Gesetz gegen Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Die "EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" (2011/7/EU) vom 16. Februar 2011 soll die Zahlungsmoral, auch der öffentlichen Hand, verbessern. Dazu sind bestimmte Fristen vorgesehen, bis zu deren Ablauf die Zahlungen geleistet werden müssen. Deutschland hat die Richtlinie verspätet umgesetzt. Das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist am 28.07.2014 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und trat am 29.07.2014 in Kraft. Wesentliche Regelungen sind:
Anwendungsbereich
Die Richtlinie gilt für alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen beziehungsweise zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen geleistet werden. Dabei geht es sowohl um die Lieferung von Waren als auch die Erbringung von Dienstleistungen. Geschäfte mit Verbrauchern sind von der Richtlinie grundsätzlich nicht tangiert.
Zinsanspruch bei Zahlungsverzug
Hat der Gläubiger seine Pflichten erfüllt und der Schuldner den fälligen Betrag nicht rechtzeitig gezahlt, so hat der Gläubiger von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen. Der Zinsanspruch entsteht am Tag nach Ablauf des Zahlungstermins oder der Zahlungsfrist, sofern die Vertragsparteien einen Zahlungstermin oder eine Zahlungsfrist vertraglich bestimmt haben. Die vertraglich festgelegte Zahlungsfrist darf bei Vereinbarungen zwischen Unternehmen grundsätzlich 60 Kalendertage nicht überschreiten. Es sind aber ausdrücklich anderslautende Vereinbarungen möglich. Bei Vereinbarungen zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen beträgt die maximale Zahlungsfrist 30 Kalendertage. Diese muss grundsätzlich ausdrücklich vereinbart werden und muss aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale des Vertrages sachlich gerechtfertigt sein.
Für bestimmte Einrichtungen dürfen die Mitgliedstaaten die Zahlungsfrist allerdings generell auf bis zu 60 Kalendertage verlängern. Ist im Vertrag kein konkreter Zahlungstermin oder keine konkrete Zahlungsfrist festgelegt, gilt der Zinsanspruch 30 Kalendertage
  • nach dem Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung beim Schuldner oder
  • dem Empfang der Waren oder Dienstleistungen, wenn unsicher ist, wann die Rechnung oder die gleichwertige Zahlungsaufforderung eingegangen ist oder
  • der Abnahme oder Überprüfung, ob die Waren oder Dienstleistungen den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen, sofern ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren vertraglich oder gesetzlich verankert ist und der Schuldner die Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufforderung vor oder zum Zeitpunkt der Abnahme oder Überprüfung erhält.
Höhe der Verzugszinsen
Der gesetzliche Verzugszins für Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, wird von acht auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht. Ein Ausschluss dieses Anspruchs im Voraus ist unwirksam (§ 288 Abs. 6 S. 1 BGB). Eine Beschränkung dieses Anspruchs ist unwirksam, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist.
Entschädigung für Beitreibungskosten
Zudem entsteht ein Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags in Höhe von 40 Euro als Entschädigung für die Beitreibungskosten des Gläubigers. Hierfür muss der Gläubiger den Schuldner nicht vorab mahnen. Übersteigen die Betreibungskosten den Pauschalbetrag hat der Schuldner natürlich auch Anspruch auf Erstattung der darüber hinausgehenden Beitreibungskosten. Diese dürfen auch Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens umfassen.
Grobe Benachteiligung des Gläubigers
Vertragsklauseln und eine Praxis dürfen im Hinblick auf folgende Aspekte den Gläubiger nicht grob benachteiligen:
  • Zahlungstermin bzw. Zahlungsfrist
  • Zinssatz für Verzugszinsen
  • Entschädigung der Beitreibungskosten.
Ob eine Vertragsklausel oder Praxis grob benachteiligend ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Berücksichtigt wird die Art der Ware oder Dienstleistung und ob der Schuldner einen objektiven Grund für die abweichende Regelung hat. Darüber hinaus wird überprüft, ob die Vertragsklausel oder Praxis so von der guten Handelspraxis abweicht, dass sie den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt.
Wird eine Vertragsklausel oder Praxis als grob benachteiligend eingestuft, soll diese entweder nicht durchsetzbar sein oder dem Gläubiger einen Anspruch auf Schadenersatz eröffnen.

Umsetzung
Folgende Kernpunkte beinhaltet das Gesetz:
  • Zahlungsziele, die 60 Tage nach Empfang der Rechnung oder Gegenleistung überschreiten, müssen ausdrücklich vereinbart werden und dürfen den Gläubiger nicht grob benachteiligen (§ 271a Abs. 1 BGB).
  • Bei Geschäften mit öffentlichen Auftraggebern gilt grundsätzlich eine Frist von 30 Tagen, soweit sachlich gerechtfertigt eine Höchstfrist von 60 Tagen.
  • Im Wege der AGB-Kontrolle gilt wiederum, dass eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung der Forderung im Zweifel dann vorliegt und damit unwirksam ist, wenn eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung vereinbart ist oder eine Überprüfungs- oder Abnahmefrist von mehr als 15 Tagen vorgesehen ist. Anderes gilt nur dann, wenn der Zahlungsschuldner besondere Gründe darlegt, aus denen sich ergibt, dass die Frist angemessen ist.
    Somit sind Zahlungsziele länger als 30 Tage in der Regel unwirksam, wenn sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vorgegeben wurden. Durch diese Regelung soll vor allem der Mittelstand geschützt werden (§ 308 Nr. 1a BGB). In diesem Punkt geht die deutsche Gesetzumsetzung über das Mindestziel der EU-Richtlinie hinaus.
  • Die im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerten Regelungen werden flankiert durch eine Regelung im Unterlassungsklagengesetz, wonach Unternehmensverbände die Möglichkeit erhalten, auf Unterlassung der Verwendung einer Vertragsbestimmung oder einer Praxis zu klagen, nach der von den gesetzlichen Regelungen über die Zahlungsfrist, den Verzugszinssatz und die Pauschale abgewichen wird.

Meinung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK):
Der DIHK ist allerding skeptisch, ob die Änderungen tatsächlich zu einer nennenswerten Verbesserung der Zahlungsmoral führen werden. Wenn Unternehmen ihre Ansprüche nicht durchsetzten, liege dies in der Regel nur daran, dass sie auf weitere Aufträge hoffen und die Geschäftsbeziehung nicht belasten wollen. Hieran werden die neuen Verzugsregeln wohl kaum etwas ändern. Erfreulich sei allerdings, dass das EU-Parlament davon abgesehen habe, den von der EU-Kommission vorgeschlagenen noch wesentlich weitergehenden Strafschadensersatz als Verzugssanktion umzusetzen. Der DIHK hatte davor gewarnt, dass dies zu einem Systembruch nach dem Modell der US-Amerikanischen Klageindustrie hätte führen können. Positiv sei auch, dass die Fristen nicht vollkommen starr seien, sondern Raum für gewisse Sonderregeln beließen. Vor diesem Hintergrund seien die beschlossenen Änderungen noch halbwegs moderat ausgefallen, so der DIHK.
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