150 Jahre IHK – Historische Meilensteine

1866 ist die Geburtsstunde der IHK. In diesem Jahr legte das Ministerium des Innern auf Geheiß des Hannoverschen Königs Georg V. die Gründung je einer Handelskammer in Osnabrück und Lingen fest. Sie sollten auf der Grundlage von Handelsvereinen eingerichtet werden. Auch in Osnabrück bestand seit 1843 ein solcher Handelsverein. Dessen Vorsitzender Carl Gosling wurde erster Vorsitzender der Kammer Osnabrück. Zum ersten Sekretär wurde Obergerichtsanwalt Wilhelm Graff bestellt. In der Handelskammer zu Lingen – verantwortlich für die Grafschaft Bentheim, für Lingen und für das Herzogtum Arenberg-Meppen – wurde Kommerzienrat Junghaus Vorsitzender. In beiden Kammerbezirken gab es zusammen 1457 handelsrechtlich eingetragene Firmen.
1871 – im Jahr der Gründung des Deutschen Kaiserreichs – wurde die Zahl der Handelskammern in der Provinz Hannover von 20 auf zehn halbiert. Dementsprechend fusionierten auch Osnabrück und Lingen. Der neue Kammerbezirk umfasste das Gebiet der Landdrostei Osnabrück mit Ausnahme der Stadt Papenburg, sowie den altpreußischen Kreis Tecklenburg mit insgesamt 310 000 Einwohnern. Später, im Jahr 1877, kam der Kreis Diepholz hinzu.
1876 wurde Theodor Hartmann neuer Präsident, zusammen mit dem Sekretär Franz Stumpf, der dieses Amt ganze 45 Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1921 bekleiden sollte. Beide mussten die noch junge Handelskammer durch schwierigeres Fahrwasser manövrieren. Denn während der Bezirk – ebenso wie das Kaiserreich – in der Frühphase durch Eisenbahnbau und den Wegfall der innerdeutschen Grenzen einen Wirtschaftsboom erlebte, brach die Konjunktur 1873 ein. Immer lauter wurden auch in der Region die Rufe nach Schutz vor ausländischer Konkurrenz.
1885 erreichte die Auseinandersetzung zwischen Freihandelsbefürwortern und Protektionisten in den deutschen Handelskammern einen Höhepunkt. Mehrere Kammern, darunter auch die Handelskammer Osnabrück, traten damals aus den Deutschen Handelstag aus. Während der
Handelstag eher liberal eingestellt war und sich nicht festlegen wollte, begrüßte die Osnabrücker Kammer die protektionistische Wende in der Außenhandelspolitik des Reiches. Erst neun Jahre später trat die Kammer – damals unter ihrem neuen Präsidenten Dr. August Haarmann (1889-1913) – wieder in den Deutschen Handelstag ein, nachdem im Handelstag ein Wechsel im Präsidium erfolgt war. Die regionale Wirtschaft nahm derweil zum Ende des 19. Jahrhunderts einen rasanten Aufschwung.
1897 wurde der Kammer vom Land Preußen mit der Gewerbeordnung im Ausbildungsbereich die Selbstverwaltung übertragen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war die Ausbildung fester Bestandteil der Kammeraufgaben. Die Handelskammer war allerdings schon Jahre zuvor im Bildungsbereich aktiv. So errichtete sie 1884 in Gemeinschaft mit dem Kaufmännischen Verein eine Fortbildungsschule für kaufmännische Lehrlinge, 1896 wurde unter Beteiligung der Kammer eine Fortbildungsschule in Bramsche gegründet. Zum Ende des Jahrhunderts – am 31. Oktober 1899 – machten die niedersächsischen Kammern übrigens mit der Bildung der Kammervereinigung Niedersachsen einen wichtigen Schritt zum Ausbau der überregionalen Kooperation.
1906 erhielt die Kammer mit dem repräsentativen Gebäude an der Schlagvorder Straße endlich einen eigenen Sitz. Zuvor mussten die Kammermitglieder in hiesigen Clubs oder im Wirtshaus tagen, die Geschäfte wurden teilweise in der Privatwohnung des damaligen Sekretärs Stumpf abgewickelt.
Kurze Zeit später – zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 – wurde der Osnabrücker Bankdirektor Carl Ludewig Kammerpräsident, der allerdings bereits 1915 von Dr. Ernst Stahmer als Präsident abgelöst wurde.
1921 machte die Kammer in der Frühphase der Weimarer Republik unter ihrem neuen Sekretär Dr. Wilhelm Niemann (ab 1920) einen weitblickenden Schritt zur regionalen Vernetzung. Erstmals wurden Fachausschüsse für den Groß- und den Einzelhandel gegründet. Das Model bewährte sich, im Laufe der Zeit kamen weitere Ausschüsse hinzu, heute gibt es sieben Fach- und vier Regionalausschüsse. 1924 übernahm Dr. Ludwig Manns das Amt des Sekretärs und die Handelskammer wurde – wie überall in Preußen – zur Industrie- und Handelskammer umbenannt.
1929 nahm die IHK unter dem neuen Präsidenten, Bankdirektor Carl Stolcke, erstmals Eignungsprüfungen für Handlungsgehilfen ab, um dem „Aufkommen eines kaufmännischen Proletariats“ entgegenzutreten. Bereits in dieser Zeit – also deutlich vor dem Emsland-Plan in den 1950er Jahren – setzte sich die IHK zudem verstärkt für die wirtschaftliche Entwicklung des Emslandes ein. So veranstaltete sie etwa eine regionale Pressefahrt und eine Wirtschaftstagung mit Vertretern der Landwirtschaft, des Handels, der Industrie und der Behörden im Emsland. Auch plädierte sie dafür, dass die damalige „Osthilfe“ für die ostdeutsche Großlandwirtschaft durch eine „Westhilfe“ vor allem für das Emsland ersetzt werden sollte.
1933 wurde die Kammer durch die nationalsozialistische Gesetzgebung umstrukturiert. Der bisherige Vizepräsident Gustav Hagen wurde Kammerpräsident. In den folgenden Jahren erhielt die Kammer neue Zuständigkeiten, etwa 1934 durch Einrichtung einer besonderen Einzelhandelsvertretung oder mit der Einführung der Lehrlingsprüfungen oder der Führung der Lehrlingsrolle ab 1936 durch die Kammer. Sie füllte die neuen Aufgaben aus, gab aber zugleich ihre Selbstverwaltung auf. So löste sich die Vollversammlung auf und das Führerprinzip wurde eingeführt. Spätestens seit 1938 trat die Kammer als
Gutachter bei Gewerbeverboten für jüdische Unternehmen auf. 1942 wurden die IHKs formal aufgelöst. An ihrer Stelle setzte die Wirtschaftskammer Osnabrück im Bereich der Gauwirtschaftskammer Weser-Ems ihre Aufgaben fort. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Kreise Tecklenburg und Diepholz de jure aus dem IHK-Bezirk abgetrennt.
1945 lösten die Alliierten nach Kriegsende die IHK auf. Operativ war die Kammer allerdings weiter tätig und wurde dann durch die Alliierten wieder neu gegründet mit Gerhard Schoeller als neuem Präsidenten. Hauptgeschäftsführer wurde Peter Flecken. In der Rekonstituierungsphase wurden 1947 auch der Berufsbildungsausschuss und weitere Kammerausschüsse neu etabliert.
1950 startete die Kammer – kurz nach der Währungsreform – mit dem neuen Präsidenten Dr. Rudolf Beckmann und dem Hauptgeschäftsführer Günther Stucke in die Phase des Wirtschaftswunders, das damals allerdings allenfalls in Ansätzen erkennbar war. Noch misstraute die IHK dem Aufschwung und sah vielmehr eine „Kaufpsychose der Verbraucher“. Erneut trat die Vollversammlung für das Emsland ein und beschloss die Einrichtung eines Emslandausschusses, der die Interessen der emsländischen Wirtschaft koordinieren sollte.
1953 sollte ein Gutachten die Dringlichkeit der Autobahn Hansalinie unterstreichen, die viel später – 1968 – auf wiederholtes Drängen auch der Kammer fertiggestellt wurde. Im gleichen Jahr gründete die IHK den Kreis der Wirtschaftsjunioren Osnabrück, aus denen im Jahr 1980 die Wirtschaftsjunioren Emsland-Grafschaft Bentheim abgespalten wurde. Aus beiden Kreisen ging wiederum im Jahr 1999 der Industrie- und Handelsclub hervor.
1954 bezog die IHK ihr neues Kammergebäude am Neuen Graben in Osnabrück, das noch heute ihr Sitz ist. Dieser Umzug war notwendig, da das alte Kammergebäude 1944 durch einen Luftangriff vollständig zerstört wurde. Zwischenzeitlich musste die IHK in den Räumlichkeiten des Industriellen Arbeitgeberverbands in der Bohmter Straße unterschlüpfen.
1956 wurden mit dem „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern“ die unterschiedlichen Grundlagen des Kammerrechts aus den Besatzungszonen vereinheitlicht und die Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts bestätigt.
1961 wurden die engen Bande zwischen dem IHK-Bezirk und den Niederlanden gestärkt: IHK-Präsident Dr. Beckmann wurde zum niederländischen Honorarkonsul ernannt. Seitdem residierte das Niederländische Konsulat bis November 2007 in den Räumen der IHK. Im Amt des Konsuls folgten 1976 Hans-Georg Gallenkamp, 1991 Dr. Hans Berentzen und 1998 Gerd-Christian Titgemeyer. Dr. Beckmann wurde im Jahr 1965 außerdem Präsident der Deutsch-Niederländischen Handelskammer.
1973 übernahm Hans-Georg Gallenkamp das Amt des Präsidenten, zwei Jahre später bestellte die Vollversammlung Dr. Heinz Bauernfeind zum Hauptgeschäftsführer. Beide führten die IHK in einer Phase, die vor allem durch die Gebietsreform geprägt war. Unter anderem vor dem Hintergrund dieser Diskussion benannte sich die IHK im Jahr 1977 um und hieß seitdem „Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland“.
1982 veröffentlichte die IHK erstmals die Technologiebörse und führte die Innovationsberatung als Serviceleistung ein, nachdem das Land Niederachsen die Innovationsförderung zwei Jahre zuvor neu geregelt hatte. Dieser Schritt ist nur ein Beispiel für eine konsequente Ausweitung der Dienstleistungsangebote seit Ende der 1970er Jahre. Nachdem 1983 Dr. Winfried Ohlms neuer Hauptgeschäftsführer wurde, erweiterte die IHK auch in anderen Bereichen wie der Außenwirtschaft ihr Serviceangebot, insbesondere in der Exportberatung. 1987 richtete die IHK in Vorbereitung auf den EG-Binnenmarkt ein
Euro-Info-Center ein. Diese Aufgabe begleitete die IHK seitdem über fast zwei Jahrzehnte, bis hin zur Einführung des Euro, zu der ein IHK-Eurogeld-Beauftragter Information und Beratung anbot.
1990 reagierte die Kammer auf das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten mit einer weiteren Ausweitung des Service-Angebotes. Unter anderem erschien der regelmäßige Informationsdienst „Neue Bundesländer“ und die IHK nahm mit der IHK Magdeburg eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf. Dr. Hans Berentzen wurde neuer Präsident, ein Jahr später Hubert Dinger Hauptgeschäftsführer.
1995 unterstützte die IHK das Standortmarketing im Emsland mit Modellprojekten in Lingen und Dörpen. Dieser Ansatz wurde Anfang der 2000er Jahre zu einer Standortkampagne ausgeweitet, die allerdings in den Folgejahren aufgrund eigenständiger Aktivitäten der Gebietskörperschaften nicht fortgeführt wurde. Zwei Jahre später, im Jahr 1997, wurde das IHK-Gebäude umfangreich ausgebaut und modernisiert.
1998 übernahm die IHK die alleinige Trägerschaft der 1951 gegründeten Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Osnabrück-Emsland (VWA). Die Studieninhalte wurden seinerzeit aktualisiert und die Organisation neu ausgerichtet. Heute bietet die VWA an den Standorten Osnabrück, Nordhorn, Bersenbrück und Lingen berufsbegleitende Weiterbildungsangebote und duale Studiengänge für über 500 Hörer im Jahr. Hermann Elstermann wurde im selben Jahr IHK-Präsident.
2000 startete die IHK die Sponsoringaktion „Unternehmen Lückenschluss“ zur Mitfinanzierung der Baukosten der A 31. Immer wieder hatte sich die IHK, beispielsweise Ende der 1980er Jahre, für diese Autobahn eingesetzt. Zuletzt hatte sie eine gemeinsame Erklärung von Kommunen und Kammern zur Fertigstellung der A 31 initiiert. Die nun begonnene Sponsoringaktion konnte bereits 2001 mit einem Sponsoringbetrag von gut 8 Mio. Euro abgeschlossen werden. Sie führte dazu, dass die Autobahn im Jahr 2004 – und damit mindestens zehn Jahre früher als geplant – fertiggestellt werden konnte.
2001 wurde das bundesweite IHK-Marketingkonzept eingeführt, das die Osnabrücker Kammer übernahm. Parallel errichtete sie gemeinsam mit 21 anderen IHKs den gemeinsamen Internetauftritt IHK24, der noch heute über die Kammeraktivitäten informiert. Zwei Jahre später wurde Uwe Beckmann IHKPräsident.
2005 übernahm Gerd-Christian Titgemeyer das Präsidentenamt, 2008 bestellte die Vollversammlung Marco Graf zum Hauptgeschäftsführer. In dieser Phase leitete die IHK eine konsequente Regionalisierung ein. So erarbeitete sie 2009 erstmals regionalpolitische Positionen. Im Folgejahr 2010 benannte sich die IHK in „Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim“ um und richtete regionale Büros in Lingen und Nordhorn ein.
2016 feiert die IHK mit Präsident Martin Schlichter ihren 150. Geburtstag. Sie umfasst 19 629 handelsrechtlich eingetragene Unternehmen und 36 339 Kleingewerbetreibende.
Die genannten Schlaglichter sind nur ein Auszug aus der facettenreichen Geschichte der IHK. Diese wird aktuell unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Hans-Werner Niemann und Prof. Dr. Christoph Rass im Rahmen einer Festschrift aufbereitet, die zur Jubiläumsfeier am 29. September 2016 vorliegen wird.