Abgemahnt, was nun?

Verstöße gegen Wettbewerbsregeln sind keine Seltenheit. Sie geschehen häufig gezielt in der Absicht, sich einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen, aber genauso häufig aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit. In den wenigsten Fällen greifen dann staatliche Stellen ein, vielmehr obliegt es der Wirtschaft selbst, sich gegen unlautere Werbemethoden zu wehren.

Was ist eine Abmahnung?

Die Abmahnung ist in der Regel die erste Maßnahme, um eine Wettbewerbsverletzung zu unterbinden.
Eine typische Abmahnung hat üblicherweise folgenden Inhalt:
  • Eine kurze Beschreibung des zugrunde liegenden Sachverhalts und
  • die Begründung des sich daraus ergebenden Wettbewerbsverstoßes.
  • Der Abgemahnte wird aufgefordert, das rechtsverletzende Verhalten künftig zu unterlassen und darüber hinaus eine Unterlassungserklärung abzugeben. Mit der Unterlassungserklärung soll der Abgemahnte sich gleichzeitig verpflichten, bei einer Wiederholung eine Vertragsstrafe zu zahlen.
  • Für den Fall, dass die verlangte Erklärung nicht innerhalb einer bestimmten, oft sehr kurzen Frist unterzeichnet wird, würden gerichtliche Schritte eingeleitet.
Mit der Abgabe der Unterlassungserklärung kann der Abgemahnte ein mögliches gerichtliches Verfahren vermeiden. Wer die Abgabe verweigert, muss damit rechnen, dass der Abmahner eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der Abmahner kann daneben aber auch die bei der Industrie- und Handelskammer eingerichtete Einigungsstelle anrufen.
Bei vielen abgemahnten Unternehmern herrscht häufig der Glaube vor, dass es sich bei der Abmahnung um eine Form modernen Raubrittertums handelt. Diese Auffassung ist nicht richtig. Mit der Möglichkeit, dass bestimmte Stellen und Personen wettbewerbsrechtliche Verstöße auf zivilrechtlichem Wege verfolgen dürfen, hat der Gesetzgeber das Instrument einer Selbstreinigung innerhalb der Wirtschaft geschaffen. Es soll also nicht – wie in anderen Rechtsbereichen – eine Ordnungsbehörde eingreifen, sondern Unternehmer und Verbraucher sollen selbst den Wettbewerb beobachten.
Leider gibt es auch Abmahner, die den Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend machen. So zum Beispiel in Form einer Serienabmahnung. Das heißt, dass von einem Versender viele Abmahnungen mit gleichem Inhalt an unterschiedliche Unternehmen gesendet werden, mit dem Ziel, die Gebühren/Unkostenpauschalen für die Abmahnung zu kassieren beziehungsweise später bei Zuwiderhandlung Vertragsstrafen geltend zu machen. Bei der Einführung neuer Marktverhaltensregeln, wie etwa der "Textilkennzeichnungsverordnung" oder der "Button-Lösung" kommt es auch immer wieder zu Abmahnungen, welche die Unkenntnis von online-Händlern ausnutzen.

Was ist zu tun, wenn eine Abmahnung vorliegt?

Das Schreiben nicht zu beachten ist ebenso falsch wie die übereilte und ungeprüfte Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung. In jedem Fall sollte eine schnelle Reaktion erfolgen. Die Frist, innerhalb derer die Erklärung abgegeben werden soll, beträgt häufig nur wenige Tage (in der Regel 5 bis 14 Tage). Trotz der wenigen Zeit sollte eine Abmahnung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.
Eine Abmahnung darf nie auf die leichte Schulter genommen werden, da sie weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Der Abgemahnte sollte innerhalb der gesetzten Frist reagieren, da sonst der Erlass einer einstweiligen Verfügung bei zum Teil hohen Streitwerten droht: 50.000 bis 100.000 Euro sind keine Seltenheit. Auf Grundlage des Streitwertes werden Rechtsanwalts- und Gerichtskosten berechnet, die im Falle der vorgenannten Streitwerte nicht unerheblich sind.
Mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren könnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung innerhalb weniger Tage entscheiden und den Verantwortlichen zur Unterlassung verurteilen. Nur selten lassen sich die Abmahnenden auf eine Fristverlängerung zur weiteren Prüfung ein. Im Zweifel sollte man sich daher schnellstmöglich bei der Industrie- und Handelskammer, einem Berufsverband oder einem Fachanwalt Rat holen.

Was sollte geprüft werden?

Nach Erhalt der Abmahnung sollten insbesondere folgende Punkte geprüft werden:
  • Ist der vom Abmahner dargestellte Sachverhalt tatsächlich korrekt?
  • Liegt rechtlich ein Wettbewerbsverstoß vor?
  • Ist der Absender berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen? (Einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch können unter bestimmten Voraussetzungen Wettbewerber, Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbände sowie Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern geltend machen. Informationen zu bekannten unseriösen Abmahnvereinen können bei der IHK erfragt werden.)
  • Ist die Unterlassungserklärung hinsichtlich des Unterlassungsversprechens und der Vertragsstrafe richtig formuliert?

Wie kann auf eine Abmahnung reagiert werden?

Die Reaktion auf eine Abmahnung kann unterschiedlich aussehen:

Abmahnung ist zu Recht erfolgt

  • Soweit der wettbewerbsrechtliche Verstoß offensichtlich ist, sollte die Unterlassungserklärung abgegeben werden. Der Wettbewerbsverletzer ist bei einer berechtigten Abmahnung auch verpflichtet, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (wie Anwaltskosten) zu zahlen. Wettbewerbsvereine können nur einen Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend machen, der circa 150 bis 250 Euro betragen kann. Abmahnungen durch Rechtsanwälte sind in der Regel kostenträchtiger, da diese Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnen. Durch die Abgabe der Unterlassungserklärung wird die Gefahr einer einstweiligen Verfügung oder Klage gebannt. Bei später eingehenden Folgeabmahnungen sollte der Abgemahnte dem Versender mitteilen, dass er bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat und möglichst eine Kopie übersenden. Nach Abgabe einer Unterlassungserklärung müssen alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen werden, um das beanstandete Verhalten sofort zu unterbinden. Bei schuldhafter Wiederholung wird die Vertragsstrafe fällig.
  • In die Überlegungen vor Abgabe einer Unterlassungserklärung sollte auch einbezogen werden, inwiefern das Unterlassungsverlangen eine ernste Bedrohung für das Unternehmen darstellt, so zum Beispiel bei Abmahnungen wegen der Verwendung eines Markennamens.
  • Sofern zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt, die Kosten aber zu hoch erscheinen, sollte der Empfänger die Unterlassungserklärung ohne Übernahme der Kosten abgeben. Es bleibt dann das Risiko, auf Kostenerstattung verklagt zu werden. Allerdings befindet sich der Abgemahnte bei einer Klage auf Kostenerstattung in einer wesentlich günstigeren Position, als in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Streitwert beruht hier nur auf den Abmahnkosten, ist also wesentlich geringer als der ursprüngliche Wettbewerbsstreitwert.

Abmahnung ist zu Unrecht erfolgt

  • Liegen Gründe vor, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben (beispielsweise weil der Abmahnende nicht berechtigt ist oder kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt), sollte der Empfänger den Abmahnenden schnellstmöglich darüber aufklären, dass er die Erklärung nicht unterzeichnen wird. Schweigt der Abgemahnte, signalisiert er, dass er eine außergerichtliche Auseinandersetzung ablehnt und muss mit einer einstweiligen Verfügung beziehungsweise einem Gerichtsverfahren rechnen.
  • Sollte eine Abmahnung auf eine – durch einen Druckfehler entstandene – wettbewerbswidrige Anzeige erfolgen, empfiehlt es sich, sofort den Abmahnenden anzuschreiben und eine Kopie des Anzeigenmanuskripts, die Reklamation bei der Zeitung und - soweit vorhanden - eine entsprechende Bestätigung der Zeitung beizufügen.
  • Liegen Anhaltspunkte für eine Serienabmahnung vor, empfiehlt es sich, Erkundigungen bei der Industrie- und Handelskammer einzuholen. Diese kann gegebenenfalls durch ähnliche Anfragen weiterer Mitgliedsunternehmen oder frühere Erfahrungen mit Versendern über einen solchen Fall bereits informiert sein.
  • In Fällen, in denen ein Wettbewerbsverstoß zweifelhaft ist, kann auch der Abgemahnte die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer anrufen. Damit können Wettbewerbsstreitigkeiten kostengünstig beigelegt werden. Damit ist allerdings die Gefahr einer einstweiligen Verfügung nicht ausgeräumt. Der Abgemahnte sollte deshalb zumindest eine vorläufige Unterlassungserklärung abgeben, die bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens gültig ist.