Öffentlich bestellter Sachverständiger - Wie werden Sie das?
1. Bedeutung der öffentlichen Bestellung
Die öffentliche Bestellung ist eines der höchsten Qualitätsmerkmale eines Sachverständigen. Sie ist ein gesetzliches Qualitätskennzeichen für geprüften Sachverstand und persönliche Zuverlässigkeit. Sie belegt die überdurchschnittliche Sachkunde erfahrener Personen.
Alle deutschen Zivilgerichte sind grundsätzlich gesetzlich verpflichtet, bei Fragestellungen, die das Gericht mangels eigenen Sachverstandes nicht selbst beantworten kann, auf öffentlich bestellte Sachverständige zurückzugreifen. Das liegt daran, dass die öffentliche Bestellung nicht nur als besonders hochwertiges Qualitätsmerkmal für Sachverstand gilt. Die öffentliche Bestellung bedeutet auch, dass der Sachverständige keine anderen Interessen vertritt und dem Allgemeinwesen verpflichtet ist. Deswegen wenden sich auch Behörden, Unternehmen und Privatpersonen regelmäßig an öffentlich bestellte Sachverständige. Mit der Beauftragung können sie sicher sein, dass die Fragestellungen seriös, neutral und umfassend beantwortet werden.
Allgemeine Informationen zum Bestellungsverfahren enthält der folgende Flyer (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 980 KB).
2. Bestellungsvoraussetzungen
Die öffentliche Bestellung und Vereidigung erfolgt auf Antrag. Der Antrag ist i.d.R. erfolgreich, wenn
- für das Sachgebiet, für das eine öffentliche Bestellung beantragt wird, ein abstrakter Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht,
- die Niederlassung als Sachverständiger im IHK-Bezirk Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim liegt,
- die persönliche Eignung besteht,
- überdurchschnittliche Fachkenntnisse, praktische Erfahrung und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, nachgewiesen werden,
- die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger erforderlichen technischen Einrichtungen zur Verfügung stehen,
- geordnete wirtschaftliche Verhältnisse gegeben sind (das bedeutet, dass z. B. keine Vermögensauskunft – früher eidesstattliche Versicherung - abgegeben oder ein Insolvenzverfahren beantragt wurde) und
- die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie für die Einhaltung der Pflichten eines öffentlich bestellten Sachverständigen besteht.
3. Persönliche Eignung
Öffentlich bestellte Sachverständige müssen persönlich geeignet sein. Dazu gehören Eigenschaften wie
- Zuverlässigkeit,
- Charakterstärke,
- Unparteilichkeit,
- Sachlichkeit und
- Unabhängigkeit.
Zur persönlichen Eignung gehören auch der Ruf und das Ansehen des Bewerbers in der Öffentlichkeit und bei seiner Berufsausübung.
Verbandszugehörigkeiten und bestimmte berufliche Tätigkeiten können der persönlichen Eignung entgegenstehen.
4. Besondere Sachkunde
Wer zuverlässiger Ansprechpartner für Gerichte, Behörden, Unternehmen und Privatpersonen ist, muss natürlich eine besondere Sachkunde nachweisen. Es sind überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde.
Eine nähere Konkretisierung enthalten die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Reihe von besonders bedeutenden Sachgebieten gibt und auf die wir besonders hinweisen. Sie sind nicht abschließend.
Zur besonderen Sachkunde gehört besonders die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform darstellen zu können. Die Gutachten müssen für Laien (z. B. Richter), die den Sachverstand für eigene Entscheidungen in Anspruch nehmen, plausibel, verständlich und nachvollziehbar und für Fachleute in allen Einzelheiten nachprüfbar sein.
Wenn Sie sich für eine öffentliche Bestellung als Sachverständige/r interessieren, können Sie sich in unterschiedliche Weise auf diese Tätigkeit vorbereiten. Neben dem Selbststudium, dem Besuch von Seminaren oder Fachtagungen besteht auch die Möglichkeit, bei bereits öffentlich bestellten Sachverständigen mitzuarbeiten und so einen hautnahen Einblick in die Arbeit zu erhalten. Die DIHK-Broschüren ”Sachverständige – Inhalt und Pflichten ihrer öffentlichen Bestellung” und Vergütung für Sachverständige geben einen guten Überblick über Inhalt und Pflichten öffentlich bestellter Sachverständiger und deren Vergütung.
5. Antrag auf öffentliche Bestellung
Für die Vorbereitung eines Antrags nutzen Sie gern die Möglichkeit eines persönlichen und individuellen Beratungsgesprächs mit uns.
Der Antrag selbst ist schriftlich bei uns einzureichen. Folgende Unterlagen sind erforderlich:
- Formloser Antrag mit genauer Bezeichnung des Sachgebiets,
- Aktueller ausführlicher Lebenslauf mit Lichtbild, Datum und Unterschrift (genaue Darstellung der Schul- und Berufsausbildung und der beruflichen Tätigkeit),
- Nachweise aller antragsrelevanten Zeugnisse, Diplome und sonstigen Urkunden sowie Dienst- und/oder Arbeitszeugnisse (Nachweis durch Vorlage einer beglaubigten Kopie oder der Originale),
- Referenzliste mit mindestens 7 Personen (Name, Anschrift, Funktion), die Auskunft über die persönliche Eignung und/oder die nachzuweisende “besondere Sachkunde” geben können,
- grundsätzlich fünf aktuellere, etwa mittelschwere, selbstständig erstellte Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet; Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze, wissenschaftliche Abhandlungen oder Untersuchungen, Vorträge usw. aus dem Feld der besonderen Sachkunde können ebenfalls nützlich sein,
- Übersicht der erstellten Gutachten zum beantragten Sachgebiet in den letzten zwei bis drei Jahren,
- Nachweise über Schulungen/Seminare, siehe dazu unser Merkblatt zur Fortbildung Sachverständige,
- Aktuelles Führungszeugnis (§ 30 Abs. 5 Satz 1 BZRG, Belegart OB – zur Vorlage bei einer Behörde, Behördenkennzeichen: P7802)
Der Antrag kann persönlich über die örtliche zuständige Meldebehörde unter Vorlage des Personal- oder Reisepasses oder mit elektronischem Personalausweis auch über das Online-Portal unter www.fuehrungszeugnis.bund.de beantragt werden. Als Verwendungszweck ist zwingend anzugeben: “§ 36 GewO Öffentliche Bestellung von Sachverständigen”.
Das Zeugnis wird uns direkt übermittelt. - Auskunft aus dem Gewerbezentralregister zu Ihrer Person (§ 150 Abs. 5 GewO, Belegart 9 – zur Vorlage bei einer Behörde, Behördenkennzeichen: P7802)
Zur Antragstellung s. Pkt. 8
Auch diese Auskunft wird uns direkt übermittelt. - Außerdem sind folgende Erklärungen notwendig (bitte separat):
- ob und bei welchen Kammern oder sonstigen Körperschaften bereits ein ähnlicher Antrag gestellt und wie darüber entschieden wurde,
- ob Sie in den letzten fünf Jahren als Inhaber, Gesellschafter oder Geschäftsführer in ein Insolvenzverfahren verstrickt waren,
- ob Sie im Schuldnerverzeichnis sind/waren (Vermögensauskunft/Erzwingungshaft wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft).
- Um die Unabhängigkeit des öffentlich bestellten Sachverständigen zu wahren, muss der Dienst- oder Arbeitgeber erklären, dass er eine Freistellung für die Tätigkeit als Sachverständiger erteilt. Bei Bedarf übersenden wir ein Musterformblatt.
6. Ablauf des Verfahrens
1. Überprüfung der eingereichten Unterlagen
Unsere IHK überprüft die von Ihnen eingereichten Unterlagen und bezieht geeignete Fachleute in das Überprüfungsverfahren ein.
Unsere IHK überprüft die von Ihnen eingereichten Unterlagen und bezieht geeignete Fachleute in das Überprüfungsverfahren ein.
2. Überprüfung der besonderen Sachkunde
Zur Überprüfung der besonderen Sachkunde werden grundsätzlich so genannte Fachgremien eingeschaltet, die in der Regel bei den IHKs in Deutschland oder bei anderen Institutionen wie dem Institut für Sachverständigenwesen (IfS) eingerichtet sind. Sie setzen sich aus ausgewiesenen, unabhängigen Fachleuten des jeweiligen Fachgebietes zusammen. Diese geben ihr Votum zur besonderen Sachkunde in der Regel aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, einer unter Aufsicht zu fertigenden schriftlichen Aufgabenstellung und/oder einem Fachgespräch ab. Auch ein praktischer Überprüfungsteil (am Objekt) kann vorgesehen werden.
Zur Überprüfung der besonderen Sachkunde werden grundsätzlich so genannte Fachgremien eingeschaltet, die in der Regel bei den IHKs in Deutschland oder bei anderen Institutionen wie dem Institut für Sachverständigenwesen (IfS) eingerichtet sind. Sie setzen sich aus ausgewiesenen, unabhängigen Fachleuten des jeweiligen Fachgebietes zusammen. Diese geben ihr Votum zur besonderen Sachkunde in der Regel aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, einer unter Aufsicht zu fertigenden schriftlichen Aufgabenstellung und/oder einem Fachgespräch ab. Auch ein praktischer Überprüfungsteil (am Objekt) kann vorgesehen werden.
Das Ergebnis der fachlichen Überprüfung wird dem Antragsteller mitgeteilt.
7. Kosten
Die Gebühr für die Bearbeitung eines Antrages beträgt (unabhängig vom Verfahrensausgang)
- für das Verfahren auf Erstbestellung 990 Euro,
- für die erneute Bestellung nach i.d.R. fünf Jahren 430 Euro.
Die durch die Überprüfung des Antrages, insbesondere durch Einschaltung der Fachgremien anfallenden besonderen Auslagen sind zusätzlich zur Gebühr vom Antragsteller zu zahlen. Diese liegen in der Regel zwischen 750 und 3.000 Euro.
8. Hinweis zum Datenschutz
Die IHK und die von ihr eingeschalteten Gremien unterliegen der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht. Persönliche Daten und alle vorgelegten Unterlagen werden nur im Rahmen des Antragsverfahrens und zur Entscheidungsfindung benutzt. Um die Überprüfbarkeit sicherzustellen, sollen Gutachten in nicht anonymisierter Form eingereicht werden.
9. Weitere Infos
Unter weiteren Informationen finden Sie z. B. einen Film, einen Podcast oder auch einen Beitrag im ihkmagazin über die öffentliche Bestellung von Sachverständigen.
10. Kontakt
Ist Ihr Interesse geweckt? Dann rufen Sie gerne an, schreiben uns eine E-Mail oder nutzen unser Kontaktformular. Wir beraten Sie gern.
Hinweis: Das Merkblatt ist eine Zusammenfassung der rechtlichen Grundlagen, enthält erste Hinweise und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl das Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Februar 2024