Deutschland kann bei Digitalisierung viel von Skandinavien lernen IHK-Außenwirtschaftsausschuss tagte bei Solarlux in Melle
„Deutschland kann viel von den skandinavischen Ländern lernen. Gerade bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft liegen die nordischen Staaten im Europavergleich ganz vorne“, erklärte Franz-Josef Paus, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Außenwirtschaft, in der aktuellen Sitzung, die bei der Solarlux GmbH in Melle stattfand.
Zuvor hatte Benny E. Sørensen, Partner des Landes Niedersachsen in Skandinavien, die Vorzüge der vier Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden vorgestellt. „Die konsequente Digitalisierung begann beispielsweise in Dänemark mit der Einführung des zentralen Personenregisters. Dänemark ist Deutschland hier um gut 20 Jahre voraus“, so Sørensen. Seitdem hätten jede Bürgerin und jeder Bürger eine sogenannte CPR-Nummer, mit der alles erledigt werden könne. Behördengänge hätten sich seitdem weitgehend erledigt, nahezu alle Verwaltungsprozesse erfolgten digital. Davon profitiere auch die Wirtschaft. So könnten alle Anträge digital eingereicht werden, eine Unternehmensgründung sei innerhalb von zwei Stunden zu erledigen. „Das funktioniert übrigens ohne Abstriche beim Datenschutz. In Skandinavien gelten die gleichen Datenschutzrechte wie in jedem anderen europäischen Land“, so der Berater. In der Konsequenz lägen die skandinavischen Länder im Standortvergleich weit vorn und befänden sich etwa im „Ease of Doing Business“-Index der Weltbank alle unter den Top-Ten-Ländern.
(v. l.): IHK-Außenwirtschaftsausschussvorsitzender Franz-Josef Paus, Partner des Landes Niedersachsen in Skandinavien, Benny E. Sørensen und Ausschussmitglied Ralf Oppenheimer von der gastgebenden Solarlux GmbH in Melle
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Für deutsche Unternehmen bieten die skandinavischen Märkte ein unternehmerfreundliches Umfeld und vielfältige Geschäftsmöglichkeiten. „Sie finden in den skandinavischen Ländern 25 Millionen kaufkräftige Konsumenten praktisch vor der Haustür, die offen für Neuheiten sind“, unterstrich Sørensen. Trotz der Nähe zu Deutschland dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass es sich um vier Länder mit unterschiedlichen Märkten und Kulturen handele. „Viele deutsche Unternehmen machen den Fehler, ihre etablierten Strukturen bei der Marktbearbeitung einfach auch in Skandinavien anzuwenden. Das geht häufig schief.“ Als Beispiel führte Sørensen den Handelsvertreter an, der in Dänemark praktisch „ausgestorben“ sei und kein erfolgreiches Vertriebsmodell mehr darstelle.
„Viele deutsche Unternehmen haben noch den klassischen Weg im Kopf, einen Auslandsmarkt in Schritten über Handelsvertreter, Repräsentanz, Filiale und dann gegebenenfalls mit einer eigenen Niederlassung zu bearbeiten.“ Für Dänemark empfahl der Experte den umgekehrten Weg: Es sei häufig einfacher, sofort eine Firma zu gründen. Durch die hohe Digitalisierung der dänischen Verwaltung und Wirtschaft sei eine Firmengründung innerhalb weniger Stunden möglich. Durch die Online-Registrierung würden Wege zu den Behörden und damit verbundene Wartezeiten wegfallen und automatische Anmeldungen bei allen Behörden erfolgen. „Viele Firmen nutzen Dänemark als Brückenkopf für die skandinavischen Länder. Machen Sie aus Ihrer dänischen Niederlassung ein Profit-Center und sehen Sie sie nicht als Cost-Center“, so Sørensen.
Der aus ehrenamtlich tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern bestehende IHK-Fachausschuss Außenwirtschaft trifft sich dreimal jährlich. Seine Mitglieder tauschen sich regelmäßig mit Experten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft aus und erarbeiten Positionen für die IHK-Vollversammlung.
Weitere Informationen: IHK, Frank Hesse, Tel.: 0541 353-110 oder E-Mail: hesse@osnabrueck.ihk.de