Volksrepublik China - Wirtschaftsrecht

Rechtliche Rahmenbedingungen und Rechtsdurchsetzung

"Recht haben und Recht bekommen" - das sind besonders in China häufig zwei verschiedene Dinge! Denn die Schwächen des chinesischen Rechtssystems werden besonders offensichtlich wenn man versucht, seine Rechte in den vorgesehenen förmlichen Verfahren durchzusetzen.
Unternehmen und Privatpersonen können nicht wie in Rechtssystemen westlicher Prägung mit einer gewissen Sicherheit damit rechnen, beispielsweise einen begründeten Schadensersatzanspruch geltend zu machen oder einen falschen Steuerbescheid anzufechten. Neben teilweise korrupten und schlecht ausgebildeten Richtern (ca. 80% ohne juristischen Abschluss) führt politische Einflussnahme immer wieder zu "Fehlurteilen". Ein "running Gag" macht in China diesbezüglich die Runde: "Woran erkennt man, dass man an einen ehrlichen Richter geraten ist? Wenn er - falls man den Prozess verliert - das Bestechungsgeld zurückzahlt." Richter werden von den Lokalregierungen ernannt und entlassen und verdanken ihr Amt nicht zuletzt der Mitgliedschaft in der KPCh. Urteile werden in der Regel mit Vorgesetzten oder Vertretern der Lokalregierung diskutiert. Chinesische Unternehmen besitzen auch heute noch ganz grob gesagt über einen "2/3-Vorteil" gegenüber ausländischen oder nicht aus dieser Provinz stammenden Unternehmen.
Ferner muss trotz aller Bemühungen der chinesischen Seite auch im Hinblick auf den WTO-Beitritt festgehalten werden, dass der rechtliche Weg von vielen Chinesen nicht als der beste bzw. sogar als denkbar ungeeignet erscheint, um Probleme zu lösen und Konflikte beizulegen. Zieht man vor Gericht, ist die Geschäftsbeziehung zu Ende, das Gesicht des Geschäftspartners und das eigene verloren. Konsultationen und gesichtswahrende Kompromisse führen daher häufiger zum Ziel.

Vollstreckung

Sollte man ein rechtswirksames Urteil eines ordentlichen Gerichts bzw. Schiedsgerichts zu seinen Gunsten erreicht haben, so ist bei der Vollstreckung mit weiteren Hindernissen zu rechnen. Schiedssprüche werden häufig aufgrund "formeller Fehler" nicht anerkannt, ähnlich verhält es sich mit Urteilen aus anderen Provinzen Chinas.
Der chinesischen Führung sind diese Missstände bewusst. Deshalb ist sie seit Beginn der "heißen Phase" des WTO-Beitritts bemüht, das Rechtssystem nachhaltig zu verbessern (Ausbildung von juristischem Personal, widerspruchsfreie Formulierung von Gesetzen und Vorschriften, groß angelegte "scharfe" Anti-Korruptionskampagnen, Angleichung der Gesetze an die Erfordernisse der WTO-Prinzipien, Stärkung der Anwaltschaft).

Urteile ausländischer Gerichte und Schiedsgerichte

Grundsätzlich können rechtskräftige ausländische Urteile in China nur dann anerkannt und ggf. vollstreckt werden, wenn das ausländische Gericht international zuständig war, kein Verstoß gegen den chinesischen ordre public vorlag und eine Verbürgung der Gegenseitigkeit vorliegt. Da aber zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der VR China keine Verbürgung der Gegenseitigkeit vorhanden ist, kann ein deutsches Urteil in der VR China grundsätzlich nicht vollstreckt werden. Bisher sind deutsche Urteile nur innerhalb der EU und den EFTA-Staaten sowie mit Abstrichen in einigen osteuropäischen Ländern vollstreckbar (Brüsseler Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen vom 27.09.1968, Luganer Übereinkommen vom 01.06.2000).
Eine Ausnahme bilden Schiedsgerichtsurteile. Nach dem New Yorker Abkommen von 1958, das China unterzeichnet und ratifiziert hat, ist die VR China verpflichtet, Schiedssprüche anzuerkennen. Allerdings gilt das nur für Schiedsurteile, die sich auf das Handelsrecht beziehen und aus Ländern stammen, die die oben genannte New Yorker Convention unterzeichnet haben. Die China International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC) veröffentlicht in Abständen eine Liste der zugelassenen Schiedsrichter. Unter den 1891 Personen befinden sich auch Ausländer, von denen 20 Deutsche sind. Obwohl es in letzter Zeit stetig Verbesserungen gab, kann die Umsetzung von Schiedsurteilen zum Teil schwierig werden (s.o.).
Ein deutscher Urteilsgläubiger muss, wenn er bereits im Besitz eines deutschen Richterspruchs ist, beim zuständigen erstinstanzlichen chinesischen Gericht innerhalb einer Frist von 2 Jahren ab Erlass des Schiedspruchs einen Antrag auf Vollstreckbarkeit einreichen. Dokumente und ausländische Urteile sind in chinesischer Übersetzung und notariell beglaubigt beizulegen. Fehlende Dokumente können nachgereicht werden. Zur erfolgreichen Durchsetzung eines ausländischen Schiedsurteils kann ein Rechtsanwalt mit guten Kontakten zu den Gerichten eine große Hilfe sein.

Schutz geistigen Eigentums

Von großer Bedeutung für jedes innovative Unternehmen ist der Schutz des eigenen Know-hows und interner Informationen. China gehört zu den umkämpftesten Märkten weltweit. Achten Sie darauf, bevor Sie Mitarbeiter ins Ausland entsenden, dass diese zuvor über die möglichen Risiken durch Wirtschaftsspionage informiert sind. Auch bei lokalen Angestellten und chinesischen Praktikanten und Studenten bietet sich ein Gefährdungspotenzial, dass man nicht unterschätzen darf. Vertrauliche Ansprechpartner sind die IHK Pfalz und die Sicherheitspartnerschaft des Landes Rheinland-Pfalz.
In den vergangenen Jahren hat sich die Rechtssituation zunehmend verbessert, vor allem auch da immer mehr chinesische Unternehmen unter Produktpiraterie im eigenen Land leiden. China verfügt heute über ein Markengesetz, Patentrecht, Zivilrecht, ein Strafgesetzbuch und ein Wettbewerbsrecht. Dies sind Voraussetzungen für den Schutz geistiger Eigentumsrechte. Da in diesem Rechtsbereich ständig Veränderungen und Verbesserungen an der Tagesordnung sind, soll an dieser Stelle nur erwähnt werden, dass es heute bereits möglich ist, Marken, geschäftliche Beziehungen und Domainnamen schützen zu lassen, Ansprüche gegen Verletzer zu erheben sowie Patente und Urheberrechte einzutragen. Ferner haben die chinesischen Zollbehörden das Recht, Waren, bei denen der Verdacht auf eine Schutzrechtsverletzung besteht, zu beschlagnahmen.
Um die Durchsetzung des gewerblichen Rechtsschutzes zu verbessern, hat China ebenfalls Sondergerichte etabliert, die sich auf IP Problematiken spezialisieren, z.B. die Intellectual Proper IP-Gerichte in Shanghai, Beijing und Guangzhou. Seit dem 01.01.2019 hat China ein spezialisiertes Berufungsgericht für Geistiges Eigentum ( Intellectual Property, IP) ins Leben gerufen. Mittlerweile reicht vor Gericht ein Katalog oder eine Internetseite als Nachweis des Vergehens der Produkt-/Markenpiraterie. Ebenso wurden die Strafen und Sanktionen für diese Art der Delikte verschärft. Allerdings sind die bisherigen Gesetze und Vollstreckungen noch nicht umfassend, weshalb Unternehmen nur geraten werden kann, sich bestmöglich abzusichern und Marken- bzw. Produktpiraterie explizit vorzubeugen.