Bereits über 30 Mrd. Euro Kosten durch Russland-Sanktionen
IHK fordert Überprüfung
2014 verhängte die Europäischen Union wegen der Besetzung der Krim-Halbinsel Wirtschaftssanktionen gegen Russland, das wiederum mit Gegensanktionen reagierte. „Die wechselseitigen Sanktionen haben die langjährigen Geschäftsbeziehungen der rund 200 in Russland aktiven regionalen Unternehmen empfindlich gestört. Insgesamt verlieren deutsche Unternehmen dadurch auf dem russischen Markt wichtige Umsätze, in erster Linie an chinesische Wettbewerber. Es ist deshalb allerhöchste Zeit, den Erfolg der Sanktionen kritisch zu hinterfragen und sie dann möglichst zu lockern“, erklärte jetzt Uwe Goebel, Präsident der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim. Um die wirtschaftlichen Schäden der Sanktionen für die Wirtschaft exakt beziffern zu können, hatte die IHK – gemeinsam mit neun weiteren IHKs und der AHK Russland – eine Studie beim ifo-Institut in Auftrag gegeben.
Die Studie mit dem Titel „Die volkswirtschaftlichen Kosten der Sanktionen in Bezug auf Russland“ (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 3010 KB) zeigt nun, dass das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um fast 5,5 Milliarden Euro pro Jahr größer wäre, wenn die Sanktionen gestrichen würden. Rein rechnerisch hat sich damit für die gut sechs Jahre seit Verhängung der Sanktionen ein Gesamtschaden von rund 30 Mrd. Euro für die Wirtschaft aufsummiert. Für Niedersachsen hat die Bedeutung des russischen Marktes im Kontext der Sanktionen deutlich abgenommen: So liegt Russland bei den Ausfuhren aus Niedersachsen aktuell nur noch auf Rang 16. Zum Vergleich: 2013 lag Russland noch auf Rang 11.
Franz-Josef Paus, Geschäftsführender Gesellschafter der Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH in Emsbüren, betonte die Bedeutung einer Abschaffung der Sanktionen für die Region. Der ifo-Studie zufolge liegt der Raum Weser-Ems unter den 38 untersuchten Regionen in Deutschland auf Rang 14, was die Bedeutung des entfallenen Russland-Geschäfts angeht. „Unsere Region ist aufgrund ihrer Branchenstruktur im Umfeld etwa von Nahrungsmittelindustrie und Landmaschinentechnik überdurchschnittlich betroffen“, so Paus, der zugleich Vorsitzender des IHK-Außenwirtschaftsausschusses ist.
Auch aus seiner eigenen unternehmerischen Sicht bestätigte er die negativen Folgen der Sanktionen. Mit 300 Mitarbeitern erwirtschafte die Hermann Paus Maschinenfabrik rund 30 % des Auslandsumsatzes in Russland. „Nach Verhängung der Sanktionen durfte einer unserer wichtigsten russischen Kunden zunächst nicht mehr bei uns kaufen. Auch laufende bzw. angekündigte Aufträge wurden gestoppt. Im Ergebnis haben auch wir Geschäfte an chinesische Konkurrenten verloren", erklärt Paus.
Goebel und Paus kündigten an, mit der Niedersächsischen Landesregierung über eine gemeinsame Strategie zur Überprüfung der Sanktionen sprechen zu wollen. Diese hatte sich - wie viele andere Landesregierungen auch - in der Vergangenheit ebenfalls mehrfach für eine Überprüfung bzw. Abschaffung der Sanktionen ausgesprochen.