Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers
Unter Urlaub ist jede zeitweise (bezahlte oder unbezahlte) Befreiung des Arbeitnehmers von der ihm obliegenden Arbeitspflicht zu verstehen. Der Urlaubsbegriff umfasst
- den Erholungsurlaub
- den Urlaub zur beruflichen und/oder politischen Weiterbildung („Bildungsurlaub“)
Erholungsurlaub
1. Persönlicher Geltungsbereich
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Erholungsurlaub, also auch der in Teilzeit, zur Aushilfe, in Ferienarbeit oder in Nebentätigkeit beschäftigte Arbeitnehmer.
2. Höhe des Mindesturlaubsanspruchs
Der Urlaub beträgt gem. § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) jährlich mindestens 24 Werktage. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind, also auch die Samstage ( vgl. § 3 Abs. 2 BUrlG). Ist der Arbeitnehmer weniger als sechs Tage pro Woche tätig, ist eine Umrechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erforderlich. Hier muss die Gesamtdauer des Urlaubs durch die sechs Tage geteilt und mit der Zahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage einer Woche multipliziert werden.
So ergibt sich z. B. für einen Arbeitnehmer, der an fünf Tagen in der Woche arbeitet, ein (Mindest-) Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen.
Berechnung: 24 Werktage Urlaubsanspruch / sechs Werktage x fünf Arbeitstage = 20 Arbeitstage Urlaubsanspruch
Berechnung: 24 Werktage Urlaubsanspruch / sechs Werktage x fünf Arbeitstage = 20 Arbeitstage Urlaubsanspruch
Der volle Urlaubsanspruch (z. B. 24 Werktage, 20 Arbeitstage) entsteht erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses, § 4 BUrlG. Die sechsmonatige so genannte Wartezeit beginnt an dem Tag, an dem nach dem Arbeitsvertrag die Arbeit aufzunehmen ist. Eine während der ersten sechs Monate des Bestandes des Arbeitsvertrages auftretende Krankheit des Arbeitnehmers unterbricht die Wartezeit nicht.
Beispiel: Ein seit dem 1. Mai beschäftigter Arbeitnehmer hat, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens bis zum 30. Oktober besteht, in dem betreffenden Kalenderjahr Anspruch auf den vollen Urlaub i. H. v. 24 Werktagen. Aber: Ist der Arbeitnehmer vor dem 1. Mai, also in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April, einer Beschäftigung nachgegangen und ist ihm für diesen Zeitraum vom alten Arbeitgeber Urlaub gewährt bzw. abgegolten („ausbezahlt“) worden, kann er diesen Urlaub vom neuen Arbeitgeber nicht nochmals fordern (§ 6 Abs. 1 BUrlG). Der dem Arbeitnehmer vom alten Arbeitgeber bereits gewährte beziehungsweise abgegoltene Urlaub ist von dem gegenüber dem neuen Arbeitgeber bestehenden Urlaubsanspruch i.H.v. 24 Werktagen abzuziehen. Ob und wie viel Urlaub dem Arbeitnehmer gewährt beziehungsweise abgegolten wurde, kann der neue Arbeitgeber der Bescheinigung des alten Arbeitgebers über den gewährten beziehungsweise abgegoltenen Urlaub, die dieser dem Arbeitnehmer auszuhändigen hat (§ 6 Abs. 2 BUrlG) entnehmen.
Hinweis: § 6 BUrlG beschränkt nur den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem neuen Arbeitgeber: Die Regelung gibt dem alten Arbeitgeber nicht das Recht, den einmal erworbenen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zu kürzen. Von § 6 BUrlG „profitiert“ also lediglich der neue, aber nicht der alte Arbeitgeber.
Der Arbeitnehmer erwirbt den vollen Urlaubsanspruch, sofern er die sechsmonatige Wartezeit zurückgelegt hat, jeweils mit Beginn des Urlaubsjahres. Da das Urlaubsjahr dem Kalenderjahr entspricht (§ 1 BUrlG) entsteht der volle Urlaubsanspruch mit dem ersten Tag des Kalenderjahres. Der – zunächst entstandene – volle Urlaubsanspruch verkürzt sich, wenn der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Hat der Arbeitnehmer noch kein oder kein Anrecht mehr auf den vollen Urlaubsanspruch, erhält er Teilurlaub für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Unter „vollem Monat“ ist der Beschäftigungsmonat und nicht der Kalendermonat zu verstehen; war also der Arbeitnehmer vom 13. April bis einschließlich 12. Juni beschäftigt, hat das Arbeitsverhältnis zwei volle Monate bestanden. Angefangene Beschäftigungsmonate werden bei der Berechnung des Teilurlaubs nicht berücksichtigt; war also der Arbeitnehmer vom 13. April bis einschließlich 11. Juni beschäftigt, hat das Arbeitsverhältnis lediglich einen vollen Monat bestanden.
Für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu, mindestens also 2 Werktage (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Bei der Zwölftelung entstehende Bruchteile von Urlaubstagen sind, sofern sie mindestens einen halben Tag ergeben, aufzurunden auf volle Urlaubstage (§ 5 Abs. 2 BUrlG). Bruchteile von Urlaubstagen, die kleiner als die Hälfte eines Urlaubstages sind, sind entsprechend ihrem Umfang dem Arbeitnehmer stundenweise zu gewähren.
Für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu, mindestens also 2 Werktage (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Bei der Zwölftelung entstehende Bruchteile von Urlaubstagen sind, sofern sie mindestens einen halben Tag ergeben, aufzurunden auf volle Urlaubstage (§ 5 Abs. 2 BUrlG). Bruchteile von Urlaubstagen, die kleiner als die Hälfte eines Urlaubstages sind, sind entsprechend ihrem Umfang dem Arbeitnehmer stundenweise zu gewähren.
Ein Anspruch auf Teilurlaub besteht in folgenden Fällen:
- Der Arbeitnehmer kann in dem laufenden Urlaubsjahr (= Kalenderjahr) keinen vollen Urlaubsanspruch mehr erwerben, weil er die Wartezeit (sechs Monate) nicht erfüllt hat (§ 5 Abs. 1 a BUrlG). Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer am 1. Juli eines Kalenderjahres oder danach das Arbeitsverhältnis beginnt.
- Der Arbeitnehmer scheidet vor erfüllter Wartezeit (sechs Monate) aus dem Arbeitsverhältnis aus (§ 5 Abs. 1 b BUrlG).
- Der Arbeitnehmer scheidet nach erfüllter Wartezeit (sechs Monate) in der ersten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus (§ 5 Abs. 1 c BUrlG). Dies ist der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis am 30. Juni eines Kalenderjahres oder vorher endet.
3. Urlaubsgewährung
Die Festlegung des Urlaubszeitraums obliegt dem Arbeitgeber; dieser hat allerdings die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). Der Arbeitgeber darf sich über die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers nur dann hinwegsetzen, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gründen den Vorrang verdienen (Berücksichtigung der Schulferien bei Arbeitnehmern mit schulpflichtigen Kindern), entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist an seine Erklärung zur zeitlichen Festlegung des Urlaubs gebunden. Einen einmal erteilten Urlaub kann der Arbeitgeber nur widerrufen bei unvorhergesehenen Ereignissen, z. B. mehrere Arbeitnehmer sind erkrankt und es droht die Entstehung eines erheblichen Schadens.
Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen (§ 7 Abs. 2 BUrlG). Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, so hat einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage zu umfassen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG).
Der Urlaub ist im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG). Im Falle der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG).
Hinweis: Wird der Urlaub weder im laufenden Kalenderjahr noch in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen, erlischt der Urlaubsanspruch mit Ablauf dieser Zeit, also mit Ablauf des 31. März. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des Urlaubs in Geld besteht nicht.
4. Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubs
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Der Urlaub verlängert sich nicht automatisch um die Tage der Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr muss der Arbeitnehmer nach Urlaubsende, sofern er dann wieder arbeitsfähig ist, zurückkehren; der Resturlaub ist alsdann neu festzusetzen.
5. Urlaubsentgelt
Während des Erholungsurlaubs ist die Vergütung fortzuzahlen (§ 1 BUrlG). Die Höhe des während des Urlaubs zu zahlenden Arbeitsentgelts, des sogenannten Urlaubsentgelts, bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG).
Der in Ansatz zu bringende Arbeitsverdienst umfasst alles, was dem Arbeitnehmer für die von ihm erbrachte Arbeit gezahlt worden ist einschließlich aller Zulagen (wie Schmutz-, Gefahren-, Nachtzulagen). Von der Bemessung des Arbeitsentgelts ausgenommen bleibt allerdings der für Überstunden gezahlte Arbeitsverdienst, und zwar sowohl die für die Überstunden gezahlte Grundvergütung als auch ein möglicherweise gezahlter Überstundenzuschlag. Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen (§ 11 Abs. 2 BUrlG).
Hinweis: Das Urlaubsentgelt ist nicht zu verwechseln mit dem Urlaubsgeld. Das Urlaubsentgelt ist das dem Arbeitnehmer während des Urlaubs fortzuzahlende Arbeitsentgelt; diesbezüglich besteht eine gesetzlich geregelte Zahlungspflicht des Arbeitgebers. Das Urlaubsgeld ist eine zusätzliche Leistung neben dem Urlaubsentgelt; der Arbeitgeber ist zur Zahlung von Urlaubsgeld nur verpflichtet, wenn ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder der Einzelarbeitsvertrag dies vorsieht oder sich eine entsprechende betriebliche Übung herausgebildet hat.
6. Unzulässigkeit der Abgeltung des Urlaubs durch Geld
Während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses ist eine Abgeltung des Urlaubs durch Geld unzulässig. Hat der Arbeitgeber den Urlaub entgegen dem Abgeltungsverbot abgegolten, kann der Arbeitnehmer den Urlaub erneut geltend machen; die gezahlte Urlaubsabgeltung kann der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer nicht zurückfordern.
Eine Ausnahme vom Abgeltungsverbot regelt § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Hinweis: Ist bei bevorstehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Gewährung des Urlaubs noch (teilweise) möglich, so ist der Urlaub dementsprechend zu legen (Beispiel: Gewährung des Urlaubs in der Kündigungsfrist).
Bildungsurlaub
In allen Bundesländern, außer in Sachsen und Bayern, wird in teilweise unterschiedlicher Ausgestaltung im Detail, Arbeitnehmern das Recht auf zusätzlichen Bildungsurlaub von bis zu fünf Arbeitstagen jährlich eingeräumt. Dieser dient zur Teilnahme an im Bundesland des Beschäftigungsortes anerkannten Bildungsveranstaltungen. Diese Veranstaltungen können auch in anderen Bundesländern oder sogar im Ausland stattfinden.
Gemäß § 22 des Brandenburgisches Erwachsenenbildungsgesetz (BbgEBG) haben Beschäftigte (Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte und Auszubildende), deren Arbeitsstätte im Land Brandenburg liegt, unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Freistellung für die Teilnahme an nach der Bildungsfreistellungsverordnung (BFV) anerkannten Bildungsveranstaltungen.
Der Bildungsurlaub kann in Brandenburg der beruflichen, kulturellen oder politischen Weiterbildung dienen. Er beträgt 10 Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren (§ 23 Abs. 1 BbgEBG), sofern die regelmäßige Arbeitszeit fünf Tage in der Woche beträgt. Anderenfalls reduziert oder erhöht sich der Freistellungsanspruch entsprechend. Der Anspruch auf Bildungsurlaub entsteht erstmals nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit (§ 24 BbgEBG). Der Bildungsurlaub kann für zwei Kalenderjahre zusammengefasst werden.
Beschäftigte müssen dem Arbeitgeber möglichst frühzeitig, mindestens aber sechs Wochen vor dem beabsichtigten Termin schriftlich mitteilen, wann und für welche Veranstaltung sie Bildungsurlaub nehmen wollen. Die Bildungsfreistellung darf der Arbeitgeber zum gewünschten Zeitraum verweigern, wenn zwingende betriebliche Gründe oder vorrangige Urlaubsanträge anderer entgegenstehen. Er kann die Freistellung ganz verweigern, wenn die Gesamtzahl der Arbeitstage, die im laufenden Kalenderjahr für Zwecke der Freistellung nach diesem Gesetz in Anspruch genommen worden sind, das Zweieinhalbfache, in Betrieben mit in der Regel nicht mehr als zwanzig Beschäftigten das Eineinhalbfache der Zahl der Beschäftigten erreicht hat. Dies muss dem Arbeitnehmer innerhalb von 14 Tagen nach dessen Mitteilung unter Angabe der Gründe schriftlich mitgeteilt werden. Die so verweigerten Freistellung müssen dann spätestens bis zum Ende des Folgejahres gewährt werden (§ 26 Absatz 1 BbgEBG). Darüber hinaus kann der Arbeitgeber die Gewährung von Bildungsurlaub ablehnen, wenn die Veranstaltung nicht den oben genannten Kriterien entspricht.
Während der Zeit des Bildungsurlaubes muss dem Arbeitnehmer nur Gehalt / Lohn weitergezahlt werden. Die Berechnung dafür folgt den Regelungen des BUrlG. Alle Kosten für Reise und Teilnahme an der Veranstaltung etc. trägt der Beschäftigte selbst – wie in jedem anderen Urlaub auch.
Dem Arbeitgeber muss nach Beendigung des Bildungsurlaubes die Teilnahme an der Weiterbildungsveranstaltung durch eine Bescheinigung des Veranstalters auf Verlangen nachgewiesen werden. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Bildungsurlaubs, werden die durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Bildungsurlaub angerechnet, so dass für diese Tage weiterhin Anspruch auf Bildungsurlaub besteht.