Kohlenstoffdioxid auf der Spur

CO2 Fußabdruck

Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass von Menschen verursachte Emissionen die treibende Kraft hinter dem Klimawandel darstellen. Dabei steht insbesondere der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid im Fokus.
Schon im Jahr 1998 wurde vom World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und dem World Resources Institute (WRI) deshalb ein Standard entwickelt, mit dem die CO2-Emissionen einer Organisation systematisch und ganzheitlich erfasst und beschrieben werden können. Auf den Anforderungen dieses „Greenhouse Gas Protocol“ basiert auch die Normenreihe ISO 14064 ff., mit der ein Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck ermitteln sollte.

Vorgehensweise: Standards und Scopes

Eine scheinbar einfache Aufgabe, die sich in der praktischen Umsetzung aber zum Teil recht komplex gestaltet. Die Fragen sind:
  • Was muss erfasst werden?
  • Was kann, ggfs. begründet, weggelassen werden?
  • Wie ist der Bilanzierungsrahmen der Treibhausgas-Emissionen insgesamt definiert?
Das Greenhouse Gas Protocol bzw. die ISO-Norm 14064 Treibhausgasbilanzierung und Verifizierung gibt hierfür klare Vorgaben und umfasst drei Teile:
  • Teil 1 - legt die Anforderungen an die Entwicklung und den Aufbau von Treibhausgasinventaren des Unternehmens oder auf Unternehmensebene fest.
  • Teil 2 - enthält die Anforderungen für die Quantifizierung, Überwachung und Berichterstattung von Treibhausgas-Emissionen und der Reduzierung auf Projektebene
  • Teil 3 - enthält die Anforderungen und Richtlinien für die Durchführung einer Validierung, Verifizierung und Zertifizierung von Treibhausgas-Informationen
Die Ermittlung des individuellen CO2-Fußabdruckes (CCF = corporate carbon footprint) beginnt mit dem Erfassen des Ist-Zustands. Dabei sind die einzelnen Treibhausgas-Emissionen (THG) in drei Kategorien einzuteilen, die sogenannten Scopes:
  • Scope 1 umfasst alle direkten Emissionen, die z.B. aus Verbrennungsprozessen entstehen, wie die firmeneigene Fahrzeugflotte oder Heizungsanlage.
  • Scope 2 summiert alle Emissionen aus zugekaufter Energie zum Beispiel Strom und Fernwärme auf.
  • Scope 3 umfasst die gesamten indirekten Emissionen für die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette. Es ist sinnvoll die einzelnen Teilbereiche oder Prozesse eines Unternehmens wie Produktion, Energieversorgung, interne Logistik, Versand, Mobilität etc. im Detail zu betrachten und Verbräuche bzw. Emissionen den verschiedenen Scopes zuzuordnen.
Emissions_Kategorien

Fallbeispiel: mobilitätsbezogener CO2-Fußabdruck

Hier wird beispielhaft ein Teilaspekt des CO2-Fußabdruckes eines kleinen Dienstleistungsunternehmens vorgestellt. Die WUQM Consulting GmbH hat in 2016 ein zertifiziertes Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagementsystem nach EMAS und EMASplus eingeführt. Sie veröffentlicht seitdem einen validierten Nachhaltigkeitsbericht mit integrierter Umwelterklärung  und beschäftigt sich aktuell vertiefend mit ihrem wichtigsten Umweltaspekt – der Mobilität.
Die Situation stellt sich 2019 wie folgt dar:
Der Fuhrpark besteht aus zwei PKW, einem Hybridfahrzeug mit Benzinmotor und einem Dieselfahrzeug. Der Kraftstoff- und Stromverbrauch der PKW und die daraus ermittelten THG-Emissionen werden aufgezeichnet und den Scopes 1 bis 3 zugeordnet. Neben den jährlichen Verbräuchen bei der Nutzung sollen jetzt auch die Vorketten mit der Herstellung der Fahrzeuge in die Betrachtung mit einfließen. Die Grobdaten des produktbezogenen CO2-Fußabdruckes (PCF = product carbon footprint) kann man in diesem Fall aus diversen Umweltberichten der Autohersteller entnehmen. Wobei es für Außenstehende häufig nicht oder nur schwer zu verifizieren ist, ob die angegebenen Werte zum PCF vollständig bzw. nach vergleichbaren Standards ermittelt wurden.
Für die WUQM Consulting ergeben sich als CO2-Fußabdruck der autobezogenen Mobilität für die Anfahrten zum Firmensitz, die Dienstreisen und die Emissionen aus der Vorkette (Kfz-Herstellung entspricht Scope 3) insgesamt 19,9 t CO2-Äquivalente. Die anteilige Zusammensetzung zeigt Abbildung 1.
Es zeigt sich, dass die Vorkette bzw. Herstellung der Firmenfahrzeuge mit 44 Prozent einen beträchtlichen Anteil am CO2-Fußabdruck der autogestützten Mobilität hat. Da diese Emissionen hier anteilig über die Nutzungsdauer der Fahrzeuge angerechnet werden (z.B. Leasingvertrag mit 3 Jahren Laufzeit), kann schon eine Verlängerung der Nutzungsphase zu einer signifikanten Reduzierung der jährlichen CO2-Emissionen führen. Ein wichtiger Hebel zur klimafreundlichen Neuorganisation des Fuhrparks ist der Ausbau der E-Mobilität, vorausgesetzt es wird konsequent zertifizierter Ökostrom zum Laden der Hybrid- oder vollelektrischen Fahrzeuge genutzt. Das gilt insbesondere für Firmen mit größeren Fahrzeugflotten.
Die weiterhin zu betrachtenden Treibhausgas-Emissionen im Bereich Mobilität sind vollständig dem Scope 3 zuzurechnen. Im Fallbeispiel geht es um die zugekauften Dienstleistungen, wie den Transport bzw. die Reisen mit der Bahn, mit dem Flugzeug oder einem Mietwagen. Insgesamt kommt es im Jahr 2019 dadurch zu einem zusätzlichen Ausstoß von 1,9 t CO2, in Summe demnach 21,8 t CO2-Emissionen, die sich gemäß Abbildung 2 aufteilen.
Abbildung 2 zeigt sehr deutlich, wie signifikant der CO2-Fußabdruck für die Gesamtmobilität eines kleinen Unternehmens durch die Emission einer einzigen innereuropäischen Flugreise (Distanz 1.520 km) beeinflusst werden kann (entspricht 29 Prozent). Die mit der Bahn im Nah- und Fernverkehr zurückgelegten Dienstreisen umfassen fast die siebzehnfache Strecke (25.778 km), machen hier aber, auch durch die garantierte Nutzung von Ökostrom im Fernverkehr der deutschen Bahn, gerade einmal 13 Prozent aller mobilitätsbedingten CO2-Emissionen aus.
Die Erkenntnis, dass eine Fahrt mit der Bahn klimafreundlicher ist als eine Dienstreise mit dem Auto oder Flugzeug, überrascht niemanden mehr. Jedoch zeigt eine Visualisierung der CO2-Emissionen und deren direkter Vergleich auf einfache Weise, wie bzw. wo Klimaschutz schon durch kleinere Anpassungen im Mobilitätskonzept eines Unternehmens verwirklicht werden kann.

Fazit, Ausblick und Ihre fünf Schritte zur CO2-Bilanzierung

Viele Unternehmen beschäftigen sich derzeit intensiv mit dem Thema Klimaschutz. Die Ermittlung des individuellen CO2-Fußabdrucks lohnt sich für alle Unternehmen, die ihre Umwelt- und Klimaschutzleistung ihren Stakeholdern bzw. Anspruchsgruppen gegenüber transparent und glaubwürdig darstellen möchten.
Ein sinnvoller Einstieg ist die umfassende CO2-Bilanzierung für das Unternehmen (corporate carbon footprint), die üblicherweise in 5 Schritten abläuft:

  1. Definition von Systemgrenzen (Scopes und Betrachtungszeitraum)
  2. Erfassung von Verbrauchsdaten
  3. Recherche von Emissionsfaktoren
  4. Berechnung der CO2-Emissionen
  5. Dokumentation der Ergebnisse
Aus der betrieblichen CO2-Bilanz lassen sich in der Folge konkrete Reduktions- und Vermeidungsmaßnahmen identifizieren und ableiten. Die nicht vermeidbaren CO2-Emissionen des Unternehmens können und sollten abschließend durch zertifizierte Klimaschutzprojekte kompensiert werden, die wiederum Voraussetzung für die sogenannte „Klimaneutralität“ sind.
Die IHK Ostwürttemberg bietet zum Thema CO2-Fußabdruck und Klimaneutralität von Unternehmen im November 2020 ein zweiteiliges Einführungs-Webinar für kleine und mittelständische Unternehmen an.
Im Januar 2021 ist darauf aufbauend eine mehrteilige Workshopreihe zur praxisnahen Umsetzung und mit methodischer Begleitung bei der Ermittlung des CO2-Fußabdrucks und der Optimierung Ihrer Umweltleistung mit dem Kooperationspartner und Expertenteam der WUQM Consulting GmbH geplant.

Autor: Dr. Stefan Müssig, WUQM Consulting GmbH, Würzburg

Die WUQM – Würzburger Umwelt- und Qualitätsmanagement Consulting GmbH – wurde 1994 von den Geschäftsführern Dr. Stefan Müssig und Dr. Michael Zöller mit dem Ziel gegründet, Unternehmen bei der schrittweisen Umsetzung und Optimierung prozessorientierter Managementsysteme zu unterstützen. Die WUQM versteht sich schon immer als langfristiger Partner, der gemeinsam mit den Kunden definierte Ziele im Arbeitsschutz-, Umwelt-, Energie-, Qualitäts- und Risikomanagement nachhaltig und messbar realisiert.
Im ganzheitlichen Beratungsansatz steht WUQM mit seinem Know-how von der Entwicklung von Managementsystemen über die Implementierung und Überwachung bis zur kontinuierlichen Weiterentwicklung zur Verfügung. Mit fundierter Methodenkompetenz werden – gemeinsam mit den Mitarbeitern in den Unternehmen – Arbeits- und Produktionsprozesse bis ins Detail analysiert und optimiert.
„Eine unserer zentralen Stärken sehen wir darin, durch unseren Blick von außen, interne Denkprozesse anzustoßen und eventuell vorhandene Hemmnisse aufzulösen. Wir möchten Unternehmen auf jeder Ebene weiterentwickeln und damit den Weg in eine wirtschaftlich und ökologisch erfolgreiche Zukunft ebnen“ erklärt Geschäftsführer Dr. Stefan Müssig. „Die Entscheidung zur Einführung eines Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagementsystems im eigenen Unternehmen war für uns ein wichtiger Meilenstein. Wir haben die Prozesse, bei denen wir beraten, selbst durchlaufen und können eigene Erfahrungen an unsere Kunden weitergeben“, ergänzt Dr. Michael Zöller. Seit 2016 ist die WUQM Consulting GmbH als eine von wenigen Beratungsunternehmen in der Branche nach EMAS und EMASplus zertifiziert.
WUQM: Dr. Stefan Müssig und Dr. Michael Zöller mit EMAS-Urkunde
Die Geschäftsführer der  WUQM Consulting: Dr. Stefan Müssig (li.) und Dr. Michael Zöller.