International
Gemeinschaftsunternehmen / Joint-Venture (JV)
Das Joint-Venture war eine häufig benutzte Unternehmensformen für den Markteintritt ausländischer Unternehmen in China. Mittlerweile jedoch verschiebt sich der Trend hin zu 100%-igen Tochtergesellschaften. Hintergrund ist, dass es in der Vergangenheit oft diverse Komplikationen mit den chinesischen Partnerfirmen gab. Nachdem es in den meisten Branchen möglich wurde, eigene Tochtergesellschaften zu gründen, lösten viele Unternehmen ebenfalls bestehende Joint-Ventures auf und gründeten eigene Tochtergesellschaften, um unabhängig von chinesischen Partnern agieren zu können. Der Joint-Venture Zwang, zum Beispiel für die Automobilbranche, wird seit 2018 schrittweise aufgehoben. In einigen Konstellationen kann es für manche Unternehmen, deren Branche nicht reglementiert ist, nützlich sein, ein Joint-Venture einzugehen.
Für Joint-Ventures gibt es seit dem 15. März 2019 ein neues „Gesetz der Volksrepublik China über ausländische Investitionen“ (Foreign Investment Law, FIL). Mit seinem Inkrafttreten im Jahr 2020 wurden die drei bestehenden Gesetze über Equity Joint Ventures, Contractual Joint Ventures und Wholly Foreign-Owned Enterprises (sog. FIE Laws) sowie deren jeweilige Durchführungsbestimmungen aufgehoben und es wird erstmals ein für alle Investitionsvehikel einheitliches Gesetz in China gelten.
Im Vergleich zum ersten Gesetzesentwurf von 2015 ist das nun verabschiedete Gesetz von deutlich geringerem Umfang. Sah der damalige Entwurf noch 170 Artikel vor, so waren es im zweiten Entwurf (Dezember 2018) nur noch 39; schließlich umfasst das Gesetz nun 42 teils sehr kurze Vorschriften in sechs Kapiteln.
Ausländischen Investitionen, die nicht unter die sogenannte Negativliste fallen, wird nach dem neuen Gesetz Inländerbehandlung vor der Zulassung gewährt. Diese Negativliste verbietet oder beschränkt ausländische Investitionen in bestimmten Branchen. Das System der Negativlisten (mittlerweile drei) hat in den letzten Jahren die früheren Investitionskataloge ersetzt.
Regelungen zu Investitionsschutz und -förderung sowie zur rechtlichen Haftung und zum Investitionsmanagement sind im FIL enthalten. Insbesondere ist eine Sicherheitsüberprüfung (National Security Review) ausländischer Investitionen durchzuführen. Zudem ist die Schaffung eines Systems zur Übermittlung von Investitionsinformationen vorgesehen.
Der Zwang zum Technologietransfer soll mit dem FIL aufgehoben werden, es dürfen danach keine administrativen Maßnahmen diesbezüglich erfolgen. Vielmehr soll technologische Zusammenarbeit auf Freiwilligkeit basieren. Das Gesetz verspricht auch den Schutz geistigen Eigentums und insbesondere der Geschäftsgeheimnisse ausländischer Investoren und ausländisch investierter Unternehmen.
Regelungen zu den sogenannten Variable Interest Entities (VIE)-Konstruktionen haben - anders als noch im ursprünglichen Entwurf von 2015 vorgesehen - keinen Eingang in das FIL gefunden. Bestimmungen zur Investitionsprüfung wurden ebenfalls nicht ins Gesetz aufgenommen.
Mit dem Inkrafttreten am 1. Januar 2020, ist eine Übergangsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Das heißt, bestehende ausländisch investierte Unternehmen haben bis zum 31. Dezember 2024 Zeit, den institutionellen Rahmen und ihre Organisationsstrukturen anzupassen, beispielsweise Satzungsänderungen vorzunehmen. Die Regelungen insbesondere des chinesischen Company Law sowie des Partnership Enterprise Law finden dabei Anwendung.
Der Trend verschiebt sich zu 100%-igen Tochtergesellschaften, aber für manche Unternehmen können Joint-Ventures noch sinnvoll sein. Bei Joint-Ventures gibt es verschiedene Kooperationsformen, die wir im Folgenden vorstellen.
Equity Joint-Venture (EJV)
Sollten das deutsche Unternehmen und ein potentieller chinesischer Partner die gleichen geschäftlichen Interessen verfolgen, so kann die Gründung eines Joint-Ventures für den ausländischen Investor sinnvoll sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der chinesische Partner über eine besondere Marktkenntnis, gute Beziehungen zur lokalen Bürokratie und qualifizierte Arbeitskräfte verfügt. Allerdings sollte die Gründung eines Joint-Ventures in der VR China grundsätzlich erst nach genauer Studie des chinesischen Marktes für das in Frage kommende Geschäftsfeld und nach detaillierter Abwägung der Vor- und Nachteile dieser Rechtsform in Angriff genommen werden.
Grundsätzlich können auch andere Gesellschaftsformen in China erfolgversprechend sein. Dabei ist es besonders wichtig, den richtigen Partner für das geplante Gemeinschaftsunternehmen zu finden. Das muss nicht unbedingt die Firma sein, die Ihnen eine Kooperation ad hoc anbietet. Besonderen Wert sollte man bei der Partnerauswahl auf die Qualität der lokalen Kontakte des chinesischen Unternehmens zu Politik und Verwaltung legen. Die exakte Aufteilung des Investitionsrisikos, die richtige Bewertung der von chinesischer Seite eingebrachten Assets und die Sicherstellung eines hohen Maßes an Mitsprache im Management sind Punkte, auf die Sie in China besonders achten sollten.
Ferner ist ein geeigneter Standort für das geplante Gemeinschaftsunternehmen genau im Hinblick auf Investitionsbedingungen und steuerrechtliche Fragen sowie auf die Vertriebskanäle, das Lohnniveau und die Verfügbarkeit von geschulten Fachkräften zu analysieren. Da China nicht aus einem homogenen Markt, sondern aus einem Konglomerat von vielen Hundert verschiedenen Einzelmärkten besteht, können sich - trotz WTO-Beitritt - Investitionskonditionen und das politische Umfeld stark unterscheiden. Sollte man sich nach gründlicher Analyse zu der Gründung eines Joint- Ventures entschließen, kommt meistens ein Equity-Joint-Venture (Kapitalgesellschaft) in Frage. Das EJV wird als GmbH des chinesischen Rechts gegründet und muss eingetragen werden. Dabei ist eine ausländische Beteiligung von mindestens 25% notwendig.
Der Ablauf zur Gründung eines Equity-Joint-Ventures:
- Vorverhandlungen unter den potentiellen Partnern:
Standortfragen, Kapitaleinbringungshöhen, Zielsetzung des Joint-Ventures, Aufgabenfestlegung, etc. - Letter of Intent:
Ergebnisse der Verhandlungen werden festgehalten (rechtlich unverbindlich). Diese bilden jedoch Grundlage für den späteren Joint-Venture Vertrag. - Weitere Verhandlungen über Joint-Venture Vertrag und Satzung des Joint-Ventures:
Der Joint-Venture Vertrag unterliegt zwingend chinesischem Recht. Der Vertrag wird erst wirksam, wenn die zuständige Behörde das Joint- Venture genehmigt hat. - Erstellung einer vorläufigen Feasibility Study (Machbarkeitsstudie), häufig durch den chinesischen Partner, ist inzwischen nicht mehr erforderlich. Die Feasibility Study enthält grobe Angaben zum Projekt und erlaubt den beteiligten Ämtern eine erste Beurteilung des Vorhabens im Hinblick auf seine generelle Genehmigungsfähigkeit.
- Antrag auf Genehmigung des Joint-Ventures:
Zuständig ist meistens die jeweilige Administration for Market Regulation (AMR).
Der Antrag muss in chinesischer Sprache vorgelegt werden. Ferner müssen eingereicht werden: Satzung des JV, JV-Vertrag, etc. - Antragstellung auf Genehmigung des Firmennamens:
Parallel zum obigen Genehmigungsverfahren wird der chinesische Firmenname genehmigt und registriert.
Aufbau des Firmennamen: Trade Name + Tätigkeitsschwerpunkt (z.B. Consulting, Handel) + Eintragungsort (z.B. Beijing) + Unternehmensform (z.B. Co., Ltd). - Geschäftserlaubnis (Business Licence):
Die Administration for Market Regulation (AMR) stellt danach die notwendige Business Licence aus. Damit erhält die Gesellschaft Rechtsfähigkeit. - Weitere notwendige Registrierungen:
z.B. bei den Steuerbehörden State Tax Administration und State Administration of Foreign Exchange.
Ein besonderer Knackpunkt im Vorfeld einer Joint-Venture Gründung ist die Sorgfaltsprüfung (due diligence). Es können sich nämlich bei der Beteiligung an einem Joint-Venture diverse Risiken ergeben, da das chinesische Buchhaltungs- und Bilanzierungssystem keinem internationalen Standard entspricht. Eine solche Prüfung muss deshalb von einem Expertenteam (Anwälte, Steuer- und Finanzierungsexperten, Wirtschaftsprüfer) begleitet bzw. durchgeführt werden. Der chinesische Partner ist eine derartige Prüfung nicht gewöhnt, deshalb ist ein frühzeitiges und diplomatisches Agieren notwendig.
Contractual (Cooperative) Joint-Venture (CJV)
Contractual Joint-Ventures sollen flexiblere Lösungen für die Zusammenarbeit zwischen ausländischen Investoren und inländischen Unternehmen ermöglichen. Sie wurden ursprünglich zugelassen, um den Investor von den gesetzlichen Restriktionen der EJVs zu befreien. Da die für die Gründung eines CJVs notwendigen Bedingungen in Teilen vage bzw. nicht abschließend formuliert sind, lassen Sie den Joint-Venture Partnern einigen Gestaltungsspielraum (Form und Höhe der einzubringenden Leistungen, Aufteilung der Geschäftsführungskompetenzen, Gewinnbeteiligung).
Diese Vorteile können jedoch auch Risiken bergen. Dies ist dann der Fall, wenn Fragen der steuerlichen Behandlung und der Haftung für gemeinsame Verbindlichkeiten nicht ausreichend detailliert im Joint-Venture Vertrag geregelt wurden. Für ein CJV ist es typisch, dass der ausländische Investor das Geldkapital ins Gemeinschaftsunternehmen einbringt und die operative Verantwortung übernimmt, während der chinesische Partner das Landnutzungsrecht zur Verfügung stellt. Aus Perspektive der chinesischen Regierung ist das CJV hauptsächlich für Gemeinschaftsunternehmen gedacht, die nur über einen bestimmten Zeitraum Bestand haben sollen (Infrastruktur-, Hotel- und Grundstücksentwicklungsprojekte).
Wichtig ist, dass Sie sich bei einem Joint-Venture vertraglich relevante Durchgriffsmöglichkeiten wie Veto- und Kontrollrechte sichern. Dies ist vor allem wichtig um Kontrolle zu wahren, da es in der Vergangenheit öfters Komplikationen gab und chinesische Geschäftspartner zum Teil hinter dem Rücken des deutschen Partnerunternehmens agierten.
Ebenso sollten bei allen Formen von Joint-Ventures auch die Punkte "Wirtschaftsspionage" und "unerwünschter Technologietransfer" berücksichtigt werden. Weitere Informationen finden Sie hier:
Investoren, die sich auf dem chinesischen Markt längerfristig betätigen und vor Ort produzieren wollen, gründen normalerweise ein EJV oder ein WFOE (100%ige Tochtergesellschaft).