IHK fordert weitere Öffnung des Einzelhandels
"Die erneute komplette Schließung des Einzelhandels in Osnabrück ab Mittwoch belegt nur die offensichtlichen Schwächen der Corona-Verordnung des Landes", erklärte Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim.
Damit reagierte er auf die Ankündigung der Stadt Osnabrück, sich zur sogenannten Hochinzidenzkommune zu erklären und in der Konsequenz die zuvor umgesetzten Lockerungen – insbesondere das Click & Meet – wieder zurückzunehmen. In den anderen Teilen des IHK-Bezirks könnten aufgrund der sich abzeichnenden Infektionslage ähnliche Entwicklungen drohen. Diese Entwicklungen zeigten zudem, dass Schließungsentscheidungen auf regionaler Ebene kaum sinnvoll sind, da diese Einkaufs-Tourismus in andere Regionen erzeuge.
Graf kritisiert dabei gleich mehrere Mängel in der aktuellen Corona-Verordnung. Erstens sei die Auswahl der nach wie vor auch in Osnabrück geöffneten Sortimente beliebig. "Es erschließt sich niemandem, warum beim Verkauf von Blumen, Büchern und Maßanzügen geringere Infektionsrisiken bestehen sollen als beim Textil- oder Schuhverkauf", so Graf. Diese Ungleichbehandlung sei auch bereits vom OVG Saarland beanstandet worden. In diesem Bundesland könne der Einzelhandel infolge der OVG-Entscheidung unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln nun vollständig öffnen. Zweitens seien die von der Landesregierung vorgegebenen Flächenbedarfe in den geöffneten Geschäften beliebig: Bei Betrieben mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 qm – etwa im Lebensmittelbereich – seien zehn qm pro Kunden erforderlich, bei größeren Verkaufsflächen plötzlich 20 qm - und beim Verfahren Click & Meet wiederum 40 qm. Drittens gebe es beim Wechsel der Öffnungsszenarien Asymmetrien: Verschärfungen der Corona-Regeln träten bereits drei Tage nach einer Überschreitung des jeweiligen Inzidenzwertes in Kraft, eine Lockerung sei dagegen erst nach sieben Tagen einer Unterschreitung des Inzidenzwertes vorgesehen. "Das ist erkennbar unverhältnismäßig", so Graf.
"Wir brauchen dringend eine gleichmäßige Öffnungsregelung für alle Einzelhändler – unabhängig von den Sortimenten und auch jenseits eines Inzidenzwertes von 100", betont Graf. Dementsprechend mahnt er eine Änderung der entsprechenden Landesregelungen an, die auch von der Stadt Osnabrück angeregt wird. Statt einer starren Inzidenzzahl sei stärker als bisher auf die tatsächliche Infektionsgefahr abzustellen. Das Robert-Koch-Institut selbst hatte den Einzelhandel mit einem geringen Infektionsrisiko in Verbindung gebracht. Die guten Hygienekonzepte im Einzelhandel, Abstands- und Maskenregelungen sowie die flächenabhängige Begrenzung der zeitgleich vor Ort befindlichen Kunden ermöglichen daher schon für sich genommen die Fortführung des Einkaufs nach Terminvereinbarung. Dies gelte im Übrigen auch für andere Branchen, etwa das Gastgewerbe, das im vergangenen Jahr wirksame Hygienekonzepte umgesetzt hatte.