Umsatzsteuer: Haftung von Plattformbetreibern

Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften hat der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Jahr 2019 neue Aufzeichnungspflichten sowie eine Haftung für Betreiber elektronischer Marktplätze eingeführt. Das BMF hat dazu kurzfristig zwei Anwendungsschreiben veröffentlicht.
Mit dem Anwendungsschreiben vom 28. Januar 2019 erläutert die Finanzverwaltung die neuen Vorschriften. Dabei legt sie in den Rz 14ff dar, wann die Haftung des Marktplatzbetreibers greift bzw. wie dieser seine Inanspruchnahme durch die Finanzbehörden abwenden kann. Insbesondere wird klargestellt, dass der Marktplatzbetreiber die auf seiner Plattform tätigen Unternehmen nicht „aktiv ausforschen“ muss. Das Kennenmüssen i. S. d. § 25e Abs. 2 S. 2 UStG bezieht sich vielmehr nur auf Sachverhalte, die dem Betreiber im Rahmen seines Unternehmens bekannt werden und auf eine umsatzsteuerliche Pflichtverletzung der bei ihm tätigen Unternehmen schließen lassen (Rz 16). Er soll sodann das Unternehmen unter Fristsetzung zur Beseitigung der Pflichtverletzung auffordern und - sollte das Unternehmen dem nicht nachkommen - den entsprechenden Account sperren. Zudem soll er in diesen Fällen die Finanzverwaltung informieren.
Vor einer Inanspruchnahme des Marktplatzbetreibers muss dieser von den Finanzbehörden angehört werden (Rz 17).Für die Frage, ob ein als Privatperson/Nichtunternehmer registrierter Händler doch unternehmerisch tätig ist, kommt es für die Haftung des Marktplatzbetreibers nach § 25e Abs 3 S. 2 UStG nur auf die Tätigkeit auf dem eigenen Marktplatz an (Rz 18). Als deutliches Anzeichen für eine unternehmerische Tätigkeit - und damit letztlich wohl eine konkludente Überprüfungspflicht des Betreibers - sieht die Finanzverwaltung das Überschreiten der Kleinunternehmergrenze von 17.500 Euro innerhalb eines Kalenderjahres an. Bei ausländischen Unternehmen, die sich auf die Steuerfreiheit ihrer inländischen Umsätze aufgrund der Versandhandelsregelung des § 3c UStG berufen, ist insbesondere die Lieferschwelle im Auge zu behalten.
Die Aufzeichnungspflichten gelten grundsätzlich bereits seit dem 1. Januar 2019. Wegen der gestaffelten Anwendung der Haftungsregelungen wird es jedoch seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn auch die Aufzeichnungspflichten entsprechend gestaffelt erfüllt werden: bezogen auf Umsätze von Drittlandsunternehmen erst zum 1. März 2019 und für die übrigen Unternehmen erst zum 1. Oktober 2019.
Das BMF-Schreiben vom 21. Februar 2019 enthält eine weitere Nichtbeanstandungsregelung. Entsprechend der gesetzlichen Regelung tritt die Haftung des Marktplatzbetreibers nicht ein, wenn der bei ihm tätige Unternehmer ihm eine „Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger“ vorgelegt hat. Zudem sieht § 22f UStG vor, dass die für Unternehmen verpflichtend aufzuzeichnenden Grunddaten der Buchstaben a) bis d) anhand dieser Bescheinigung nachgewiesen werden müssen. Für Drittlandsunternehmer müssten die Bescheinigungen spätestens am 1. März 2019 vorgelegen haben.
Nunmehr hat die Finanzverwaltung mitgeteilt, dass es bis zum 15. April 2019 nicht beanstandet wird, wenn dem Marktplatzbetreiber anstelle der Bescheinigung der beim zuständigen Finanzamt bis zum 28. Februar 2019 gestellte Antrag auf Erteilung der Bescheinigung (in elektronischer Form oder als Abdruck) vorliegt.