenerklärungen aus dem Vereinigten Königreich (VK) wurden nach dem Ablauf der Übergangsfrist grundsätzlich ungültig, auch wenn sie vor dem Ablauf der Übergangsfrist ausgestellt wurden.
- Auch mussten an Kunden ausgestellte Langzeit-Lieferantenerklärungen für Waren mit Ursprung im Vereinigten Königreich mit einer Laufzeit über das Jahresende 2020 hinaus bis Ende 2020 widerrufen werden.
- Lieferantenerklärungen aus der EU27 gelten normal weiter. Wenn jedoch die gelieferte Ware aufgrund von maßgeblichen VK-Inhalten ihren Präferenzursprung verliert, wird die Lieferantenerklärung ungültig und der Lieferant ist verpflichtet, seinen Kunden darüber zu informieren.
Quelle: zoll.de
Zollrechtliche Bewilligungen und Entscheidungen
- Verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA-Entscheidungen) von EORI-Nummer-Inhabern aus der EU haben ihre Gültigkeit in Großbritannien verloren. Ebenso haben vZTA-Entscheidungen der EU27-Zollbehörden bei britischen EORI-Nummer-Inhabern ihre Gültigkeit verloren.
- Verbindliche präferenzielle Ursprungsauskünfte (vUA) von EORI-Nummer-Inhabern aus der EU haben ihre Gültigkeit im Vereinigten Königreich verloren. Ebenso wie vUA der EU27-Zollbehörden bei britischen EORI-Nummer-Inhabern, die sich auf Waren mit UK-Vormaterialien beziehen.
- Jegliche weitere von den britischen Zollbehörden erteilte zollrechtliche Entscheidungen oder Bewilligungen wie der Ermächtigte Ausführer (EA), Registrierte Ausführer (REX) oder der Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO) haben ihre Gültigkeit innerhalb der EU verloren, ebenso Bewilligungen und Entscheidungen der EU27-Zollbehörden bei britischen EORI-Nummer-Inhabern.
Umsatzsteuer
Warenlieferungen
Seit dem Ende der Übergangsphase am 31.12.2020 findet die Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EC in Großbritannien keine Anwendung mehr (Besonderheiten im Fall von Nordirland siehe hier). Die Versendung und Beförderung von Waren von und nach UK stellt seitdem keinen Warenverkehr innerhalb der EU mehr dar, sondern Importe und Exporte. Der Verkauf von Waren zwischen Großbritannien und Nordirland gilt als umsatzsteuerpflichtige Inlandslieferung. Weitere Details zum Warenhandel mit Nordirland finden Sie in unserem Artikel hier. Aus umsatzsteuerlicher Sicht gilt im Warenverkehr zwischen der EU und Großbritannien sowie mit Nordirland Folgendes:
Beförderung oder Versendung von Waren von/ nach | Umsatzsteuerliche Behandlung |
---|---|
EU nach Großbritannien | Export aus der EU |
Großbritannien in die EU | Import in der EU |
EU nach Nordirland | Innergemeinschaftliche Lieferung |
Nordirland nach EU | Innergemeinschaftliche Lieferung |
Nordirland nach Großbritannien | Inlandslieferung |
Großbritannien nach Nordirland | Inlandslieferung |
Entsprechend kann der Exporteur in der EU seinem Kunden in Großbritannien eine Rechnung ohne Umsatzsteuer mit dem Hinweis “steuerfreie Ausfuhrlieferung” stellen. Die Ausfuhr ist in Beförderungs- oder Versendungsfällen mit Belegen nach §§ 9 und 10 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung nachzuweisen.
Der Importeur in Großbritannien hat die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von standardmäßig 20 % abzuführen. Die umsatzsteuerlichen Pflichten des Verkäufers bzw. Käufers hängen also davon ab, wer nach den vereinbarten Lieferbedingungen für die Einfuhr in Großbritannien verantwortlich ist. Sollte der Verkäufer als Einführer in Großbritannien auftreten, so schuldet er die Umsatzsteuer und führt sie entweder direkt bei der Einfuhr oder – wenn er eine britische Umsatzsteuernummer hat – auf Antrag im Rahmen der britischen Umsatzsteuererklärung ab.
Eine Sonderregel gilt für Direktlieferungen aus dem Ausland nach Großbritannien (nicht von einem Lager in Großbritannien aus) mit einem Wert von höchstens 135 britischen Pfund im B2C-Geschäft (d.h. wenn der britische Kunde keine Umsatzsteuernummer hat): Hier wird britische Umsatzsteuer bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs der Ware fällig, wenn sich die Ware noch im Ausland befindet, nicht erst zum Zeitpunkt der Einfuhr (da bis zu dieser Wertgrenze keine Verzollung stattfindet). Es sind zwei Fälle zu unterscheiden:
- Wird der Verkauf über einen Online-Marktplatz abgewickelt, so ist der Betreiber dieses Online-Marktplatzes Steuerschuldner und muss die britische Umsatzsteuer erheben und abführen. Der Verkäufer muss sich nicht in Großbritannien umsatzsteuerlich registrieren lassen.
- Ist kein Online-Marktplatz am Verkauf beteiligt, wird der Verkäufer zum Steuerschuldner. Er muss sich umsatzsteuerlich in Großbritannien registrieren lassen, dem Kunden eine Rechnung mit britischer Umsatzsteuer stellen und diese abführen.
Quellen: European Commission: Readiness notice “Value Added Tax (VAT) – goods” (pdf), Merkblatt Grenzüberschreitende Warensendungen nach Großbritannien und Nordirland (pdf) der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer
Dienstleistungen
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen gilt das UK inklusive Nordirland seit 2021 als Drittstaat . Entsprechend ist die Nutzung des Mini One-Stop-Shops für EU27-Anbieter elektronischer Dienstleistungen an Endkunden im Vereinigten Königreich nicht mehr möglich.
Verbrauchsteuer
Verbrauchsteuerpflichtige Waren wie Wein, Tabak und Kaffee können seit dem Ende der Übergangsfrist nicht mehr im EDV-gestützten Kontroll- und Beförderungssystem EMCS unter Steueraussetzung nach Großbritannien befördert werden (Besonderheiten im Fall von Nordirland siehe hier). Erfolgt die Ausfuhr der verbrauchsteuerpflichtigen Waren über einen anderen EU-Mitgliedsstaat, muss EMCS mit einem elektronischen Verwaltungsdokument (eVD) parallel zur ATLAS-Ausfuhranmeldung bis zum Ausgangszollstelle zum Einsatz kommen, sowohl bei Beförderung unter Steueraussetzung wie auch bei Beförderung im steuerrechtlich freien Verkehr.
Die Registrierung und Autorisierung britischer Steuerlagerinhaber, registrierter Empfänger und registrierter Versender in der SEED-Datei wurde zum Ende der Übergangsfrist ungültig.
Exportkontrolle
Seit dem 01.01.2021 gilt das Vereinigte Königreich auch in exportkontrollrechtlicher Hinsicht als Drittland. Aus exportkontrollrechtlicher Sicht hat dies zur Folge, dass Lieferungen in das Vereinigte Königreich inklusive Nordirland als Ausfuhren, und nicht mehr als Verbringungen, anzusehen sind. Entsprechend entstehen neue Genehmigungsplichten. Mehr Informationen hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammengestellt.