Kartellrecht: De-minimis-Bekanntmachung für Vereinbarungen von geringer Bedeutung

Die Europäische Kommission hat im August 2014 eine De-minimis-Bekanntmachung erlassen, in der sie darlegt, unter welchen Voraussetzungen Vereinbarungen von geringer Bedeutung zwischen Unternehmen nicht unter das allgemeine Verbot wettbewerbswidriger Praktiken des EU-Wettbewerbsrechts fallen. Anhand der überarbeiteten Regeln können Unternehmen, insbesondere KMU, leichter beurteilen, ob die EU-Kartellvorschriften eingehalten werden. Gleichzeitig soll die Bekanntmachung es der Kommission ermöglichen, sich auf diejenigen Vereinbarungen zu konzentrieren, bei denen ein höheres Risiko von Verfälschungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt besteht.
Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet alle Vereinbarungen, die eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. In der überarbeiteten De-minimis-Bekanntmachung legt die Kommission, wie schon in der Vorgänger-Bekanntmachung, anhand von Marktanteilsschwellen fest, was sie nicht als erhebliche Beschränkung des Wettbewerbs ansieht. Die Bekanntmachung schafft einen geschützten Bereich (sogenannter „Safe Harbour“) für Unternehmen, deren gemeinsamer Marktanteil bei Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern 10 % und bei Vereinbarungen zwischen Nichtwettbewerbern 15 % nicht übersteigt. Diese Schwellenwerte sind gegenüber der vorherigen Bekanntmachung unverändert geblieben.
Die wichtigste Änderung in der überarbeiteten Bekanntmachung besteht darin, dass Vereinbarungen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs „bezwecken“ (da sie ein wettbewerbswidriges Ziel haben) fortan eindeutig nicht als von geringer Bedeutung angesehen werden können und stets eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung darstellen, die gegen Artikel 101 Absatz 1 verstößt. Derartige Vereinbarungen fallen unter keinen Umständen unter diesen "Safe Harbour". Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil in der Rechtssache Expedia (C-226/11) auf ein Vorabentscheidungsersuchen hin bestätigt, das von einem französischen Gericht gestellt wurde.
Die Arbeitsunterlage enthält eine Aufstellung der Wettbewerbsbeschränkungen, die nach dem EU-Wettbewerbsrecht als bezweckte Beschränkung oder als Kernbeschränkung eingestuft werden, sowie Beispiele aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Beschlusspraxis der Kommission. Die Bekanntmachung und die Arbeitsunterlage sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/legislation/deminimis.html.