Aufbewahrungsfristen von Geschäftsunterlagen

Jeder Gewerbetreibende ist verpflichtet, geschäftliche Unterlagen über einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Man unterscheidet dabei Fristen von sechs und zehn Jahren.
Die Aufbewahrungsfristen für die Unternehmen richten sich vornehmlich nach zwei Rechtsgrundlagen, nämlich nach dem Steuerrecht und nach dem Handelsrecht. Im Bereich des Steuerrechts werden die Aufbewahrungspflichten in der Abgabenordnung (AO) geregelt, im Bereich des Handelsrechts enthält das Handelsgesetzbuch (HGB) entsprechende Vorschriften für Kaufleute. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften dazu stimmen größten Teils überein, für die betriebliche Praxis sind jedoch insbesondere die steuerrechtlichen Vorschriften relevant.
Es gibt aber auch Aufbewahrungsfristen aus anderen Rechtsgebieten, so insbesondere zum Beispiel aus dem Arbeitsrecht, dem Sozialversicherungsrecht oder dem Produkthaftungsgesetz, auf die im Folgenden nicht eingegangen werden kann. Darüber hinaus gibt es hierzu eine Vielzahl von Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF). Große Bedeutung kommt folgenden BMF-Schreiben zu:
  • BMF-Schreiben vom 7. November 1995 "Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme" (GoBS),
  • BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 "Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen" (GDPdU).
Eine nach Handels- und Steuerrecht kommentierte Übersicht zu den wichtigsten aufbewahrungspflichtigen Unterlagen finden Sie unten.
Gliederung

  1. 4a) Aufbewahrung im Original
    4b) Elektronische Rechnungen als Originale
    4c) Aufbewahrung als Wiedergabe
    4c.1) Bildliche Wiedergabe
    4c.2) Inhaltliche Wiedergabe
    4d) Beweiskraft

1) Wer muss Aufbewahrungsfristen beachten?

Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Folglich ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese aufzubewahren.
Die Einzelheiten zu der steuerrechtlichen Aufbewahrungspflicht werden in der AO, überwiegend in § 147, geregelt. Nach § 140 AO wird die steuerrechtliche Aufbewahrungspflicht nicht nur durch Vorschriften der AO begründet, sondern auch durch “andere Gesetze” (insbesondere Steuergesetze, z. B. Umsatzsteuergesetz (UStG)), soweit diese für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Mit "anderen Gesetzen" sind u. a. das HGB und eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen gemeint, die für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten vorschreiben. Beispielsweise müssen die Bewachungsbetriebe Auftragsbücher nach § 14 Abs. 2 Verordnung über das Bewachungsgewerbe i. V. m. § 34a Abs. 2 Nr. 2c Gewerbeordnung führen.
Außerdem sind alle Gewerbetreibenden ab Überschreiten bestimmter Umsatz- bzw. Gewinngrenzen buchführungs- und aufzeichnungspflichtig. Die Umsatzgrenze liegt nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 AO bei 500.000 €, die Gewinngrenze nach § 141 Abs. 1 Nr. 4, 5 AO bei 50.000 €.
Die Finanzbehörde darf in einzelnen Fällen Erleichterungen hinsichtlich der steuerlichen Aufbewahrungspflicht bewilligen, wenn ihre Einhaltung Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird, § 148 S. 1 AO. Solche Härten können sich insbesondere ergeben, wenn die Überschreitung der Gewinn- oder Umsatzgrenze durch einen außergewöhnlichen und einmaligen Geschäftsvorfall wie z. B. die Veräußerung von Grund und Boden oder die Zahlung einer einmaligen Entschädigungsleistung ausgelöst wird. Allgemeine Härten, die üblicherweise mit der Erfüllung der Buchführungs- oder Aufbewahrungspflichten verbunden sind, genügen nicht. Persönliche Gründe (Alter oder Krankheit) rechtfertigen i. d. R. auch keine Erleichterung.
Die Erleichterung bezieht sich jedoch nur auf die steuerliche Aufbewahrungspflicht; sie befreit nicht zugleich von der handelsrechtlichen Aufbewahrungspflicht. Für Kaufleute und die ihnen gleichgestellten Handelsgesellschaften ergibt sich eine handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht aus § 257 i. V. m. § 238 HGB. Demnach ist jeder Kaufmann dazu verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens ersichtlich zu machen, und die entsprechenden Unterlagen geordnet aufzubewahren.
Hinweis: Auch nicht Unternehmer (Privatleute) haben eine zweijährige Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 S. 5 i. V. m. § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG zu beachten. Sie bezieht sich auf Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen, die Privatpersonen im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück erhalten haben. Zu solchen Leistungen gehören u. a. sämtliche Bauleistungen, planerische Leistungen, die Bauüberwachung, Renovierungsarbeiten, das Anlegen von Bepflanzungen, Gerüstbau. Auf diese Aufbewahrungspflicht der Privatperson hat der leistende Unternehmer nach dem UStG in der Rechnung hinzuweisen.

2) Was ist aufzubewahren?

Die steuerlichen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen jedes Steuerpflichtigen sind in § 147 AO aufgelistet. Grundsätzlich sind sämtliche Bücher und Aufzeichnungen aufzubewahren, soweit diese für die Besteuerung von Bedeutung sind. Im Einzelnen nennt § 147 Abs. 1 AO folgende Unterlagen:
  • Bücher und Aufzeichnungen,
  • Inventare,
  • Jahresabschlüsse, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung,
  • Lageberichte,
  • Eröffnungsbilanz,
  • die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • empfangene Handels- und Geschäftsbriefe,
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe,
  • Buchungsbelege,
  • Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Art. 77 Abs. 1 i. V. m. Art. 62 Abs. 2 Zollkodex beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben,
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Nach § 257 Abs. 1 HGB ist jeder Kaufmann dazu verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:
  • Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • die empfangenen Handelsbriefe,
  • Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
  • Belege für Buchungen in den zu führenden Büchern (Buchungsbelege).
Problematisch ist in der Praxis die richtige Einordnung der Unterlagen. Nicht jeder Brief ist ein Geschäftsbrief, nicht jeder Beleg ein Buchungsbeleg. Eine beispielhafte Übersicht finden Sie unten unter dem Gliederungspunkt 8) “ABC der Aufbewahrungsfristen”.
Zu den Büchern (Handelsbüchern) und Aufzeichnungen gehören das Grundbuch sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt werden. Bei der „Offene-Posten-Buchhaltung” (kontenblattlose Buchhaltung, gibt guten Überblick über den aktuellen Stand von Forderungen und Verbindlichkeiten) ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Hierbei kommt es nur darauf an, ob die Bücher für die Besteuerung irgendwie von Bedeutung sind.
Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Je nach Art und angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen o.ä. Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Nach AO und HGB sind die Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind. Hierunter fallen auch Unterlagen, die die Technik eines DV-Buchführungssystems erläutern.
Als Geschäftsbrief (Handelsbrief) gilt jegliche Korrespondenz, die die Vorbereitung, die Durchführung oder die Rückgängigmachung eines Geschäftes bzw. eines Handelsgeschäftes zum Gegenstand hat. Unter den Begriff “Geschäftsbriefe” fallen jedoch nicht nur Briefe im herkömmlichen Sinne, also per Post abgesandte Schriftstücke, sondern auch elektronische Nachrichten: E-Mails, Faxe, Telegramme etc. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat (z. B. nicht erfolgreiche Angebote, Werbeflyer, Prospekte), ist kein Handels-/Geschäftsbrief.
Buchungsbelege sind alle Unterlagen, die einzelne Geschäftsvorfälle dokumentieren und damit Grundlage der einzelnen Eintragung in die Geschäftsbücher und für die sonstigen Aufzeichnungen sind. Sie haben die Funktion nachzuweisen, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Geschäftsvorgang zugrunde liegt. Dabei sind alle Sachverhalte buchungspflichtig, die eine Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens haben. Oft sind externe Buchungsbelege zugleich auch Geschäftsbriefe.
Sonstige Unterlagen sind beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege, Bewertungen von Eigenleistungen, Registrierkassenstreifen, Kassenzettel, Personalunterlagen etc. Diese müssen sich nicht auf konkrete Geschäftsvorfälle beziehen; es reicht vielmehr aus, dass sie in irgendeiner Form “für die Besteuerung von Bedeutung” sind. Speziell geregelt ist in § 14b Abs. 1 UStG die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer bzw. den Leistungsempfänger verlagert ist.
Nicht aufbewahrungspflichtig sind dagegen betriebsinterne Aufzeichnungen wie z.B. Kalender oder Arbeits- und Fahrberichte. Diese Papiere können zeitnah vernichtet werden und müssen dem Außenprüfer oder Steuerfahnder auch nicht vorgelegt werden.

3) Wie lange ist aufzubewahren?

Seit 1.1.2025 sind Buchungsbelege nur noch acht Jahre lang aufzubewahren (bis 31.12.2024 betrug die Aufbewahrungsfrist 10 Jahre). Bei den Buchungsbelegen handelt es sich häufig auch um Rechnungen im Sinne des § 14 Umsatzsteuergesetz. Daher gilt auch für diese die verkürzte Frist von nunmehr acht Jahren (siehe § 14 b Absatz 1 Satz 1 UStG).
Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren. Die Frist beginnt stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind. Bei Vertragsunterlagen beginnt die Frist nach Ablauf des Vertrages.
Eine 8-jährige Aufbewahrungsfrist (§ 147 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr.1, 4 und 4a AO, § 14b Abs. 1 UStG) gilt für folgende Unterlagen:
  • Bücher und Aufzeichnungen,
  • Jahresabschlüsse,
  • Inventare,
  • Lageberichte,
  • Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • Buchungsbelege,
  • Rechnungen,
  • Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind (ATLAS), sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet haben.
Eine 6-jährige Aufbewahrungsfrist gilt für alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen:
  • empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt jeweils mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Achtung: Die Aufbewahrungsfrist für Verträge, z. B. Sozialversicherungsverträge oder Mietverträge, beginnt erst nach dem Ende der Vertragsdauer zu laufen.
Beispiel:
Am 2. Mai 2023 erstellen Sie die Bilanz für das Kalenderjahr 2022. Wann können Sie die gesamten Unterlagen zur Bilanz vernichten, damit Sie im Archiv wieder mehr Platz haben?
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 und läuft 10 Jahre. Sollte das Finanzamt am 31. Dezember 2033 bei Ihnen unangemeldet anklopfen, müssen Sie die Unterlagen noch vorlegen können. Ab dem 1. Januar 2034 können Sie die Unterlagen vernichten.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die Aufbewahrungsfrist auch verlängern. Dies ist der Fall, wenn das Schriftgut für Steuern von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, §§ 169, 170 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen gehemmt werden, wie z. B. einen Einspruch, eine Betriebsprüfung oder eine spätere Abgabe der Steuererklärung.
Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen sind Unterlagen auch dann länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind:
  • für eine begonnene Außenprüfung
  • für eine vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 AO)
  • für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen
  • für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren
  • zur Begründung von Anträgen an das Finanzamt durch den Steuerpflichtigen
Hinweis: Dieses Merkblatt behandelt lediglich die Aufbewahrungspflichten nach Handels- und Steuerrecht. Zur Abwehr bzw. Durchsetzung von zivil- bzw. öffentlich-rechtlichen Ansprüchen kann im Einzelfall (insbesondere im Hinblick auf Beweiszwecke) eine längere Aufbewahrung zweckmäßig sein. Auch Spezialvorschriften für einzelne Berufe, Branchen bzw. Tätigkeiten sind nicht berücksichtigt. Besonderheiten können sich zudem aus dem Steuerstrafrecht ergeben.

4) In welcher Form müssen Unterlagen aufbewahrt werden?

Für die Aufbewahrung sind gesetzlich folgende Formen vorgeschrieben beziehungsweise zugelassen:
  • Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen sowie die nach den Vorschriften über das Zollverfahren erforderlichen Unterlagen – letztere aber beschränkt auf amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise – sind im Original aufzubewahren. Achtung bei Ausfuhrbelegen und Eingangsrechnungen, aus denen Vorsteuer geltend gemacht werden soll (vgl. unter Punkt 4.2)
  • Empfangene Handels- und Geschäftsbriefe und Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt
  • Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht die inhaltliche Wiedergabe aus
Sollen die Unterlagen in elektronischer Form aufbewahrt werden, sind die seit 2015 geltenden und im November 2019 aktualisierten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) zu beachten.
Achtung: Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen in dieser (elektronischen) Form aufbewahrt und dürfen innerhalb der Aufbewahrungsfrist weder verändert noch gelöscht werden. Außerdem müssen sie maschinell ausgewertet werden können. Dies bedeutet, dass für steuerlich relevante, originär digitale Unterlagen die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv oder die inhaltliche Wiedergabe auf einem beliebigen Datenträger für sich alleine nicht mehr ausreicht (vgl. hierzu auch Punkt 4.4 und 6).

4.1 Aufbewahrung im Original

Die Aufbewahrung im Original muss gesichert und geordnet erfolgen. Eine gesicherte Aufbewahrung bedeutet, dass der Raum oder das Gebäude, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden, vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt ist. Insbesondere muss auch gewährleistet sein, dass die Schrift auf dem verwendeten Papier nicht verblasst (Problemfall Thermopapier: Rechnungen auf Thermopapier haben häufig den Nachteil, dass die Schrift über die Jahre verblasst und nicht mehr lesbar ist. Deshalb sind diese Rechnungen zeitnah auf normales Papier zu kopieren und die Kopie zur Originalrechnung zu heften). Die geordnete Aufbewahrung erfordert, dass ein sachverständiger Dritter die Unterlagen in angemessener Zeit prüfen können muss. Hierzu kann beispielsweise ein Regelwerk dienen, in dem unter anderem festgelegt wird, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden und wer dafür verantwortlich ist.

4.2 Bildliche Wiedergabe

Die bildliche Wiedergabe erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das Speichermedium sowie die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe bei Bedarf. Dabei kann die bildliche Wiedergabe auch kleinformatiger wieder hergestellt werden. Sie muss allerdings alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und Bearbeitungsvermerke enthalten.
Im Einzelfall kann auch der Farbe Beweiskraft zukommen, z. B. bei einer Rechnung, wenn allein die Farbe beweist, dass es sich dabei um das Original und nicht um den Durchschlag handelt.
Achtung: Für Ausfuhrbelege, bei denen die Originale mit Dienststempelabdrucken versehen sind, wird eine Aufbewahrung im Original verlangt, da nach Auffassung der
Finanzverwaltung die originalgetreue Wiedergabe technisch nicht darstellbar ist. Dies gilt auch für Stempelabdrücke, die keine speziellen Pigmentierungen enthalten. Details regelt eine im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium und den obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlichte Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 7. Mai 2007 (Az. S 7134 A – St 44 2).
Auch bei Eingangsrechnungen, aus denen Vorsteuer geltend gemacht wird, kann eine Aufbewahrung im Original zu empfehlen sein. Denn für den Vorsteuerabzug muss dem geltend machenden Unternehmer die Originalrechnung vorgelegen haben und dafür trägt er auch die objektive Beweislast. Im Einzelfall kann der Nachweis schwierig sein; mit Aufbewahrung des Originals ist dieses Risiko ausgeschlossen.

4.3 Inhaltliche Wiedergabe

Die inhaltliche Wiedergabe erfordert, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das Speichermedium übernommen werden, dass der Inhalt während der Aufbewahrung nicht verändert wird und dass die Wiedergabe während der Aufbewahrungsfrist möglich ist.

4.4 Beweiskraft

Als Unternehmer sollten Sie sich vor Vernichtung der Originalunterlagen immer fragen, ob eine Aufbewahrung im Original aus Beweisgründen notwendig ist. Insbesondere gilt dies für Rechnungen, die zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs notwendig sind (s. o.). Dafür muss die Rechnung nämlich entweder in Papierform vorliegen oder – wenn sie mit Zustimmung des Empfängers elektronisch übermittelt wurde - elektronisch aufbewahrt werden. In jedem Fall müssen „die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet” sein. Dies kann durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine Übermittlung per elektronischen Datenaustausch (EDI), aber auch „durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können”. Nur in diesen Fällen ist der Tatbestand einer ordnungsgemäßen Rechnung erfüllt.
Die Aufbewahrung des Originals kann auch aus Gründen der Beweiserheblichkeit im Prozess notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Rechtsanspruch nur durch das Original zu beweisen ist (z. B. bei Vollmachten, Wertpapieren).
Grundsätzlich genügt die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe zur Beweissicherung. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Als Urkundenbeweise gelten nur schriftliche Äußerungen. Opto-elektronisch gespeicherte Daten gelten deshalb vor Gericht nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Ihnen fehlt die für Urkunden erforderliche Schriftlichkeit, da bei diesen Speichermedien Belege digital aufgezeichnet werden und sie deshalb nur maschinell darstellbar sind.

5) Wo muss aufbewahrt werden?

Nach der steuerlichen Vorschrift (§ 146 Abs. 2 AO) ist das aufbewahrungspflichtige Schriftgut grundsätzlich in Deutschland aufzubewahren. Das Handelsgesetzbuch schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Gem. § 146 Abs. 2a AO können Bücher und sonstige elektronische Aufzeichnungen auch innerhalb des Gemeinschaftsgebietes elektronisch geführt und aufbewahrt werden; allerdings nur unter den dort genannten Voraussetzungen.
Hinsichtlich der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer alle Rechnungen im Inland aufzubewahren haben. Handelt es sich allerdings um eine elektronische Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage der betreffenden Daten gewährleistet, darf der Unternehmer die Rechnungen auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet aufbewahren. Es ist jedoch dem Finanzamt mitzuteilen, wenn die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.

6) EDV-Zugriff der Finanzverwaltung

Bei digitalen Daten hat die Finanzbehörde bereits seit 2002 das Recht, im Rahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung der Unterlagen zu nutzen. Einzelheiten ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 14. November 2014 (aktualisiert am 11. Juli 2019) zu den bereits erwähnten GoBD (siehe Ausführungen zu Ziffer 4).

7) Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten?

Werden die Aufbewahrungspflichten nicht eingehalten und entspricht die Buchführung damit nicht den §§ 140 bis 148 AO, so ist die Finanzbehörde berechtigt, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Weiterhin kann bei der Verletzung der Buchführungspflichten je nach Einzelfall aufgrund der Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen oder anderen Straftatbeständen eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe drohen.
Werden durch höhere Gewalt, z. B. Hochwasser, Feuer oder sonstige Katastrophen, Unterlagen vernichtet, dürfen Ihnen diese Folgen grundsätzlich nicht angelastet werden.

8) ABC der Aufbewahrungsfristen

Das Verzeichnis listet beispielhaft in alphabetischer Reihenfolge die wesentlichen Schriftgutarten auf. Dabei kann aus der Bezeichnung des Schriftgutes alleine noch keine Aussage über seine Aufbewahrung gemacht werden. Entscheidend ist die Funktion, die das Schriftgut im Betrieb hat.
Schriftgut Aufbewahrungsfrist (Jahre)
Abrechnungsunterlagen 8
Abtretungserklärungen, soweit erledigt 6
Änderungsnachweise der EDV-Buchführung 8
Akkreditive 6
Aktenvermerke,
wenn Bilanzunterlagen oder Buchungsbelege
6
8
Angebote mit Auftragsfolge 6
Angestelltenversicherung (wenn Buchungsbelege) 8
Anhang zum Jahresabschluss (§ 264 HGB) 8
Anlagenvermögensbücher- und Karteien 8
Anträge auf Arbeitnehmersparzulage 8
Arbeitsanweisungen (auch für EDV-Buchführung) 8
Aufbewahrungsvorschriften für betriebliche EDV-Dokumentation 8
Aufzeichnungen 8
Ausgangsrechnungen 8
Außendienstabrechnungen, wenn Buchungsbelege
wenn sonstige
8
6
Bankbelege 8
Bankbürgschaften nach Vertragsende 8
Bedienerhandbücher Rechnerbetrieb 8
Belegformate 8
Beitragsabrechnungen zu Sozialversicherungsträgen, wenn Buchungsbelege 8
Belege, soweit Buchungsfunktion (Offene-Posten-Buchhaltung) 8
Benutzerhandbücher bei EDV-Buchführung 8
Betriebsabrechnungsbögen mit Belegen als Bewertungsgrundlagen 8
Betriebskostenrechnungen 8
Betriebsprüfungsberichte (steuerliche Außenprüfung) 6
Bewertungsunterlagen 8
Bewirtungsunterlagen (Formblatt, wenn Buchungsbelege oder steuerlich erforderlich) 8
Bilanzen (auch Eröffnungsbilanz) 8
Blockdiagramme, soweit Verfahrensdokumentation 8
Buchungsbelege 8
Darlehensunterlagen (nach Vertragsende)
als Buchungsbeleg
6
8
Dauerauftragsunterlagen (nach Ablauf des Auftrags) 8
Dateien, Beschreibungen der 8
Dateiverzeichnisse 8
Datensätze, Beschreibung und Aufbau der 8
Datensicherungsregeln 8
Debitorenliste (soweit Bilanzunterlage) 8
Depotauszüge (soweit nicht Inventare) 8
Einfuhrunterlagen (Anträge, Genehmigungen, Erklärungen, Lizenzen, Zollunterlagen etc.) 8
Eingabebeschreibungen bei EDV-Buchführung 8
Eingabedatenformate 8
Eingangsrechnungen einschließlich Berichtigungsbelege dazu 8
Einheitswertunterlagen 8
Essensmarkenabrechnungen 8
Exportunterlagen 8
Fahrtkostenerstattungsunterlagen 8
Fehlermeldungen, Fehlerkorrekturanweisung bei EDV-Buchführung, wenn Buchungsbelege 8
Frachtbriefe 6
Gehaltslisten einschließlich Listen für Sonderzahlungen soweit Buchungsbeleg 8
Geschäftsberichte 8
Geschäftsbriefe (zugegangene und Wiedergabe versandter), als Buchungsbeleg wie z.B. Rechnungen und Gutschriften
6
8
Geschenknachweise 8
Gewinn- und Verlustrechnung (nur Jahreserfolgsrechnungen) 8
Grundbuchauszüge, wenn Inventurunterlagen 8
Grundstücksverzeichnis (soweit Inventar) 8
Gutschriften im Sinne von "umgekehrten Rechnungen" 8
Handelsbriefe (außer Rechnungen oder Gutschriften) 6
Handelsbücher 8
Handelsregisterauszüge, beglaubigte oder soweit im eigenen Interesse erforderlich 8
Hauptabschlussübersicht 8
Inventare (§ 240 HGB) 8
Investitionszulage (Unterlagen) 6
Jahresabschluss mit Erläuterungen 8
Journale für Hauptbuch oder Kontokorrent 8
Kalkulation und Kalkulationsunterlagen, wenn handels- oder steuerrechtlich relevant z.B. für Vorratsbewertung 8
Kassenberichte 8
Kassenbücher/-blätter 8
Kassenzettel (soweit nicht Buchungsunterlage) 6
Kontenpläne und Kontenplanänderungen 8
Kontenregister 8
Kontoauszüge 8
Konzernabschluss (§ 290 HGB) 8
Konzernlagebericht (§§ 290, 350 HGB) 8
Kreditunterlagen, wenn Korrespondenz,
wenn Buchungsbeleg
6
8
Lageberichte, wenn Bilanzunterlagen 8
Lagerbuchführungen 8
Lieferscheine,
sofern als Belegnachweis v.a. i. Zshg. mit einer Rechnung
6
8
Lohnbelege als Buchungsbelege 8
Lohnlisten für Zwischen-, End- und Sonderzahlungen 6
Magnetbänder, wenn Grundbuch oder Konten- oder Belegfunktion 8
Mahnbescheide und Mahnungen (empfangene Handelsbriefe und inhaltliche Wiedergabe abgesandter Handelsbriefe) 6
Maske (Bildschirm-, Druck-) 8
Menu-Übersicht 8
Mietunterlagen (nach Vertragsende), soweit Buchungsbelege 8
Nachnahmebelege 8
Nebenbücher 8
Organisationsunterlagen der EDV-Buchführung 8
Pachtunterlagen (nach Vertragsende), soweit Buchungsbelege 8
Postgiroauszüge und Belege, wenn Buchungsbelege 8
Preislisten,
wenn Bewertungs- oder Buchungsunterlagen
6
8
Programmablaufbeschreibungen 8
Programmverzeichnisse 8
Protokolle*, als Handelsbrief 6
Prozessakten 8
Prüfungsberichte des Abschlussprüfers 8
Quittungen 8
Rechnungen an Unternehmer 8
Reisekostenabrechnung 8
Repräsentationsaufwendungen (Unterlagen) 8
Sachkonten 8
Saldenbilanzen 8
Schadensunterlagen,
wenn Bilanzunterlagen
6
8
Scheck- und Wechselunterlagen,
als Buchungsbeleg
6
8
Schriftwechsel 6
Speicherbelegungsplan der EDV-Buchführung 8
Spendenbescheinigungen, sofern Buchungsunterlagen 8
Steuererklärungen und Steuerbescheide 8
Systemhandbücher 8
Telefonkostennachweise, wenn Buchungsbelege 8
Überstundenlisten, wenn Lohnbelege 8
Unterlagen von Bedeutung für Besteuerung 6
Verbindlichkeiten (Zusammenstellungen) 8
Verkaufsbücher 8
Vermögensverzeichnis 8
Vermögenswirksame Leistungen (Unterlagen)**,
wenn Buchungsbelege
6
8
Versand- und Frachtunterlagen, wenn Buchungsbelege 8
Versicherungspolicen,
nach Ablauf der Versicherung
8
6
Verträge, sonstige, soweit handels- und steuerrechtlich von Bedeutung und wenn Buchungsbelege 8
Wareneingangs- und Warenausgangsbücher 8
Wechsel 8
Zahlungsanweisungen 8
Zollbelege 8
Zugriffsregelungen bei EDV-Buchführung 8
Zwischenbilanz (bei Gesellschafterwechsel oder Umstellung des Wirtschaftsjahres) 8

Hinweis: Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt. Stand: Februar 2025.