Im Titelinterview: Lena Büker, CEO der ehorses GmbH & Co. KG

von Dr. Beate Bößl, IHK
Es war revolutionär, als die ehorses GmbH & Co. KG aus Georgsmarienhütte 2011 die ersten Pferde per Klick statt per Handschlag oder Hammer verkaufte. Heute wird ehorses.de vom Rittergut Osthoff aus gemanagt, wo das Marketing gebündelt wird und die Social ­Media-Aktivitäten koordiniert. Auch die Internationalisierung schreitet voran: Das Portal wird weltweit in acht Sprachen ­angeboten. CEO Lena Büker erläuterte uns, wie der Wechsel vom digitalen ins KI-Zeitalter gelang.
Frau Büker, Sie sagen, Ihr Lebenslauf sei immer schon „pferdisch“ geprägt gewesen. Wie das?
Ich habe Equestrian Management in den Niederlanden studiert, quasi BWL mit Schwerpunkt ­Pferdewirtschaft, und war im Anschluss bei der Deutschen ­Reiterlichen Vereinigung e.V. im Bereich Marketing & Kommunikation tätig. Als sich im Jahr 2011 die Neue ­Osnabrücker Zeitung und Ullrich Kasselmann an ehorses beteiligen, hatte ich die Chance, dort zu starten. Aber ich entschloss mich auch dazu, 2012 noch einen MBA in General Management zu absolvieren.
Als erster Online-Pferdemarkt war ehorses aber bereits 1999 an den Start gebracht worden …
…von Gjevdet Zeciri aus Warendorf. Er hatte nichts mit Pferden zu tun, kannte durch den Standort aber viele Reiter und war damals schon begeistert von der Plattform mobile.de. Als One-Man-Show begann er ehorses zu programmieren. Und als Gründer wurde ihm klar: Wenn er wirklich groß werden will, muss er sich Partner suchen und ein Team. Durch meine Zeit bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung kannten Gjevdet und ich uns und er sagte immer: „Lena, komm lass uns ehorses gemeinsam richtig groß machen!“ Als sich durch die Beteiligungen 2011 die Weichen neu stellten, sprang ich auf das Pferd auf.
Das Digitalzeitalter nahm 2011 gerade erst ­Anlauf. Gab es Aspekte, von denen Sie schon ­damals dachten: „Besser gehts nicht“?
„Besser gehts nicht“ habe ich anfangs – noch – nicht gedacht. Aber ich habe an die Vision von ehorses geglaubt. Und es waren spannende Zeiten! An meinem ersten Arbeitstag waren wir zu dritt: Gjevdet Zeciri, Jens Urban – bis heute unser CTO – und ich. In den ersten Jahren war es viel „Trial and Error“, Marktverständnis aufbauen und sich nicht entmutigen lassen. 2011 gab es schließlich noch keine Social Media, es gab kein WhatsApp und wir konnten uns diese Dinge auch nicht vorstellen. Sie können sich denken, wie schwierig es war, in einem so traditionellen Markt ein komplett digitales Produkt anzubieten.
Was brachte den Erfolg?
Wir haben früh erkannt, dass wir zwar ein digitales Unternehmen sind, aber unsere Zielgruppe komplett offline ist. Der Schlüssel zum Erfolg lag darin, dort präsent zu sein, wo unsere Zielgruppe ist. Wir haben sehr viel Zeit auf Zuchtveranstaltungen und Turnieren verbracht, aber auch viel auf Telesales gesetzt. Als sich die ersten Erfolge eingestellt ­haben, machte es richtig Spaß. Die Züchter riefen uns an und sagten: „Frau Büker, das können Sie sich nicht vorstellen, ich habe gerade zwei Pferde nach Thailand verkauft – über ehorses!“
Der Online-Handel ging im Galopp voran. ­Nennen Sie uns einige unternehmerische Zahlen?
Aktuell sind wir rund 30 Mitarbeiter und unser Portal zählt rund 2,4 Mio Visits (Besuche) pro ­Monat und insgesamt wurden 2023 rund 101 000 Pferde auf ehorses inseriert. Oder anders: Alle 20 Minuten wird ein Pferd als „verkauft“ markiert. Das Gesamthandelsvolumen der verkauften Pferde lag 2023 bei 290 Mio. Euro. Bei Instagram haben wir 159 000 Follower und auf Facebook 185 000 Fans. „Besser gehts nicht“ – das habe ich übrigens gerade jetzt gedacht, denn im Mai haben wir zwei Awards in die Region bringen können: Sowohl ehorses als auch edogs wurden vom DISQ ­Deutsches Institut für ­Service-Qualität und ntv Nachrichten als „Deutschlands beste Online-­­Por­tale“ in der ­Kategorie ­Reitsport & Haustierbetreuung ­ausgezeichnet. 
Seit ChatGPT ­dominiert der Begriff Künstliche Intelligenz die digitale Welt. Wie erleben Sie die Verän­derungen?
KI begegnet mir schon seit einigen Jahren, besonders im Bereich der Datenanalyse und persona­lisierten Werbung. Neu ist für uns die direkte Nutzung von KI-Tools wie ChatGPT und vielen weiteren anderen. Sie helfen uns seit Ende 2022, effizienter Content zu erstellen, Kundenanfragen zu beantworten und Marketingideen zu entwickeln. Mich persönlich begeistert der einfache Zugang zu KI. Wir ermutigen unsere Mitarbeiter immer wieder zu hinterfragen, in welchen Bereichen KI den ­Arbeitsalltag erleichtern kann. Freie Ressourcen können wir für schnelleres Wachstum ein­setzen.
Welche Tools nutzen Sie aktuell?
Wir sind mit der kostenlosen ChatGPT Version ­gestartet und haben nach und nach weitere Tools integriert. Heute schreiben wir selbst Custom GPTs, die auf unsere Bedürfnisse abgestimmt sind. Für SEO und Content Marketing nutzen wir ChatGPT 4o. Überaus nützlich ist die KI, um neue Content-Ideen in den für uns relevanten Bereichen – etwa zur Hundehaltung – zu generieren. Neben der Themenfindung übernimmt ChatGPT Vorarbeiten wie das Clustering von Content-Ideen oder das Erstellen von klickstarken Überschriften, Title-Tags und ­Meta-Descriptions. Die Ergebnisse kann man ­anschließend einfach als csv-Datei exportieren.
Wie geht es danach weiter?
Im nächsten Schritt hilft uns die KI, relevante Textinhalte und Bilder zu erstellen – selbstverständlich immer gepaart mit menschlicher Intel­ligenz, um auch persönliche Perspektiven und Erfahrungen einzubringen. Die Textinhalte werden dann ­optimiert – z. B. im Hinblick auf den Flesch-­Reading-Ease, also die Lesbarkeit. Mittels Midjourney erstellen wir inzwischen auch eine ­Vielzahl an Werbegrafiken. Hier ist aber noch Vorsicht geboten, bei ungenauen Prompts, Anweisungen, kann es sei, dass ein Pferd ein fünftes Bein hat. KI ist also noch nicht perfekt, aber entwickelt sich rasant.
Wie profitieren die Nutzer von KI?
Sie sparen z. B. Zeit, wenn sie eine Verkaufsanzeige erstellen, denn wir bieten die Möglichkeit, ein Pferd anhand von Kriterien, die vorausgewählt werden können, sehr genau zu beschreiben. Seit kurzem kann sich der User dann per Knopfdruck einen fertigen KI basierten Text erstellen lassen.
Ein Blick in die Zukunft: Welche KI-Entwicklung würden Sie sich wünschen?  
Ich würde mir z. B. eine KI wünschen, die nicht nur effizient arbeitet, sondern auch tiefere Einblicke in Kundenpräferenzen und Markttrends liefert, um noch personalisiertere und zielgerichtetere Angebote zu erstellen. Ich glaube, die Herausforderung für Unternehmen liegt vor allem darin, erst einmal Anwendungsfälle zu definieren, richtige Tools zu finden und vor allem die Mitarbeiter mitzunehmen. 
Sie handeln mit lebendigen Tieren. Und neben Pferden vermitteln Sie seit Ende 2017 über edogs auch Hunde. Tiere sind ein sehr emotionales Gut. Kann KI emotional mithalten?   
KI kann und sollte keine Emotionen ersetzen. Aber sie kann Prozesse sicherer machen. Gerade was etwa das ganze Thema ´Aufdeckung von Betrugsmaschen´ angeht, kann die KI schneller agieren, als unsere händischen Prüfungen. Durch den Einsatz von KI können zudem Datenanalysen durchgeführt werden, um passende Matches zwischen Käufern und Pferden zu finden. Und KI kann helfen, Gesundheitsdaten oder Trainingshistorien zu verarbeiten. Nicht zuletzt: KI-gestützte Chatbots könnten effizienter auf Anfragen reagieren, was den Prozess für Käufer und Verkäufer reibungsloser macht. Aber all das ist noch Zukunftsmusik.
Passen der Pferdehandel und die Hundevermittlung gut zusammen? 
Der Hundemarkt ist mit 10,5 Mio. Hunden deutlich größer als der Pferdemarkt mit 1,1 Mio. Pferden und dadurch ein sehr spannender Markt für uns. Zumal es bei den Zielgruppen viele Überschneidungen gibt. Herausforderung beim Hundemarkt ist das Thema Sicherheit und Seriosität, da es leider immer noch viele kriminelle Machenschaften und illegalen Welpenhandel gibt. Einfacher als beim Thema Pferd lässt sich die KI beim Thema Hund aber für Bildersuche nutzen. So kann man sich bei Textinhalten von KIs bei Hundethemen darauf verlassen, dass diese valide sind.
Was würden Sie KI nicht anvertrauen?
Die persönliche Interaktion, das Verständnis und die emotionale Verbindung würde ich niemals vollständig an eine Maschine delegieren.
Und welchen Rat geben Sie denen, die bislang keine KI im Einsatz haben?
KI ohne Scheu auszuprobieren! Das erfordert viel Eigeninitiative, aber wir haben uns im Team u. a. YouTube-Videos angesehen und Webinare besucht, um ChatGPT zu erlernen. Letztlich ist erfolgsentscheidend, dass Arbeitgeber und Mitarbeiter auf dem Laufenden bleiben!
Dr.Beate Bößl
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik, International
Projektleiterin Öffentlichkeitsarbeit