Trotz Arbeit: Alleinerziehende haben höchstes Armutsrisiko
Alleinerziehende Familien sind nach wie vor die am stärksten von Armut betroffene Familienform in Deutschland. Fast 700.000 von ihnen oder 41 % gelten als einkommensarm, und damit deutlich mehr als bei Paarfamilien. Das zeigte eine Studie der Bertelsmann Stiftung.
Seit 2020 stärkere Ausprägung ist Westdeutschland
In alleinerziehenden Familien sind zwischen 8 % (bei einem Kind) und 30 % (bei drei und mehr Kindern) armutsgefährdet. Knapp die Hälfte aller Kinder, die in einer Familie mit Bürgergeldbezug aufwachsen, leben mit nur einem Elternteil zusammen. Seit 2020 sind alleinerziehende Familien in Westdeutschland häufiger von Sozialleistungen abhängig als in den ostdeutschen Ländern. Der Anteil von alleinerziehenden Haushalten, die Bürgergeld beziehen, ist in Bremen mit 55 % am höchsten und in Thüringen mit 27 % am niedrigsten. Das zeigte eine Studie der Bertelsmann Stiftung.
Hauptursache: Fehlende Unterhaltszahlungen
Wie die Daten aus dem neuen "Factsheet Alleinerziehende" der Stiftung ebenfalls zeigen, lässt sich die Armutsfalle für Alleinerziehende nicht auf mangelnde Erwerbstätigkeit zurückführen: 71 % der alleinerziehenden Mütter und 87 % der alleinerziehenden Väter gehen einer Arbeit nach. Das sind zwar jeweils etwas weniger als die Elternteile in Paarfamilien, allerdings arbeiten alleinerziehende Mütter deutlich häufiger in Vollzeit als Mütter in Paarfamilien. Ausfallende Unterhaltszahlungen tragen weiterhin wesentlich zu der finanziell schwierigen Situation in vielen alleinerziehenden Familien bei.
Alleinerziehende Mütter arbeiten häufiger in Vollzeit als Mütter aus Paarfamilien: Das Armutsrisiko trifft sie dennoch ungleich stärker. Kernfaktor sind fehlende Unterhaltszahlungen.
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Care-Arbeit ist sehr ungleich verteilt
Der Anteil alleinerziehender Väter ist inzwischen gestiegen und lag 2023 bei 18 %. Doch noch immer sind acht von zehn Alleinerziehenden Frauen. Alleinerziehende Mütter leben im Schnitt mit mehr und mit jüngeren Kindern zusammen. Care-Arbeit, also die Betreuung und Fürsorge der Kinder, wird – vor einer Trennung ebenso wie danach – überwiegend von den Müttern geleistet. Laut Statistischem Bundesamt erbringen sie im Wochenschnitt über 15 Stunden mehr Care-Arbeit als alleinerziehende Väter. Insgesamt sind alleinerziehende Mütter deutlich häufiger von Armut betroffen, müssen öfter Sozialleistungen beziehen und haben ein höheres Risiko für Altersarmut.
Anstieg auf 1,7 Mio. – auch durch Flucht aus der Ukraine
Die Zahl alleinerziehender Familien hat seit 2019 leicht zugenommen und lag 2023 bei rund 1,7 Mio. Der Anstieg ist unter anderem auf die Geflüchteten aus der Ukraine zurückzuführen, unter denen sich viele Mütter mit ihren Kindern befinden. In Ostdeutschland lebten mit 25 Prozent anteilsmäßig mehr Alleinerziehende als in den westdeutschen Ländern mit 19 Prozent. Dabei hat sich ihr Anteil vor allem in den westdeutschen Ländern seit 2019 erhöht, während er im Osten ungefähr gleichgeblieben ist. Der Anteil alleinerziehender Familien in den einzelnen Bundesländern ist unterschiedlich hoch – er schwankt zwischen 17 % in Bayern und 28 % in Berlin. Alleinerziehende sind zudem vor allem ein Großstadtphänomen: Jede(r) fünfte lebt in einer Stadt mit mehr als einer halben Million Einwohnern. (6/2024/bö)